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Amts- und Anzeigeblatt für den LeM des Amtsgerichts Eibenstock sertionspreis: die kleinsp. °« und dessen Amgeöung. Abonnemente vicrtelj. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Uuterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen Reichs- Postanstaltcn. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. S8. Donnerstag, den 30. April 18S1. Bekanntmachung. Die RathSexpeditionS-, Stadt- und Sparkassen-Lokalitäten bleiben wegen vorzunehmender Reinigung derselben nächsten Sonnabend, den 2. War 1891 geschlossen, und es können an diesem Tage nur die dringlichsten Sachen Erledigung finden. Das Standesamt ist an diesem Tage nur von Bormittags 11 bis 12 Uhr geöffnet. Eibenstock, den 28. April 1891. Der Stadtrath. »r. Körner. Wsch. Bckanntmachunk, die Zählung der Fabrikarbeiter betreffend. Zufolge Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern ist alljährlich eine Zählung der Fabrikarbeiter nach einem hierfür vorgeschriebenen Formular vorzunehmen. ES werden daher sämmtliche Gewerbetreibende hiesiger Stadt, welche Fabrik arbeiter im Sinne der Gewerbeordnung beschäftigen, ausgefordert, die ihnen in den nächsten Tagen zugehenden Formulare am 1. Mai auszufüllen und die selben bis spätestens den 4. Mai in der Rathsregistratur wieder abzugeben. Sollten einzelne Gewerbetreibende der gedachten Art bei Austragung der Formulare übergangen werden, so können sie letztere in vorgenannter Expedition unentgeldlich entnehmen. Eibenstock, den 13. April 1891. Der Stadtrath. Körner. Wsch. Dienstag, den 5. Mai 1891, Nachmittags 2 Uhr sollen im hiesigen Amtsgerichtsgebäude 2 Taschenuhren und 5 Spieltische gegen Baarzahlung versteigert werden. Eibenstock, am 28. April 1891. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Liebmann. Die Arbeitcrwohnungsfrage ist Un dem großen Bündel sozialer Fragen, welche die Gegenwart beschäftigen, nicht die geringste. Ganz besonders für die Industriezentren und Großstädte ist sie eine brennende. Man wird deshalb mit Ge- nugthuung vernehmen, daß — wie schon früher an gekündigt — die preußische Staatsregierung der Sache nähertreten und einstweilen für Berlin den Versuch einer Lösung machen will. Eine anscheinend offiziöse Notiz der „Berl. Pol. Nachr." verständigt uns davon, daß zunächst die Grundlinien des Vorgehens festzustellen seien, bevor zu der weiteren Durchbildung de» Planes und dem nächst zu der Ausführung übergegangen werden kann. An Vorschlägen zur Lösung des schwierigen Problems, ja selbst an praktischen Versuchen hat cs bisher nicht gefehlt. Daß die fiskalischen (theilweise auch die im Privatbesitz befindlichen) Gruben und Werke ihren Arbeitern Gelegenheit bieten, ein eigenes Heim zu erwerben, ist zwar sehr anerkennenswerth, bat aber mit dem Kernpunkt der Sache, der Steuer ung der Wohnungsnoth und der Verbilligung des MiethSzinses, nur wenig zu schaffen. Es kann keines wegs als ein gesundes und natürliches Verhältniß bezeichnet werden, wenn z. B. ein Arbeiter in Berlin genöthigt ist, ein volles Drittel seines Lohnes und oft mehr für Wohnungsmiethe und Miethsabgaben hinzugeben, wenn er es nicht vorzieht, weit draußen in den Vororten zu wohnen. Dem drückendsten Nothstande hat ja die Berliner Stadtverwaltung schon abgeholfen dadurch, daß sie die Miethssteuer für die kleinen Wohnungen aushob bezw. bedeutend ermäßigte. Trotz reger Bauthätigkeit