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1LS L8»L Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreiS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Abonnement viertelt. 1M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstalten. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »8. Jatzr,»»,. Dienstag, den 29. September Amts- und Anzeigevlatt für den Lyirk -es Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Arettag, den 2. Gcloöer ds. Is., von Worin. 11 Wr an im Amtsgerichtsgebände zu Eibenstock. Schwarzenberg, den 25. September 1891. Die Königliche Amtshauptmannschast. Frhr. v. Wirstng. Nach Art. 9 Abs. 2 des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1891 treten die nach stehend abgedruckten Bestimmungen in ven 88 120 und 150 Ziffer 4 der Ge werbeordnung (neuer Fassung) über Fortbildungsunterricht am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft. Man unterläßt nicht, die Betheiligten hierauf besonders aufmerksam zu machen. Schwarzenberg, den 25. September 1891. Königliche Amtshauptmannschast. Frhr. v. Wirstng. 8 120. Die Gewerbcunternehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungs schule anerkannte Unterrichtsanstalt besuchen, hierzu die erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren. Am Sonntage darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß -die Schüler nicht gehindert werden, den HauptgotteSdienst oder einen mit Ge nehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten besonderen Gottesdienst ibrer Konfession zu besuchen. Ausnahmen von dieser Bestimmung kann die Zen tralbehörde für bestehende Fortbildungsschulen, zu deren Besuch keine Verpflichtung besteht, bis zum 1. Oktober 1894 gestatten. Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten ertheilt wird. Zusatz zu 8 >50. 4) Wer den Bestimmungen des 8 >20 Abs. 1 oder einer auf Grund des 8 120 Abs. 3 erlassenen statutarischen Bestimmung zuwiderhandclt, wird mit Geldstrafe bis zu zwanzig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu drei Tagen für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes bestraft. KvttkurSverfahrcn. Ueber das Vermögen des Handelsmannes O»rl I-eickvpIx Vlvvegt in Schönheide wird heute am 3. September 1891, Nachmittags 4 Uhr das Kon kursverfahren eröffnet. Der Ortsrichter Haupt in Schönheide wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 3. Oktober 1891 bei dem Gerichte anzu melden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 >20 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände, sowie zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 12. Hktoöer 1891, Vormittags 11 Mhr vor dem unterzeichneten Gerichte, Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird auigcgcben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auf erlegt, von dem Besitze der Sacke und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 17. September 1891 Anzeige zu machen. Eibenstock, am 3. September 1891. Königliches Amtsgericht. Kautzsch. Die neue russische Anleihe. Nachdem schon verschiedene Anläufe mißglückt sind, hat die russische Finanzverwaltung mit französischen Bankfirmen einen Anleibcvertrag über eine halbe Milliarde Frank abgeschlossen. Vor etwa vier Mo naten .gab Rothschild kein Geld" an Rußland, weil dieses die Juden bedrückte. Nachdem aber die fran zösisch-russische Verbrüderung stattgefunden und Frank reich in einen wahren Taumel versetzt hak, kann man sich nicht mehr weigern, dem Freunde im Osten die lumpigen 500 Millionen zu pumpen. Nun verlautet aber mit Bestimmtheit, daß sich auch Berliner Bankhäuser bereit erklärt haben, einen Theil der Anleihe zu übernehmen und der erste Ein druck dieser Meldung war ein geradezu verblüffender. Die »Voss. Ztg.", welche doch gewiß auf liberalem Standpunkt steht, sagt, die deutschen Bankhäuser, welche sich herbeilassen würden, zur Zeichnung auf die russische Anleihe einzuladen, würden eine schwere moralische Verantwortung übernehmen; sie würden bald in einem großen Theile der Presse den schwersten Anklagen wegen vaterlandsloser Gesinnung ausgesetzt sein, zumal wenn das Deutsche Reich und der preuß. Staat mit weiteren Anforderungen an den Geldmarkt hervortreten müssen und in Gefahr gerathen, einen Mißerfolg zu erleiden. Hoffentlich ist eS noch Zeit, den Gedanken an die Auflegung der russischen Anleihe in Deutschland, falls er überhaupt ernstlich gehegt würde, aufzugeben. Eine fernere Festlegung deutschen Kapitals in russischen Werthcn ist weder wirthschaft- lich noch politisch zu rechtfertigen, auch wenn man vorerst überzeugt bleibt, daß eine Störung des Friedens noch auf Jahre hinaus nicht zu besorgen sei. Rußland ist mit seiner HcereSauSrüstung noch nicht fertig und hat im Innern gegen einen Nothstand — gegen eine wirkliche HungerSnoth, nicht nur gegen eine Theuerung, wie bei un«! — zu kämpfen. Also vorderhand kann es an einen Krieg nicht denken. Daß eS aber späterhin seine Kraft mit Deutschland messen wird, das ist eine Ueberzeugung, auf der die ganze Politik der Gegenwart beruht. Soll nun