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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.11.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101122022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910112202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910112202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-22
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Anzeigen-Preit stzr Inserate au» Pevzig und Umgeduna die Sgeipaltene kt> mm breite Petit,eile 2b 4, di« 74 mm breite «eklamezeile l do» aotwärr« 30 ch, Aellamen l.2v Inserate von Behörden m amtlichen Teil di« 74 mm breit« Petitzeste 40 «eschäir«an^>qe!> mit P atzvorschriften und m der Abendaurgab« >m Preise erhöbt. Rabatt nach Daris. Be.lagegebübr L ^tz p. Tausend ex kl. Postgebühr. Iestrrtrtlte Lnsträge können nicht zurück gezogen werden. Für da» irrjcheinen an bestimmt«» Lage» uno Plätzen wird keine Garantie übernommen Anzeigen» Annahme! Augustu-platz 8, bei sämUichen Filialen u. allen Annoncen- ltxpedltloneii de« In- und Ausland««. Medattion und lveschakt-stellr: Iobanni«gasse bl. Fernsprecher i46SL 14883, I46S4. -aupt-Filiale Lre4drnt Eeestraße 4, t (Telephon 4621». Ur. 322 Dienstag, »en 22. Noncmber isio. Die vetodill im englilchen vderhaus. Am Montag begann im englischen Oberhauje die zweite Lesung der Betobill. In der Debatte kam es zu lebhaften Auseinandersetzungen zwischen Liberalen und Konservativen. Auf Antrag Lord Lansdownes wurde schließlich die Diskussion auf Mittwoch vertagt, die Sitzung hat keine Klärung der Krisis gebracht. Die Resolutionen, die durch den Antrag Lansdownes bis Mittwoch zur Beratung gestellt werden, charak terisierte Earl Beauchamp sehr treffend als einen Ausfluß der „Reue der Lords auf dem Totenbette". — Der Bericht über die Sitzung lautet: London, 22. November. (Tel.) Das Oberhaus war dicht besetzt. Earl of Crewe sagte bei seiner Beantragung der zweiten Bill, die augenblicklichen Beziehungen zwischen beiden Häusern kämen einem dauernden Konflikt gleich, wenn die Liberalen am Ruder seien, und einem be ständigen Zustimmen, wenn sich die Konservativen an der Regierung befänden. Die Regierung sei ge zwungen gewesen, die Betobill einzubringen. Die Reformoorschläge würden keine Abhilfe bringen. Lord Lansdowne erwiderte, wenn die Oppo sition eine Gelegenheit gehabt hätte, Amendements zur Bill einzubringen, so hätte er dem Hause geraten, die zweite Lesung anzunehmen. Die Bestimmung be züglich der finanziellen Vorlagen sei unvollständig. Lord Beauchamp verspottet« die unionistischen Peers; sie hätten zuerst die Diskussion der Betobill gefordert und liefen jetzt vor ihr davon. Das Ver halten Lansdownes sei wie die Reue auf dem Totenbett. Rosebery erklärte , wenn Lansdownes Vor gehen ein Vorwand sei, so sei dies die Schuld der Regierung. Sie scheine die Lords als Schuldige anzusehcn, die ohne Beichte oder Buße gehängt wer den sollten. — Lord Pent land sagte, die Regie rung müsse das Vorgehen Lansdownes als glerch- bedeutend mit der V e r w e r f u n g der Bill ansehen. — Lord Selbourne bestritt diese Auffassung, die Lords seien bereit, die Bill zu diskutieren, nachdem ihr Gegenvorschlag dem Hause und dem Lande vor gelegt worden seien. — Das Oberhaus nahm darauf den Antrag Lansdownesan und vertagt« die Diskussion der Dill auf Mittwoch. Lansdowne kündigte an, daß er am Mittwoch folgende Resolutionen beantragen werde: 1) es sei wünschenswert. Vorkehrungen zu treffen zur Beilegung der Meinungsverschie- oenheiten zwischen dem Unter- und dem Ober hause, das nach den