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114.3ahrgang Morgen-Ausgabe Attzeigenpreis tür Lklpzlg uad^voroN« z-i«imal täglich tt« Haas o<dra«hl,SonulLgjal<Moig«ioii«gLd«, m»nau.M. 10.—, vI<rt«lILHrI.M.? —. - unser« uiL«irIIg«aFU>al«nInt.^au«a«drachlmonarl.M.1O. Al.«^-! dnrch die Post r7' M.7.SO, »>«H«IirtrIIch M.2LLO. M,r»«»-2!ui,ab« M.5.. nab« M.7.50, Sonnlugt-Antgud« M. 1. d«!l«ll,edudk). Antland«,^' M»ra ferAdd«l«k MLNlitI.Ar.9^Ü. Durch .vliklrlsädr!. ntt«rda!dDt»lichiund< Brsamt-Au^gad« monvll. Lbtnd-Au»- , monatlich <on«lch!l«hllch Vost- : monntl. M. 10 - ». ViAcksachen-Pocl». 10 p«., Sdrnd-Anlgad« A) Pt, _ »lazL-Aurgad« 50 Ps. Hauptschrfftlelter: Dr. Erich Everth, Leipzig. für Vr^e»t»pa u. Uma«k. dl« «Inspalr. R»npar«Ill«z«ilr M. 1.75, von «u««drls M.2.L0; cinzelgen oo» L«d»rdru t« amtlich«» T«tt üi« Nanparetll«z«iik M. 3.50, o.aulD. M. 5.—: Ir!«ln- Anz«lg«:> dir RcnparelllcziUc M l.lü. oon autwLrt« Md. l^U,ch«lchLfttan>«inen mit 'p!»!;oo ,;>r.N«n im Prcli» «rditzt. Piotz und Dat«»»arlchrlsi »»ne P«r!»latllchk«l!. B«tlaA«n»r,is« für »t« S«Iamta»flag« dat laus«n» Mk. !2 — netto, ür Tellauflag« dat Tanten» MI» 15.— natl», ftr Poklausia-e Dosiuroiidr e^tra. A«»»Ipk«ch-4:»schl»l>Rr.1<asr, 14UIU und I4K-»,. — Pollscheckkoni»7ÄIU. Schrisilelinn!, und DeichLsltsteO, Zo^annitgall« R». » Verlag: Dr. Reinhold L Lo^ Leipzig, Rr. 220 DeerLag, den 14. Mai IS20 Der Schutz der nationalen Minderheiten in Schleswig Dänemark lehnt Verhandlungen ab. Kopenhagen, 1L. Mai. (Drahtbericht.) Der dänische Mi nister des Avahern hat dem deutschen Gesandten am 12. Mai mitgelellt, daß er den ihm unter dem 7. Mal gemachten Vor schlag betreffend den Abschluss eines liebere! ^kommens über die R e ch tL- stellung der nationalen Minderheiten in Schleswig mit seinen Kollegen erörtert habe, und datz die dänische Regierung im aegenwärüaen Zeitpunkt bedauert, sich nicht imstande zu sehen, Verhandlungen in dieser Frage mit Deutschland aufzu- nehmen. * * * Christiania, 13. Mai. .Morgenblaöet' veroffenlicht heute eine Unterredung mit dem AetchSmt nister Dr. Köster, die er dem Berliner Berichterstatter deS Blattes vor einiger Zeit über die Frage des Schutzes der nationalen Minderheiten ge währt hatte. Dr. Küster erklärte: .Nicht nur die deutschen Organisa tionen Schleswigs, sondern auch die preußische Regierung und die ReichLregterung haben die Frage eingehend geprüft und umfangreiches Material gesammelt. Die preußische Regierung hat beretö be schlossen, alle für Nordschleswig geltenden Geseke und Verordnungen, die in Dänemark als gegen die Danen gerichtet betrachtet werden, auf- zuchrben. GS handelt sich Herbei um die sogenannt» Sprachenoerord- nung von 1888, di» verschärften AuSweifungSbesummungen, daS Ver bot, nlchtdeutsche Abzeichen und Flaggen zu führen, sowie dänisch« Lieder zu singen. Seitens deS Reiches ist der Entwurf eines ent sprechenden StaatSvertrag«» mit Dänemark bereits der Dänischen Regt»rrmg überreicht worden. Allerdings hat bereits der ArtÜrel 113 dec RelchSverfassung grundsätzlich Sicherheiten in weitestem UWZano« geschaffen. Dies bleibt immerhin nur eine einseitige SiaaiS- «ah^me. Wir wünschen aber im Interesse einer dauernden Be- ri«tgung der gemischten Grenzgebiete einen gegenseitigen V r rt r a g. ^kach unserer Auffassung Legt in einem derart zwei seitigen Vertrage die beste Bürgschaft für dauernde Ruhe und Frieden In den Grenzmarken. Jeder einzelne Bewohner in den Grenzgebieten hat gÄvistermatzen dann einen vertraglichen Anspruch auf Sicherstellung ferner kulturellen Freif^it und ist dadurch vor einseitigen