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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.09.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100916024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910091602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910091602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-09
- Tag 1910-09-16
-
Monat
1910-09
-
Jahr
1910
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Amtsblatt des Rates und des Rolizeiarntes der Ltadt Leipzig. 2lnze>gen-'Preis für Jifferate au« Leipzig und Umgebung di» ffgeipastene so mm breit» Petitzeile 2b di« 74 mm breite ffteklamejetl« i von au«wärt4 60 «»Namen U20 Inserate von Behörden >m amtlichen Teil die 74 mw breit« Petttzeil» 40 chefchtittanzeigen Mit P abvortchriftrn an» in der Avendauraab« im Pre»e erhöht, piadati nach Taut- Beilagegedübr ü p. Lautend exkl. Postgebühr. Festerteilte Aufträge Wunen nicht zurück gezogen werden. Für da« itrfchetnen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Baranti« übernommen Anzeigen-Annahme! AugustuSvlutz H bei ILmtlichen Filialen u. allen Annoncen- itrpedilionen de« Ju- und AuSlande«. Hau«»-Filiale verlta: Tarl Duncke». tzer,ogl. Bahr. Hösbach» Handlung, Lützowstiatze 10. (Telephon Vt, -Nr. 4606). Hauvt-Ftltal« Lrrtztem Seeftratze 4, t (Telephon «Eg» Nr. 2SS. 104. Ishrgsny /rettsy, üen lS. September 1910. Ksnkkurt s. D.—Lebus. Frankfurt a. O.. 18. September. (Tel.) Nach vorläufiger amtlicher Feststellung haben bei brr Reichs- tagsersatzwahl im Wahlkreise Frankfurt a. O.—Lebus Schuhmachermeister Faber- Frankfurt a. O. (Soz.) 11318, Geheimer Archiorat Winter-Magdeburg (Natl.) 7757 und Arbeitersekretär Dunkel-Berlin (Kons.) 8585 Stimmen erhalten. 128 Stimmen find zersplittert. Die gestrige Wahl im Wahlkreise Frank furt a. O.—Lebus, wo es galt, dem verstorbenen nationalliberalen Abgeordneten Dr. Detto einen Nachfolger zu geben, hat, wie schon im Morgenblatt kurz mitgeteilt, eine endgültige Entscheidung nicht Gebracht. Zn den Abendstunden des gestrigen Tages war die Meldung verbreitet, der sozialdemokratische Kandidat Faber habe im ersten Wahlgange die Mehr zahl der Stimmen auf sich vereinigt. Eine spätere Korrektur der Nachricht stellte jedoch fest, dass die absolute Majorität nicht ganz erreicht war, dass viel mehr der gemeinschaftliche liberale Kandidat Dr. Winter ein zweites Mal mit dem Genossen um den Wahlkreis wird ringen müssen. Nach den neuesten Feststellungen erhielt Dr. Winter 7745 Stimmen, der Arbeitersekretär Dunkel, der Kandidat des Bundes der Landwirte und der Konservativen, 6589 Stimmen und der Schuhwarenfabrikant Faber (Soz.) 14 318 Stimmen. 128 Stimmen waren zersplittert. Das Charakteristikum der gestriaen Erlaüwabl ist das gleiche, wie bei den vorangeaarmenen Ersatz wahlen zum Reichstag: ein starkes Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen auf Kosten der libe ralen und konservativen. Die Sozialdemokraten hatten 1907 12 387 Stimmen auf ihren Kandidaten vereinigt, die Nationalliberalen 10 070 nnd die ^rci- konscrvatioen 7222 Stimmen. Es ist nicht zu leugnen, das; der nationalliberale Kandidat in dem allerdings überwiegend ländlichen Wahlkreis einen starken Ausfall an Stimmen erlitten hat. anderseits ist jedoch auch der konservative Bewerber nicht un erheblich hinter den Ziffern von 1907 zurückgeblieben. Man darf sich nicht verhehlen, das; es außer ordentlich schwierig sein wird, in der Stichwahl den Kandidaten der vereinigten Liberalen durchzu bringen. Bei dem sehr scharfen Wahlkampf, der zu einer gegenseitigen Verärgerung der bürgerlichen Parteien geführt