Reformvorschlägen von Rosebery nmzubilden sei. 2) Wenn man sich über die Gesetzesvorlagen, die keine Finanzvorlagen seien, nicht einigen könne, so solle eine gemeinsame Sitzung beider Häuser zur Entscheidung der Frage stattfinden mit Ausnahme des Falles, wenn es sich um Uneinigkeit über eine Frage von großer Wichtigkeit handle, die dem Urteil der Bevölkerung nicht unterbreitet worden sei. In einem solchen Falle solle die Angelegenheit durch ein Referendum der Wählerschaft zur Entscheidung unterbreitet werden und nicht einer gemeinschaftlichen Sitzung beider Häuser. Die Peers sind damit einverstanden, bei Gewährung gewisser Sicherheiten auf ihr verfassungsmäßiges Recht der Zurückweisung der Finanzoorlage zu verzichten. Lord Lansdowne fuhr fort: Die Bestim mungen über die gewöhnliche Gesetzgebung entsprä chen bei weitem nicht den Rechten einer sich selbst achtenden Zweiten Kammer. Eine Bill auch von der größten Wichtigkeit könne nach den vorgeschlage nen Bestimmungen durch den alleinigen Willen des Unterhauses in zwei oder drei Jahren zum Gesetz werden. Ein solcher Plan sei voll von Gefahren und es sei lächerlich, zu behaupten, daß die Lords gegen die Gesetzvorlagen der Regierung Obstruk tion übten. Es bliebe nichts anderes übrig, als die wenigen noch übrigen Tage der Session zu be nutzen und zu versuchen, die Vorschläge in möglichst einfacher und klarer Form schriftlich niederzulegen, die man dem Lande zur Regelung der Frage der Be ziehungen beider Häuser vorzulegen geneigt wäre. Hierauf erregte die von Lansdowne beantragte Ver tagung eine lebhafte Bewegung und führte zu einer scharfen Debatte zwischen Regierung und Opposition, in der die Regierung Lansdownes Vor gehen als ein in der Geschichte des Hauses bei spielloses bezeichnet. London, 22. November. (Tel.) Man glaubt in politischen Kreisen nicht, daß die Vorschläge Lansdownes im Oberhaus die Lage geändert oder die Auflösung des Parlaments ab gewendet halnn. Die Ministeriellen erklären, die Vorschläge seien ganz unbefriedigend und zeigten nur, wie groß die Meinungsverschie denheit zwischen den beiden Parteien ist. Sie sehen in den von Lansdowne angekündigten Resolu tionen eher ein bloßes Manife st der Peers als einen Schritt zur Herbeiführung eines Kompro misses und geben der Meinung Ausdruck, daß die einzige Wirkung der Vorschläge die sein werde, den Peers die Erklärung über die Detobill zu er sparen. Dis Unionisten dagegen meinen, daß die auf feiten der Peers bekundete Vernunft und Mäßigung im Lande gute Wirkung tun werd«. Ein portugiesischer Römling über Thron und Rllar. Drei gequälte Spalten lang „beweist" die „Ger mania" (Nr. 267 den 20. Nov.) anläßlich der Beuro ner Kaiserred«, daß der Ultramontanismus di« beste Stutze der Throne ser. Gerade aus der Revolution in Portugal soll das mit Evidenz hervorgehen. Wie anders man in Portugal selbst über die „Zusammen gehörigkeit von Thron und Altar" in katholischen Parteikreisen denkt, übermittelt jetzt das Organ der Windthorstbunde, „Das Zentrum", seinen Lesern unter der Ueberschrift „Ein portugiesischer Katholik über die Republik." Danach hat sich der Parteiführer der katholischen Nationalistenpartei Dr. Torres folgendermaßen ausgesprochen: „Es ist ein Irrtum von der nationalistischen Partei als von einer Säule der Monarchie zu sprechen. Kirche und Krone haben nichts gemein. Die Nationalisten haben nie eine Ver- tassungsform als Norm ausgestellt. Die Kirche kann mit jeder Staatsform leben, solange man ihr ihre Rechte läßt. Die Partei hat „demokratische Grundsätze: Arbeiterschutz, Arbeiter wohnungen, Lösung