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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100330013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910033001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910033001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-30
-
Monat
1910-03
-
Jahr
1910
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Bezugs-Preis 88 Lopztg und Vororte durch unter, Lrä««r »n» Spedtleure -»«! tlili» m« Hau« gedracht; VÄ 2Z monatl., K.70^e »iertrliährl. Bei unirr» AUtalr» ». An« oalMrftrllrn »dqrbolr: 7» in-aatt- >.LS »iertrljtdrl. Lurch dl« Poch: I»nerhav> Deupchlaud« und drr draschen «oloaien »iettrljährl. S.dd »onatl. >^id auslchl. Postdrstellarld. ferner in Belgien, TLnrmark, den Lonaustaatrn, Italien, Luremdurq, Niederlande, N»r« weqen, Oesterreich - Ungarn, Rußland, Schweden, Schweiz u. Spanien. Zn allen übrigen Llaalen nur direkt durch di« vi«ichäNrl:rlle des Blatte« erhältlich. La» Leipziger t-gedlatt erlcheint 2 wat iilglich. Sonn- u. FeirriV* nur mmigea«. Tivonneinrnr-Lnnavmri Uugustudplatz 8, vei linieren Trägern, Filialen, Spediteuren nnd Annahmestellen, sowie Postämter» und Briesrragern. tinz«l»eckaus>!Prei« drr Morgen- iudgabr IV -H, der l!lbendau«qade 5 tstebaktion und WeschäftSstelle: Johannisgaiie 8. «ernivrecher: 14692, I46M!. 146K4. Morgen-Ausgabe. MpWrrTagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates »nd des Nolizeiamtes Ser Lta-t Leipzig. Ättzeigcn-PrclS ttr Znieraie »u« Leipzig und Umgedun, »i« kgeipaltene bO mm dreite Petitzeile 25 ch, di« 74 mm breit« Reklame»eil« l »en artswirt« 8t) hteklamen t.20 ; Inserate von Bebärden im amtlichen Teil die 74 mm t reite Petitzeil« 4t Sieschästrrnzeigen mit P atzvorichristen und t» der Abrndautgabe im Preise rrhäht. Rabatt nach Laris. Bcilagegebllhr ü uss p. lautend rxkl. Postgebühr. Hestert eilt« Auittäge können nicht zurüik- gezogen werden. Hür da4 Erscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird keine tSarantie übernommen. »n,«gen.Annahme! Augustu«platz 8, der sämtlichen Filialen u. allen Annoncei»- itxpedilionen des In- und Auslandes. Haupt »Filiale vrrlin: larl Du acker, Henogl. Bayr. Hösbach« Handlung, Lützowstiahe lOi. iLetephan VI, Ar. 4M8). Haupt-Filiale LreSdrn: Seeiirage ,, I (Telephon 462l). Nr. 87. 104. Jahrgang Mittwoch, üen 30. Mär; >Sl0. Das DiKtiglte. * Am heutigen Mittwoch nimmt die Zweite Kammer des sächsischen Landtags ihre Arbeiten wieder auf. * Der bei dem am Sonntag inDresde » veran stalteten nationalen Wettsliegen aufgestiegene Bal lon „Leipzig" ist am Montagnachmittag bei Gol» batz (Serbien) glatt gelandet. lS. Letzte Dop.) * Der preußische Herrenhauspräsident v. Man teuffel fordert zur Sammlung einer Ehren gabe für die Berliner Schutzleute auf. (S. Dischs. R.) * Nach Meldungen aus Abessinien lebt Negus Mcnelik noch. Die Absetzung der Kaiserin Tai tu ist endgültig erfolgt. Der Fremden - kolonie ist der Schutz der neuen Regierung zu gesichert worden. (S. Ausl.) * Nach einem amtlichen Bericht beträgt die Zahl der bei der Brandkatastrophe in dem ungarischen Dorf Oetkörito Umge kommenen Svv. (S. Tageschronik.) Wertvolle Erfahrungen. In dem durch den Tod des Grafen Stolberg- Wernigerode verwaisten ostpreußischen Reichstags wahlkreis Lyck-Oletzko-Iohannisburg ist ein Wahl kampf entbrannt, dessen Verlauf in mehr als einer Beziehung interessant zu werden verspricht. Seit Jahren gehört dieser