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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock sertionsprcis: die kl'einsp. ten, sowie be, allen Reichs- M.io« und dessen Amgebung. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. z». Zahrgang. — ' M 8S. Dicnstag, den 31. Juli 1888. Verordnung. Maßregeln zum Schuhe gegen die Trichinenkrankheit bei den Menschen betreffend; vom 21. Juli 188 8. Mit Allerhöchster Genehmigung und zu Erledigung hierauf gerichteter ständ ischer Anträge verordnet das Ministerium des Innern, was folgt: 8 1. Hinkünftig sind alle Schweine, welche mit der Bestimmung zur Nahr ung des Menschen geschlachtet werden, durch einen hierzu obrigkeitlich verpflich teten Sachverständigen auf Trichinen mikroskopisch zu untersuchen und es dürfen die genießbaren Theile nicht eher zur menschlichen Nahrung dargeboten werden, als bis diese Untersuchung mit dem Ergebnisse stattgefundcn hat, daß in dem Schweine, von dem sie herrühren, Trichinen nicht gefunden wurden. 8 2. Eingeführtes rohes oder verarbeitetes Schweinefleisch (Schinken, Wurst re.) darf weder feilgeboten, noch zur menschlichen Nahrung verabreicht oder überlassen werden, bevor cs gleichfalls durch verpflichtete Trichinenschauer mit dem in § 1 gedachten Ergebnisse untersucht oder der Nachweis erbracht ist, daß dies bereits an einem anderen Orte innerhalb des Deutschen Reiches geschehen oder daß an dem Bezugsorte ebenfalls der Zwang zur Trichinenschau besteht. 8 3. Wer ein Schwein schlachtet oder schlachten läßt, hat hiervon vor dem Schlachten, wer rohes oder verarbeitetes Schweinefleisch ohne den am Schluffe von 8 2 gedachten Nachweis einführt, hat davon vor dem Verkaufe dem verpflichteten Trichinenschauer Anzeige zu machen. 8 4. Alle Gewerbtreibenden, welche Schweine znm Zwecke des Verkaufs des Fleisches schlachten oder schlachten lassen, haben ein mit ihrem Namen be zeichnetes Schlachtbuch zu führen, in welchem unter fortlaufenden Nummern, sowie unter Beifügung der dasselbe Schlachtstück betreffenden Nummern des von dem Trichinenschauer zu führenden Schaubuches a) die geschlachteten Schweine einzeln aufzusührcn, d) der Tag, an welchem die Schweine geschlachtet worden, e) die Nummern der betreffenden Schlachtsteuerscheine, ci) der Tag, an welchem die mikroskopische Untersuchung durch den Tri chinenschauer stattfand, e) der Name des Trichinenschauers, l) das Ergebniß der Untersuchung mit der Bezeichnung „Trichinen nicht nachgewiesen" oder „trichinenhaltig" einzutragen sind. Die Eintragung der Nummern des Schlachtbuches und die Ausfüllung der Spalten unter ck, e nnd k hat durch den Trichinenschauer selbst zu geschehen. Diese Schlachtbücher sind den Aufsichtsbeamten (vergl. 8 13) auf deren Verlangen unweigerlich vorzulegen. Personen, welche nicht gewerbsmäßig oder nicht zum Zwecke eines Gewerbe betriebes (Gast- und Schankwirthschaft) Schweine schlachten oder schlachten lassen, sind nicht verpflichtet, ein Schlachtbuch zu führen. Sie erhalten über das Er gebniß der Untersuchung besondere, vom Trichinenschauer ausgestellte Befund scheine, die sie mindestens drei Monate aufzubewahren und auf Verlangen den Uebcrwachungsbeamten vorzulegcn haben. 