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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.01.1921
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1921-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19210121020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1921012102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1921012102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-01
- Tag 1921-01-21
-
Monat
1921-01
-
Jahr
1921
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Abend «Ausgabe De,«gsprei,: »»»all. ÄiTw.—. »t«r!«l üdrl. B«. Sv^—: f«r Ädholer momitt. M. Uiv. Morata-Äojgabe allein M. 7LU «»nntlich, »bend-Bntgad« »ü«l» M L— monalllch. Durch »ns«r« o»4w«,Itft«n ,Ntt»l«» l», -«»r o«. drnchl moaaMch M. IU^—, vI«rt«IISbr!tch Äi. SV.—; durch dir Poft »nnrrbold Drntlchland«, sr«i I»1 H»»t arlieser«, S«tam1-A»4„»« monatlich M. S.—, »Irrtrllldrlich M. 27^—. Auti»nd»o,r1and: monatlich M. 10 — »nd Vrucklachrn-Porl». «iozrlnnmmrr»: Mora«». 0»4gad« SU Pf.. Adrnd-And^td« ^0 Pf. SonntaAj.Andqad« 40 Pf. HarrdeLs-IeUung Da» »ew»is« Drgeeran »Mdfttt M« «mtllchei, de« Rete» und de» O«tt4etn«1e» der «tadl Leip»»«, de« «»ISftcrlcht« »rtdrtO, lowr« nerfchtedene, «»«er Seh»»«» 118. Jahrgang L»j«l-e>u»r«i,: LLÄLA.^V..?LKL M.r»: »»» Daddrd«» tm amfltcha» r«1l »I, Ronparrillajril« M. SLü. ».and». M.S.—: KI«I», A»r«t«a di« Ra»»arrIU»z»iir M U40, mm «nlmertl Md. 1LV. Drlchef>4«nj«t>a» »et Platzoorlchriften «m Prrlfr ordeht. Platz »»d Datrnoorfchrift odn« Prrtzindlichkrtt. Bailaaanprrlf« fftr »»« Sriamtanfla,« Mk. IL- netto, fdr Trllansla,« Md 15.— n«l»o »«» MUl«. Poft«»Ilaa« Pofteadehr «stra. i§,r»loroch- L«Ichl»b ftr. >40». 1««4. ,4«4. — Poftichrcdd.n,»72«.>. SchrifII.it»,« »»» ».Ich«,14».I« kelftltft, A»d«mre>»W« Ar. «. P«rl«, Dr. A«i«tz«ld ch L» : drch,I» W21 Nr. 3S Srettag. den 21. Januar Eine Erklärung Bergmanns Varis, 21 Januar. Staatssekretär Bergmann erklärt, die Mei nung des .Echo de Paris", sr sei mit Aachres.zahlangen in Höhe von zwei Milliarden Mark einverstanden, treffe nicht z». Verlegung der Verhandlungen von Brüssel nach Paris? Wie d« .Dena'-Agentur hört, geht die Ansicht der Berliner Ententediplomatie dahin, dah die gegenwärtig in Paris statt finden den Verhandlungen die Fortsetzung der Brüsseler Besprechun gen bilden, und dass etwaige noch in der belgischen Hauptstadt abge- halten« Konferenzen einen nur rein formalen Charakter tragen würden. ÄuS Paris eingelaufene Nachrichten besagen, daß in Paris mehr und Mehr eine starke Stimmung sich dafür geltend mache, Paris an Stelle von Brüssel als Ort der Verhandlungen über die Repara- libnsfrage zu wählen. Eine neue Willkür der Rheinlandkommisfio« Köln, 21. Januar. (Eigener Drahtbericht.) Die 'st he in land- Kommission hat eine Verordnung Nr. 64 erlassen, in der unter dem Vorwande eines mö^icherwetse notwendigen Belagerungs zustandes eine Bestandsaufnahme sämtlicher Trans portmittel, Pferde, Wagen, Automobile, Fahrräder, Motorräder nsw. verlangt wird, und die sich auch auf alle Vorräte dieser Art, wie auch staatliche und private Fabriken erstreckt. Die Verordnung fordert darüber binauS, dah die deutschen Bepörden die Aufnahme dieser Bestände nach jein von dem militärischen Befehlshaber in den einzelnen Zonen vor- ärschriebenen Muster ausführen müssen. Sie bestimmt, dah die deutschen vehörden so viel Bestandsaufnahmen liefern müssen, als die militärischen Stellen zwei Monate nach der Verordnung