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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.07.1919
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1919-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19190707014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1919070701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1919070701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-07
- Tag 1919-07-07
-
Monat
1919-07
-
Jahr
1919
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Jahrgang Morgen-Ausgabe Nr 318 ISIS Montag, de« 7. 3uli Vezsasvreis: «. 1.7»: s" «hol» »»«tt. M. Ll» »«rch »»<«" 3 n»1 -a»t ^di»cht »»»att. M. SLU M. 10.0»-, »>kch K, V»st »««««bald D*»«schi«»» »»»»> l. MU S.00. »l*r<«t!Ldr»<d «.NO» Mi^U»«aad« M. 700. Md«»»-4l-«««d« M. IM Lel-ev« M. 0.60 »ooatUch («»«IchllikUch V»stdeft«üg«v1dr). U PU. 1» P^ S»im»»i«.U»«a«d« M Pf. Hauptschrtftletter: Dr. Erich Everkh, Leipzig. «u>.r<a »l« rooPs^». «»i» » »«« « Vf. «»«wSliiel Vf^ »; Pa,i«rnotj«Ichlag: u«ber 200 Z«I!,I, Umso», L0«K. IvilchSftton»«!,«» mit Pliitzvorichriflen »tz >»d D,te»v,rlchkifi ,hu« P«ibIn-ilchIi«U ,« W. 7.— da« ,o«schU Pi^zidudc. 1«««. 1««« «»»«»»«.—P»m<d»<t>ii«>»u» r» h»tsil«U«>, «id Veschüfllft«!«: 3«tz«oil»4<>f!« Mr.ä. Verlag: Dr. Reinhold L To. Leipzig. Eide der EisenWeestreidr ii Smdsm Zwei neue Roten an die Entente Ratifizierung bei Protokoll« und der Vereinbarungen über das besetzte Gebiet. , Versailles, 6. Juli. (Drahtdericht.) Der Vorsitzende der deutschen Friedensdelegation LegationSrat Freiherr v. Lersner übermittelte gestern abend Ministerpräsident Llemenceau folgende Note: .Die deutsche Regierung nimmt an, daß der FrtebenSvertrag selbst, nicht dagegen das Protokoll und die Vereinbarung über das befehle Gebiet zu ratifizieren lind. Ew. Exzellenz darf ich um Aeußerung bitten, ob de alliierten und assoziierten Regierungen diese Auffassung teilen. Sollten die alliierten and assoziierten Regierungen auch die Ratifikation des Proto kolls und der Vereinbarung beabsichtigen, so würde dies auch deutscherseits geschehen. Alsdann müßte wohl für den Friedenüvertrag und daS Protokoll eine gemeinsame Ratifikationsurkunde und für die Vereinbarung eine zweite Ratifikationsurkunde ausgefertigt werden.. Euer Exzellenz würden »ich durch eine baldige Antwort zu Dank verpflichten.' * Versailles 6. Zull. (Drahtdericht.) Der Vorsitzende der deutschen Friedensdelegation LegationSrat Freiherr v. LerSner hat heute vor mittag dem Ministerpräsidenten Llemenceau fvlgende Rote übermittelt: .Im Auftrag deS Reichsministeriums des Aeußern beehre ich mich Euer Exzellenz anzuzeigen. daß ich zum Vorsitzenden der deutschen Friedensdelegation ernannt worden bin. Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner aus gezeichneten Hochachtung. gez. v. Lersner.' Gewaltherrschaft der Arbeiter irr Morenz Vern, il. Zoll. (Drahtdericht.) _Ava^i' meldet aus Florenz: Vie Arbeiterschaft ist Herri, bee tzjgbb Sämtlich« »»» ihr mit Gewalt beschlagnahmte» LebenMnittet weabe« zo b« »an be» ArbeitSkanuner festgesetzten Preisen abgegeben. Et» großer Lell wurde der Bevölkerung des Erdbebengebiets überwiese», well sich die Hilfs aktion der Regierung für die nach Tausende» zählende« obdachlosen Fa