der sozialen Frage, Befürwor tung des Grundsatzes, daß das Parlament aus eigenem Machtvollkommenheit zusammentrcten kann, um dadurch den offenen und versteckten Diktaturen der letzten Jahre entgegenzutreten. „Gott und Vaterland" ist der Wahlspruch der Partei, nicht aber „Gott und Krone"." Dr. Torres, der übrigens die Ausweisung der Jesuiten billigt, will seine Partei nach dem M uster des deutschen Zentrums organisieren. Er scheint danach ebenso wie der famose Baron Mathies zu wissen, wie es gemeint ist, wenn sich das päpst liche Zentrum immer wieder als prononciert mo narchische Partei ausspielt. Pott tische Nachrichten. Der Dresdner Rat gegen die Schifsahrtsabgaben. Dresden, 22. November. (Tel.) Der Rat zu Dresden beschloß in seiner letzten Sitzung eine Pe tition an den Reichstag um Ablehnung des Gesetzes betreffend den Ausbau der deutschen Wasser straßen und die Erhebung von Schiffahrts abgaben. Der Landeskulturrat hält am 28. und 29. November in den Sitzungs räumen der 2. Ständekammer im Ständehause zu Dresden seine ,">0. Gesamtsitzung ab. Auf der Tagesordnung der Montagssitzung, die um 12 Uhr mittags beginnt, steht neben der Ersatzwahl zum Landeskulturrat im 12. Wahlbezirk und der Erledi gung von Rechnungen unter anderem der Entwurf eines Fischercigesctzes für das Königreich Sachsen, worüber Generalleutnant z. D. o. Stieglitz- Burkersdorf und Geh. Hofrat Opitz-Treuen den Bericht erstatten. Auf der Tagesordnung der Dicns- tagssitzung, die vormittags 10 Uhr beginnt, stehen u. a. folgende Punkte: Berücksichtigung der Ab schreibungen auf Gebäude- und Betriebskapital bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens aus dem Betriebe der Landwirtschaft (Berichterstatter Rittergutsbesitzer Dr. B e ck e r - Kötteritzsch). Ent wurf einer Reichsversicherungsordnung (Berichterstat ter Gutsbesitzer Kühne-St. Michaelis). Erlaß eines Reichsmilchgesetzes (Berichterstatter Geh. Hofrat Opitz-Treuen). Einrichtung eines Kursus für Güterbeamtc und praktische Landwirte an der Land wirtschaftlichen Kreisschule zu Wurzen (Berichterstat ter Geh. Oekonomierat A n d r ä - Braunsdorf). Ein richtung von Unterrichtskursen für Stallschweizer (Be richterstatter Oekonomierat Sachse- Merschwitz). Veranstalrung ei^es Vortrag-knrsus für praktische Landwirte in Dresden (Berichterstatter Ritterguts besitzer Dr. Becke r-Kötteritzsch). Voranschlag des Lan deskulturrates für 1911 (Berichterstatter Geh. Oeko- nomierat Anorä - Braunsdorf). Die Reichstagsinterpellationen. Da von der Regierung die Einbringung von Interpellationen im Reichstage über die Fleisch, not, den Verkauf des Tempelhofer Feldes und die bekannte Königsberger Kaiserrede erwartet wird, so sind die für diese Materien in Be tracht kommenden Ressorts schon vor längerer Zeit angewiesen worden, Material für diese Inter pellationen zu sammeln. Falls die Fraktionen, die fast alle am 22. d. M. Sitzungen abhalten, die Ein-, bringung von Interpellationen beschließen sollten, wäre die Regierung in der Lage, die Interpellationen sofort zu beantworten. Neben der Beantwortung dieser Interpellationen legt die Negierung Wert dar auf, die erste Lesung des Schiffahrtsabgaben- l04. Jahrgang. ge setzes noch vor der ersten Etatslesung zu absolvieren. Rückkehr des Kaisers aus Kiel. Wildpark, 22. November. (Tel.) Der Kaiser ist heute früh 7,40 Uhr von Kiel kommend hier eingetroffen und hat sich in das Neue Palais begeben. Austritt Häckels aus der evangelischen Kirche. Jena, 22. November. (Tel.) Professor Häckel hat seinen Austritt aus der evangelischen Kirche