der Ausnahme verlangen. Der Neichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete hat gegen diese Verordnung, die einer völligen Ausspionierung der deutschen Industrie gleichkommt, schärf st en Protest erhoben. In gleicher Weise hat sich der Betrat für die besetzten Gebiete in seiner am 18. Januar in Koblenz stattgehabten Tagung dagegen ausgesprochen. An scheinend hängt die neue Forderung der Nhrinlandkommlssion mit Mobilmachungsplänen der französischen Heeres- leitung zusammen, die in der letzten Zeit eifrig deirteben werden. Im besetzten Gebiet finden Hebungen zur Sprengung der Nheinbrücken stakt, und die Ausbildung der französischen Eisenbahner auf den »heinschen Strecken bildet das Schluhglied -er Kette, die di« deutsche Industrie den militärischen Zwecken Frankreichs dienstbar machen soll. Die deutschen Rücklieferungen Paris, 21. Januar. (Drahtdericht.) Die Verhandlungen über die Rücklieferung des im befehlen Gebiet während des Krieges be- schlagnahmten Materials, über deren relativ günstigen Stand wir vor einiger Zeit berichten konnten, werden voraussichtlich infolge einer Erkrankung des deutschen Delegierten, Dr. Guggenheimers, einen kleinen Aufschub erleiden. Es besteht indessen heute Aussicht dafür, dah der Gedanke der Vermeidung von Rücklieferungen, die Deutschlands Leistungsfähigkeit mindern, ohne den Rückempfängern auf verbündeter Seite wahren Nutzen zu bringen, sich durchsetzt. Der deutsche Einspruch gegen die Verpflichtung zur Rücklieferung des rollenden Materials und gegen die Verpflichtung zur Ausbesserung und Instandsetzung des zurück gegebenen Materials ist vom Wiedergutmachungsausschuh nicht an erkannt worden. Es ist aber ganz allgemein ausgesprochen worden, dah die Abwälzung dieser Verpflichtung durch Ersahabmachungen, die für beide Teile vorteilhaft wären, gebilligt werden könnte. Es ist anzunehmen, dah die schwebenden Verhandlungen bald aus dieser Grundlage zum Abschluss gelangen, und dass enkspreckende Verhandlungen zwischen Deutschland und den einzelnen beteiligten Staaten, besonders mit Frankreich, eingeleitet werden. Wegen der Rückgabe der Mobillargegenstände, die aus Belgien und dem besek-ten Frankreich nach Deutschland gebracht worden sind, be stehen grosse Schwierigkeiten. Dr. Guggenheimer reist heute abend nach Berlin ab, vermutlich um weitere Informationen einzuholen. Wie dir Pariser Morgenblätter melden, hat sich der Miederaufbaukongress dafür ausgesprochen, dah Deutschland jährlich für eine Milli arde Material zum Wiederaufbau der zerstörten Gebiete liefere, der Kongress hat sich aber gegen die Zulassung deutscher Arbeiter nach Frankreich ausgesprochen. Frankreich verlangt die Auslielernng eines „Kriegsverbrechers" Stuttgart, 21. Januar. (Eig. Drahtber.) Rach Ermittlungen d«S Auswärtigen Amtes in Berlin ist dem württembergtschen Iustizministr- cium das Verlangen der französischen Regierung zuqegangen, den Ober- iehrer Jung an der Reformlehranskalk in Waldbad, gegen den vom Landgericht Zabern im Elsass ein Haftbefehl wegen Mordversuchs und Brandstiftung erlassen worden war, zur Verhaftung auszuliefern. Der Angeschuldigte, der während des Krieges deutscher DiviflonSpfarrer war, wurde auch in Hast genommen, ist aber dem AmtSgefängnis entflohen. Jung war ehemals französischer Staatsangehöriger. Niederlage der italienischen Kommunisten Mailand, 21. Januar. Mit den Reden Ferratis, des DireKiorS deS .Avanti", und Tu rat iS, des Altmeisters