Verwollungs- matznahmen geschützt. Dieser Mindsrhettsschütz soll sich besonders auf «Re kulturellen Gebiete, die erfahrungsgemäß der Bevölkerung be ¬ sonders am Herzen liegen, erstrecken. So soll daS Recht d«S freien Gebrauchs der dLiischen Sprache allen der bei Deutschland verbleibenden dänischen Minderheiten im Privat- wie im öffentlichen Leben, ins besondere in den Schulen, in den k chllchen Zusammenkünften, in Der- samnüungen, Vereinen und in anoeren Veranstaltungen sichergestellt werden. Vor allem sollen aber die völkischen Minderheiten bei unS daS Recht erhalten, ihr Schulwesen selbständig zu ordnen und di« hier für erforderlichen Kräfte zu berufen. Dos gleich« gilt für daS KmtuS- wesen. Wir hoben vorgeschlagen, den Minderheiten für ihre Einrichtun gen unter Berücksichtigung ihrer Zahlenstärke und ihrer Leistungs fähigkeit öfseniliche Zuwendungen zukommen jzu lassen. Wir wissen, daß alsdann die nationalen Minderheiten in Deutschland ein dauernd ruhiges und zufriedenes Leden in gesicherter Pflege ihrer kulturellen Eigenarten führen können und wir hoffen, dah das gleiche den deutschen Minderheiten im Auslände ebenfalls zuteil werden rnöge. MtllrrarrLs Zusammenkunft mit Lloy's George Paris, 13. Mai. (Drahtdericht.) Nach HavaS-Berichten ver lautet, daß di« Zusammenkunft zwischen Lloyd George und Millerand Ende der Woche in Hythe bei Folkestone statt finden wird. 3m Laufe der nächsten Woche werden dann in England Besprechungen zwischen Llo'yd George Md dem belgischen Minister deS Äeußern sowie dem belgischen WirlschaftSminister statt- finde^ Danach dürft» dann mit Sicherheit zu erfahren sein, ob die KonMenzvon Spa verschoben wird oder nicht. Die Morgenblätter erklären entgegen der Brüsseler Nach richt, daß in hiesigen diplomatischen Kreisen nichts von einer Verschie bung der Konferenz von Spa bekannt sei. * Zn Berlin hat eine Besprechung der etnzel staatlich en Akin: st e r p r äs i de nten mit -der Aei'chSregierung statt gefunden. 3m Vordergrund der Verhandlungen stand di« Frage der bevorstehenden Konferenz in Spa. Ferner wurde noch eine Reihe schwe bender politischer Fragen besprochen. An den Beratungen nahmen teil: Der bayrische Iustizminifter Dr. Müller als Vertreter des ver hinderten bayrischen Ministerpräsidenten von Kahr, der sächsische Ministerpräsident Buck, der rvürttembergifche Staatspräsident Blos, der badische Minister Gail und der hessische Staatsminister Ullrich. Bolschewistische Gegenoffensive gegen die Polen Die ungarische Arnree als Reserve der polnischen? Warschau, 13. Mot. (Drahtdericht.) Die Streitkräfte drr Bol schewisten haben, verstärkt durch Truppen aus dem Norden und * Süden, am 10. Mat den Dajepr überschritten und die polnische Stellung, di« den Zugang zu Kiew schützt, angeorisfen. Die Polen hielten ihre Stellungen und nahmen zwei feindliche Bataillone ge fangen. Feindliche Flugzeuge haben Kiew mit Bomben belegt. Amsterdam, 13. Mai. (Drahtbericht.) Englischen Müttern zufolge, hat General Brussilow an den Chef des allrussischen Generalstades einen Brief geschrieben, in dem es heißt: Polen habe volles Recht aus Freiheit der Selbstbestimmung. Dieses Recht aber müsse auch Rußland zuerkannt werden. Der Angriff Polens gegen Länder, die seit undenk lichen Zeiten zu Rußland gehörten, müsse mit Gewalt zurückgewiesen werden. * . * Kopenhagea, 13. Mai. (Drahtdericht.) .Berlingske Tidend»' er fährt auS Loudon: Di« erfolgreich« polnische Offensive hat zu einem überraschenden Angebot deS ungarischen Reichsverwefers, Admiral Horthv, gAihrt. Horthy schlägt vor, dah die ma - ja - rische Ar««« als Reserve für das