Wahlkreis zum Besitzstand der Konservativen, diesmal treten mit ihnen die Natio- nalliberalen in ernstlichen Wettbewerb um das er ledigte Mandat. Dieses aus der politischen Situation der Gegenwart ohne weiteres verständliche Beginnen bereitet den herrschenden Gewalten in dem Wahl kreise arge Pein. Der behördliche Apparat funktio niert ja in Preußen, wie allgemein bekannt, stets ganz tadellos, wenn konservative Interessen zu wah ren sind; aber es machen sich sofort Betriebsstörun gen bemerkbar, wenn auch nichtkonservative und doch gut nationale Leute in durchaus statthafter Weise be sagten Apparat in Anspruch nehmen. Man sollte meinen, daß in einem Staate, dessen Ministerpräsi dent die Unparteilichkeit der Beamten feierlich ver kündet hat, einseitige Behandlungen einzelner Par teien nicht vorkämen, indes eine Sonderausgabe der „Natl. Korr." belehrt denn doch recht eindringlich eines anderen. Auf einer am 22. März in Johannis burg abgehaltenen Versammlung konnte General sekretär Breithaupt-Berlin eine recht stattliche Blütenlese derartiger Merkwürdigkeiten aufweisen. Wir geben davon das Wertvollste auch unseren Lesern bekannt, da das in der „Natl. Korr." gesammelte schätzbare Material interessante Einblicke in die seelische Verfassung ostpreutzischer Behörden ge stattet. Daß gerade die preußischen Nationallibera len in dem Wahlkreise trübe Erfahrungen machen müssen, erfüllt uns init aufrichtigem Bedauern, dünkt uns aber zugleich erzieherisch für die Zukunft, wo der große Kampf zwischen liberaler und konservativer Weltanschauung auch in Preußen durchgekämpft wer den muß. Nun die Proben für die Freundlichkeiten ostpreußischer Behörden: „Der Führer der konservativen Partei im Wahl kreise Lyck-Oletzko, Herr Zustizrat Siebert, hat — so lesen wir in der Rede des Generalsekretärs Breit- baupt in dem zitierten Organ — an die Vertrauens männer der konservativen Partei ein Rundschreiben ergehen lasten, und es ist vielleicht nur ein merk würdiger Zufall, daß diese Vertrauens männer meist auch die Gemeindevorsteher sind. In diesem Schreiben werden die sehr geehrten Herren Vertrauensmänner ebenso herzlich wie drin gend gebeten, dem konservativen Wahlbureau eine Abschrift der Wählerliste zuzustellen, und es wird dabei hinzugefügt, daß sie nicht ver pflichtet seien, für Anhänger anderer Parteien eine derartige Wählerliste anzufertigen. Wenn die anderen Parteien diese Wählerlisten zu besitzen wünschten, dann möchten sie ihre eigenen Leute hinausMcken und die Listen sich durch diese abschreiben lasten. Das Schreiben war durchaus ein wandfrei abaefaßt. Herr Siebert ist Jurist, er hat genau gewußt, was er geschrieben hat, und ich bin überzeugt, daß er keinesfalls die Absicht gehabt hat, die Vertrauensmänner, die gleichzeitig Gemeinde vorsteher sind, irgendwie irrezuführen. Aber eine Irreführung ist tatsächlich eingetreten, denn verschie denen derjenigen Mäner, die wir hinausgeschickt haben, um die Listen abzuschreiben, ist gesagt worden: Ja, das hat uns Herr Iustizrat Siebert verboten." Dadurch haben wir erst erfahren, daß ein solches Rundschreiben erlassen ist. Im übrigen sind wir auch sonst gerade nicht auf ein objektives Entgegen kommen der Gemeindevorsteher gestoßen. Ich nehme an, daß nicht böser Wille vorgelegen hat, sondern daß die Herren einer erstmalig einsetzenden ernsten Wahlbewegung gegenüber mehr oder weniger ratlos sind. Manchen unserer Boten ist es übel