des ital'.enischen So zialismus, Hal der Eozialistenkongreh von Livorno seinen Höhepunkt erreicht. Die Niederlage der unversöhnlichen Kommu nisten scheint besiegelt. Ferraki schilderte, mit wolcher Rücksichtslosigkeit und Hartnäckig. k«it Moskau auf seinen 21 Punkten bestehe, besonders auf der Aus treibung aller gemäßigten Elemente der Partei, und wandle sich an die rechtsstehenden Elemente in der Partei mit der Aufforderung, sich offen zum Kommunismus zu bekennen. Dann trat Turatt für die Einheitlichkeit der Partei in einer wir kungsvollen Rede ein, indem er «S als eine Freiheitsbeschrän kung hervorhob, wenn die Diktatur des Proletariats ein- gesührt werde Gewalt werd« nicht benötigt, wenn di« Mehrheit durch dring«. Die bürgerlichen Klassen Italiens fürchtet« nicht so sehr die Ge walt wie den gesetzlichen Fortschritt deS Proletariats. Der Redner schloß mlt dem Ausdruck der Hoffnung, daß di« jetzige Kris« d«r gemäß tat« Richtung über kurz oder lang den Sieg bringen werde. Großer Beifa begrüsste den Schluss der Rede. Bombacci befürwortete di« Loslösung der Kommunisten von den Sozialisten, indem er di« russischen Zustände verherrlichte. Zum Schluß »lagt« Parteisekretär Gennari die gemäßigten Mitglieder einer zu großen Hinneigung zum Burgerin» an, wurde aber uo» Modig liani energisch widerlegt. Die Verlegung der Sorftakademie nach Leipzig im Sächsischen Landtag Dresden, 21. Januar. (Drahtberichtunserer Dresdner Schriftleitung.) In der heutigen Sitzung des Landtages wurde zunächst die Frage der Verlegung der Forstakademie Tharandt an die Universität Leipzig beraten. Mit fast einmütiger Uedereinstim- mung sprachen sich alle Redner für den Zusammenschluss der Forstaka demie mit Leipzig aus und machten sich im großen und ganzen die Ge- ichkSpunkte zu eigen, die bereits als Meinungsäusserung der rmssen- chaftlich gebildeten Forstbeamten in der Regierungsvorlage enthalten sind. Der volksparteiftche Abgeordnete Anders machte einige Vor behalte. und brachte zum Ausdruck, daß man mit denselben Gründen auch den Anschluss der Forstakademie an die Technische Hochschule be gründen könnte. Vor allen Dingen aber forderte er für die Mehraus gaben, die durch di« Verlegung der Forstakademie überhaupt erwachsen, die Regelung der Decknngsfraqe. Dass unabhängige und kommunistische Redner diese äusserst passende Gelegenheit nicht vorübergehen lassen konnten, ohne parteipolitische Agitation zu treiben, versteht sich. Nach einigen Aeusscrungen von der Regierungsbank, die im wesentlichen nur Wiederholungen der Vorlage sind, wurde die Vorlage dem Haushalt ausschuss überwiesen, wo sie weiter beraten wird. Bei der Beratung des Antrages des Haushaltausschusses 8, den Erwerbslosen eine einmalige Unterstützung zu gewähren, von der wir bereits in der heutigen Morgenausgabe berichteten, ent wickelte sich noch eine ausserordentlich langatmige Debatte, die nichts Neu«S mehr zutage bringen konnte Bemerkenswert ist nur noch, daß Abg. Blüher (Dksch. Vpt.) einen Antrag stellte, den Ausschuhantrag nochmals an den Ausschuss zurückzuverweisen und den Erwerbslosen durch Erhöhung der laufenden Unterstützungen wirklich zu helfen. Es könne dann ja erwogen werden, die erhöhte Unterstützung mÄ rückwirkender Kraft eintreten zu lassen. Die Sozialdemokraten sprachen sich ent schieden gegen diesen Antrag aus, wobei Arbeitsminister Jäckel noch mals daS Wort zwar nicht zur Sach« ergriff, aber um auszuführen, daß er mit allen