haben muß, darf nicht mit Be stimmtheit darauf gerechnet werden, daß die konser vativen Stimmen ohne weiteres dem Kandidaten der Liberalen in der Stichwahl zufallen werden. Man muß sich infolgedessen immerhin die Wahrscheinlich keit vergegenwärtigen, daß Herr Faber als 52. sozialdemokratischer Abgeordneter in den Reichs tag emziehen wird. Besonders eklatant ist jedoch trotz der geringeren ziffernmäßigen Abnahme der Stimmen die Erfolg losigkeit der Konservativen. Man hatte, um eine größere Anzahl Stimmen auf den gemeinsamen Kan didaten der rechtsstehenden Parteien zu vereinigen, zu dem Ausweg einer Arbeiterkandidatur gegriffen, die allerdings glänzend versagt hat. Die Zeiten, in denen die Landbevölkerung vertrauensvoll ihre Interessen irgendeinem von dem Bunde der Land wirte lancierten Großgrundbesitzer anzuvertrauen geneigt war, scheinen endgültig vorüber. Das be weist schon die Auswahl des Kandidaten in diesem überwiegend ländlichen Wahlkreise. Und der Stimmenrückgang der Konservativen beweist ferner, daß selbst bei großen Konzessionen in der Person des Kandidaten der Einfluß der Partei und insbesondere des Bundes der Land wirte unaufhaltsam im Rückgang begriffen ist. Inwieweit zu den neuesten Ergebnissen die neuerlichen i n n e r p o l i t i s ch e n Ver hältnisse mit beigetragen haben, wird sich im einzelnen schwer nachweisen lassen. Immerhin darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß das er neute Eingreifen des Kaisers in die Taaespolitik, das unglückliche Verhalten des Reichskanzlers bei dieser Gelegenheit und die allgemeine Unzufrieden heit der Bevölkerung, neuerdings auch wegen der Haltung der verschiedenen Regierungen in der Frage der Fleischversorgung, mit dazu beigetraaen haben, ein Ergebnis zu zeitigen, das am Schluß mit den Verlust eines weiteren bürgerlich vertretenen Wahl kreises endigen könnte. x Endigen könnte! sagen wir, denn noch ist die Mög lichkeit vorhanden, den sozialdemokratischen Kandi daten in der Stichwahl zu schlagen, wenn erstens die Konservativen ihre Pflicht erfüllen und Mann für Mann dem bürgerlichen Kandidaten ihre Stimme leihen, und wenn ferner diejenigen bürgerlichen Wähler, die diesmal wieder bedauerlicherweise von der Wahlurne ferngeblieben sind, sich auf ihre Pflicht besinnen und von ihrem vornehmsten staatsbürger lichen Rechte, dem Wahlrechte, Gebrauch machen. p Milche Nachrichten. Fürst Eulenburg in einem österreichischen Sana» torium? Wien, 16. September. (Tel.) Wie hier ver lautet, befindet sich Fürst Philipp Eulenburg in einem in Oesterreich gelegenen Sanatorium. Der Fürst konnte den Aufenthalt auf seinem Schlosse nicht mehr ertragen. Er war gewöhnt, dort stets Gäste bei sich zu sehen. Seit der Affäre haben sich jedoch die Hofkreise und der Adel von ihm zurückgezogen. Der Fürst fühle sich übrigens sehr wohl. Die Spionageaffäre Helm. London, 16. September. (Tel.) Gestern begann vor dem Polizeigerrchtshof zu Fareham die Ver handlung gegen Leutnant Helm. Der Gerichtssaal war von Neugierigen überfüllt, unter denen sich viele Offiziere befanden. Auf die formelle Anklage antwortete Helm: „Ich bin kein Spion." Der Vorsitzende des Gerichtshofes, Bodkin, eröffnete die Verhandlung und sagte: Das Verbrechen, dessen der Leutnant Helm angeklagt ist, kann auf zweierlei Art begangen werden. Entweder eine Person erhält Informationen ohne gesetzliche Erlaubnis zur eigenen Kenntnisnahme, dann ist es ein einfaches Polizeioergehen: oder sie erhält In formationen, um sie einer anderen Macht mitzuteilen, dann ist es ein Staatsverbrechen. Die Anklage stütze sich auf die letztere Auslegung. Der