polnisch« Heer in seinem Kampfe gegen di« Bolschewisten biegen soll. Wird das Angebot angenommen, so bedeutet daS eine Vertagung der Abrüstung Ungarns. Die italienische Kabinettskrise Bildung eiuss .VarsShmmgskabrnetts' 7 Rom, 13. Mai. (Sig. Drahtdericht.) Zu dem Rücktritt deS Kabinetts Nit 1 t wird noch gemeldet: Nach ein« Vorberatung mit den Kollegen Lozatti und Schouzer hatte Ritti «tuen luuzen Ministorrat zusanmrengerufen, um den Rücktritt d«S Kabinetts zu be gründen. Unmittelbar nachher begab sich Nilti zur Ueberreichung der Gesamtdemtssion der Regierung nach der Villa Ada, wo der Königmtt ihm geraum« Zett dt« politische Lag« besprach. Allgemein erwartet man, daß.Ntttt s»L« «tt der Neubildung d«S Kabinetts betraut werden wird. Rach dem .Messager»' spricht mau in politischen Kneifen auch von der Bildung eines großen Versöhuungtuabtitetts unter Anfncchm» fast oller Exmintsterpräfidenten und Parteien, mm Luzaw btS Ortambo und GtvVttt, and möglicherweise auch Luvati. Dies« Zusammensetzung ist jedoch schwer durchführbar. Di» Neubildung ge stattet sich am so schwieriger, als stch auS de« Lhavokter der Krise keine ausgesprochen« Nachfolgerschott ergibt. Aus jedea Fast «tast ms» die K«th oltK»»astS SaupffchoÄae übettw^t« Krise verpflicht«^ die MttowaLtwvrtung t» der Regier»»- M übernehmen. Akt bw AK» GieNs, i«chbwS^WNGMk» r der KathaÜkM tzW» betetstgl ßrcheu, skuduu» stW SiM- MM denen sich vier der Stimme enthielten. Das Mißtrauensvotum war nur möglich dadurch, daß die Katholische Volkspartei stch mit den Sozia listen solidarisch erklärte. Der Mntster deS Aeußern Scialoja ist bereits auf der Rückreise von Paranza begriffen, wo er mit den süd slawischen Delegierten Besprechungen in der adriatischen Frage hatte. Der .Avanti' begrüßt den Sturz des Kabinetts NM init 3ubel und stellt dabei di« Behauptung auf, daß die sozialistische Partei sich auch gegen öle Katholiken behaupten werde, mit deren Hilfe sie den Sturz Nlllis herbeigesührt hab«. Das Blatt spricht von der fort schreitenden Zersetzung aller bürgerlichen Parteien und hosst, daß jede bürgerliche Regierung von vornherein -um Mißerfolg verurteilt sei. Der „Secolo' rechnet mit der Möglichkeit eines Ministeriums Meda mit Roemoni als Kriegsminister. Das Blatt l»ält es aber für mög- Üch, daß Nüti von neuem mit der Bildung des Kabinetts beauftragt wird. Wie di« Blätter ferner melden, haben die Angestellten -es Post- umd TelegraphenwefenS di« Arbeit nach der gestrigen Kammersitzung wieder ausgenommen. Dxr Konflikt zwischen der französischen Regierung und dem Gewerkschaftsbund Die Verhaftung von Streikführern wird fortgesetzt. Paris, 13. Akai. (Drahtdericht.) Die parlamentarische Gruppe der Sozialisten, der Nationalrat der sozialistischem Partei und deren stündiger DerwanungSauSschuß eriassen elnen Protest gegen den Beschluß der Regierung, eine Untersuchung mit der Absicht auf Auflösung gegen den Allgemeinen Arbeiterverdand (Confödöration du TraooÜ) «inzuletten. Das Vorgehen der Regierung wird als ein Ge- walfflreich bezeichnet. Wich die C. G. T. hat einen Protest erlassen, in dem st« erklärt, sie bade ein« legal« Existenz, die sie sich nicht nehmen lasse. Di« Untersuchung gegen die L. G. T. ist damit begonnen worden, daß an ihrem Sitze sowie bei ihren fünf führenden Gewerk schaftsführern, darunter auch -bei 3 ouhaux, H au s s u a> u n g e i. ge halten wurden. ES wurden überall Papiere bsfchlagnahmt. Der Wgemetn« Arketterverband teilt mit, daß er sich an di« gewerk schaftlich« 3aternoÜonal« gewandt habe, damit sie ihren Protest mit dem deS französischen Proletariats