Mitteln bestrebt sein werd«, di« Beamten- schäft mit sozialistischen Kräften zu durchsetzen. Anlass dazu gaben ihm einige noch nicht bewiesene Behauptungen des unabhängigen Abg. Bührlng, die aber Arbeitsminister Jäckel zu seinem Vorstoß gegen die Beamten benutzte. Zu einem Artikel der „Dresdner Volkszeitung", di« sich gegen das Engage ment ausländischer Landarbeiter auf das deftigste wandte, erklärte Ministerialdirektor von Hübel, dass durch die Reichs verordnungen eine derartige uferlose Beschäftigung von ausländischen Landarbeitern durchaus verhindert sei und dass für deren Beschäftigung ganz bestimmte Richtli-'ien massgebend seien. Als es aber zur Abstimmunk des Antrages Blüher kam, fehlten von feiner Fraktion mindestens zwei Drittel, wodurch auch dieser Antrag wiederum gegen eine Knappe Mehr heit der Sozialisten unter den Tisch fiel, dagegen der Ausschussantrag an genommen wurde. Endlich wurde über einen kommunistischen Antrag be raten, der die Regieruno ersucht, möglichst schnell einen Gesetzentwurf vorzuleoon, der die E nfrihrung der unentgeltlichen Geburts hilfe in Sachsen vorsieht. Bei Begründung dieses Antrages kamen die weiblichen Abgeordneten aller Parteien zu Wort, die eine wirkliche Hllfe nur in der Errichtung von Entbindungsheimen erblicken, die aber zurzeit wegen der schleckten Finanzlage nicht in ausreichendem Masse ge baut werden könnten. Alle Parteien äußerten sich im übrigen zustimmend zu diesem Antrag und auch die Regierung. Der Antrag wird weiter im Rechtsausschuss beraten. Damit war die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzunq Dienstag, den 25. Januar, nachmittags 1 Uhr. Tagesordnung: Staatshaushaltplan der Oberrechnungskammer, Urbergriffe von Staatsanwaltschaften und der Post qegen Reichs- und Landesverfassung, Ausschuhberichte. Schluss 2 Uhr. Ein Berlrimensvotum für Dr. Wirth Berlin, 21. Januar. Die Zentrumsfraktion des Reichstags hat dem Reichsfinanzminister Dr. Wirth ihr Vertrauen in folqeudem Ver- trauensvolum anSarfnr ct,en: Gegenüber den Angriffen, die in letzte. Zeit aus Anlass der Erledigung der Beamten- und Arbeiterforbervnqen gegen den Reichsfinanzminister Dr. Wirth erhoben worden sind, erklär! die Zentrumsfraktion des Reichstages, dass Minister Dr. Wirth nach wie vor ihr volles Vertrauen besitzt. Abbau der ElnLommenfteuer? Berlin, 21. Januar. Der Reichsfinanzminister trägt sich, wie die .Zentrums-Parl.-Korrcsp." zuverlässig erfährt, um der Entwertung der Einkommen, namentlich der niederen Einkommen der Arbeiter-, Be amten- und Angestelltenschaft Rechnung zu tragen, mit dem Plan, einen z-itgemähen Abbau der Einkommensteuer einzuletten. Uebcr die Absichten der Regierung kann zurzeit jedoch noch nichts Bestimmtes mikgetcilt werden. In Ergänzung dieser Meldung der Zentrums-Parkeikorrespondenz. erfahren wir folgendes: ES besteben im ReichSftnanzministe- rium zwei Strömungen, die e.nander in der Frage der Ein- kommensteuer schroff gegenüberstehen. Eine Reihe von mass gebenden Persönltchke ten ist der Ansicht, dass die lOprozeniige Steuer, die bekanntlich bei grossen Einkommen bis zu einer Höhe von 65 Prozent austeigt, namentlich bei den minberbemittellen Schichten eine überstarke Belastung bildet, und daß eS deshalb kaum zu um gehen sein wird, eine neue Modifizierung vorzunehmen. Von einer andern Seite wird dagegen geltend gemacht, dah die Technik der neuen R«ichsetnkommensteuer bisher bei den ersten Veranlagungen noch gar nicht