in den letzten Jahren ist aber der Miethszins noch nicht in irgendwie nennens- werther Weise gesunken. Es existiren mehrere gemeinnützige Baugesell schaften, welche ihren Mitgliedern allerdings das Menschenmögliche bieten: bei geringer Anzahlung und wöchentlich geringfügiger Beitragsleistung die Anwartschaft auf ein eigenes Heim; aber was ist das unter so Viele? Die wenigen, welche in den Besitz eines Häuschens und Gärtchens kommen, haben ja einen nennenSwerthen Vortheil — die Wohnungsfrage als solche ist aber durch derartige, sonst sehr anerkennenSwerthe Experimente ihrer Lös ung nicht um einen Zoll näher gerückt. Angst und bange wird einem, wenn man die Arbeiterviertel einer Großstadt durchwandert. Himmel- anstrebende Gebäude, fünf, sechs Stockwerke über einander, enge Höfe, ringsum von Seiten- und Hintergebäuden eingeschlossen — und jeder Raum aus» Aeußerste auSgenutzt. Zusammengepfercht leben Hunderte und abermals Hunderte, hat doch selbst ein einzige» Grundstück in Berlin, Meierrhof, mehr al» 7000 Bewohner aufzuweisen. Diese MiethS- kasernen sind in gesundheitlicher und sittlicher Hin sicht zu verwerfen — der theuere Grund und Boden iwingt aber wiederum zur äußersten Ausnutzung der Bodenfläche und zum Hochbau, soweit es nur irgend wie die Baupolizei erlaubt. Die Häuser der Großstädte sind sehr beliebte Spekulationsobjekte. Es kommt nicht gar zu selten vor, daß ein Gebäude in einem Jahre fünf Mal seinen Besitzer wechselt und zu einem steigenden Preise „von einer Hand in die andere" geht. Der erhöhte Preis bedingt natürlich erhöhte Miethen und so bildet da« eine Schraube ohne Ende. Wie aber will hier die Regierung eingreifen? Das ist die große Frage. Herr Flürschheim und seine Anhänger werden sogleich die Antwort darauf haben, daß der Grund und Boden verstaatlicht und so der privaten Spekulation entzogen werden soll. Zu einer so durchgreifenden Maßregel kann und wird sich die Regierung nicht verstehen. Soll aber etwas Umfassendes geschaffen werden, wodurch — wenn auch nicht gleich alle, so doch eine beträchtliche Zahl von Arbeiter» zu billigen und gesunden Wohn ungen gelangt, so würden natürlich die MiethSpreise der Priyathäuser ganz erheblich sinken und dadurch Tausende von Hausbesitzern, die theuer gekauft haben, ruinirt werden. Wie man diesem Dilemma ent kommen will, das ist einstweilen noch in tiefes Dunkel gehüllt. Hagesgeschichle. — Berlin, 28. April. Die Trauerfeier für den verewigten Marschall Grafen von Moltke fand heute Vormittag im Generalstabsgebäude im engsten Kreise statt und war IN/. Uhr beendigt. Zunächst brachte man aus dem HauS drei Fahnen des Colbergschen Regiments und des Seebataillons. Kurz darauf folgte der Sarg, welcher unter dem üblichen Ceremoniell nach dem Leichenwagen, welchem 6 Rappen aus dem Königl. Marstall vorgespannt waren, gebracht wurde. Vor dem Leichenwagen gingen Oberstlieutenant v. Goßlcr mit dem Feldmarschall stab, dann andere Offiziere des GencralstabeS mit Insignien und Kränzen. Hinter dem Wagen gingen die Majestäten Kaiser Wilhelm und König Albert und andere deutsche Fürsten. Der Zug bewegte sich um die Siegessäule herum nach dem Lehrter Bahn hof, wo er gegen 1 Uhr eintraf. Die Beisetzung der Leiche erfolgt auf Moltke'S Gut in Kreisau in Schlesien. — Für Kaiser Wilhelm I. war eS, wie er einmal einem Diplomaten gegenüber äußerte, „eine seiner schönsten Genugthuungen," daß er sich rühmen konnte, Moltke