ergangen. Aber es hat uns schließlich dock nur einen vorüber gehenden Aufenthalt besten rönnen. Wir haben selbstverständlich jeden Wide»'tand der Gemeinde vorsteher dem Königlichen Land-atsamt übermittelt, und das Landratsamt Lyck hat sofort aufklärend und belehrend auf die Gemeindevorsteher eingewirkt." Bitterer waren die Erfahrungen der Rational liberalen mit dem Landratsamt Iohannisburg. Dort haperte es mit der Erlaubnis zum Abschreiben der Wählerlisten. Natürlich beschwerten sich die Natio- nalliberalen über dieses Hemmnis, aber deren Ob mann, der Kreistierarzt Dr. Thomella, erhielt folgen den herrlich bureaukratischen Bescheid: „Ihrer heute nachmittags telephonisch angebrachten Beschwerde über den Gutsvorstcher Deschner in Dlottowen kann nicht stattgegeben werden, weil nach 8 2 des Regle ments vom 28. Mai 1870 und vom 18. April 1900 die Wählerliste zu jedermanns Einsicht, aber nicht zur Abschriftnahme auszulegen ist." Das steht im Widerspruch zu ministeriellen Entscheidungen und zu wiederholten Stellungnahmen im Reichstage. Es widerspricht auch der sonst geübten Gepflogenheit in allen anderen Wahlkreisen des Reiches." Aber das Landratsamt in Iohannisburg ist eben anderer An sicht und muß nun erst auf ministeriellem Umwege aufgeklärt werden. Selbstverständlich spielt auch das nette Mittel der Saalabtreibungen eine große Rolle. Darüber erzählt Generalsekretär Breithaupt in der „Natl. Korr." folgendes erbauliche Geschichtchen: „Besonders gesinnungstüchtig erwies sich der Ge - meindevorsteher von Seegatten (Kreis Iohannisburg). Zn diesem Orte war für Sonntag, den 20. März, eine öffentliche nationalliberale Wäh lerversammlung angesagt. Dem Gemeindevorsteher paßte das augenscheinlich nicht in seinen Kram. Er sandte daher nachmittags, ohne dazu von irgendeiner Seite ermächtigt zu sein, den Amtsdiener Haus Lei Haus herum und ließ die Versammlung ab sagen. Als am Abend Herr Kreisarzt Dr. Thomalla mit dem Versammlungsredner erschien, war niemand im Versammlungslokale anwesend. Der Sachverhalt wurde sosort aufgeklärt und ebenso schne,, alle Wähler des Ortes zusammengerufen, die sich etwa 125 Mann hoch auch einfanden, und dem, was ihnen vorgetragen wurde, lebhaft zustimmten. Als Herr Dr. Thomalla den Gemeindevorsteher wegen seines unerhörten eigenmächtigen Verfahrens zur Rede stellte, sagte der brave Mann in etwas unbedachter Weise: „Ich bin Ihnen außerhalb meines Amts zimmers keine Antwort schuldig." Damit hat der Mann zu erkennen gegeben, daß er sich zur Absage der nationalliberalen Versammlung amtlich befugt glaubte." Aber das auserlesenste Stückchen kommt noch. Wir lassen auch hier wieder den Bericht für sich selbst sprechen: „In einem Falle, wo unser Bote dort draußen mit dem Gemeindevorsteher hin und her parlamentiert hat, er möge ihn die Liste abschreiben lasten, und der Bote ihm dann sagte: „Dann wollen wir noch eine Stunde warten, Sie bekommen dann telegraphische Anweisung des Landrats", da hat der Gemeindevorsteher, als das Telegramm ankam, dis Annahme desselben verweigert. Er wußte ja, was darin stand. Und die Post hat dem Königlichen Landratsamt in Lyck das Telegramm wieder zur Verfügung stellen müssen mit dem Bescheid: Adressat verweigert die Annahme. Natürlich hat das Landratsamt Lyck weiter dahinter gegriffen und diesen merkwürdigen Gemeindevor steher zu Protokoll vernehmen lasten. Da erklärt der Mann in aller Gemütsruhe, er habe die Annahme