milien vollkommen uuzureicheud erwiese» habe». Bei den Zusam menstößen mit der bewaffneten Macht, bemerkt .Avanti', wurde in die Luft geschossen. Die Kavallerie wetgerl« sich die Mi«»ge anzunreifen. Die vielen aeueatstpadenen örtlichen Sowjets zar Regelung der Lebensmitteloersorgmrg Pud der Schwie rigkeiten Herr gewordea u»d habe» sich überall barchgesetzt. — In Palermo suchte die Regierung der Volksbewegung gegen die Teuerung dadurch zuvor zu kommen, daß sie kurzerhand 21 brannte Lebensmittelschieder ius Gefängnis werfen Uetz. Ausbreitung der revolutionären Bewegung auf ganz Mil teiltalieu. Ehiasso, 6. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Die infolge der 'Teuerung heroorgerufene revolutionäre Bewegung in Mittel italien dauert, wie das Bureau Europapreß meldet, we'ler an und hat sich über zahlreiche Orte, u. a. Pistoja, Perugia, Llvorna. Arezzo. Pisa und Turin ausgedehnt. Infolge der Plünderungen ist m einer Reihe von Städten ernster Mangel an Lebensmitteln und anderen Waren eingetreten, lieber die Lage von Florenz wird ber chtet, daß dort mehrere hundert Personen verhaftet wurden, die sich an Plünderungen beteiligten. In der Stadt sind mehrere Truppen verbände zusammengezogen. Die Läden bleiben weiter geschloßen, und die Zeitungen sind nicht erschienen. Infolgedessen kam es zu neuen schweren Ausschreitungen der Bevölkerung. In den Um zügen der Sozialisten und Anarchisten wurden rote und schwarze Fahnen vorangetragen. 5 Personen wurden bei den Zusammenstößen mit dem Militär verletzt, e n Hauptmann und ein Leutnant wurden erstochen. In einigen Stadtteilen wurde Feu-er angelegt. Auch für den heutigen Sonntag waren große Kundgebungen der Republikaner und Sozialisten angekündigt. Während die Behörden die Beschlagnahme der Lebens mittel anordneten, requirierten die ArbeilerauSschllffe mit Kraftwagen auf eigene Faust auf dem Lande Lebensmittel. Ein Gutsbesitzer, der sich hierbei zur Wehr setzte und vier Arbeiter verwundet«, wurde bei- nahe gelyncht. Der Präfekt von Florenz wurde .zur Disposition gestellt. Zu welkeren Plünderungen von Lebensmitteln kam es in Plsa, ebenso in Alessandra und Brescia. In Brescia wurden bet Zusammenstößen mit der Polizei 20 Personen verletzt. Ja Bologna herrscht großer Mangel an Lebensmitteln. In Genua erließ der Präsekt auf Veranlassung der Arbeiterkammer eine Verordnung, wo nach die Preise für Lebensmittel und BekleldungSgegonstände auf die Hälft« herabgesetzt wurden. Auch di« Mailänder Ge werkschaften verlangen bis zum DtenLtag ein« erheblich« Preisherab setzung, andernfalls drohen st« mit dem Generalstreik. Der Zentral- verbood der italienische» Lafeiiarbetler stellte einen Sympathiestreik mit den streikenden Hafenarbei tern in Triest in Aussicht, falls deren Forderungen nicht erfüllt werden. : / ' Der «Secoko' schreibt za der revolutionären Bewegung: Richt daS Leben einer Regierung, sondern daS Leben einer Nation steht auf dem Spiel. Wenn diese Plünderungen sich vorallgeme'nern, herrscht in wenigen Tagen überall Glend. Die Unruhen beeinflußen wohl die Preise, führen aber nicht eine neue sozialistische Ordnung herbei. Wiederaufnahme des Eisenbahn betriebs in Frankfurt Frankfurt, 6. Juli. (Eigener Drahtdericht.) Der Eisenbahnerstreik