vereinig« zum Zw«cke der Verteidigung der Orgar-satton. Die Verhaftungen von Streiksührern werden tn ganz Frankreich fortgesetzt. Nach dem .Exelsior^ wurden aüeinA«st«rn in Frankreich 42 Verhaftungen vorgenommen. Miller and versichert, daß an der sozialistischen Gesetzgebung Mcht gerüttelt werden dürfe, vor allem nicht am Achtstundentag. Die veftchledeneo Pläne urr Verbesserung der Arbeitsbedingungen sollen sofort besprochen werden, aber di« Regierung wolle keine Organisation «ehr -vtoeu, dt« stch wider daS Gesetz als Staat im Staate auffpieu. »- Mat. (Gig. Vrahtbertcht.) Dt« T. G. T ap- peMmä «» dte gmoevkfchöstliche 3nternationale tn der Hoffnung, im BuStaMlw druich Boykott von Schiffen, bt« für Frankreich besttminte Mare» stichMM, Unterfflützung M finden, nm so durch eine Art von BlockxSbe «taeu Druck «Lznübön. Dte Ereignisse werden zeigen, ob st» stch »icht Aürrt hat. Sie hat neverdtngs die GaSarbeiter und die ArbeAer der Ndödelkrdustrie veranlaßt, in. den Streck einzutreken. Am k«Miaon Freitag sollte auch die Testiliwdüstri« an die Reih« kommen. 3»«otsch«n Haban ankersettS di« Elektrizitätsarbeiter beschlossen, di« Arbeit wtedm «rfZwehnmn DieFühr « r der C. G T. werden sich am Montag vor dem Untersuchungsrichter zu verantworten haben. DaS ÄMtAlMK -»-Ml p« soll MU aller Beschleunigung dmchgrführt werden, l NKtionals Dernokratis Von Prof. Dr. Walter Goetz. Wir yaben wieder den gleichen Zustand wie vor dem Kriege erreicht: die Zionswächter des nationalen Gedankens sind wieder auf dem Plan und hoben längst vergessen, daß wir als ein Volk in den Krieg gezogen sind und gemeinsam gekämpft und gelitten haben — hergelaufene Politiker können es sogar wagen, sich in Volksversammlungen als die Kämpfer und die demokratischen Gegner als die zu-Hauä-Gebliebenen zu bezeichnen. Diese aus Unverfrorenheit und Unredlichkeit zusammengesetzte Gesinnung nennt sich dann .national'. Wenn heute ein Urteil über das nationale Element in der jüngsten deutschen Vergangenheit gefällt werden mutz, so kann man denjenigen sicherlich nicht den Ehrentitel nattontl geben, die den organischen Fortschritt unseres Staatswesens verhindert, die noch im Kriege die Neuorientierung aufgehalten, die die Herein ziehung der Arbeiterschaft in den Staat unmöglich gemacht und die ihre selbstsüchtigen Standes- und Wirtschaftsinteressen über alles andere gesetzt haben. Die Schädiger des nationalen Lebens haben ganz rechts und ganz links gesessen, und es hilft ihnen nichts vor dein Nichterstuhl der Geschichte, daß sie sich mit hohen Worten ab mühen. Wie Preußen 1806 an den Epigonen der friderizianischen Zeit zusammenbrach (an denselben, die dann den größten Reforma tor Preußens, den Freiherrn o. Nein, bekämpften), so tragen auch die Epigonen Bismarcus schwere Schuld am neuen deutschen Reiche — jene Epigonen, die Bismarcks wahren Geist nie in sich ausgenommen hatten und im Notwendigen nicht über ihn hinaus- zukommen strebten, jene Konservativen, die wieder einmal — nach dem Gesetze ihres politischen Lebens! — die Zeit nicht zu verstehen vermochten, und jene Alldeutschen, die den Kern des nationalen Problems nie erfaßt hatten. Denn es liegt ein Grundirrtum vor, wenn man das Pathos der Beteuerung, daß man national sei, qleichsetzt mit dem Natio nalen selber. Niemals noch war das Wort mehr als die Tat, und niemals war die anspruchsvolle Behauptung der einwandfreie Richter über sich selber. National ist nur, was die Zukunft in seinem inneren Werte rechtfertigt, und sie rechtfertigt oft gerade das, was sich nicht auf dem Markt mir lauter Summe hören ließ, sondern in anspruchsloser 