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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint Abonnement Lchrk drs Ämtsgmchls «bknjl-ck x-S-LZ sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs» Zeile 10 Pf und dessm Amgebung. P-st-nstalten Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. «7. Aaßrgan«. - 31. Donnerstag, den 13. Mürz 18SO Der Fleischermeister Herr Kmst Uaut Werner in Schön- heiderhammer beabsichtigt, auf der Parzelle Nr. 1104 des Flurbuchs, Folium 32 des Grund- und HypothekenbuchS für Schönheide eine vi zu errichten. Etwaige Einwendungen hiergegen, so weit sie nicht auf besonderen Privat rechts-Titeln beruhen, sind bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, allhier anzubringen. Schwarzenberg, am 11. März 1890. Die Königliche Amtshauptmannschaft. Frhr. v. Wirsing. E. Erstatteter Anzeige zufolge sind die unter Conto Nr. 4394 auf Friederike Leistner in Eibenstock, „ „ 7356 „ Pauline Lueck in Eibenstock, „ „ 9556 . Hermann Richard Leistner in Eibenstock, „ ,, 10V88 „ Richard Unger in Eibenstock, von der hiesigen Sparkasse ausgestellten Sparkassenbücher abhanden gekommen. Die etwaigen Inhaber dieser Bücher werden daher hiermit aufgefordert, dieselben anher abzugeben, oder, wenn sie gerechte Ansprüche auf dieselben zu haben vermeinen, bei Vermeidung deren Verlustes innerhalb 3 Monaten bei der unterzeichneten Sparkassen-Verwaltung geltend zu machen. Sparkassen - Verwaltung Eibenstock, 11. März 1890. Deutsche Kolonisation. Wenn der Deutsche jetzt in die weiten Fernen schweift, um dort kolonisatorisch thätig zu sein, so ist dies nicht immer so gewesen, sondern er hat häufig in sehr energischer Weise das naheliegende Gute er griffen. Man spricht heutzutage, allerdings mit be sonderer Rücksicht auf die großen Städte, von dem „Zug nach dem Westen." Im ganzen Mittelalter machte sich der entgegengesetzte Zug nach dem Osten bemerkbar. Schon unter Karl dem Großen begannen die deut schen Kolonisationen; die den Neusiedler See in Oesterreich umwohnenden Bauern sind zweifellos Nach kommen der während der Avarenkriege dort seßhaft gewordenen Franken. Nachdem die Sachsen (links von der Elbe, im heutigen Hannover) durch das Schwert Karls des Großen zum Christenthum be kehrt worden waren, suchten die sächsischen Herzoge jenseit der Elbe erweitertes Herrschaftsgebiet, die Adligen wollten neue Güter und Unterthanen, die Bauern neue Aecker haben. Und so setzten sie über die Elbe, sie bevölkerten und verdeutschten allmählich Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern, Bran denburg, das heutige Sachsen. In wenig späterer Zeit drangen fränkische Ansied ler nach Böhmen und Schlesien vor, während Ba- juvaren und Schwaben, dem Laufe der Donau folgend, nach und nach die „Ostmark", das heutige Oesterreich, kolonisirten und bevölkerten. In der Oekonomie des geschichtlichen Fortschrittes spielt auch der deutsche Ritterorden eine hervorragende Rolle. Infolge von Zwistigkeiten mit den Königen von Ungarn, zog der selbe alle seine bürgerlichen und bäuerlichen Ansiedler aus Ungarn, der Wallachei und Siebenbürgen zurück und schaffte diesen mit den Waffen Raum im Nord- Osten Deutschlands, in Preußen und den heutigen russischen Ostseeprovinzen. Die Geschichte des Ordensverfalles ist bekannt; der brandenburgische Kurfürst rettete für sein Haus und das Deutschthum die jetzige Provinz Preußen, wäh rend dem Deutschthum in den Ostseeprovinzen das Sterbeglöcklein schon zu tönen scheint. Unter dem Enkel Barbarossas, Friedrich II., verließen infolge feudalen Druckes sächsische Bauern in großen Schaaren die Heimath und wie