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Abonnement viertelt. 1 M. 20 Pf. (inü. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bet unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. «rfchet«t Wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- frrtion-prei-: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Amts- und AnzeiMntt für den Ltjirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. »4. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »e. Aa-rgaa«. Dienstag, den 19. März 188S. Die Vervollkommnung der Kriegswaffen ist eins der geeignetsten Mittel zur Erhaltung des Friedens. Dieser Satz klingt nicht sehr plausibel, aber er enthält eine Wahrheit, die sich ziemlich leicht Nachweisen läßt. Ein Krieg, der heutzutage geführt werden müßte, hätte ganz andere Vorbedingungen, al« beispielsweise der deutsch-französische, der doch erst achtzehn Jahre hinter uns liegt. Seit jener Zeit sind hüben und drüben die Feuerwaffen in einer Weise vervollkommnet worden, daß aller Wahrschein lichkeit nach die Kriegsentscheidung viel früher fiele, als in den letzten Feldzügen. Das Zündnadelgewehr ist längst vom Mauser- nnd dieses wieder vom »Repetirgewehr" verdrängt worden. Auch das französische Chassepot, welches noch vor 22 Jahren gegen die Garibaldianer bei Mentana »Wunder wirkte", ist gleich den famosen Mitrailleusen ins alte Eisen geworfen worden; Frank reich hat jetzt sein Lebelgewehr mit kleinem Kaliber und dazu, wenn man den französischen Fachzeitschrif ten glauben darf, ein fast rauchloses Pulver, welches beim Schießen fast garnicht knallt. Schon diese bei den Eigenschaften des neuen Pulvers bedingen an und für sich eine neue Art der Kriegsführung, der gegenüber mit den alten Mitteln nicht auszukommen ist. Die zweckmäßige Verwendung von Cavallerie würde sich bei rauchlosem Pulver kaum bewerkstelligen lassen. Der Pulverdamps war bisher der Schleier, unter dessen Schutze sich die Cavallerie an die feindliche In fanterie heranmachen konnte, ohne eher bemerkt zu werden, bis sie ganz in der Nähe war. In Zukunft würde die Cavallerie also schon von weitem sichtbar sein und müßte eine Feuerzone passiven, die bei dem heutigen Schnellfeuer einfach nicht zu durchreiten wäre. Nun soll das Pulver aber auch wenig knallen. Es können mithin damit auch keine Signalschüsse abge geben werden, was den Vorposten- und Aufklärungs dienst ungemein erschwert. Bisher hatte die oberste Gefechtsleitung den Vortheil, daß sie (zum Theil we nigstens) meilenweit das Schlachtfeld überschauen konnte. Denn die Stellungen des Gegners wurden durch den aufsteigenden Pulverdampf verrathcn; auch seine Vor- und Rückwärtsbewegungen waren daran erkennbar und von der Centralstelle aus konnte ohne besondere Aufforderung hier und dorthin Hilfe ent sandt werden. Bei rauchfreiem Pulver fallen die bis her vorhanden gewesenen Erkennungszeichen fort und so schnell sich die unteren Führer dann auch auf ihreni beschränkteren Terrain zu orientiren vermögen: die oberste Leitung verliert jedes direkte Bild von dem Stande der Dinge und ist auf die Estafetten und Ordonnanzen angewiesen. Selbstverständlich würde man in Zukunst auch nicht mehr von einem Kanonen donner sprechen können. Daß die Befestigungsanlagen, selbst die modernsten, den modernen Sprengmitteln, mit denen die Kriegs verwaltungen alle ziemlich geheimthun, nicht gewachsen sind, darf mit Recht vorausgesetzt werden. In Oester reich soll auch eine kleinere Repetirkanone, die Erfind ung eines Amerikaner», eingcführt werden, welche bis zu 600 Schuß in der Minute abgiebt und nur drei Mann zur Bedienung bedarf. Eine solche Kanone wäre also bei geschickter Handhabung im Stande, irgend eine Stellung gegen ein ganzes anrückende» Bataillon zu vertheidigen, zumal man sich von der Treffsicherheit dieses Geschützes Wunderdinge erzählt. Man ersieht aus dieser Skizze, daß das Waffen handwerk in der letzten Zeit auf eine ganz neue, bis her glücklicherweise noch nicht ernstlich erprobte Grund lage gestellt ist. Rechnet man zu alledem noch die in den jüngsten anderthalb Jahrzehnten gerade für mili tärische Zwecke ungemein vervollkommneten Eisenbahn- Transportmittel