erklärt. Professor Häckel hat auf die Frage eines Berliner Blattes über die Beweggründe seines Austrittes aus der Kirche folgende Erklärung abgegeben: Die Beweggründe meines Austritts aus der Kirche sind: Die Ueberzeugung, daß die Tren nung von Kirche und Staat, ebenso wie die Trennung von Kirche und Schule zu einem immer dringenderen Kulturgebot werden; ferner die zunehmende politische Reak tion durch den überwiegenden Einfluß des schwarz blauen Blocks, die zwangsweise Erziehung zur religiösen Heuchelei; endlich die per sönliche Empörung über die fortgesetzten jesuitischen Anklagen der klerikalen und kon servativen Presse gegen die angebliche Fälschung von Embryonenbildern. (Das letztere bezieht sich auf eine Veröffentlichung Häckels. Die Red.) Der Herzog von Orleans und das Attentat auf Briand. Paris, 22. November. (Tel.) Heber den vor gestern gegen Briand verübten Angriff veröffentlicht de Learögle, der Leiter des politischen Bureaus des Herzogs von Orleans, im „Eaulois" folgende Mitteilung: Das politische BureaudesHer- zogs von Orläans ist telegraphisch zu der Er klärung ermächtigt worden, daß der Herzog dem Angriffe gegen Herrn Briand völlig fern stehe und keinerlei Solidarität mit dem Urheber dieses Angriffes besitzt. Die Vereinigung der Camelots du Roi ist unabhängig; sie veranstaltet Kund gebungen, die ihr gutdünken, Kundgebungen, die wir häufig billigen konnten, für die jedoch in keinem Falle die Politik des Herzogs von Orlöns ver antwortlich gemacht werden kann. Die Lage in Monako. Paris, 22. November. (Tel.) Ueber die Vor gänge in Monako schreibt das „Journal de Paris": Wenn ein Teil der Bevölkerung von Monako dem Fürsten Albert für die Verleihung einer Verfassung dankbar sei, so setzt doch der größte Teil der aus verschiedenen Stämmen bestehenden Bewohnerschaft seine franzosenfeindlichen Treibereien fort und verlangt die Entfer nung aller von dem Fürsten Albert zur Verwaltung des Landes berufenen Franzosen. Die Menge veranftaltete kürzlich eine Kundgebung gegen den Eeneralgouverneur Hautefeuille unter dem Rufe: Nieder mit Frankreich! Tod den Franzosen! Der englische Bergarbeiterstreik. Tonypandy, 22. November. (Tel.) Die streiken den Bergarbeiter hielten die ankommenden Zügean und durchsuchten sie, um die Zuführung auswärt - ger Minenarbeiter zu verhindern. Die Unruhen haben sich gestern abend wiederholt, da die Streikenden sich des Bahnhofs zu bemächtigen suchten. Da die Schutzleute nicht ausreichten, ließ llnrer neuer siiiusn im Ademldbtt. In der Mittwoch-Abendnummer beginnen wir mit dem Lrstabdruck des neuesten Romans Spätsommer -er Liebe" von v. Coronq. Die Verfasserin hat sich durch eine Reihe fesselnder und gehaltvoller Romane, die in vielen großen deut schen Zeitungen erschienen, einen Namen gemacht. Im Mittelpunkt des vorliegenden Romans steht ein sehr leichtsinniger junger Adliger, der in den Banden einer älteren Kokette, einer Bankierswitwe, verstrickt ist. Diese will ihn nicht freigeben, als er sich mit einer sehr schönen und sympathischen jungen Amerikanerin verlobt hat. Zn diese wiederum ist der Stiefsohn der Bankierswitwe verliebt. Es entstehen daraus spannende Konflikte, der unauf geklärte Mord an einer notorischen Wucherin wird da hinein gewoben. Der Roman ist durchgehend sehr spannend und fesselnd geschrieben, die Charaktere scharf gezeichnet und der Ausgang, auf den man so zusagen brennt, überraschend. Srlebnllle einer Stecknsüel. 