in den fünfziger und sechziger Jahren dieses Jahrhunderts Amerika, so schien da mals Ungarn das Eldorado der Deutschen. Dort wurden ihnen Aecker und persönliche Freiheiten ge boten. Die kühnste kolonisatorische That der Deut schen ist jedenfalls die Besiedlung des Siebenbürgens „SachsenlandeS", wie es heute noch heißt. Die Ko lonisation der zwar waldreichen, aber unwirthbaren, düsteren Hochlande, erforderte eine Energie, wie sie als Kolonist von allen Völkern nur der Deutsche ent faltet. Interessanter aber noch ist der Umstand, daß, wäh rend der Deutsche im AuSlande im allgemeinen leider sich nur allzuschnell seiner Nationalität entäußert, die siebenbürgischen Sachsen mit aller Zähigkeit an ihrem Volksthum festhalten und die« auch in neuerer Zeit wieder gegen den Ansturm der Magyaren (Ungarn) siegreich vertheidigten. Der Gewinn, welchen das alte Deutsche Reich aus seinen Kolonien zog, war ein überaus reicher. Der ganze Osten Europas war der Markt für die deut schen Erzeugnisse; große Handelsvereinigungen, allen voran die Hansa, gewannen erheblichen politischen Einfluß, und Ungarn wie Polen waren zur Zeit nahe daran, ganz deutsche Provinzen zu werden; der deut sche Orden war eine politische, aber auch eine finan zielle und Handels-Großmacht; die siebenbürgischen Sachsen vermittelten Deutschlands Verkehr mit der Krim, der Wallachei und den Balkanländern, ja mit der Levante und dem ganzen Morgenlande, bis die Eroberung Konstantinopels den Weg dorthin ver sperrte. Mit dem Untergang der Hohenstaufen verloren auch die deutschen Kolonien im Osten ihren Rückhalt. Die Polen drängten den deutschen Ritterorden zu rück, die Hussiten bedrohten das Deutschthum in Böhmen, die Hansa zerfiel. Noch einmal brachte die Reformation ein regeres Leben in das Kolonisations werk, das indessen in der bald darauf folgenden Ge genreformation wieder erstarb. Seit der Reformation hat es deutsche Kolonisation im große» Stile nicht mehr gegeben; die Privatspe kulation reicher Kaufleute regte sich aber, und so kam es beispielsweise, daß kurze Zeit hindurch der ameri kanische Staat Nikaragua deutsches Bcsitzthum wurde. Das damals zerrüttete Deutsche Reich stand nicht hinter den Besitzern. Ob die neuerdings eingeleitete überseeische Kolonisation von Vortheil für das Mut terland sein wird, kann erst die Erfahrung der Jahr zehnte, der Jahrhunderte lehren. Hagesgeschichle. — Deutschland. Die Vorbereitungen für die bevorstehenden Verhandlungen der internationalen Arbeiterschutzkonferenz sind im vollen Gange. Die fremden Theilnehmer treffen am Mittwoch, Don nerstag und Freitag in Berlin ein, der Tag der Er öffnung und die Form derselben scheinen noch nicht endgültig bestimmt zu sein. Die Mitglieder der Kon ferenz werden vom Kaiser in corpore empfangen wer den. Zu ihren Ehren ist auch eine größere Hofsest- lichkeit geplant. ES wird wahrscheinlich ein Concert im Schlosse veranstaltet werden. Auch sonstige Fest lichkeiten beim Reichskanzler, beim Staatssekretär v. Bötticher und anderen Würdenträgern sind in Aus sicht genommen. Von Bern aus wird aber übrigens gemeldet, daß, falls die Berliner Arbeiterkonferenz ohne Ergebniß bleiben sollte, die Schweizer Regierung eine neue Konferenz einzuberufen fest entschlossen sei. — Es verlautet aus Berliner Hofkreisen mit großer Bestimmtheit, daß der Kaiser im Laufe des Frühjahrs dem Könige von Schweden einen Be such in Christiania abstatten werde. Wie erinner lich sein wird, wollte unser Kaiser mit dem ihm per sönlich eng befreundeten Könige von Schweden wäh rend seiner vorjährigen Nordlandsfahrt zusammen treffen, um demselben für viele ihm