verweigert, weil er ja Deutsch nicht lesen könn e." Diese Offenbarungen lösten bei der Versammlung, der sie zuteil wurden, begreiflicherweise große Heiter keit aus. Aber sicher wird sich jeder der Versamm lungsteilnehmer nachher auch über die ungemein ernste Seite solcher Feststellungen klar geworden sein. Zu den politischen Rückständigkeiten kommt hier ein höchst betrübliches Kulturbild. Ein preußischer Ge meindevorsteher, der behauptet, nicht Deutsch zu können. Wir achten sehr gern den Rat des Herrn v. Bethmann Hollweg, keine Verallgemeinerungen vorzunehmen, aber diese höchst sonderbare, tief beschämende Singularität zwingt uns wenigstens die Frage auf die Lippen: „Weshalb hat der zuständige Landrat, der doch von diesem Mangel Kenntnis haben mußte, hier nicht längst für das Rechte ge sorgt? Was für traurige Rückschlüsse auf das Ger- manisierungswerk im Osten gestattet ein derartiger Fall! Wie mag es um das Deutschtum jener östlichen Gemeinde bestellt sein, deren Oberhaupt der deutschen Sprache nicht mächtig ist! Die preußische Regierung sollte es den Nationalliberalen danken, daß sie ein mal hier planvoll vorgegangen sind und dadurch de denkliche Schäden aufgedeckt haben. Die politischen Schäden lasten sich ja am Ende reparieren, denn der preußische Ministerpräsident will ja kein Parteiregi ment, aber wie gedenkt man den viel ärgeren kultu rellen Schäden in jenen lnegenden zu begegnen? Wird die preußische Regierung auch aus diesen bitteren Erfahrungen des jüngsten, aber so aufprrordentlich aufschlußreichen Wahlkampfes im Deutschen Reiche lernen? Oer Vulgaren-Zar beim Sulla«. (Von unserm Konstantinopeler lv-Korrespondenten.) * Konstantinopel, Ende März. Die ausländische und auch die einheimische Presse ergeht sich in den verschiedensten Vermutungen über die Absichten, welche Zar Ferdinand durch seinen linzwischen beendeten) Besuch in Konstantinopel ver folgt, und die fast alle darauf ausgehen, daß die mazedonische Frage, die durch angebliche Vorverhand lungen bereits zu einem für Bulgarien günstigen Abschluß gekommen wäre, durch Zar Ferdinand defini tiv geregelt werden solle. Gegenüber diesen Ver mutungen wird aus türkischen und bulgarischen offi ziellen Kreisen versichert, daß der Besuch des Königs von Bulgarien beim Sultan einzig und allein den Zweck verfolge, die freundschaftlichen Beziehungen der beiden Nachbarländer noch zu stärken, und daß von den beiden Regierungen von vornherein bc düngen gewesen sei, während des Aufenthaltes des bulgarischen Königs weder die mazedonische Frage, noch die inneren Angelegenheiten auch nur eines Teiles des osmanischen Reiches zu erörtern. Die Gründe, welche den Herrscher Bulgariens auf einer ersten Reise als König nach dem Auslande zurrst nach Petersburg führten, sind sattsam bekannt. Wenn Ferdinand im Anschluß an seinen Besuch in Petersburg nach Konstantinopel kam, so verfolgte er damit den Zweck, der Türkei zu beweisen, daß er in Rußland bezüglich des m-uns guo auf dem Balkan keinen den Interessen des osmanischen Reiches ent gegengesetzten Plänen nachgehe und daß sein Besuch beim sultan nur dem befreundeten Nachbarstaat und dessen Herrscher gelte. Der Aufenthalt des Zaren Ferdinand, der mit der Parade offiziell sein Ende fand, soll dies denn auch bewiesen haben, und die türkische Presse, die anfangs über den bulgarischen Besuch mißtrauisch war, hat infolge des taktvollen Auftretens des diplo matischen Koburgers vollständig nmgcschwenkt. 