Ankläger wolle nicht den geringsten Nachweis führen, daß der Angeklagte im Auftrage der fremden Macht ge handelt habe, deren Offizierskorps er angehöre. Wohl aber sei anzunehmen, daß er svioniert habe, um sein eigenes Avancement zu fördern. Das ist um so wahrscheinlicher, als er Pionierleutnant ist und Portsmouth die wichtigste englische Verteidigungs festung sei. Dann rekapitulierte die Anklage die be kannte Episode mit der englischen Miß, die Leutnant Helm verraten hat. Die Angelegenheit des Leut nants Helm wurde schließlich bis zum nächsten Dienstag zurückgestellt. Kein Empfang König Peters in Wien. Wien, 16. September. (Tel.) Das „Neue Wiener Journal" will aus informierten Kreisen erfahren haben, daß der österreichische Hof den König Peter von Serbien nicht empfangen wird. Es wird mut maßt, daß auch der Berliner Hof sich zum Empfang dieses Herrschers nicht wird entschließen können. Ministerbegegnung. Rom, 16. September. (Tel.) Wie die „Tribuna" meldet, soll die Zusammenkunft der Minister Aehrenthal und San Giuliano endgültig Ende September in Turin stattfinden. Dementi. Belgrad, 16. September. (Tel.) Die Meldungen von einer angeblich bevorstehenden Auslandsreise serbischer Politiker und Ernennung serbischer Ge sandten werden als unwahr erklärt. Südafrikanische Wahlen. Johannesburg, 16. September. (Tel.) Bei den Wahlen zum südafrikanischen Parlament sind im ganzen Lande nach den bisherigen Fest stellungen 34 Nationalisten, 33 Unionisten^ 2 Mit glieder der Arbeiterpartei und k Unabhängige, ein- schließlich der ohne Opposition gewählten Kandi daten, gewählt worden. Zn Krügersdorp unterlag der unionistische Minenbesitzer Abraham Bailey gegenüber dem Nationalisten Langermann. London, 16. September. (Tel.) Eine Depesche aus Johannesburg meldet, daß der Premierminister General Botha bei der gestrigen Wahl von dem »mo nistischen Kandidaten Patrick geschlagen wurde. Letzterer erhielt 2231 Stimmen, Botha nur 1136. Die Nachricht hat in London große Bewegung hervor gerufen. Die Unionisten in den Großstädten, nament lich in Pretoria und Kapstadt, verbergen ihre große Freude über den Wahlausgang nicht, In Kapstadt wurde der Sieg Jamesons mit frenetischem Jubel begrüßt. Pretoria, 16. September. (Tel.) In einer nach Verkündigung des Wahlergebnisses gehaltenen Rede erklärte der im Wahlkampf unter legene Premierminister Botha, er werde sein möglichstes tun, um dem Rassen st reit ein Ende zu machens Sein siegreicher Gegenkandidat Fitzpatrick gab der Hoff nung Ausdruck, daß aus dem mit ehrlichen Mitteln geführten Wahlkampf eine Zeit des Friedens und der Wohlfahrt für Südafrika hervorgehen möge, in der sein ausgezeichneter Gegner die Hauptrolle zu spielen berufen sei. «US Leimig unü Umgegend. Leipzig, 16. September. Wetterbericht der Königl. Sächs. Landes-Wetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 17. September 1910. Nördliche Winde, meist heiter, warm, trocken. Pöhl berg: Starker anhaltender Tau, glän zender «onnenunter- und -aufgang, Himmelsfärbung gelb. Fichtelberg: Starker, rasch verschwindender Reif, glänzender Sonnenunter und -aufgang, Abend- und Morgenrot. * Auszeichnungen. Der König hat dem seit 16. September 1860 ununterbrochen in der C. F. Winterschen Verlagshandlung in Leipzig, Roßstr. 