'Pflichterfüllung bescheidene Wege ging. Wer national sein will, muß den Zusammenhang mit dem Leben unseres Volkes in sich tragen und schöpferische Kraft dar aus gewinnen. Wer national sein will, muß den Geist unserer Kultur in sich tragen und von Lessing und Kant, Schiller und Goethe, Fichte und Schleiermacher unerbittlichen Wahrheitäsinn und das mutige Bekenntnis zur Wahrheit, tiefstes Gefühl für Volk und Menschheit, Verantwortlichkeitsgefühl vor sich jelver und vor der Menschheit, den aufgeschloffenen, suchenden Sinn für die höchsten Werte des geistigen, religiösen und künstlerischen Lebens übernommen haben und immer neu zu übernehmen streben. Wer national sein will, muß auch dein Werke Bismarcks gegca- übe^ das Bekenntnis zur Einheit unseres Volkstums und zur rast losen Mitarbeit an den politischen Aufgaben des Staates ebenso in sich tragen wie den Sinn für das ewige Neuwerden von Volks tum und Staat Wer national sein will, muß es begriffen haben, daß die Arbeit am Werdenden mehr ist als der Stolz auf das Gewordene; denn das Leben ist Weiterentwicklung und nicht Stillstand. Mag immer Leidenschaft für das eigene Volk der Aus gangspunkt der nationalen Anschauung sein — nur wer das Wissen über die Wandlungen des nationalen Leben- tn stch trägt, roird nattonal im vollen Sinne zu sein vermögen. Alles Wissen macht bescheiden — wer wird es wagen wollen, ruhmredig mit dem Worte national um stch zu werfen, sich selber als den allein berechtigten Träger des nationalen Lebens hinzu stellen, mit unverantwortlicher Kühnifiüt andere des Mangels an nationaler Gesinnung zu beschuldigen, wer einmal die ganze Größe dieses heiligen Begriffs erfaßt hat! Wie das Religiöse, so ist auch das Nationale nur ailzuleicht im Munde derjenigen entweiht, die nur den schwachen Widerhall davon erlebt haben. Ader diese lnd gewiß nicht unsere Führer, gewiß nicht Träger der Seele un sres Volkes — die mit dem Worte national in Volksversamm- ungen Izausieren gehen, sind nicht viel besser als die wilden Händ- er, die von Türe zu Türe mit Wucherpreisen schlechte Waren anbieien. — Wir stehen heute vor der Notwendigkeit, den nationalen Ge danken aus neuer Zeit von neuem lebendig zu machen. Der alte nationale Gedanke war für viele untrennbar mit der Monarchie verbunden; der neue nationale Gedanke Muß den Einklang mit der Demokratie suchen, maß aus ihr verstärkte Kraft gewinnen, lind es ist eine Kraft, die weiter greift als die alte, denn Volkstum ist mehr als Staaisform, Liebe zu unserem Volke ist mehr als Vasallentreue. Die neue nationale Gesinnung muß sich aufbauen*vuf dem Gründender Volksgemein schaft, der Kultucgemeinschast und der Ctaatseinheit. Hier liegen Quellen, die noch unerschopft sind; und die deutsche Demokralie niuß sie erschließen — sie muß sich dieser Aufgabe widmen, wenn sie auf festem Boden stehen wrlk Noch besitzt keine der anderen politischen Parteien Deutschlands diesen notwendigen Untergrund; noch schwanken die anderen alle zwischen endgültig Verlorenem und hoffnungslos Unerreichbarem. Noch glauben die anderen alle, man könne Häuser bauen ohne Untergrund. Die Demokratische Partei hat vom ersten Tage an durch Sammlung der Kräfte, durch Willen zur Mitarbeit, durch Ringen mit dem neuen großen Zeil- problem daS Nationale betätigt, — nun sei es auch sestgclegt im Geistigen, hergaleitet aus der Vergangenheit, verbunden mit dem unabänderlich Gewordenen, aufnahmefähig für das Zukünftige. Dos neue deutsche Nationalgefühl kann nur demokratisch sein, wie unser Staat nicht anders sein kann, wie unser Volkskum nicht anbers mehr sein wlrdl