5s Don Maxim. Rudolph Schenck (Leipzig). So zart war ich noch nie behandelt worden. In ein Etui, wie damals der Smaragdpfeil meiner schönen Frau hatte, wurde ich gelegt, und wohlver wahrt schlief ich den ersten Abend dicht bei dem neuen Herrn im Nachttischchen. Am nächsten Morgen aber trug er mich zum großen Goldschmied und ließ an meine Spitze ein kleine« goldnes Käppchen machen zum Ueberschrauben, „denn" — sagt« er dem Manne — „die Nadel ist mir sehr, sehr viel wert, die möchte ich nie wieder verlieren." Ich wunderte mich. Ich war damals mit dem Zehner ja schon über den Span bezahlt worden, und jetzt sollte ich mit einem Mal« so kostbar sein. Da rin Etui, wie damals der Smaragdpfeil meiner »atte, wurde ich gelegt, und wc'/ den ersten Abend dicht bei dem mich zum großen Goldschmied und ließ an ipitze ein kleine« goldnes Käppchen machen wollte mir nicht in den Kopf. Und auch der Gold schmied lächelte. Aber diese Art Leute sind der gleichen sonderliche Einfälle schon gewöhnt, und ehr erbietig versprach er die beste Erledigung des Auf trages, um so mehr, als er auch noch eine recht teure Diamantnadel ganz in meiner Größe verkaufte, die mein junger Herr am nächsten Abend als Ersatz für mich auf das Kiffen durch die Zettel steckte — „aus Dankbarkeit", sagte er. Meine liebe, praktische Frau, die Schätzerin aller Naoeln, war sehr angenehm über rascht. Sie überwand das Peinliche der Situation und nahm den Ersatz in ihre Obhut. Ihr lieber Mann erhielt für seine Zwecke eine schön vorgerichtete Hutnadel, die war auch länger. Beide sagten sich im stillen, daß mein junger Herr wohl ein wenig närrisch sein mochte, aber sie ehrten sein Geheimnis, da sie merkten, wie ernst es ihm war. Denn von Stund an, daß er mich vom Goldschmied wieder hatte, trug er mich täglich in seinen schönen Krawatten. Ich bildete mir ein, daß ich recht gut auslah, und dachte gar nicht daran, daß die Leute sich üoer mich lustig machen könnten. Schmeichelei und Lob trüben die Selbsterkenntnis und erwecken die Eigenliebe. So war ich sehr glücklich! Endlich ward auch mein innigster Wunsch erfüllt: Fort ging es, heim! „Solch Heller Mondschein war auch damals, als mein junges Paar abreiste und mich zurückließ!" So dachte ich bei mir, und merkwürdig, mein junger Herr sprach leile von etwas ähnlichem: „Genau so wie damals!" Und unterwegs öffnete er seine Brief tasche, darinnen lag eine Postkarte mit einem Bildchen von Riva, daraus standen in zwei Handschriften herz liche Worte: „Wir waren heute morgen noch unter ihren Fenstern und haben Abschied genommen!" Wie oft schon hatte er die lieben Zeilen gelesen, die letzte Erinnerung an die herrlichen Tage in Alassio. Sechs lange Jahre vorüber! Am Spätnachmittag erreichten wir endlich Desenzano. Aus dem Wasser war ich noch nie geschwommen. Das mußte «in rechtes Vergnügen werden nach der langen Fahrt im heißen Wagen. k) welch köstliches Gleiten über den blauen See mit den himmelhohen Bergen! Wunder bergen all« Seen, und märchenumsponnen stehen alle die ragenden Gipfel seit Menschen ¬ gedenken! — Auch hier wob geheimnisvolles Walten seine Zauberfäden, das fühlte ich wohl, denn dort — das war meine liebe junge Frau, die so unglück lich wegen mir geworden war! Inmitten all der Menschen auf dem Schiffe stand sie. Daneben, das war ihr Schwesterlein, das sah man, denn beide waren ganz gleich gekleidet. Und mein junger Herr kannte die beiden, und es war ein Händeschütteln und eine Freude des Wiedersehens ohnegleichen. Was hatte man sich alles zu erzählen! Tausender lei! Versunken ringsum waren Berge und See, man sah, man hörte nur noch sich, und durch all das Scher zen und Geplauder klang immer und immer so innig herüber, hinüber der eine