6, beschäftigten Markthelfer und Lageristen Friedrich Heinrich Herbert in Leipzig in Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste das Ehrenkreuz verliehen. — Weiter hat das Königliche Ministerium des Innern der seit dem Jahre 1871 in der Schwimm anstalt-Aktiengesellschaft in Leipzig beschäftigten Schwimmlehrerin Johanna Wilhelmine Lade deck in Leipzig und dem seit 16. September 1880 ununter brochen in dem Kaffeegroßgeschäfte von Hentschel <L Pinckert in Leipzig, Errmmaische Straße 26, beschäf tigten Markthelfer Karl Friedrich List in Leipzig- Reudnitz das tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen. Die Auszeichnungen wurden den Jubilars» heute in Gegenwart ihrer Arbeitgeber durch Bürgermeister Roth an Ratsstelle ausge händigt. * Jubiläum. Der Packer Friedrich Johannes Harnisch in Bösdorf begeht morgen das Jubi läum 25;ähriger ununterbrochener Tätigkeit in der Maschinenfabrik von Gebrüder Brehmer in Leipzig- Plagwitz, Karl-Heine Straße 111. * Die Arbeit eingestellt haben in dem Biergeschäft von Canitz L Eckardt 18 Arbeiter wegen Ein führung einer neuen Arbeitsordnung. * Bereitelt« Flucht eines schweren Verbrechers. Mit einem Gefangentransport war der Strafge fangene Schultiß gestern abend von Waldheim auf dem hiesigen Dresdner Bahnhofe angekommen. Schultiß hat wegen verschiedener Einbruchsdiebsrähle in Waldheim eine länger« Zuchthausstrafe abgesessen und sollt« nach Berlin weitertransportiert werden, wo er in Moabit noch fünf Jahre abzumachen hat. Vom Bahnhofe wurde der Verbrecher, der über Nacht hier im Untersuchungsgefängnis untergebracht werden sollte, von einem Errichtsdiener abgeholt. Es besteht nämlich hier der Brauch, daß die Gefangenen von den Transporteuren zu Fuß abgeholt werden, obwohl ein Eefangentransportwagen zur Verfügung steht. Als der Eerichtsdiener mit seinem Schutzbefohlenen vor dem Eingänge des Landgerichtsgebäudes an der Elisensträße angekommen war, ergriff Schultiß ganz plötzlich die Flucht und rannte die Straße hinunter. Er sollte aber nicht weit kommen, an der Ecke der Arndtstraße begegnete ihm ein junger Schreiber, der sich, durch den Zuruf des Transporteurs aufmerksam gemacht, dem Flüchtling cntgegenwarf, ihm ein Bein stellte und ihn so zu Falle brachte. Der Schreiber hielt den Verbrecher dann, obwohl dieser ihn in die Hand biß, fest, bis der Transporteur herankam und seinen Arrestanten wieder in Empfang nahm. Schultiß wurde dann in sicheren Gewahrsam gebracht. °> Sie Frau im Spiegel. Von E. W. A p p l e t o n. (Autorisierte Uebersetzung.) Er näherte sich dem offenen Fenster und :rat aus den Balkon hinaus, wo ihm ein lauter Ausruf entfuhr. „Sehen Sie mal da her!" rief er aus. In einem Augenblick war ich an seiner Seite. Ich folgte seinem ausgestrecklen Finger und erbtlckie das Ende einer Leiter, die kaum eine Spanne über die Brustlehne hervorragte. „Hier ist auf alle Fälle der Anfang einer Er klärung", bemerkte er: „war denn Lawk'ns mit Blindheit geschlagen, daß er das nicht gelegen hat, als er die Droschke holte? Verstehen Sie jetzt, Herr Lart, daß heute nacht Einbrecher im Haust gewesen sind?" „Freilich muß das der Fall gewesen sein", ent gegnete ich, „aber wie ist es ihnen denn möglich ge wesen, diesen Eeldschrank zu öffnen, ohne das Schloß zu beschädigen und ohne die elektrischen Klingeln in Bewegung zu setzen? Sie haben vorhin einen Lärm gemacht, der hinreichend wäre, einen Toten zu er wecken. Wie können Sie sich das erklären?" Er schüttelte den Kopf und betrat wieder das Zimmer. „Ich kann es gar nicht erklären. Es handelt sich um einen der raffiniertesten Einbrüche, von denen »ch je gehört habe. Es ist vollständig unglaublich. Die Erklärung müssen wir den Sachverständigen über lassen. Ich bin nur herzlich froh, daß ich einen der Schiussel Ihnen übergeben habe. Das war eine sehr weise Vorsichtsmaßregel von mir, denn jo können Sie Inir bezeugen, das; die Papiere gestern nacyt in den Eeldschrank eingeschlossen wurden