in vollem Mähe erkannt und ausgenuht wurde. So sind bei- sptelSwckse Fälle vorgckommcn, in denen aus besonderen Gründen der Antrag auf Ermäßigung der Steuer gestellt wurde. Ausserdem hat der Reichsfinanzminister angeregt, auf besonderen Antrag und nach eigenem Ermess« einzelnen Personen di« Steuer völlig zu erlassen. Man ist bet dieser Grupp« der Ansicht, daß «S gefährlich wär«, bei den gegenwärtigen Verhältnissen eine Steuer von so außerordentlicher Bedeutung abzudaven. ES kommt hinzu, daß durch di« RelchSeinkommensteuer elne Reihe andrer StaakSsteuern usw. obgelöst word« sind, und daß bi« Umstellung auf die neuen Steuersätze, abgesehen von der außerordentlich grossen technischen Arbeit, ein« Gefährdung deS Steuerwesens überhaupt dar- stellen würde. Heber diesen ausserordentlich wichtigen Gegenstand werden, wie wir hören, noch in diesem Nlonat im Reichstage Verhandlungen stattfinden. Hüben mrd Drüben Bon Dr. Herz, Geschäftsführer -es parlamentarischen Untersuchungsausschuss^. . Der Verfasser der französischen Heeresberichte, ein Schrift teller, der sich IeanderPierrefeu nennt, hat Erinnerungen aus der Zeit seines Kommandos beim Hauptquartier oeröffent- icht. Die zwei Bände enthalten viele fesselnde Einzelheiten aus )em «G. Qu. G." (die drei Buchstaben, die dem Werk den Titel geben, bedeuten: .Grand Quartier G^nsral — O. H. L.). 3m grossen und ganzen, im guten und schlechten liefen die Dinge dort ebenso wie bei uns, und man liest nicht, ohne ein wenig ironisch zu lächeln, daß z. B. der Verfasser sich auf der einen Seite über die gefärbten deutschen Funksprüche entrüstet und ein paar Blätter später erzählt, nie er den Tagesbericht habe frisieren müssen. Eines der für uns interessantesten Kapitel han del! von den Meutereien, die im Junr 1917 in nicht weniger als 16 Armeekorps ausbrachen, nachdem Nivelles, .des Blutsäusers", Offensive missglückt war. Sie begannen genau so wie bei uns die Revolution fünfviertel Jahre später. Die Truppen weigerten sich, in die Feuerlinie zu gehen; Rufe nach dem Frieden wurden ausgestossen; der Gehorsam wurde den Offizieren verweigert; rote Fahnen wurden gehisst; Soldatenräte wurden gebildet. Auch die Ursachen waren im wesentlichen die selben wie bei uns. Unzufriedenheit mit der Löhnung, Urlaubs- ungcrechttgkeilen, Erbitterung gegen die Drückeberger, Wut über das Heimkriegertum und die Zeitungen mit ihrer Hetze gegen einen Verständigungsfrieden hotten die Disziplin untergraben. Auch dte .defaitistische' Propaganda bei den Urlaubern wurde feflgestellt. Nur eines fehlte: die Hungernachrlchten aus der Hei mat, denen die Mannschaften nicht wie die Offiziere durch Sen dungen aus dem Felde abhelfen konnten. An den meisten Stellen schob man die Schuld auf die Gewerkschaften, die Syndikalisten, fable man gegen die schwache Regierung, die dem Flaumachen nicht rechtzeitig das Handwerk gelegt habe. Die ruhigeren Elemente, zu denen auch Pierrefeu gehört, wiesen daraus hin. dah von. einer Verschwörung schon deshalb nicht die Rede sein könne, weil nichts von einer zentralen Leitung zu spüren fei, daß es sich vielmehr um elne Art Berufsstreik handele, wie er seit LäsarS Zeiten in allen Heeren gelegentlich vorgekommen sei. Er habe seinen Ursprung in der Enttäuschung über das Mißlingen der Offensive, von der die ermatteten Heere das Ende des Blutver gießens und der Leiden erwartet hätten. Mit Recht führt Pierrefeu aus, dass es falsch sei, die Menschen als elne