wird heute abendomlOUHr infolge des Beschlußes einer heute nachmittag stattgefundene« Versamm lung, die Arbeit wieder aufzmrehmen, feiu Lude erreicht haben. Der Betrieb soll noch während der NaO invollem Umfange aafgeaommon werden. Frankfurt a. M, 6. Juli. (Eigener Drahtbertcht.) Di« Verttavensleat« des Deutschen Eisenbahnerverbandes erlaßen eine Kundgebung, in der es heißt: .Zn Erwägung, daß ber Zmtralvor- stand deS Deutschen Eisenbahnerverbandes die bindende Erklärung ab gegeben hat, daß rasch eine Urabstimmung der gesamten Mitgliedschaft herbetgeführt werden soll zur Entscheidung über die Einheitsaktion wegen Verwirklichung der bekannten Forderungen, ge gebenenfalls auch durch den Streik aller SkvatSbahner, in weiterer Erwägung, baß die Frankfurter Eisenbahner diesen Entschluß des Zen- tralvorstandes als Erfolg ihres Streiks buchen können, sowie in der Erwägung, daß die durch einen Teilstreik herbeigeführte Stö rung deS Wirtschaftslebens nicht zu rechtfertigen ist. wenn di« Herbeiführung einer Einheitsaktion nahe ist, beschlossen di« Der- , kranensleote, der Mitgliederversammlung wird der Abbruch d«S 'Streiks empfohlen. Die Forderungen werden aufrechterhalken, besonders das Vertangen noch dem Rätesystem als t»nrre Be- .triebS«iarich1»»ß, und die gesamte Kollegenfchaft wird auf gefordert, für die GtUheitSaktto« sich bereit zu halten. Das Schweigen des Ministers, das dem Verhalten des Unternehmertums alten Schlages gleicht, kennzeichnen wir vor der Oeffentlichkeit als volks- schä blich. Natürlich sprechen di« Streikenden ihren Entschluß aus, daß der Streikabbruch nur ein Waffenstillstand fein wird, falls ber Minister nicht ehrlich zu einer Verständigung bi« Hand bietet. Ein neuer Streik wirb den gesamten StaatSbahnvetrteb um faßen.' Die Streikenden erklären mm Schluß: Jeden Verlach und sebe Maßnahme ber Verwaltung, bi« tm Streik stehenden Arbeiter, Hilfs arbeiter und Beamten zu maßreael», werden wir mit allen ans zu Gebote stehenden Mittel» zurück» elfen. Wir warnen auch di« öffentlich« Gewalt, aus Anlaß von Streikhanblungeu irgendwelche Straf maßnahmen etnznleiken. Der Frankfurter Elscnbahnpräsibeni für ei»« Maßregel»»« ber Streike»-««. Frcmkkrt, Ü. 2»ll. (Eige»er Drahkhericht.) Wie ber hiesig« Eisenbahnpräsident mMellt, hatte bi« Streiklettv»g lh» ersucht, daß jede Maßregelung Streikender, insbesondere der Streikposten, mtterbleibe. Wegen deS unerhörten Terrors, mit dem di« Streikenden in diesen Tagen zum großen Teil alten verdienten Be amten, entge^engeireten seien, habe er aber eine splche Zusage nicht Auch Darmstadt für Veeudiguu- des Streiks Darmstadt, S. 3»ll. (Drahtbeelcht.) Vie hiesige» Vs«»bah«er beschloß« heute »achmttta» die Arbeit f»f»rt wieder a»s- z»»eh»e». VreSa», 6 Jost. (Drahtdericht.) Di« BreSlawer Eisenbahner, unter oen« in den letzten Tag« für «in« Sympathiestreik für Frankfurt lebhaft agitiert wurde, sprach« sich heute in einer Versammlung mit großer Mehrheit gegen eine Erneuerung des Streiks auS. Der fahrplanmäßige Verkehr bleibt daher ohne Störung be stehen. H««»o»«r, «. Zull. (Drahtbenchl.) Z« Streikt«,« er fahr« »ir. Uch sich dieselbe ^O« »sie« »icht»efe»ttich »er ü»»e«i h«r. «e ZÜW »ach «chE Bmül» mmcke» sbe» ockWMi Drauuschweig—HllbeSheim