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Amts- und Anzeigeblatt für den -MA- LtM des Amtsgerichts Lidenftock sertionSpreiS: die kleinsp. . . _ ten, sowie bei allen Reichs- Ze l° 0 Pf und dessen Umgebung. ^"Mten. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. —— »8. za-r«««g. . LIV. Donnerstag, den 17. September 18SL. Hagesgeschichte. — Deutschland. Man schreibt aus Berlin, 15. Septbr. Ein Provinzblatt brachte vor einigen Tagen au« Petersburg die Nachricht, daß das russi sche Kaiserpaar vonKopenhagen aus dem Berliner Hofe in allernächster Zeit einen Besuch abstatten würde. Die Nachricht begegnete allenthalben berech tigtem Zweifel. Auch die .Köln. Zig." bezeichnete sie al« unbegründet. So ganz aus der Luft scheint sie aber doch nicht gegriffen zu sein. Von verschiedenen Seiten wird jetzt behauptet, daß thatsächlich zur Zeit Verhandlungen über eine Reise des russischen Kaiser- paarcS nach Deutschland stattsänden. Ueber Zeit und Ort der ins Auge gefaßten Zusammenkunft der beiden Monarchen würden sichere Angaben aber erst in letzter Stunde veröffentlicht werden. Wenn der Zar in Deutschland erscheinen sollte, dürfte er ebenso wie in früheren Jahren einer ehrenvollen Aufnahme gewärtig sein. Im Uebrigen würde, nach den Erfahrungen der letzten Jahre zumal, Niemand übertriebene Er wartungen an einen solchen Besuch knüpfen wollen. Er würde nur ein Beweis dafür sein, daß an höchster Stelle auch weiter an der Möglichkeit eines friedlichen Nebeneinander festgehalten wird, aber er würde die Bcsorgniß nicht ncbmen können, daß die Gewalt der entfesselten Leidenschaften sich einmal stärker erweisen werde, als die friedlichsten Absichten des russischen Herrschers. Am verblüffendsten würde die Berliner Reise des Zaren ohne Zweifel auf die Franzosen wirken, welche bei ihrem sanguinischen Naturell in dem russi schen Kaiser ihren treuen Verbündeten im Kriege gegen die verhaßten PrussienS erblicken. — Eine Hiobsbotschaft ist aus Ostafrika cingetroffen. Ein Theil unserer dortigen Schutztruppe hat, wahrscheinlich in Folge sorgloser Unterschätzung des Gegners, eine Niederlage erlitten, die nach pri vaten Berichten der Vernichtung ziemlich nahe kommt. Leutnant Zelewskis Abtheilung, die nach dem Süd westen marschirt war, ist von den Wahehe - Negern überfallen und zersprengt worden. Rein ziffernmäßig betrachtet, sind die Verluste, von denen die Deutschen betroffen wurden, nicht erheblich. Vier Offiziere, vier Unteroffiziere und etwa 3M (schwarze) Soldaten sind verloren — man weiß nicht, ob alle gefallen oder ob viele von ihnen in Gefangenschaft gerathen sind. Die Expeditionstruppe unter Leutnant Zelewski war jedenfalls vorzüglich ausgerüstet; sie führte u. A. auch zwei Maxim-Geschütze mit sich. Da nun in den Tele grammen von einem „Ueberfall" gesprochen wird, so dürften leider einige Vorsichtsmaßregeln der afrika nischen Kriegführung außer Acht gelassen worden sein. Die Wahehe haben bei ihren vielfachen Raubzügen cS für die beste Taktik gehalten, die Dörfer der Ein geborenen gewöhnlich im Morgengrauen zu überfallen, und da kaum anzunehmen ist, daß sie am Tage eine geschlossene, mit Geschützen versehene Kolonne über wältigen könnten, so erscheint für die Katastrophe diese Erklärung al« möglich. Man wird aber natürlich erst nähere Einzelheiten abwarten müssen. Keiner Kolo nialmacht sind ähnliche traurige Erfahrungen erspart geblieben, aber keine ist dadurch veranlaßt worden, ihre Kolonien aufzugeben. Spanien und Portugal haben in früheren Jahrhunderten in ihren Kolonien fortgesetzt Kriege gegen die Eingeborenen geführt, England setzte in Indien Gut und Blut daran, Frank reich hatte sein Algerien und sein Tongking, Italien sein Massauah. Wenn es auch nur ein schlechter Trost ist, im Unglück Gefährten zu haben, so zeigen uns die angeführten Beispiele wenigsten-, daß wir die Bedeutung des Unglücks nicht überschätzen sollen. AnderntheilS aber wird die Katastrophe denen zu denken geben, welche mit zu kühnen Hoffnungen den Gang unserer kolonialen Politik verfolgt haben. — An sämmtliche