Art Auto maten anzusehen, die äusseren Triebfedern gehorchen; Ideen und Gefühle könnten leicht in den Geistern und Herzen angesichts ge wisser Ereignisse geboren werden. Von dem Gesetze ausgehend, daß gleiche Ursachen gleiche Wirkungen haben müssen, können wir folgern, wenn wir es nicht schon aus Tausenden von schriftlichen und mündlichen Zeugnissen wüßten, daß, nachdem dieselben Missstände wie lm französischen Heere auch im deutschen Heere die Unzufriedenheit genährt hakten, die Enttäuschung über den Fehlschlag der ent scheidenden letzten Offensive die Verzweiflung ge- beren hak, die zu den Revolutionen im Jahre 1918 führte. Die Analogie geht sehr weit. Zu den Forderungen der fran zösischen Aufrührer gehörte, dass sie die Schützengräben nicht eher zu verlassen brauchten, als die feindlichen Verteidigungsstellungen niedergekämpft waren. Und wie begann der Aufstand in Kiel? Danlit, dah ein Teil der Maschinisten streikte, weil sie sich nicht in einen nutzlosen To- treiben lassen wollten. Was wohl seder Mensch in seinem Leben einmal durchgemacht hat, dah er sich sagte: .Wozu noch? Es geht doch nicht! , trat hüben wie drüben ein. Wenn es in Deutschland beim Heer und tn der Heimat, deren Leiden und Entbehrungen weit, weit schlimmer waren, als die »er Feinde, viel später kam als bei jenen, so beweist das, daß Diszi plin, Aufopferungsfähigkeit und Vaterlandsliebe bei uns geuäß nicht geringer waren als dort, und daß es schmachvoll ist, wenn Schuldige zur eigenen Entlastung solche niederträchtige Vorwürfe erheben. Vielleicht war es «tn Unglück, dah der kritische Augenblick bei uns so spät eintrak; zu spät, als dah es möglich gewesen wär«, ihn zu überwinden. Hätten wir aber bei uns den richtigen Weg zur Heilung gefunden? Man muh es leider bezweifeln. Aus Ludendorffs Buch wissen wir, daß er über dte Klagen der Truppen nut der kühnen Feststellung hinwegging, daß sie unter sucht, aber in den meisten Fällen als übertrieben und falsch be kunden worden wären, aus Nos KeS Schrift, daß auch am Mann wie Admiral So schon das richtige Verhältnis zu den Dingen nicht finden konnte. Anders ging Petatn vor. Es ist eine der nur allzu häufig von unfern Verehrern deS .Durch greifens" verbreiteten Sagen, daß er 10 000 Mann habe hinrichten lassen; es wurde etwa ein Dutzend Aufwiegler erschossen. Petain nahm Fühlung mit Führern und Mannschaften, half den Mängeln ab und kam den Wünschen der Truppen, auch wenn sie über ihr« Rechte hinausaingen, soweit als möglich entgegen. Mit dem Er folg, dah die Truppen, die gemeutert hatten, sich hald darauf am Damenwess' glänzend schlugen. Wie in den meisten Fällen — man lese in Pierrefeu- Buch z. B., wie sofort nach der ersten Enttäuschung über den Rückzug auf die Hindenburglinl« der Nutzen erkannt wurde, den man für die Propaganda aus der Zer- ssörung, namentlich der Obstbäume. ziehen konnte, wie die Zensur -en Skimmunqsinhalt der Soldatenbrtese wertetr —, waren dte Franzosen bessere Seelenlenker als wir; nicht umsonst hotten dl« Romanschriftsteller von Balzac bis France das Seelenleben im Menschen durchforscht. . ' Man sollte also endlich mit der schon durch das Back des Volksbeauftragten Barth widerlegten Legende vom .Dolchstoß von l inken" und mlt allem, was drum und dran hängt. Schluß müchen Die von Barth gegründeten .illegalen Organisationen" brunchten gar nicht in Tätigkeit zu treten, da der Bari l» ßch M*
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