8 5. Wer eingeführte Schweinefleischwaaren feilbietet, hat ein mit seinem Namen bezeichnetes Fleischbuch zu führen, in welches die empfangenen Sendungen, soweit möglich nach den einzelnen Waaren-Gattungen und Stücken, unter fort laufender -Nummer aufzusührcn sind. Außerdem sind in besonderen Spalten anzugeben a) das Gewicht jeder einzelnen Post, d) die Bezugsquelle, e) in welcher Weise den Bestimmungen in 8 2 dieser Verordnung ent sprochen ist. Ist die Untersuchung des verpflichteten Trichinenschauers am Berkaufsorte geschehen, so muß das Zeugniß über das Untersuchungsergebniß vom Trichinen schauer selbst eingetragen werden. Vom Letzteren sind die untersuchten Gegenstände, wenn bei der Untersuch ung darin Trichinen nicht gefunden worden sind, mittelst Brennstcmpels oder Farbenstempels oder Plombe zu kennzeichnen. Das Fleischbuch ist den Anfsichtsbeamten auf deren Verlangen jederzeit vorzulegcn. 8 6. Sämmtliche Gemeindebehörden (Stadträthe und Gemeindevorstände) haben dafür besorgt zu sein, daß für den Bereich der betreffenden Gemeinde verpflichtete Trichincnschauer in ausreichender Zahl vorhanden sind, um dem Bedürfnisse genügen zu können. Die bestellten Sachverständigen diene» zugleich mit für die benachbarten exemten Grundstücke. Für mehrere kleinere Gemeinden kann ein gemeinschaftlicher Trichinenschaucr bestellt werden. 8 7. Die Verpflichtung der Trichinenschaucr erfolgt durch die Amtshaupt mannschaften bez. durch die Stadträthe in den Städten mit der Rcvidirten Städteordnung mittelst Handschlags an EideSstatt und ist öffentlich bekannt zu machen. 8 8. Nur solche Personen sind als zur Verpflichtung geeignet anzusehcn, gegen deren Zuverlässigkeit Bedenken nicht vorliegen und welche ihre Befähigung zu der fraglichen Verrichtung und den Besitz eines geeigneten Mikroskops durch eine Prüfung bei einer vom Ministerium des Innern bezeichneten Prüfungsstelle (-. 2t. nur der Thierarzneischule zu Dresden) dargethan haben nnd sich hier über durch amtliches Zeugniß der Prufnngsstelle ausweisen. K 9. Dem Trichinenschauer ist von dem Eigenthümer der zu untersuchenden Thiere und Maaren eine voiz der Ortspolizeibehörde festzusetzende und bekannt zu machende Gebühr, die jedoch nicht weniger betragen soll, als u) für ein Schwein 1 M. — Pf., i>) für eine Untersuchung von Schweinefleisch oder Schinken oder Wurst - M. 50 Pf. zu entrichten. . 8 10. Für die Untersuchung auf Trichinen gelten die in der Beilage O zu gegenwärtiger Verordnung enthaltenen Vorschriften. 8 11. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften in 8 1, 2, 3, 4 und 5 dieser Verordnung und die Anordnungen in der Beilage O werden unbeschadet der strafrechtlichen Verfolgung in dazu Anlaß gebenden Fällen mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haft bestraft. 8 12- Vorstehende Anordnungen treten vom 1. September dieses Jahres an in Wirksamkeit. Die Kreishauptmannschaften werden jedoch ermächtigt, wo dies nach den obwaltenden Verhältnissen erforderlich wird, einen späteren Ter min für das Inkrafttreten derselben zu bestimmen. 8 13. Die Ortspolizcibehörden haben die Ausübung der Trichinenschau durch geeignete und dazu befähigte Personen beaufsichtigen zu lassen. Trichinenschauer, welche sich als unzuverlässig erweisen oder nicht mehr ge eignete Mikroskope besitzen, können je nach den Umständen zur Wiederholung ihrer Unterweisung und Befähigungsprüfung beziehentlich Beschaffung eines ge eigneten Instruments angehalten oder durch die Medicinalpolizeibehörde von der Berechtigung zu Ausübung der Trichinenschau unter Abforderung ihres Be rechtigungsausweises ausgeschlossen werden. Letzteres ist solchenfalls öffentlich bekannt zu machen. 