Ministerien der deutschen Staa ten hat der Ausschuß der deutschen Turnerschaft eine Eingabe gerichtet, worin eS heißt: Die letzten statistischen Erhebungen haben ergeben, daß zur Zeit in Deutschland und Deutsch-Oesterreich von 3974 Turnvereinen ohne eigene Turnhallen bereits 865 Schulturnhallen benutzten. An vielen Orten jedoch begegneten die Gesuche der Turnvereine entschiedenem Widerspruch. Im Hinblick nun auf die Thatsache, daß auch dem Schulturnen aus dem Vereinsturnen von jeher reiche« Leben zugeflossen ist, daß ferner das Vereinsturnen al« eine für die Bildung und Wehr- haftmachung nothwendigc Ergänzung anzuseben ist, und endlich im Hinblick auf die erzieherische Bedeu tung des Vercinsturnens bittet der Ausschuß, die Schulbehörden dahin zu verweisen, das jene Gesuche um Ueberlassung der Schulturnhallen wohlwollend geprüft und thunlichst berücksichtigt werden möchten. — Den Fabrik-Inspektoren war die Aufgabe zugcfallen, sich in den Berichten für das abgelaufene Jahr 1890 unter anderm darüber zu verbreiten, in welcher Weise die Arbeitgeber die Beschaffung billiger Nahrungsmittel für Arbeiter ange strebt haben. Die Berichte lauten im Großen und Ganzen nicht sehr anregend. Es fehlte nicht an Be strebungen der Arbeitgeber; allein die Wirkungen blieben hinter den gehegten Erwartungen zurück. Einzelne ins Leben gerufene Einrichtungen mußten wegen mangelnden Entgegenkommens der Arbeiter auf gegeben werden; es war dies namentlich überall da der Fall, wo der Genuß geistiger Getränke gleichzeitig beschränkt worden war. Die Versuche werden fortgesetzt. — Liegnitz, 13. Septbr. Den nachstehenden, zum Mindesten sehr merkwürdigen Vorfall be richtet die „Liegnitzer Zeitung" aus dem Gasthause auf der deutschen Seite der Schneekoppe: „In dem Gasthause hatte sich am letzten Sonntage eine fröhliche Schaar junger Leute, darunter einige Studenten, zusammengefunden, welche die Abendstunden bei Gläser- klang und Gesang verbrachten. Gegen Ende des improvisirten Commcrses schlug einer der Tbeilnehmer den Gesang des LiedcS „Deutschland, Deutschland über Alles" vor und bald brauste die Weise durch den großen Saal. Da aber geschah etwas völlig Unerwartetes. Der Stellvertreter des Wirths trat an denjenigen jungen Mann, den er für den Leiter der Tafelrunde ansah, heran und bat, daß die Herren doch das Singen derartiger deutsch-patriotischer Lieder unterlassen möchten, da eine tschechische Familie im Hause wohne und er in Folge dessen Unannehmlich keiten haben könne. Natürlich war die Gesellschaft starr vor Erstaunen über diese Begründung." — Rußland. Nachdem der heilige Shnod und die Gesellschaft des Rothen Kreuzes bereits zur Samm lung privater Spenden für die Roth leid en den in den von der Mißernte betroffenen Gegenden Ruß lands geschritten, hat sich nunmehr auch das Mini sterium des Innern veranlaßt gesehen, eine Verfügung betreffs derjenigen Gaben zu treffen, welche den ihm unterstellten Behörden zur Uebermittelung an Noth- leidende übergeben werden sollten. Gleichzeitig macht das Ministerium bekannt, daß die Regierung für die Nothleidenden 22 Millionen Rubel angewiesen habe und daß die Nothleidenden mit Saatkorn zur Be stellung der Winterfelder versorgt sind. Ein der Be kanntmachung beigegebenes Verzeichniß nennt schließ lich 13 Gouvernements als durchweg von der Miß ernte heimgesucht, während die- bei 8 anderen nur theilweise der Fall ist. — Das „Journal des DebatS" meldet aus Moskau, der Roggenpreis auf den Binnen märkten sei merklich im Sinken begriffen. Man nehme an, daß die Vorräthe im November und Dezember beträchtlich genug sein würden, um die Regierung zur Aufhebung de« Roggenausfuhrverbot» zu bestimmen. — Dänemark. Unter den obwaltenden allge meinen Verhältnissen verdienen vielleicht auch die dä- nischenManöver Aufmerksamkeit, welche demnächst der Kronprinz Friedrich auf der Insel Fünen abhal ten soll. Außer König Christian werden angeblich auch der Zar und der Großfürst-Thronfolger jene Waffenübung überwachen. BemerkenSwerther vielleicht ist, daß außer den regelmäßigen