und da» sie heute morgen, als ich ihn aufschloß, nicht mehr darin waren." „Diese Tatsache kann ich mit gutem Gewissen be schwören, Herr Eoliby", pflichtete ich ihm bei „Gewiß, und darüber bin ich sehr froh. Der Mann, der Sie gestern verfolgt hat, ist sicherlich in die Geschichte verwickelt. Auf irgendeine Werse muß er in Erfahrung gebracht haben, daß die Papiere, die Sie nach Hause schafften, börsenfähig sind. Und ent. weder er oder ein Komplice von ihm macht sich in der nächsten Viertelstunde auf den Weg nach Poris. Es ist bereits schon so spät, daß wir weiter nichts tun können, als meinem Agenten die Nummern der ge- stoyteueii Papiere zu drahten. Welch ein Glück, daß Sie die Nummern notiert haben, Herr Lart!" „Allerdings", erwiderte ich, „aber Mr den Fall, daß alles umsonst wäre, was doch nicht gerade wahr scheinlich ist, würden Sie den Verlust allein t.agen mutzen, wenn ich fragen darf? Haben Sie mir nicht von einer Versicherung gesprochen?" „Jawohl, aber nur für 10 000 Pfund. Der übrige Vertust trifft ncnürlich mich, und sogar wa-, die Ver sicherung anlangt, kann es Schwierigk'.ten und Ver- zvt'^..-i.»en geben. Das ist ein Grund, warum ich jo froh bin, daß Sie in der Lage sind, als Zeuge in dieser Sache aufzutreten. Wenn sonst alles >chl- jchlagt, >o können Sie mir einen großen Dienst bei der Ersetzung des Betrages tun. Das erinnert mich wieder daran, daß Ihre Droschke immer noa, draußen wartet. Es wird gut sein, wenn Sie sofort früh stücken und dann mit mir in die Stadt jähren. Sie haben die Nummern der gestohlenen Papiere, nicht wahr?" „Nein, die gab ich Ihnen gestern abend." „Ach ja! Ach ja! Hols der Kuckuck! Diese ver flixte Geschichte hat mich so aus dem Häuschen ge bracht, daß ich kaum mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Sie sind, wie ich sehe, selbst ein wenig auf geregt, neu Lart." „Kein Wunder, Herr Eoliby", erwiderte ich. „So etwas Aufregendes habe ich noch nie erlebt, das ver sichere ich Ihnen." „Das glaube ich allerdings. Aber aus diesem Grunde dürfen wir den Kops noch lange nicht ver lieren. Wir müssen retten, was zu reiten ist. Die Sache mu» der Polizei gemeldet, ein TeKgramm -rrt den wummern der Papiere nach Parrs meinem dol- tigen Agenten geschickt werden, und dran wollen wir bei den verschiedenen Versicherungsgesellschaften, die von dem Falle betroffen sind, -orsprechcn und ihnen üver alle Einzelheiten des Einbruchs, >owei: sie uns bis jetzt bekannt sind, Bericht erstatten." Zn diesem Augenblicke erschien Marte, der ich ge- klingelt batte. Ich wies sie an. mir sofort mrin Früh- stück zu brinaen, wandte mich dann wieoc» an Herrn Eoliby und sagte: „Sehr wohl, Herr Eoliby. In zehn Minuten stehe ich zu Ihrer Verfügung." Er nickte beifällig und ließ mich in dem Zimmer allein. In meinem Kopfe wirbelten dre Gedanken toll durcheinander. Die Nachricht verbreitete sich rasch im Hause. Als mir Marie mein Frühstück brachte, sprudelen ihr vor Aufregung die Worte nur so aus dem Munde. „O, wie schrecklich", rief sie, „Sie hatten ja in Ihrem Bett ermordet werden können, ohne etwas davon zu wissen! O mein Gott! Uno aus einer Leiter sind sie herausgestiegen und haben den Gaso meter zugedreht, und kern Mensch im Hause hat was davon gehört! O Gott! O Gott!" In d'ejer Ton art plauderte sie werter, während sie den Tisch deckte. Ich war nicht in der Stimmung, mich selost mit einem so netten Geschöpf wie Marie rn e-nc Unter haltung einzulassen, und nachdem ich mrr den An schein gegeben hatte, zu frühstücken, erwartete ich un- geduldrg die Rückkehr Herrn Eolibys. Pünktlich Holle er mich ab, und zufammen stiegen wir