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Ein illustrirtes Fachjournal für die Wollen-, Baumwollen-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie sowie für den Textil-Maschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Redaktion, Expidititn •>. VtrUf. ~ FmuRrich -Amckhut: N». ittfk Leipzig, b™«™»9, Chefredakteur und Eigenthümer: Theodor Martin. Ecke Johanni»-AUw. vnuncuu' »cau. o Tenulmnrtl», Leip.it. Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. A« 11. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger XX. Jahrgang. Quellenangabe gestattet. Redaktionsschluß: 30. November 1905. Sine gewerbehygienische frage für färbereien [Nachdruck verboten.] In dem ausgezeichneten „Handbuch der praktischen Gewerbehygiene“ von Dr. H. Al brecht beginnt der vom Kgl. Gewerbeinspektor Krumbhorn verfaßte Abschnitt über die Textil industrie mit den Sätzen: „In der gesamten Textilindustrie gibt es heute kaum noch einen Fabrikationszweig, der für die Arbeiter Gewerbe krankheiten spezifischer Natur bedingte. Die mäßigen, bei den meisten Betriebsarten wieder kehrenden Belästigungen der Arbeiter, welche allerdings für körperlich weniger widerstands fähige und insbesondere für solche Individuen, die zu Lungenkrankheiten disponiert sind, von mehr oder weniger gesundheitsschädlichem Ein flüsse sein können, enstehen hauptsächlich durch die durch Staub verunreinigte Luft, durch die | für die Fabrikation vielfach erforderliche hohe Temperatur und durch den erhöhten Wasser dampfgehalt in einzelnen Arbeitsräumen.“ Diese Sätze werden bestätigt durch die Berichte der Gewerberäte, in denen nur ganz vereinzelt auf spezifische Krankheitsgefahren hingewiesen wird; — Unfallgefahren stehen hier außer Betrach tung. — Insbesondere die Betriebe der Textil veredlungsindustrie werden, soweit gesundheit liche Gefahren in Betracht kommen, in den älteren und neueren Berichten kaum einmal erwähnt. Dieses — im wahren Sinne des Wortes — Glänzen durch Abwesenheit ist in den jüngsten Berichten unterbrochen worden, indem die Aufmerksamkeit der Gewerbeaufsicht hingelenkt worden ist auf eine Krankheitser scheinung, die besonders in Walkereien und Färbereien beobachtet worden ist. In dem Handbuche von Albrecht wird er wähnt, daß in verschiedenen Gewerben Haut krankheiten vorkommen; denen allerlei Namen beigelegt sind, so die Teerkrätze, die Paraffin krätze, die Wasserkrätze, die Gewerbeargyrie (Originalbeitrag von Dr. Georg Adam-Düsseldorf.) der Silberarbeiter, die Zuckerkrätze, die Bassin- | krankheit der Seidenarbeiter, die diese befällt beim Arbeiten mit den Händen im W eich wasser gelegent lich des Aufweichens der Kokons u. a. m. Auch die Walker bekommen, wie es in dem Buche | heißt, eine Hautkrankheit, nämlich juckende Knötchen, Pusteln, die zu oberflächlichen Ge- | schwüren an den Händen zusammenfließen, „weil sie das vorher durch Einfetten geschmeidig ge machte Material in alkalischer Flüssigkeit be arbeiten, welche durch Soda und fauligen Harn, dem man Seife zusetzt, hergestellt wird.“ In dessen, so wird zugefügt, „kommt diese Krank heit heute kaum noch vor, da man bessere Entfettungsmethoden erfunden hat.“ Nun weist der Gewerbeaufsichtsbeamte für j den Regierungsbezirk Frankfurt a. O. in seinem Bericht vom Jahre 1903 darauf hin, daß die zuletzt erwähnte Krankheit, während sie früher nur vereinzelt aufgetreten ist, in den letzten Jahren an Ausbreitung zugenommen hat. Zwar kommt sie bei weitem nicht in allen Walkereien vor, dagegen sind in den Betrieben, in denen sie auftritt, oftmals mehrere Personen krank. Ferner hat sich die Krankheit, was früher an scheinend nicht der Fall gewesen ist, in der Neuzeit auch bei Färbereiarbeitern gezeigt. Offenbar durch diesen Bericht veranlaßt, hat der preußische Handelsminister durch die Ge werbeaufsichtsbeamten Erhebungen in den ver schiedenen Textilindustriebezirken anstellen lassen, deren Ergebnis jetzt veröffentlicht ist, und es ist sehr interessant, einen Vergleich der dabei gewonnenen Beobachtungen zu ziehen. In dem erst erwähnten Bericht wird der Versuch gemacht, eine Erklärung für das an scheinend häufigere Auftreten der Krankheit in | neuerer Zeit zu geben. Es wird auf die Technik | des Walkens eingegangen und gesagt, daß sie unö Walkereien. im allgemeinen überall gleich und dieselbe wie früher sei. Die gewebten Tuche werden zur Entfernung des Spinnöles und zur Reinigung zunächst in der Waschmaschine oder, wenn sie gleichzeitig gefilzt werden sollen, in der Loh walke mit Seife und Soda, zuweilen unter Zu satz von etwas Seifenpulver (Gemisch von Soda, Seife und schwefelsaurem oder kohlensaurem Ammoniak) in anderen Fällen unter Fortlassung von Soda nur mit Seife und Seifenpulver eine bis zwei Stunden lang behandelt. Harn wird nicht mehr verwendet, sodaß die Annahme, daß dieses früher gebrauchte Walkmittel die Krank heitsursache sein könne, wegfällt- Sind zum Einfetten der Wolle leicht verseifbare Ver bindungen verwendet worden, so gibt unter Umständen schon Soda allein eine hinreichende Emulsion, in der Regel aber ist außer Soda noch mehr oder weniger Seife erforderlich, um alle nicht verseifbaren Stoffe aus dem Gewebe zu entfernen. Nach dieser Arbeit, dem „Ger bern“ der Walker, werden die Tuche mit Wasser gewaschen und darauf in der Zvlinder- Walkmaschine dem eigentlichen Walkprozeß unterworfen, dessen Hauptzweck ist, die Ware zu filzen und ineinandergehen zu lassen, damit sie „Schluß und Kraft“ im Innern erhält und vor späterem Eingehen geschützt wird. Es ist nun nach dem Bericht fast übereinstimmend von allen erkrankten Walkern angegeben worden, daß sie die Hautausschläge beim Gerbern be kommen hätten, und daß die Gefahr der Er krankung besonders groß sei, wenn die Tuche bluteten, d. h. an die Walkflüssigkeit Farbstoffe abgaben. Andererseits sei nicht bekannt ge worden, daß je Seifensieder oder andere mit Soda oder Seifenlaugen umgehende Personen, z. B. Waschfrauen, Hautekzeme an Händen und Armen bekommen hätten, wohingegen die Er-