8 14. Oertliche Festsetzungen (durch Statut oder Regulativ) sind zulässig, insoweit dadurch mindestens vorstehenden Vorschriften entsprochen wird. In solchen kann auch über die bezüglichen Einrichtungen in den unter be hördlicher Aufsicht stehenden öffentlichen Schlachthöfen von den Vorschriften in 8 3, 4 Absatz 2 und 9 dieser Verordnung, sowie Punkt 2 und 6 der Beilage O abweichende Bestimmung getroffen werden. Dresden, am 21. Juli 1888. Ministerium des Innern. v. Noflitz-Wallwitz. Lippmann. O Vorschriften für die Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinen. 1. Tie Untersuchung der geschlachteten Schweine hat vor deren Zerlegung zu erfolgen. 2. Zum Zwecke der mikroskopischen Untersuchung hat der Trichinenschauer von jedem ge schlachteten Schweine 6 Fleischtheile und zwar je einen aus a) den Zwergfellspfeilern (Nierenzapfen), b) den Zwergfellmuskeln (Kronenfleisch), c> den Zwischenrippenmuskeln, ä) den Bauchmuskeln, c> den Lenden- oder ttehlkopfmnskeln, 0 den Zungenmuskcln, als Untersuchungsstücke selbst auszuschnciden oder unter seiner Aufsicht ausschnciden zu lassen. Von jedem dieser 8 Fleischtheile sind mindestens 6 Präparate in der Form je eines länglichen Vierecks in einer Länge von 1 cm und in einer Breite von cm anzufertigen und genau zu untersuchen. Wenn bei Schweinefleisch die gedachten 6 Untersuchungsstücke nicht oder doch nicht voll ständig entnommen werden können, so sind 8 Proben aus den vom Trichinenschaucr zu be stimmenden Theilen des zu untersuchenden Stückes zu entnehmen. Aus jedem zu untersuchenden Schinken und bei Untersuchung von Wurst hat der Trichinen schauer an verschiedenen Stellen drei Fleischstückchen herauszuschnciden, auS deren jeden mindestens 4 Präparate anzufertigen und genau zu untersuchen sind. Die Proben aus frischem Fleisch und Schinken sind möglichst in der Nähe der Knochen- und Sehnen-Ansätze zu entnehmen. 3. Die Trichinenschauer haben tabellarisch eingerichtete Schaubücher zu führen, in welche sie unter sortlausenden -Nummern die zu untersuchenden Schlachtstücke, Schinken und sonstige Fleischwaaren, beziehentlich das Datum der Schlachtung und die -Nummern der Schlachtsteuer scheine, sowie die vollständigen Namen der Eigenthümer, das Datum der mikroskopischen Unter suchung und das Ergebniß der letzteren mit „Trichinen nicht nachgcwiesen" oder „trichinen haltig" einzutragen haben. Diese Bücher sind alljährlich mit dem I. Januar jeden Jahres neu anzulegen und den mit der Revision beauftragten Beamten aus Verlangen unweigerlich vorzulegen. Die abgeschlossenen Schaubücher sind drei Jahre lang auszubewahrcn. Es ist jedem Trichinenschauer gestattet, zwei Schaubücher, das eine für die untersuchten Schlachtftücke, das andere für die untersuchten Schinken und sonstigen Fleischwaaren, zu führen. 4. Das Ergebniß einer jeden mikrostopischen Untersuchung hat der Trichinenschauer unver züglich durch entsprechende Einträge in die Schlacht- und Fleischbücher der Eigenthümer der untersuchten Schlachtstückc oder Fleischwaaren namensunterschriftlich zu bescheinigen. Außerdem ist aus Verlangen den Eigenthümer» der untersuchte» Schlachtftücke oder Aleisch- waaren, ohne besondere Vergütung dafür ein mit der betreffenden -Nummer des Schaubuchs des Trichinenschauers zu bezeichnender Befundschein auszustellen. In diesem Besundscheine ist der vollständige Name des Eigentbümers des untersuchten Gegenstandes und der Letztere selbst gcnan anzugeben. Je nach dem Ergebnisse der Untersuchung ist der 'Befundschein mit „trichi nenhaltig" zu überschreiben oder mit der Bescheinigung zu versehen, daß bei vorschristsmäßiger Untersuchung der ... Präparate aus den in Punkt 2 a -t vorgeschriebenen vom Trichinenlchauer selbst (oder: unter der persönlichen Aussicht des Tricknnenschauers) entnommenen Fleischtheile» Trichinen nicht gefunden worden sind.