zuerst entdeckt zu haben. „Ich erinnere mich," so erzählte der greise Einiger Deutsch land«, „eS war in den zwanziger Jahren, al» ich einmal bei der Revue über ein brandenburgische» Regiment den Kommandeur nach dem Namen eine« jungen, spindeldürren Offizier« fragte, bei dem mich der geistige Ausdruck der Physiognomie frappirt hatte." .Da» ist ein junger Herr v. Moltke," war die Antwort, „der au« Dänemark zu un» herüber gekommen ist." „Wenige Monate darauf wurden mir," so fuhr der Kaiser fort, „zur Prüfung die Offiziersarbeiten aus jenem Regiment vorgelegt und ich fand darunter eine Abhandlung über die Ver- theidigung von Kopenhagen, deren fein durchdachte Ausführungen mich ungemein wohlthuend berührten. Als ich nach dem Autornameu sah, fand ich den Namen Helmuth v. Moltke unter der Arbeit ver zeichnet, und ich erinnerte mich sofort, daß mir dieser Mann bereits bei der Parade aufgefallen sei. Ich studirte nun seine Arbeit aufmerksamer und über reichte sie mit einem eigenhändigen Vermerk dem Chef des Generalstabs, der sich auf meinen Hinweis veranlaßt sah, den jungen Moltke aus der Linie, in welcher er stand, in den Generalstab zu berufen. Und so bin ich es denn gewesen, der dem späteren Feld marschall die ersten Schritte auf seiner großartigen Laufbahn zu ebnen in der Lage war." — „Nicht nur in Offizierskreisen," so schreibt man der „Weser-Ztg." aus Dresden, „sondern in der ganzen Gesellschaft wird folgendes Vorkommniß vielfach besprochen, das auch außerhalb Sachsens Aufsehen machen dürfte. Es sind nämlich mehrere Offiziere der aktiven sächsischen Armee wie der Reserve, welche aus der Provinz Hannover stammen, aus dem Armeeverbande entlassen und zwar, wie hier allgemein erzählt wird, lediglich ihrer in demon strativer Weise bekundeten welfische» Gesinnung wegen. Was im Einzelnen an diesen Erzählungen richtig ist, entzieht sich dem sicheren Urtheil, da be kanntlich über militärische Dinge von amtlicher Seite stets die größte Zurückhaltung geübt wird. Thatsache aber ist die Entlassung. Ferner ist Thatsache, daß hier allgemein erzählt wird, auch in Offizierskreisen, daß die Anregung zum amtlichen Vorgehen gegen diese Offiziere von Berlin ausgegangen sei. An entscheidenver Stelle und namentlich bei dem Bruder unseres Königs, dem Prinzen Georg, der bekanntlich als kommandirender General unseres Armeekorps fungirt, soll große Mißstimmung gegen die wölfischen Frondeure herrschen. Man erwartet ein rücksichts loses Vorgehen gegen alle hannoverschen Offiziere, die sich nicht vollständig von jeder Bethätigung wöl fischer Sympathien fern halten. — Der Präsident der Kgl. Eisenbahndirektion in Altona, Krahn, hat soeben einen dreimonatlichen Urlaub, angeblich zur Wiederherstellung seiner ange griffenen Gesundheit, angetreten. Er ist weiteren Kreisen als Veranstalter de» großen Fackelzuges be kannt, der im vorigen Jahre dem Fürsten Bismarck unmittelbar nach seiner Entlassung in FriedrichSruh dargebracht wurde. Die Königlichen Eisenbahn beamten hatten sich hervorragend daran betheiligt. Man nimmt jetzt allgemein an, daß der lange Ur laub des Präsidenten Krahn nur der Vorläufer seine» Rücktritts ist. — Rußland. Gelegentlich des fast gleichzeitigen Ablebens des Grasen Moltke und des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch von Rußland sei daran erinnert, daß beide russische Generalseldmarschälle waren und daß die russische Armee nunmehr nur