4b Das bulgarische Königspaar besuchte mit seiner Suite die auf der Stambuler Seite am Goldenen Horn gelegene bulgarische Kirche, wo ihm zu Ehren ein Tedeum zelebriert wurde. Nachdem das Königs paar in den Merassim-Kiosk zurückgekehrt war, empfing die Königin den Besuch des kaiserlichen Harems und erhielt van den Damen eine künstlerisch ausgestattetc orientalische Kassette mit kostbaren Parfümerien zum Geschenk. Nach dem Besuch des Harems bei der Königin faßte der König, der bekanntlich die Ueberraschungen liebt, den Entschluß, unerwartet das Parlament zu besuchen und fuhr mit der Königin und einer kleinen Suite vor dem Parlaments-Palais am Bosporus vor. Das Künigspaar wurde am Fuß der Treppe von dem Vizepräsidenten begrüßt und in die Hofloge geleitet, bei deren Betreten der König die Kopf bedeckung abnahm. Die Abgeordneten, die leider nur in geringer Anzahl vertreten waren, begrüßten das Königspaar durch Beifallklatschen. Die Gäste wohnten einem Teil der Sitzung bei, machten dann einen Rundgana durch das Palais und kehrten dar auf nach dem Merassim-Kiosk zurück. Die Truppenrevue sand auf dem Paradefeld beim Freiheitshügel statt. Schon vom frühen Morgen an strömten ungeheure Volksmengen nach dem Parade feld hinaus, weder der bewölkte Himmel noch der ziemlich heftige Sturm konnte die Schaulustigen ab halten, den weiten Weg nach Schischli anzutreten und sie war auch sehenswert, die Parade, vielleicht die größte, seit dem Bestehen des osmanischen Reiches. Gegen 2 Uhr kam im Kriegsautomobil der Kriegs minister Mahmud Schefket Pascha an, um die Truppen zum letzten Male zu inspizieren. Pünktlich um '/ 8 Uhr verkündeten Trompetensignalc das Heran nahen des Sultans und seiner Gäste. Die Truppen präsentierten das Gewehr, die Musikkapellen stimmten den Sultansmarsch und die bulgarische National hymne an und im langsamen Schritt fuhren die beiden Majestäten, denen in einem zweiten Wagen die bulgarische Königin mit dem Thronfolger folgten, die Reihen der Soldaten entlang. Nachdem der Sultan und seine Gäste in dem kaiserlichen Zelte Platz genommen hatten, begann zuerst der Vorbei marsch der aus 29 Bataillonen bestehenden Infanterie, denen die Kavallerie und Artillerie, zusammen 40 000 Mann, folgten. König Ferdinand war über die Haltung und Disziplin der Truppen sehr überrascht, er drückte dem Sultan und dem Kriegsminister seine Bewunderung aus und verließ dann mit der Königin das Parade feld. Damit hatte der offizielle Besuch des bulga rischen Herrscherpaares. wie schon bemerkt, sein Ende erreicht. Die Tage bis zur Abfahrt am Montag be nutzte das Königspaar zur Besichtigung der Sehens Würdigkeiten, sowie zu einem Ausflug aus den Bosporus. Deutsches Keich. Leipzig, 80. März. * Der Landesverein drr Deutschen Reformpartei im Königreich Sachsen wird Sonntag, den 10. April eine Vertrauensmännerversammlung in Meißen veranstalten. Auf der Tagesordnung stehen die Bor arbeiten für die nächsten Reichstagsmahlen und die Wahl der Obmänner für die sächsischen Reichstags Wahlkreise. * * Konteradmiral Gerdes, bisher beauftragt mn der Wahrnehmung der Geschäfte des Direktors des Wafsendepartements des Reichsmarineamtes, ist zum Direktor dieses Departements ernannt morden. * Eine diplomatische Beförderung. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet. ..Dem Vernehmen noch ist dem derzeitigen Attachi bei der kaiserlichen Botschaft in Paris, Dr. jur. Leopold Hoesch, die kommissarische Verwaltung der Stelle des Zweiten Sekretärs bei der kaiserlichen Botschaft in Madrid übertragen worden." Hoesch ist einer der ganz wenigen Bür gerlichen im diplomatischen Dienst. Seine Beför derung gerade jetzt ist doppelt interessant nach der Kontroverse Streseman-Schoen. klebrigen» ist Hoesch der Sohn des Mitglieds der Ersten sächsischen Kam mer, Kommerzienrats Hoesch. * Ein Pbnntasieprodnkt. Die römische „Tribuna" bringt ein Interview mit einem deutschen Diplo niaten, wobei sie dnrchblick.'n ließ, daß der Betreffende der Umgebung des Reichskanzlers angehüre. Ob schon der Inhalt des Interviews die Haltlosigkeit dieser Behauptung dartut, muß festgestellt werden, daß der Reichskanzler selbst erklärt hatte, keinen Interviewer zu empfangen, und daß überhaupt keine Anfrage von irgend jemand angenommen wurde. * Den „Kampf gegen präsidiale Entgleisungen" will die sozialdemokratische Reichstags fraktion nach Ostern aufnehmen. Der Abg. Ledebour veröffentlicht mit Namensunterschrist im „Vorwärts" einen Artikel, worin eine parteiische Handhabung der Geschäftsführung im Reichstag den gegenwärtigen drei Mitgliedern des Reichstagspräst diums vorgeworfen wird. Im Anschluß an eine Schilderung der Szenen, die durch den Abg. o. Olden burg am 29. Januar und am 17. März im Reichstage hervorgerusen worden sind, hebt Abg. Ledebour her vor. daß in derselben Sitzung am 17. März der frei konservative Abg. Frhr. v. Ganip init Bezug auf die Oberrechnungsknmmer den Ausdruck „Kinderei" un beanstandet gebrauchen durfte, für den Abg. Hauß mann einen Ordnungsruf erhielt, als er ihn mit Be zug auf den Abg. v. Oldenburg anwandle. Ferner schreibt Abg. Ledebour: „Das Verhalten des Grafen Schwerin gegenüber Herrn v. Oldenbourq ist wegen der Vertagung für die Osterferien im Reichstag aber noch nicht zum Austrag gebracht worden. Es handelt sich da um „die indirekte Herausforderung zum Duell, die Herr v. Oldenbura in jener letzten Reichstags sitzung sich erlaubt hat." * Abbernfen. Der bayrische Militärbevollmäch tigte in Berlin Generalmajor Freiherr von Geb sattel, der zum Generalleutnant ansteht, wird mit seiner Beförderung von Berlin abberufen werden, um in die Front zurückzutreten. Es wird hierzu versichert, daß die Veranlassung zu seinem Scheiden von Berlin lediglich die bevorstehende Beförde rung sei. * Zur Mannesmann-Angelegenheit. Wie ver lautet, werden alsbald Einigungsoerhandlungcn zwischen dem Mannesmann Syndikat und der Union des Mines maroccaines ausgenommen werden. Be kanntlich halten sich die Gebrüder Mannesmann ge weigert, in Vergleichsverhandlungrn einzutreten, be vor der Reichstag in der Frage gesprochen hätte. Nachdem dies geschehen ist, hofft man, daß die Ver handlungen bald in Fluß kommen und zu einem für beide Teile befried-.genden Ergebnis führen werden. * Schuckmanns Abschied aus Südwest, lieber dre Gefühle, mit denen Gouverneur v. Schuckmann aus Südwestafrika Abschied genommen habe, weiß ein Gewährsmann der „Windhuker Nachrichten" folgen des zu berichten: „Gelegentlich einer Abendgesell schaft, die der Gouverneur etwa eine Woche vor seiner Abreise aus der Kolonie gab, kam man auch auf den Gesunüheitsurlanb Schuckmanns zu sprechen. Dieser verneinte die an ihn gerichtete Frage, ob seine Rück kehr im Bereich der Möglichkeit liege, auf das be stimmteste. Diese Möglichkeit sei ausgeschlossen wegen der großkapitalistischen Politik, die