geleite^ da di« Strecke über Lehrt« vo»de» Streikende» gesperrt ist. Di« Züge »ach Hamborg gehe» über Soltau. Zn einer von der StreiKlektmig heut« vormittag »ach der Stadlhalle ein berufen«, von etwa 6000 Person« besucht« Versammluag wurde ein« Entschließung angeuounn«, »ach der Marge» abe»d 7 Ahr Verhandlung«, «»gekaüpft werd«« soll« zwischen den Streikende», der EisendahndtrekNva. dem Schlichtuugsausschoß. Vertretern de< Magistrats vo» Hanuover aud Linde» und Vertretern des GewerkschaflskarlellS. Die Lage des Gifenbahnerftreiks im Reiche Berlin, S. Zull. (Drahtdericht unserer Berliner Schriftleitung.) Die Ausdehnung des Eisenvahnerstreiks über di« Berlin benachbarten Bezirke und weiterhin nach Westen und Osten läßt die allerernstesten Befürchtungen erwachen. Alle diese Teilstreiks sind nur eine Fortsetzung des Berliner Ausstandes, und es unterliegt auch keinem Zweifel, daß sie rein politischer Natur Knd. Hatte der erste Streik im Direkttonsbezirk Breslau eine schlechte Wagen gestellung in Oderschlesirn zur Folg«, so muß die Ausstandsbewegvng im Direktionsbezirk Hannover nachteilige Wirkungen für die W a g e n g e st e l lung im Ruhr bezirk mit sich dringen and eine Störung der Kohlenversorgung Hervorrufe», während der AuSstand im Altonaer Bezirk die Versorgung mit auslän dischen Lebensmitteln gefährdet. Auch der Rücktrans port unserer Kriegsgefangenen wird durch diese Streiks gefährdet. Im einzelnen gibt di« folgende Darstellung einen kurzen Ueberbltck über die Streiklage im Reiche. Zm Bezirk Altona wird tu Witten berge gestreikt. ES werden dort kein« Züge, auch kein« Lebens- mtttelzüge durchgelassen. Hierdurch leidet besonders die Milchoersorgung Berlins. Die Altonaer Streikleitung hat offiziell beschloßen, von Sonntag früh ü Uhr ab keine LebenSmittelzüae mehr durchzulaffen. Die Beamten haben sich dem Streik nicht angeschloflen. In Stendal wird gestreikt. Za Hamburg hab« sich die Arbeiter and Beamten gegen den Streik ausgesprochen, ledoch ist nicht sicher, ob die Arbeiter ihren Führern folgen. Im Bezlr» Hannover streikt die Arbeiterschaft fast überall. Der Betrieb kann hier nur not dürftig au frechterhalten werden. 2« Lehrte und auf dem sehr wich tigen Rangierbahnhof 6 e «lze find Sabotagehandlongrn vorgekonnnen. Technische Zeitfreiwillige stehen hier zur Verfügung, lehnen sedoch die Mithilfe ab, wenn ihn« nicht militärischer Schuh gewährt wird. Kein Nachlassen im Verliner Berkehrsstreik Berk», S. List. (Drahtbericht »»serer Berliner Schriftlettuna.) Der Berliner DerkehrSstretk hat bisher keine Aenderung erfahr«. Ls scheint aber, als ob eine kleine Zu spitzung der Lage eingetreten iß, Zn der Sitzung der Arbeiterräte Großberlins wurde sogar ein Antrag angenommen, wonach, di« Arbeiter schaft verpflichtet werden soll, kein« dem Stretkbruch dienend« Ver kehrsmittel zu benutzen. Die Unternehmer oerharr« vorläufig auf ihrem ablehnenden Staudpunbt. A»f Veranlassung der Zetzfrajstreikleituna fand gestern eine Versammlung der Bureau angestellten der Verkehrsgeseilschaft statt. Den Kern punkt der Verhandlungen bildete die Wiederaufnahme der Ar beit in den Bureaus der Großen Berliner Straßen bahn, die sowohl von der Aentralstretineitung als auch von den Ob- leolrn der