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Illustriertes Fachjournal Jür die Voll-, Jaumwoll-, Seiden-, leinen-, ?anf- und Jute-3ndustrie sowie für den Textil-JKaschinenbau; Redaktion, Expedition u. Verlag: Leipzig, Broinmestraße 9, Ecke Johannis-Allee. Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei unö Appretur. Chefredakteur und Eigentümer: Theodor Martin. Fernsprech-Anschluß: No. 105S. Telegramm- Adresse : Textilmartin Leipzig. Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. Ai 8. XXV. Jahrgang. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Leipzig, Redaktionsschluß: 31. August 1910. Beiträge zur frage 9er fujtbefeuchtung in Spinnereien unö Webereien. (Von Dr.-Ing. Otto Willkomm, Privatdozent a. d. Kgl. Techn. Hochschule zu Hannover.) [Nachdruck und Übersetzung verboten.] Aus dem bisher gesagten geht hervor, daß in der Tat eine recht bedeutende Wärmemenge durch das Verdunsten des Befeuchtungswassers abgeführt wird, doch ist eine genügende Kühlung damit allein nicht zu erreichen; denn bei einer Sät tigung von 8O°/ o sollte nach den früheren Ausfüh rungen die Temperatur im Mittel nur etwa 17° bis 20 0 betragen. Das einzige Mittel aber, um dies zu erreichen, bietet sich in der genügenden Zufuhr von frischer Luft, d. h. von Außenluft mit ent sprechend niedriger Temperatur. Um nun die Luftmenge L berechnen zu können, die nötig ist, eine bestimmte Wärmemenge W zu ent fernen, bedient man sich der Beziehung: 42) = Einheitswärme 1 der Luf jy(in a/ .s y 0 = Einheitsgewicht J L = vr — ti = zulässige Innentemperatur. cp Yo t'<« t„) t a — Außentemperatur. tm = mittlere Innentemperatur. Man erkennt sogleich, welcher Vorteil sich damit wieder bietet: je mehr Außenluft einge führt wird, um so mehr muß in der Regel Wasser zerstäubt werden, um so größer ist aber auch die Abkühlung. Dagegen tritt eine neue Verwicklung hinzu, da man ja mit der Zufuhr kühlerer Außenluft die Sättigung ändert, in folgedessen danach die Wasserzufuhr zu regeln hat, womit wieder eine Veränderung der Tem peraturänderung verknüpft ist u. s. f. Es ist deshalb vielleicht noch am Platze, das zuletzt behandelte Beispiel nach dieser Richtung hin zu Ende zu führen. Ich wünsche also in dem Saale von 5750 cbm Rauminhalt, wo eine stündliche Wärmemenge IV = rund 11000 W. E. frei wird, bei 80°/ 0 Sättigung eine Temperatur von etwa /, = 22“, während außen bei 70 u /'„ relativer Sättigung die Temperatur t a ebenfalls = 22" betragen sollte. Um dieser Aufgabe beizukommen, stelle ich mir vor, daß der Außenluft auf 1 c bm soviel Feuchtigkeit zugeführt wird, daß sie (Schluß.) später bei einer Temperatur von 22° auf eine relative Sättigung von 80 °/ 0 kommt. Da in diesem Zustande 1 cbm (nach Tafel III) 19,3 • 0,7 = 13,51 g beträgt so muß die Luft auf 1 cbm 1,93 erhalten. Dabei sinkt nach dem Diagramm in Fig. 23 die Temperatur um an genähert 4°, wenn man die Temperatur des Be feuchtungswassers mit 20° ansetzt. Ich habe also jetzt Luft von = 18° mit 15,44 g ab soluter Sättigung. In Gleichung Nr. 42 ist jetzt außer L alles bekannt, wenn man t„ durch /' a =18° ersetzt und der Einfachheit halber im Raume gleichmäßige Verteilung der Wärme voraussetzt*), sodaß dann /,= /„, wird. Die erforderliche Luftmenge L ergibt sich jetzt nach Gleichung 42) zu: . 11000-(1-1-“22) _ n7nn . . , u . , L ~ 0,239 1,29 (22 — 18) 9700 cbm b 1 fet< ’ Ich muß also stündlich 9700 cbm Luft ein- 9700 führen oder 1,7 mal die Saalluft wechseln und dabei jedem cbm 1,93 g Wasser zu führen, also zusammen in der Stunde 9,700 • 1,93 = 18,7 kg Wasser zerstäuben, wenn ich dazu eine verlustfreie Zerstäubungsmethode anwende. Für das Resultat ist es, beiläufig bemerkt, im wesent lichen gleichgültig, ob man die Betrachtung in der eben geführten Weise — wie sie sich am ein fachsten ergibt — anstellt, oder ob man davon ausgeht, daß die Außenluft so, wie sie ist, in den Saal eingeführt wird, sich dort erwärmt und sich dann erst durch Aufnahme von Wasser höher sättigt und abkühlt; denn ich muß auf jeden Fall dem cbm Luft den Betrag von 1,93 g Wasser zuführen. Und ob ich dies vor oder nach der im Saale entwickelten Wärme tue, ist praktisch gleichgiltig. Der einzige Unterschied kann dadurch eintreten, daß bei *) Siehe näheres in Rietschel, Heizung und Lüftung, S. 15 ff. Entziehung der gleichen Wärmemenge sich warme Luft etwas stärker abkühlt als kältere, wie aus der Tafel X hervorgeht. Doch ersieht man dort, daß dieser Unterschied sehr gering ist. Verdampfe ich z. B. 10 g Wasser von 100" bei einer Lufttemperatur von 20°, so beträgt die Temperaturerniedrigung 17,2°; nehme ich dasselbe vor bei einer Lufttemperatur von 30°, so fällt die Temperatur um 17,95°, d. h. auf 10" Unterschied in der Lufttemperatur beträgt die Differenz in der Abkühlung etwa 0,8°, d. i. ein Wert, der nur in besonderen Fällen eine Rück sichtnahme erfordert. Jedenfalls erkennt man aus alledem, daß die Methode, mit Hilfe von Lüftung zu kühlen, immer dann zum Ziele führt, wenn die Außen temperatur t„ bereits niedriger ist als die Innen temperatur oder wenn die Außenluft eine so nie drige Sättigung hat, daß wie hier t„ unter /,• sinkt, wenn die Außenluft mit der im Saale ge wünschten absoluten Wassermenge versehen wird. Eine letzte Einschränkung liegt noch in der Höhe des Luftwechsels. In den Spinnsälen darf kein Zug herrschen, wenn der Spinnprozeß nicht in empfindlicher Weise leiden soll. Es darf also die Luftzufuhr nicht so stark werden, daß Zug erscheinungen bemerkbar werden. Rietschel gibt an, daß solche bei 3 bis 5 maligem Luftwechsel noch nicht auftreten, wenn die Anlage sach gemäß angelegt und ausgeführt ist. Der günstige Einfluß der Lüftung ist so augenfällig, daß die Textilfabriken heute mehr und mehr zu einer Verbindung von Befeuchtung und Lüftung übergehen. Deshalb möchte ich zum Schluß noch ganz kurz auf die Kombina tionen eingehen, die zu diesem Zwecke ge schaffen worden sind. Man kann sie nach zwei Hauptgesichtspunkten trennen, wozu dann aller dings an dritte Stelle noch die Einrichtungen treten, die im Grenzgebiet liegen. Wir können in dem einen Falle die Befeuchtungsapparate 29