er nicht mitmachen könne, dann aber auch wegen des schweren Vorwurfs, den Staatssekretär Derndurg im Reichs tage gegen die Beainten der Kolonie erhoben hätte. Dreißig Jahre, so führte Schuckmanu nach diesem Be richt ungefähr aus, diene er seinem Kaiser und habe niemals auch nur einen Verweis erhalten, und jetzt müsse er sich diesen schweren Vorwurf vor der breiten Oeffentlichkeit machen lassen." * Der bekannte Kolonialpolitiker Dr. Paul Rohr bach wird sich in den nächsten Tagen wieder nach Deutsch-Südwestafrika begeben. Dr. Rohrbach ist, wie die „Deutsch-asiat. Korre." mitteilt, von der Diamantminenkammer beauftragt, über die Dia mant? rage cineDenkschrift auszuarbeiten: er kennt die englische Diamantpolitik aus eigener Anschauung und wird jetzt sämtliche Diamantsund stellen in Deutsch-Südwestafrika bereisen sowie die wichtigsten anderen, dort neuerdings erschlossenen Erzvorkommen besichtigen und damit das Studium der Absatzfrage für die Farmwirtschaft, der von den Südwestafrikanern verlangten Selbstverwaltung und anderer bedeutsamer Probleme verbinden. * Ehrengabe für die Berliner Schutzmannschaft. Frhr. v. Manteuffel, der langjährige Präsident des vreußischen Herrenhauses, bat sich mit einem Schreiben vom 20. März an Mitglieder der Berliner Gejcllschakt gewandt, um sie zu veranlassen, sich einem Komitee anzuschließen, das eine Ehrengabe für oie Schutzinannschast vorberciten will. Zn dem Schreiben, das als vertraulich gekennzeichner wurde, jetzt aber vom „Berl. Tagebl." veröffentlicht wird, heißt es: „Die Berliner Schutzmannschaft steht zurzeit cn außerordentlich schweren Diensten. Treue Pflicht erfüllung feilens der Beamten wird von einem Teil der Bevölkerung leider mit unerhörten Be jctstmpfungen vergolten. Selbst die Kinder von Schutzleuten als solche sind den Gehässigkeiten und den Angriffen ihrer Mitschüler ausgesetzt. Dem- gegenüber ist von vielen Seiten airgcregt worden, vorurteilslose und gerecht denkende Bürger möchten sich zu einer Ehrengabe für die Schutzmannschast als Snmpathiekundgcbung für diese pflichttreuen Be amten zusammenfinden. Mit Politik, ins besondere mit der W a h l r c ch t s f r a g e, ha: diese Anregung selbstverständlich nicht das in indestc zu tun." Trotz dieser Versicherung wird aber das eigen tümliche Vorgehen des Hcrienhauspräsidenten so ge deutet werden, wie er selbst bereits befürchtet. Hui « :nu!< u-<>. Postfrachtstücke ohne Wertangabe nach dem Ausland« können von jetzt ab unter denselben Be dingungen und in demselben Umsange, als cs bei Postpaketen der Fall ist. gegen eine besondere Gebühr von 1 -tt bis zur deutschen Grenzausgangspostanstalt als „Dringend" mit allen postfertig benutzten Schnell- und D-Zügen befördert werden. * Der viel genannte Posener Güteragrnt Marti« Biedermann, der noch vor kurzem Meldungen über seine großen Eütcrgcschäfte an die deutschen Zei tungen sandte, befindet sich in Gcldschwierigkeiten. Wie der „schles. Ztg." aus Posen gemeldet wird, wurde dort das Automobil Biedermanns zwangs weise öffentlich versteigert und brachte 4900 Ein Loupü wurde für .">00 »t verkauft. Daran schloß sich der gerichtliche Verkauf von Möbeln in der Wohnung Biedermanns. Die Vcrsteigeruiig erfolgte durch den Gerichtsvollzieher Beckmann in Posen, nnd zwar für mehrere Forderungen, die Biedermann nicht befrie- digen konnte und nir die die Pfändung erfolgt war.
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