und vermehrten strategischen Bahnen, so ergiebt sich, daß der Krieg der Zukunst weit schneller, weit zerstörender, wie die bisherigen verlaufen wird. Vor dieser entsetzlichen Probe aber fürchten sich alle und die Franzosen nicht zum mindesten. Die Ver antwortung für die Kriegsgreuel ist ihnen zu groß geworden, ihre Siegeszuversicht trotz ihre« häusigcn Bramabarsirens wesentlich herabgestimmt. So traurig es ist, daß nicht Vernunft, Gerechtig keitsgefühl und Bruderliebe die Grundlagen des Frie den« sind, sondern nur die achtungsvolle Furcht vor der Macht des Gegners, werden wir doch mit dem nun einmal bestehenden Zustande rechnen müssen und wir dürfen uns freuen, daß wenigstens die Furcht den Flieden aufrecht erhält. Hagesgeschichle. — Deutschland. Wehrlos, ehrlos! Mit diesem alten, kernigen Spruche schloß der Kriegs minister Bronsart von Schellendorff die beredten Worte, die er zur Begründung der Artillerie-Vorlage in'S Feld stellte. Gänzlich wehrlos würde Deutsch land freilich nicht werden, falls der Reichstag sich weigerte, die geforderten 4000 Pferde zur Vermehr ung der Artillerie-Bespannung zu bewillige»; aber die von der Ehre wie von den höchsten Landesinter essen gebotene Vertheidigung unseres Vaterlandes würde doch erheblich erschwert, wenn in diesem Stück unsere Wehrkraft hinter den Rüstungen unserer feind lichen Nachbarn erheblich zurückbliebe. Seitdem vor 2 Jahren das Septennat bewilligt wurde, haben Frankreich und Rußland, zwischen denen Deutschland eingekeilt ist, allmählich und stetig ihre Kriegsbereit schaft erhöht. ES ist eine bekannte Sache, daß die in Polen liegenden russischen Heere und die an der Grenze gegen Deutschland ausgestellten französischen Armeekorps sich auf dem völligen Kriegsfuße befinden. Bei einem Kriegsausbrüche brauchen sie nicht erst mobilisirt zu werden, sie sind vollzählig und nach jeder Richtung hin mobil. Namentlich sind alle ihre Batterien kriegsmäßig bespannt. Nun verhehlte der BundeSrath nicht, wie unerwünscht es ihm sei, mit einer der beim Septennat gemachten Bewilligungen überschreitenden Vorlage an den Reichstag heranzu treten. Aber die bittere, die harte Nothwendigkeit zwingt dazu. Selbst Eugen Richter machte das Zu- geständniß, daß sich die Mehrbespannung der Artillerie bezüglich der an den Grenzen liegenden deutschen Armeekorps rechtfertigen lasse. Er hatte nur seine Zweifel bezüglich der im Innern garnisonircnden. Doch ließen seine wie Windthorst's Worte erkennen, daß sie die Forderung der Heeresverwaltung innerlich für berechtigt halten. Bei ^/, aller deutschen Batterie» sollen künftig 6 Geschütze, statt wie bisher nur 4, schon im Frieden be spannt gehalten werden. Das ermöglicht nicht nur einen rascherenUebergangzummobilen Zustandeim FalleeineS Kriegsausbruchs, sondern macht auch die niobilisirten Batterien sofort kriegstüchtiger. Ein geringerer Theil der Pferde bedarf dann erst der Einübung, und da« ist in Deutschland, dessen lange Winter die Hebungen der Artillerie und Infanterie im Freien ohnehin im Vergleich zu dem französischen milderen Klima beein trächtigen, von großem Werthe. Auch wird dann ein geringerer Theil der Mannschaften nöthig haben, sich erst in den Dienst wieder einzugewöhnen. War früher die deutsche Artillerie, obwohl in der Minder zahl, gegen die französische insofern im Vorsprunge, al» ihre Geschütze leichter beweglich sind, so hat die ausgedehntere Bespannung der französischen letzterer wieder einen Vorsprung geschafft. Die Artillerie- Vorlage stellt da» Gleichgewicht ungefähr wieder her. — Berlin. Der »Post" wird au« Wien be richtet, daß ein Minister des früheren serbischen Ka- binetS dem Korrespondenten der »Neuen Freien Presse" Mittheilung machte über die Anstrengungen, die die« Ministerium aufgeboten, König Milan von seinem Abdankungsentschlusse abzubringen, und von den Briefen, die Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef in dieser Sache an Milan gerichtet hatten. Kaiser Wilhelm hatte nach dieser Erzählung eigen händig in einem sieben Seiten starken Briefe dem Könige seine Bedenken ausgesprochen. Er sprach nicht al« Kaiser; eS war der Freund, der das vertrauliche Du gebrauchte. Kaiser