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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.06.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100630024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-30
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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rvezuffS-PreiS Mr Lech^a «»d Vorort» »und mym »räa«r »n» Sprdtrrar, >»«I täglich tu« Hau» ,«brach«: »» «»»all.. ».70 vtertrltädr« v«t unter» s>Ul,Ira u. «»» »ah »»Kelle» adgedolt 7» ch ««all- L.LS uT »lerrrltLhrl. v»rch dt« Voki nmertz«ld Deuitchland» und der d«Nche» Kolonien vlrrreliädrl ».<4 ak. monatl. 1«id «llslchl Pottdeslellacld. ferner t» Belgien, DLnemarl. den Donauftaaten, Italien Lurrmdura, «tederlandr, Rov- wearn Oesterreich.Ungar» «utland, Schweben, Kchwet» ». kpantea An alle» bdngen Staate» am dtrett durch di« «ei-dLNtliell« -» Blatte» ochtiuich. Da« lxw,i,e» tuaedlmi «r>ch«,»i 3 mat täglich. So»». » Fex-rtua» «m morgen», Ldonu« «m»Lna»ln»« älllguit»»vl«tz 8, dB anlerrn träger» Filiale» bvetnteure» »ad Anaadoreüelle» Ioan, jjollämtrr» und Briefträger» «t«,«l»«er»,f»pr«»» »er Moraeu» «uägad» 1V ch, d«r eidea»->a»gad« u Mrbalttd» an» «rtchäfläkellr» Jodanmogaff« 8 Arralvrecher, 14 6N. 14686. 14684 Abend-Ausgabe. UeiWMrTagMM Handelszeitung. 7 Ämtsvkatt des Rates und des Rokizeiamtes der Ltadt Leipzig. / Anzeigen-PretS Mr Aalerat» «u» Leivv, and U«g«d»»g di« Sgeipalten« iO nun breit» Prtttgeil« 2S 2H, di« 74 «uiu dreU« «ellLmegeUe 1 do» auBoärtä 3l) 2H, Sie kl amen UM ^gz J»srrate »»» Bebärde» N» amtlichen Leit dt, 74 utm brrite PetitzeU« 40 S«sch»ft»-n»«,aen mit Pla-vorlchrisre» und tu der Ndendautaalm im Preise erhöht. Rabatt »ach Tarif. Beilagegebübr ü Tauend exv. Postgebühr, gefterteilte Sulträae können nicht zurück, aezogen werde», tzür da« Erscheinen au brstlmmte» Tagen und Plätzen wird kein« Haralltie übernommen. «»»eigen, «naahm-t Nuguft»«»l«tz 8, bei sämtliche» Filialen u. allen Annoncen« Expeditionen de« In. und Auelandet. Sanpt-Filiale Berlin: Tarl Lu ncker. Herrogl. Bohr. Hösbach» Handlung, Lützowsiiatze lg. (Telephon VI, Rr. 4603). Haupt-Filiale Dresden: Serstratze 4,1 (Telephon 4621). Nr. 178. Donnerstag, üen 30. Znni lSlv. 104. Zshrgang. pulitilche Nachrichten. vom neuen preußischen Finanzminifter. p. Kiel. 30. Juni. (Priv.-Tel.) Der neue preu ßische Finanzminister Dr. Lentze ist heute morgen 8 Uhr hier eingetroffen. Er wird sich mittags dem Kaiser vor st eilen. Zur reichsländischen Bersassungssrage. Nachdem wir bereits in der gestrigen Nummer über die Haltung der reichsländischen Regierung zu den Berfassungsanträgen des Lanoesausschußes be richtet haben, teilen wir heute noch das Endergebnis der Beratungen mit: Straßburg. 30. Juni. (Tel.) Der Landes- ausschußnahm nach längerer Debatte in nament licher Abstimmung den Antrag Hauß, die Re gierung möge darauf hinwirken, daß der Der- fassungsentwurf erst dem Landesaus schuss e vorgelegt werde, bevor er an den Reichstag geht, mit 37 gegen 6 Stimmen an. Der zweite Teil des Antrags Blumenthal-Labroise auf Einführung des allgemeinen geheimen Wahlrechts wurde mit33gegen4Stimmen angenommen. Nachdem darauf der Regierungs vertreter den Saal wieder betreten hatte, verlas Unterstaatssekretär Petri eine kaiserliche Botschaft, durch die die Tagung geschlossen wurde. von der holländisch-belgischen Annäherungs kommission. Brüssel, 30. Juni. (Telegramm.) Die holländisch belgische Annäherungskommission beschloß, eine selb ständige Propagandakommission ins Leben zu rufen, in der auch deutsche und französische Mitglieder ausgenommen werden sollen. Diese Pro pagandakommission soll die Einführung eines einheit lich internationalen Hypothekenrechts k-Lr Flnßschtssahrt betreiben. Dur Lid der katholische« Doktoren der heilige» Schrift. von», SO. Juni. (Tel.) Der „Osservatore No- nrano" veröffentlicht ein Motu proprio des Papstes, betreffend den Eid. der von den jenigen zu leisten ist, die zu Doktoren der heiligen Schrift ernannt werden sollen, und die Formel enthält, zu versprechen, die Grund- lehren und die von dem apostolischen Stuhle und der päpstlichen Bibelkommission erlassenen oder noch zu erlaßenden Dekrete als oberste Richtschnur und Regel für ihre Studien getreulich und voll ständig unverfälscht zu bewahren, als unantast bar zu achten und diese Erundlehren und Dekrete niemals zu. widerlegen, weder im Unter richt, noch auf irgend andere Weise in Wort oder Schrift. Das Arbeitsprogramm der französischen Kammer. Paris, 30. Juni. (Te7) Es ist möglich, daß in der heutigen Kammersitzung der Kabinettschef Briand bereits