die Treppe hinunter. Sawkins stand, mit sehr traurigem Gesicht, unten an der Treppe und meldete, er habe Leitungsdrähte entdeckt, die durch die Wagen einfahrt zur Rechten und die wenigen Blößen im Garten gelegt worden seien, und am Fuße der Mauer in der östlichen Gartenmauer Spuren oorgefunden. Es war daher klar, daß der Plan ebenso sorgfältig vorbereitet, als kunstgerecht ausgeführt worden war. Die Kühnheit des Unternehmens versetzte mich in das tiefste Erstaunen. „Gut!" sagte Herr Eoliby mit seiner üblichen uner>anuternchen Ruhe. „Lassen Sie alles wie cs ist, und seien Sie der Polizei in jeder Weise behilf lich, wenn sie auf dem Platze erscheint. Ich werde sie jetzt sofort von dem Vorgefallenen in Kenntnis setzen/ Zwei Minuten später rollten wir in der Richtung der nächsten Polizeistation dahin. Zufällig war der Inspektor selbst anwesend. Herr Eoliby erklärte ihm in wenigen Worten, was geschehen war, und übergab ihm die ganze Angelegenheit rückhaltlos zur Unter suchung. Es kam mir vor — vielleicht war es auch nur eine Täuschung —, daß der Inspektor einen seltsamen Blick aus seinen stahlgrauen Augen auf Herrn Eoliby warf, als dieser ihm die Geschichte erzählte, und be sonders, als er seine Adresse angab. Auf jeden Fall verschwand der Ausdruck sofort wieder aus seiner Miene. Er notierte sich die spärlichen Einzelheiten, die Herr Eoliby ihm mitteilte, stellte einige wenige Fragen und sagte dann, er werde unverzüglich die Sache in die Hand nehmen. Wir wandten uns zum Gehen, als Herr Eoliby sich noch einmal umkehrte und bemerkte: „Mein Diener ist angewiesen worden, Ihnen während meiner Abwesenheit jede Unterstützung, die in seiner Macht steht, angedeihen zu lassen. Ich selbst begebe mich mrt meinem Sekretär hier in die City, um die Nummern der gestohlenen Papiere meinem Pariser Agenten telegraphisch mitzuteilen und die verschiedenen Versicherungsgesellschaften von den Vorfällen in Kenntnis zu setzen. — Ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu versichern", fügte er mit einem sanften Lächeln hinzu, „daß alles und jeder mann in meinem Hause zu Ihren Diensten stehen." Der Inspektor verbeugte sich, wie mir vorkam, etwas steif, und einen Augenblick später trug uns unser Wagen in der Richtung der City davon. An einem Postamt in der Oxfordstraße machten wir halt. Herr Eoliby verfaßte dort ein langes Telegramm und gab es auf. Es war an Herrn Vignaud, 23 Rue St. Marc, Paris, gerichtet, und ent hielt die Anweisung, sofort eine Reihe von Papieren zu sperren, deren Nummern angegeben waren. „Und nun", sagte Herr Eoliby, „wollen wir nach Cliffords Jun fahren und dort Herrn Baldwin, meinen Anwalt, aufsuchen, der die Versicherungs policen in Händen hat und uns die nötigen An- Weisungen geben wird. Zur City also, vn routs!" Nahe beim Temple ließ er die Droschke von neuem halten, und wir begaben uns durch einen Bogen in den letzten und sicherlich den malerischsten der alten Chancery Juns, wo früher die Advokateninnungen ihren Sitz hatten. Mit seinen altersgrauen und be moosten Ziegeldächern, seinem koketten Gärtchen, einem entzückenden Fleckchen Erün, fast am Fuße des mächtigen düsteren Eranitturmes des Archivs, seiner mittelalterlichen Halle, die ihrerseits von dem luf tigen Turm der St. Dunstanskirche überragt war, bot der Platz einen so weltverlassenen Anblick, wie er sogar in diesem wundervollen London selten ist. „Merkwürdiger alter Fleck", bemerkte Herr Eoliby. „Allerdings", erwiderte ich, „und dabei kein Dutzend Meter von der Fleelstraße entfernt. Wundervoll!" (Fortsetzung folgt.)
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