deutsche« Geld die russischen Rüstungen vervollständigen und beschleunigen helfen? Den französischen Häusern, welche ohnehin mit russischen Werthen bis zum Ueber- maß belastet sind, kann eS freilich nur willkommen erscheinen, wenn ein großer Theil der russischen An leihe seinen Weg in das Ausland und besonders nach dem Deutschen Reiche nimmt. Aber für da« deutsche Bürgerthum wäre es zu beklagen, wenn sich sein Besitz an russischen Papieren, der sich in den letzten Jahren bedeutend vermindert hat, wieder vermehrte. Die traurigen Zustände, welche jenseits der östlichen Grenzen herrschen, die Bauernunruhen, die HungerSnoth und die fortwährende Thätigkeit der Banknotenpresse, die Unduldsamkeit der russischen Negierung gegen alle Deutschen und Fremden und die zahlreichen Maß regeln, welche zur Erschwerung der Einfuhr und der deutschen Arbeit in Rußland seit Jahren getroffen worden sind, können für das deutsche Kapital schwer lich einen Reiz zu neuen Zeichnungen auf russische Werthe enthalten. Die „Kreuz-Ztg." nimmt den gleichen Standpunkt ein, indem sie schreibt: »ES will uns schier undenk bar erscheinen, daß in der gegenwärtigen politischen Lage sich Angehörige des Deutschen Reiches finden könnten, welche sich nicht scheuten, unseren Gegnern die Mittel zu ihren Kriegörüstungen um des »Ge schäftes" Willen darzubietcn. Sollte eS sich dennoch bewahrheiten, was man in Petersburg sich erzählt, so werden wir mit allem Nachdruck darauf zurück kommen." Das letztgenannte Blatt meint allerdings, daß die Nachricht einstweilen nur ein Fühler sei, den die Börsenpresse auSstrecke, um zu erfahren, wie sich das Publikum zu der Sache stelle, und meint, die Reichs regierung habe da auch ihr Wort mitznsprechen. Da gegen erinnert der »Börsen-Kour." daran, daß die Regierung keine formale Befugniß habe, den Bank häusern in Bezug auf ihre Geschäfte etwas zu ver bieten. Das Blatt glaubt nicht an eine Kriegsgefahr und fragt deshalb, ob eS etwa »ein himmelschreiendes, an VaterlandSverrath streifendes Unrecht sei, wenn wir mit Rußland Geschäfte machen, weil irgend wann einmal und vielleicht sogar bald ein Krieg zwischen Rußland und Deutschland auSbrechen könnte! Das ist uns zu hoch, oder aufrichtiger gesagt, das ist uns zu dumm." Im allgemeinen wird man für diese Argumenta tion wenig Vcrständniß zeigen. Daß Rußland uns nicht freundlich gesinnt ist, steht fest. Daß eS zu einem Gewaltakte nur dann übergehen kann, wenn eS Geld hat, steht auch fest. Soll nun deutsches Geld die Möglichkeit dieses Gewaltaktes erhöhen? Oder glaubt man, Rußland würde reuevoll in sich gehen, wenn wir ihm Geld vorstreckten, das wir selbst — ach so nöthig — im eigenen Lande gebrauchen können? Hagesgeschichle. — Berlin, 26. Sepkbr. Kaiser Alexander von Rußland hat auf seiner Rückreise von Kopen hagen nach Moskau, wohin ihn die Beerdigung der vorgestern gestorbenen Großsürslin Paul führt, gestern Abend für kurze Zeit in Berlin geweilt. Die Kunde, daß dies der Fall sein würde, war nur wenig bekannt geworden. Das russische Kaiserpaar ist im Auftrage des Kaisers Wilhelm vom Prinzen Friedrich Leopold und seiner Gemahlin, sowie von den hier anwesenden Mitgliedern ter unmittelbaren militärischen Umgebung des deutschen Kaisers mit geziemender Feierlichkeir empfangen worben. Das Passiren der deutschen Hauptstadt ließ sich für de» Zaren, nachdem er ein mal den Landweg in die Heimath gewählt, schwer vermeiden. Ob, wie cs heute heißt, in Ostpreußen eine kurze Begegnung des deutschen Kaisers mit Alexander III. staltfinven wird, darüber wird man wohl erst Bestimmtes erfahren, wann die Thatsachen für oder dagegen entschieden haben. An der allge meinen politischen Situation wird schwerlich eine solche Begrüßung etwa« Wesentliches ändern können. Die Völker können durch solche Zwischenfälle der Laune nicht« erfahren, was sie nicht schon wüßten. In dem fortgesetzten Bemühen Deutschlands und mit ihm der DrcibundSmächte, die politische Spann ung zu verringern, liegt allein da« Moment der Beruhigung. Und selbst die endliche Erfolglosigkeit dieser Bemühungen kann nicht den festen Glauben erschüttern, daß kein Herrscher in Europa es wagen darf, seine Stimmungen und persönlichen Neigungen in die That umzusetzen und mit Leichtfertigkeit jenen fürchterlichen Zusammenstoß hervorzurufen, dessen Vorstellung Grauen erweckt. Der Friede ist zunächst wohl schon durch die allgemeine Furcht vor den kaum auszudenkenden Folgen eines Kriege« gesichert. Der Zar mag Deutschland verabscheuen, aber er kennt die Kräfte, welche eine Politik des Hasse« und des Trotzes wecken müßte, wenn sie ihre Ziele verwirklichen wollte. Alexander wird in der Heimath erfahren, wie dringend sein Volk den Frieden braucht. Millionen darben, viele Provinzen sind von der drückendsten Noth heimgesucht, die öffentlichen Kassen sind leer. DaS sind nicht die Voraussetzungen einer kühnen und stolzen Politik, aber drohende Symptome innerer Währung. Und so kann die Welt eS mit Gelassen heit ansehen, auf weichem Wege der Zar in die Heimath reist und wo er Rast macht.