Wilhelm gab dem Gedanken Ausdruck, daß die Pflicht in erhöhtem Maße für Jene gelte, die an der Spitze eine« Staatswesens stehen. Wie ein Mann, »er selbst vom höchsten Pflichtgefühl beseelt ist, schrieb der Kaiser über diese« Gefühl. Er erinnerte an die Leiden seines Vaters, der ausharrte, wiewohl der Tod vor seinen Augen stand. Dann stellte er die Erfolge dar, die König Milan bisher erreicht hatte, und wies auch darauf hin, wie die Situation für den König seit der Verfassungsrevision sich gebessert, weshalb kein Grund zur Abdankung gegeben sei. Der König hatte die beiden Briefe per sönlich seinen Ministern mitgetheilt und hinzngefügt, daß dieselben eS ihm nicht leicht gemacht, bei seinem Entschlnsse zn verharren. Indem er auf die sein Wirken anerkennenden Worte im Briefe des Kaisers Wilhelm hinwies, bemerkte er, daß dieses Lob der schönste Erfolg seines Lebens sei. — Ein Gesetzentwurf über die Ausrüstung der deutschen Kauffahrteischiffe mit Booten ist dem Bundesrathe zugegangcn. In dem Entwurf lind, da durch die seeamtlichen Untersuchungen als Ursache der Verunglückung der Mangel an Rettungs bojen, Korkjacken und Schwimmwesten vielfach festge stellt worden ist, die Aufnahme auch dieser Rettungs- geräthe unter die vorschriftsmäßigen Ausrüstungs gegenstände der Schiffe vorgeschlagen. Im Uebrigen soll die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht auf deutsche Kauffahrteischiffe beschränkt, sondern auch auf aus ländische Kauffahrteischiffe ausgedehnt werden, falls sie Passagiere von deutschen Häfen aus befördern. — Das Schulgeschwader ist nach der „B.B.-Z." von Port Said wieder abberufen worden. Dasselbe werde nach verschiedenen Kreuzungen im Mittclmeer voraussichtlich Anfang April wieder in Kiel eintreffen. — Danach wäre also die Entsendung des Geschwaders nach Ostafrika oder Samoa wieder aufgegeben. — In Frankreich, das von politischen Kämpfen in seinen Grundfesten bereits erschüttert ist, spielt die soziale Frage, wie bereits erwähnt wurde, gerade in diesem Augenblick wieder eine sehr bedeutende Rolle. In den industriereichsten Bezirken de« wirthschaftlich so hoch entwickelten Landes, im Nord-Departement, ist unter den Fabrikarbeitern eine Lohnbewegung ausge- brochen, die an verschiedenen Orten bereits zu blut igen Konflikten geführt hat. In Pernaches bei Lille drangen zu nächtlicher Zeit mehr als 1000 Ar beiter in die Spinnerei AgacheS ein. Eine Compagnie Infanterie, welche die Fabrik besetzt hielt, wurde zu rückgeworfen, und erst als eine Eskadron berittener Jäger eintraf, konnte die Ordnung wieder hergestellt werden. Die Spinnerei ist geplündert worden, meh rere Soldaten und Arbeiter erlitten Verwundungen. — Paris. Als sich am Mittwoch Nachmittag der französische Marineminister Admiral Jaurös in das Ministerium begeben wollte, verspürte er auf dem Wege dorthin ein Unwohlsein. Im Ministerium angelangt, erlitt er einen Schlaganfall und trotz ärztlicher Hilfe trat bald der Tod ein. Seit dem Bestand der Republik ist das der zweite Minister, der im Amt stirbt. Die Beerdigung erfolgt auf Staatskosten mit großem Pomp. JaureS war 1823 geboren, nahm am Krimkriege und an den Feldzügen in China, Italien und Mexiko theil. 1871 war er Befehlshaber der Loire-Armee. Später wurde er Senator auf Lebenszeit und Botschafter in Madrid und Petersburg. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 18. März. Nächsten Sonntag beabsichtigt der Gesangverein »Liederkranz" Hier selbst im Saale des „Deutschen Hauses" einen Concert-Abend zu veranstalten, bei welchem ein Theil de« Programms auch durch die dramatische Kunst vertreten sein wird. Au» dem reichen Inhalt des Programms heben wir als besonders wirkungsvoll hervor: „Ein Sonntag ans der Alm", Walzeridylle von Th. Koschat (im Costüm aufgeführt), „Geburts tagsfeier bei Schuster Pampel', launige- Quartett vom Dirigenten des Verein«, Hrn. Organist Neu- merkel. Den Schluß bildet der einaktige Schwank »Freigesprochen" von Neßmüller. Wir wollen nicht verfehlen, heute schon auf den gewiß genußreichen Abend aufmerksam zu machen. — Leipzig. Ein Laufbursche, welcher bei einem Buchhändler Hierselbst beschäftigt war, hatte seit ein-