erwiesene Auf merksamkeiten zu danken. Damals gestatteten indessen die Umstände die Ausführung dieses Planes nicht. Es ist also ganz natürlich, daß der Kaiser jetzt das Versäumte nachholen möchte. In der Hauptstadt Norwegens sollen au« Anlaß de« Kaiserlichen Besuche« große militärische Festlichkeiten stattfinden. Gleichzeitig tritt das Gerücht auf, daß der Kaiser demnächst auch den längst beabsichtigten Besuch beim Könige der Belgier abstatten werde. Doch scheint in dieser Hin sicht noch kein endgültiger Beschluß gefaßt zu sein. — Der sozialdemokratischen „Sächsischen Arbeiter zeitung" entnimmt das Berliner „Volksblatt" nach stehende Sätze, die dasselbe für beachtenSwerthe Betrachtungen erklärt: „Welches sind die neuen Aufgaben, welche durch unsere Wahlerfolge geschaffen werden? Selbst wenn wir noch einmal so viel Sitze bekommen hätten, wie wir wirklich bekommen haben — sehr erweitern kann sich der Kreis der Pflichten für die Fraktion nicht. Als Fraktion im Parlamente, die eine bürgerlich organisirte Gesellschaft vertritt, kann sie natürlich nie aus der bürgerlichen Gesell schaft heraus; sie muß sich immer in dem Rahmen der bestehenden Ordnung halten. Was also sie leisten kann, ist: Aufhalten der Reaktion, welche uns unsere politischen Machtmittel nehmen will; Verhinderung von Geschenken aus der Tasche der Arbeiter an die Junker, und möglichste Nutzmachung des Sozialhum bugs für den Arbeiter. Das ist freilich nicht viel — wenn man nämlich an die eigentlichen Ziele unserer Partei denkt; nun, es ist aber doch immer besser, wie nichts; man muß eben bedenken, daß bei der herrschenden Ordnung der Dinge nicht mehr für die Arbeiter herausspringen kann. Die Spießbürger mögen sich also nur beruhigen: wir werden sie nicht durch „positive Vorschläge" erfreuen, dazu sind wir viel zu gescheibt. Aber auch für uns selbst ist diese Erkcnntniß wichtig. Man könnte sich ja nicht wundern, wenn uns unsere ungeheuren Wahlerfolge etwas zu Kopfe stiegen, und wir nun allerhand ausschweifende Hoffnungen an sie knüpften. Da muß man sich immer und immer wieder Vorhalten: Was uns der Reichstag bieten kann, das ist sehr wenig, viel dürften wir von ihm nicht erwarten." — Die „eigentlichen Ziele" der Sozialdemokraten solle» also weiter in Geltung bleiben, „positive Vorschläge aber nicht gemacht werden; darin charakterisirt sich die Bebcl-Marx'sche Sozialdemokratie ganz vortrefflich. — Die „Post" wendet sich mit Bezug auf die Demokratisirung des Wahlrechts in scharfer Tonart gegen die westeuropäischen Parlamente und sagt, daß heute in jenen Parlamenten, nach denen wir einst mit Bewunderung geblickt, und in denjen igen Parlamenten, die jenen Vorbildern nachgeschaffen worden sind, der Rowdy herrsche. Es ist nicht blos für Ungarn ein traurige« Ereigniß, sondern für die ganze gebildete Welt, daß der Minister Tisza endlich doch den Rowdhis hat weichen müssen. In deutschen Parlamenten hat sich der RowdhiSmuS noch nicht ge zeigt. Aber ein französischer Kommunistenführer hat ihn nach einer Mittheilung des „Gaulois" als eine Folge des zahlreichen Einzuges der Sozialdemokraten in den Reichstag angekündigt. Da« ist auch sehr wahrscheinlich, denn die Herren wissen nicht nur, daß sie nicht überzeugen können, sie wissen auch, daß sie es nicht einmal versuchen dürfen, weil sie keine Weis heit zu verrathen haben, als daß sie die Revolution wollen. Es bleibt ihnen also nur der Anfang der Revolution, der Rowdyismu», der uns bald auch die Messerhelden schicken wird. Die Ursache dieser allge meinen Erscheinung zu prüfen, müssen wir uns noch aufsparen. Ihre Folge kann nur die Untergrabung