ander« Verkehrsanfialten aufs schärfste bekämpft wurde. Einige Redner vcrlangten sogar, daß verstärkt« Streikposten ausgestellt werden soll«, um die Bnreauangesiellt« von ihren Arbeits stätten fernzuhalte«. Es wurde eine Entschließung angenommen, in der I es heißt: Die Versammelten sind entschloß«, den gemeinsam ange- fangenen Kampf geschloßen zu Ende zu führ«. Ferner nehmen die I Versammelten an. daß die gesamt« Bureauangestells« der Straßenbahn j zu dem in der vorhergehenden Versammlung gefaßt« Beschluß ern«t Um den Kaiser L. L. DaS Angebot der fünf preußischen Prinzen an den König von England, statt ihres Vaterä sich ausliefern zu laßen, weckt mannigfach bewegende Gedanken und Empfindungen. Es beleuchtet die mehr als traurige jammervolle Lage des ehemals — und wahrlich nicht ohne Grund — stolzen Hauses Hohenzoliern. Man muh schon lange suchen, ehe man in der Geschichte eine ähn liche Tragödie findet. Die deutsche Revolution hat die Fürsten häuser geschont, mit vollem Rechte, denn es lag gar kein Anlaß zu einem anderen Verhalten vor. Das Schicksal Karls l. von England und Ludwigs XVI. von Frankreich ist keinem deutsche» Herrscher der Neuzeit bereitet worden. Aber der auswärtig« Feind verfolgt den gestürzten Deutschen Kaiser. Es gibt nur ein Beispiel von vergleichbarem weltgeschichtlichen Mah: Hannibal. Wenn man in den letzten Moneten unvermeidlich ost die Ernie drigung Deutschlands mit der von Karthago verglichen hat, so soll die Aehnlichkeit, wie es scheint, nun bis ins letzte gehen. Und doch blieben die Römer mit ihrer unvornehmen Verfolgung deS vornehmen und großen Gegners, den sie noch im asiatischen Ajyt zum Selbstmord hetzten, immerhin eher entschuldbar. Der Feind war gefährlich, so lange er lebte, der eine Mann dem große» Nömiscyen Reich«. Von Wilhelm ll aber ist nichts mehr z» fürchten. Man will ihn aus ganz andern Gründen vor Gericht schicken. Frankreich sucht offenbar einen besonderen Triumph, der auch die Gefangennahme seines letzten Kaisers wettmachen soll, England aber will durch ein angeblich objektives Gericht der Welt beweisen, daß mit dem furchtbaren Frieden wirklich Verbrechen geahndet worden seien, und es will die moralische Demütigung Deutschlands besiegeln durch eine öffentliche Verurteilung seines chemaligen Kaisers. DaS deutsche Volk aber — auch sehr viele von denen, die mit dem Rücktritt des Kaisers und dem Verschwinden der Dynastie einverstanden waren und sind — will jetzt nicht vergeßen, daß dieser Mann drei volle Jahrzehnte Deutscher Kaiser gewesen ist, daß sein Nimbus nicht bloß in seinem Bewußtsein, sondern auch in dem der weitaus meisten Deutschen Wirklichkeit gewesen ist und daß daher jetzt die Vergangenheit des deutschen Volkes, nicht allein die Person des Herrschers, geschändet werden soll. Je näher die Auslieferung rückt und je eingehender und schamloser sie von deu Gegnern in breiter Oeffentlichkeit erörtert wird — man dercke an die Witze d«S britischen Parlaments über den etwaige» Selbstmord des Kaisers —, desto weniger bleibt das deutsche Volk steichgültig. Die Feinde sind verblendet: sie zwingen die Deut- chen, stck wieder mehr mit der Person des Kaisers zu beschäftigen, o Ke schaffen dem gestürzten Herrscherhause wieder Sympathie» n