Militärattaches von Schweden und Norwegen, Rußland und Frankreich al« besonderer Abgesandter der letzteren Macht der Brigadegeneral de Sermet im Hauptquartier zu Odense erwartet wird. — England. Der „Standard" stellt folgende Manöverbetrachtnng an: „Es giebt keine einzigc kontinentale Macht ersten Ranges, welche nicht gern eine halbe Million Soldaten gäbe, wenn sie die See bekommen könnte, welche England von der übrigen Welt scheidet. Wir haben dem Himmel für dieses unschätzbare Hilfsmittel zu danken. Im Uebrigen aber vertrauen wir der eigenen Kraft für die Möglich keit de« internationalen Lebens. Es ist ganz gewiß, daß die anderen Nationen ebensoviel Interesse an unseren Rüstungen nehmen, als wir an den ihrigen. Nur ist ihr Interesse zwischen unserer Armee und Flotte getheilt, während wir uns hauptsächlich mit ihrerMilitärorganisation beschäftigen. Sie concentriren ihre Kräfte, wir vertheilen sie. Jbre Armeen bestehen auS Soldaten, welche dienen müssen, einerlei, ob sic den Militärdienst lieben oder verabscheuen. Unser Heer besteht ausschließlich aus Freiwilligen. Erwägt eine kontinentale Armee die Möglichkeit eines Kriege-, so muß sie den Fall bedenken, daß sie auf ihrem eigenen Boden zu kämpfen und ihr Vaterland zu verlheidigen hat. Solche Betrachtung mischt sich auch wehl in die Berechnungen des englischen Kriegs ministeriums, aber wir wissen alle, daß die Aussicht, daß Engländer auf ihrer eigenen Insel zu kämpfen haben, entfernt ist. Wir haben häufige, aber kleine Kriege tausende Meilen fern von der Heimath. Seit 2M Jahren hat kein ausländisches Heer den Fuß auf englischen Boden gesetzt. Wir aber haben unsere Fahnen in alle Theile der Welt getragen. Die Engländer sind bereit, daS Reich, daS sie gegründet haben, zu verlheidigen. Heere aber, welche nach Hunderttausenden zählen, zu stellen, das überlassen wir unseren kontinentalen Nachbarn. Mögen dieselben ihre Armeen mit Weisheit brauchen." Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Den 3 Waldarbeitern Gottlieb Lippold, Erdmann Unger u. Emanuel MeichSner in Eibenstock, welche auf dem StaatSforstrcvier gleichen Namens 57 bez. 59 und 53 Jahre beschäftigt gewesen sind und sich stets vorwurfsfrei geführt haben, ist von dem Königs Finanz-Ministerium ein Gnaden- Geschenk von je 50 M. bewilligt worden. Dasselbe wurde ihnen am 12. d. Mts. in Anwesenheit des Revierverwalters in der Königs Oberforstmeisterei ausgehändigt. — Schönheide. Am vergangenen Montag hat sich der 34 Jahre alte Handarbeiter Häckel von hier, wohnhaft auf dem Baumannsberge, in seiner Wohn ung durch Erhängen entleibt. Da derselbe in ge ordneten Vermögens- und guten Familienverhältnissen gelebt hat, so ist anzunehmen, daß ihn ein Anfall von Schwcrmuth zu dem vcrhängnißvollen Schritte ge trieben habe. — Hundshübel. DaS Königliche Ministerium des Innern hat den Waldarbeitern Gottlieb Werner in HundShübcl und Wilhelm Leonhardt in Burk- hardtSgrün, ersterer 40 und letzterer 46 Jahre un unterbrochen auf HundShübler Staatsforstrevier be schäftigt, als Auszeichnung die silberne Medaille „für Treue in der Arbeit" verliehen, welche ihnen durch den Königs Oberforstmeister Herrn Schuman« mit ehrender Ansprache überreicht wurde. — Leipzig, 15. September. Der aus den gest rigen Tag fallende Tauchaer Jahrmarkt gab unserer lieben Jugend wieder ausreichende Gelegenheit, sich ein Vergnügen zu bereiten. In Schaaren zogen sie mit Lampions und anderen bunten Lichtern versehen durch die Straßen unserer Stadt, insbesondere de» inneren Theile« derselben. Dabei traten sie zum Theil in geordnetem Zuge auf und waren auf da« Merkwürdigste kostümirt. Indianer und die schwär zesten Stämme Afrika« hatten in der Hauptsache ihre Vorbilder hergegeben. Zur Herstellung ihrer Schil der hatte wohl mancher von Motten zerfressener Pelz oder Muff sein Fell fahren lassen müssen. Auf dem hiesigen Polizeiamt befindet sich eine ganze Kollektion solcher Au-rüstungSgegenstände, welche den betreffen den jungen Helden, weil sie zu laut wurden, abgc- nommen werden mußten. Da« Tragen der bunten