Ton: Weiß du noch? Alles wußte man noch denn mein junger Herr war jener, den Fred damals nicht kannte, den er aber haßte. Längst hatten wir das Schiff verlassen, längst rollten wir wieder dahin auf dem eisenumspannenden Wege der Hast und des Jagens, da war man noch immer dabei, Vergangenes zu beleben. Der Lampe an der Wagendccke wehrte man heute nicht ihre Helle. Groß ließ man sie brennen, denn man wollte sich sehen, recht lange sehen. So hatten die Augen meiner kleinen Frau damals doch nicht dreingeschaut — so glücklich und verklärt. Ach, wenn sie mich nur nicht gewahr würde — das war meine einzige Sorge. Denn sie würde mich gewiß wiedererkennen, und das mußte ihr Schmerz machen. Darum war es mir lieb, daß ich mich unter dem kleinen Kinnbarte meines jungen Herrn ein wenig verbergen konnte. Aber man war zu geschäftig im Erinnern; die kleinsten Endchen suchte man, daran sich ein Bändchen knüpfen ließ. Und wie wußte man noch alles, alles! Die Jacken, die Blusen mit den Hohlnähten, die Mützen mit den breiten Schildern? Zum Beschreiben genau kannte sie mein junger Herr. Ich machte vor Freuden einen Satz und ragte weit aus meiner Kra watte heraus, denn alle diese Dinge hatte ich ja machen sehen bei meiner kleinen Direktrice. ,Za. und wissen Sie noch: di« Nadel mit der Eule — tragen Sie sie noch immer?" Da war «, was ich gefürchtet hatte! „Welch häßliche Nadel!" rief sie. „Eine Steck nadel mit — einem Klaskopf! Huh!" Aber mein junger Herr fuhr erschreckt nach mir, denn er glaubte wohl, er habe mich locker eingesteckt und er könne mich verlieren. Und dann begann er mich zu verteidigen und zu erzählen, die lange Ge schichte von seiner Jugend und seinem Leben. Immer aufmerksamer hörten die Schwestern zu, und immer konfuser wurde es mir in meinem gläser nen Kopfe, wenn er auf mein Zipfelchen zeigte, was gerade dieses aus einem armen Knaben gemacht hatte. Aus „meinem" armen Knaben! Mein Gott, wie war es möglich? — nimmer hätte ich ihn ja wieder erkannt! Nicht immer mit den Meisterwerken wohnt das Glück! Und immer leiser, stiller wurde das Weh, das ich geweckt in dem Herzen meiner kleinen Frau. Der Schmerz entfloh, wie die Wolken zum Acther empor schweben, aufgesogen vom Hellen Sonnenschein, und ruhig und ohne Bitterkeit kam nun auch von ihren Lippen alles das, was gesagt sein mußte zu dem Ge ständnisse, das in den Blicken der zwei Menschen n it der ganzen Macht verborgener Liebe offenbar wurde. Und als sie dann von mir zu sprechen begann, da merkte ich schon — auch sie hatte mich bereits ein wenig lieb! Auf Wiedersehen! Leben Sie wohl! Ich komme bald — bald. Noch einmal trennten sich die Wege, aber es war ein Scheiden nur für Tage, denn schon drei Monate darauf wurde meine kleine Frau ^m zweiten Male meine Herrin als Herrscherin im Schlosse Dallwitz und seinem Bereiche, darinnen sich die mächtigen Ge bäude ausdehnten für keramische Industrie — Schöpfungen meines armen Knaben in seiner Heimat. Zur Verlobung und zur Hochzeit hat man mich nicht mitgenommen, und eine Hochzeitsreise haben d,c Zwei nicht gemacht. Aber ich ruhe wieder auf einem blauen seidenen Kiffen. Das liegt in einem schönen, geschnitzten Glas- schranke inmitten vieler seltener Dinge. Und mein armer Knabe, der wegen mir einst Schlage bekommen, und meine kleine Frau, die einst so viel wegen mir weinen mußte, kommen gar oft zu mir, schauen mich an und nicken mir freundlich zu: Danke!" Denn durch mich allein wären sie beide doch noch so un endlich glücklich geworden — sagen sie. * — End«. —
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