seinem eigenen Lande! Denn wer wird nicht gerührt von dem Anerbieten der fünf Söhne, an die Stelle ihres Vaters zu treten natürlich nicht, um seine angebliche Schuld zu übernehmen und einer Verurteilung oorzubeugen, sondern nur, um ihm die per- SnUch« Auslieferung zu ersparen). Eine schöne und echt mensch» ich« Handlung, -le in der Geschichte nicht verloren gehen wird, und die das Unglück des ehemals so großen Hauses mit einem ver klärenden Schimmer des Mitgefühls und der Würde um gebe» wird. Der König von England aber ist nicht zu beneiden um die Rolle, die er in dieser Angelegenheit spieleu auch. Alle Welt weiß ja, daß er nichts zu sagen hat, aber daß man auch nicht die geringste Rücksicht auf ihn nimmt und die Verfolgung seines Vetters bis zur persönlichen Demüllgungtreibt, ist doch bemerkens wert. Es muß iym eigentlich bei jeder Meldung, die er über diese Pläne zu lesen bekommt, erbärmlich zumute werden, und man darf gespannt sein, ob und wie er sich zu dem Appell der Prinzen zu äußern wißen wird. Er kann ihn doch nicht stillschweigend seiner Regierung zur aktenmäßige» Erledigung übergeben. Jedenfalls werden heute Millionen in der Welt, nicht bloß in Deutschland, empfinden, daß der englische König in eine peintiche Beleuchtung gerät und daß fein Prestige durch diese ganze Geschichte keines wegs gefördert wird. Das deutsche Volk ehrt die Männer, die sich vor den Mon archen stellen wollen, seine Söhne, seinen Kanzler, seinen Feld marschall. Es bleibt ein Ehrentitel des Herrn von Betbmann Hollweg — den wir sachlich nicht von aller Schuld an der Ent stehung und an dem AoSgange des Krieges entlasten können, an dessen sittlichen Adel wir aber niemals gezweifelt haben —, daß er als Erster den Takt und Mut besessen hat, seine Verantwortung m betonen, um den Kaiser zu de«en. Hindenburg aber hak der Fülle von Zügen, die in letzter Zeit immer von neuem seine ethisch» Größe bekundeten, «tuen wetteren hinzu gefügt, indem er dem Kanzler als Zweiter folgte. ES gibt noch furchlose und vornehm denkende Männer in Deutschland! Das ist eine moralische Auf richtung für daS dentsch« Volk, die es ja vor allem braucht, und fle wird ihre Wirkung nicht verfehlen. -» Wenn di« Feinde setzt der Regierung -es Reiches das An sinnen stellen wollen, die Privakkorrespondenz des ehemaligen Kaisers ihnen zu überantworten, so wird diese Zumutung hoffent lich postwendend abgelehnt und ebenso der beabsichtigte Eingriff in seine Vermögensrechte, der den Prtvatbefitz des Hauses zur Deamng der französischen Ersatzansprüche hevanztehen soll. Das Eigentum -er ehemals regierenden Familie dürfte höchstens durch die deutsche Regierung, aber nicht durch eine fremde angetastet werden. Gegen eine Bernrtetturrg in London Rotterdam, S. Inst. (Drahkhericht ) In -en radikalen .Dailn RewS* veröffentlicht Gardlner ein« energischen Artikel gegen den Plan, dem früheren Deutschen Kaiser in England den Prozeß zu machen. Er schreibt: Ein so großes in der Weltgeschichte ohne Beispiel dastehendes Ereignis müßte nut einer möglichst ruhlgen und gerechten Atm». fpbär« umgebe» sei». Man dürfe sich nicht verlettea laßen, ein» Sch«»ftell»», bar«« M »ach«. E» kikm« niemand bebauvtea-
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