schon die großen Gesetzesvorlagen einbringen wird, die er in seiner Programmrede an gekündigt hat, nämlich das Gesetz über die Wahl reform und das Beamtenstatut. Diese beiden Projekte werden den zuständigen Ausschüßen für Wahlreform und Derwaltungsreform überwiesen werden, die ebenfalls erst ernannt werden sollt n, gleichzeitig mit den verschiedenen permanenten Ausschüssen, deren Zusammenstellung ange kündigt ist. Es bleibt der Kammer dann nur noch übrig, über die vier neuen Steuern zu be raten, worauf das Dekret, betreffend Schließung der Kammer, verlesen werden kann; wahrscheinlich bereits am Freitag, den 8. Juli. Drohender Ausstand der französische« Eisenbahn angestellten. Paris, 30. Juni. (Tel.) Mehrere tausend Eisen bahner hielten in der Arbeitsbörse eine Versamm lung ab, in der sie nach lebhafter Debatte einstimmig beschloßen, den Gesamtausstand zu erklären, falls ihre Forderungen nicht in kürzester Zeit erfüllt werden sollten. Liner drr Führer der Eisenbahner erklärt« einem Berichterstatter, daß dt« V«rtret«r de» Syndikat» noch einen letzten Schritt ver suchen würden, um eine Unterredung mit den Direktoren der Eisenbahngesellschaften im Bei sein des Ministerpräsidenten und des Ministers der öffentlichen Arbeiten herbeizuführen. Fall« dieser fruchtlos bleiben sollte, werde der Ausstand unver meidlich sein. Ueber den Zeitpunkt des Streikbeginns werde natürlich bis zum letzten Augenblick strengstes Stillschweigen beobachtet werden. Gleichzeitig fanden in Marseille und Toulouse Versammlungen von Eisenbahnern statt, in denen ähnliche Beschlußanträge gefaßt wurden. Der neue Gouverneur von Madagaskar. Pari», 30. Juni. (Tel.) Der heutige Minister- rat wird sich wahrscheinlich mit der Frage der Er nennung des Nachfolgers des Eeneralgouverneurs von Madagaskar beschäftigen. Es heißt, daß der Nachfolger nunmehr bestimmt ist. Es wird keine politische Persönlichkeit sein. Gerücht weise verlautet, daß für diesen Posten der Gouver neur des oberen Senegal in Aussicht ge nommen ist. Letzterer ist zwar einer der jüngsten Offi ziere der französischen Kolonialarmee, hat jedoch in seiner kurzen Dienstzeit bewiesen, daß er in kolonialen Fragen bewandert und bestrebt ist, ohne Unruhen und Eewaltmaßregeln gegen die eingeborene Bevölkerung auszukommen. Englisch-serbische Differenzen. Belgrad, 30. Juni. (Telegramm.) Zwischen England und Serbien sollen neuerlich ernste Differenzen bestehen, und zwar, weil die eng - lische Industrie bei den Militärliefe rungen vollständig übergangen wurde. Die plötzliche Abreise des englischen Gesandten sollen da mit im Zusammenhang stehen. von der türkisch-griechischen Boykottbewegung. Der Chef der Auslader und Bootsleute demolierte gestern mit einer großen Anzahl von Boykottnehmern ein Gasthaus, das einem ame rikanischen Staatsangehörigen gehört. Der amerikanische Konsul intervenierte sofort energisch und verlangte die Verhaftung des Th«f» «nd der Demonstranten. Schadenersatz ist von der Behörde bereits zugesagt. Die übrigen Konsuln forderten vom Gouverneur, daß die Behörde nun mehr energisch gegen das gewalttätige Auftreten der Boykottkommission vorgeht. Saloniki, 30. Juni. (Telegramm.) Der Obmann der Zunft der Bootsleute und Auslader Kori- magha ist infolge der jüngsten Vorgänge oer- haftet worden. Die Regierung des Dilajets fordert dazu auf, gegen die aggressive Haltung des Boykyttkomitees Stellung zu nehmen. Die Ssoarie ües „SeutWanü". Borgloh-Wellendors, 30. Juni. (Privattelegr.) Das Verkehrsluftschiff „Deutschland" wurde im Laufe des gestrigen Tages mit Hilfe von Militär ab montiert und zum großen Teil auf Wagen ver laden. Die Gondeln und die Passagierkabine sollen durch Soldaten zum Bahnhof Wellendorf ge bracht werden, von wo die einzelnen Teile nach Friedrichshafen befördert werden. Die Mo toren sind intakt geblieben. Die Hintere Gondel und die Paßagierkabine sind beschädigt. Düsseldorf, 30. Juni. (Privattelcgramm.) Die Zeppelin-Luftschiffbaugescllschaft in Friedrichshafen stellte, wie aus sicherer Quelle verlautet, der Deut schen Luftschiff-Aktiengesellschaft ein neues Luft schiff zum Selbstkostenpreis zur Ver fügung, das bereits im Oktober d. I. oie Fahrten aufnehmen soll. ztz In allen großen Tageszeitungen befaßen sich Fach leute und Autoritäten auf dem Gebiete der Luii- schiffahrt eingehend mit der Frage, die auch im Leip ziger Tageblatt schon in der Morgenausgabe von fachlicher Seite verneinend beantwortet wurde: war üie Fahrt nvtwenüig? Kapitän zur See a. S. o. Pustau schreibt in der „Tägl. Rundschau": „Leider ließen sich die Unter nehmer, die „Delag", am 28. Juni zu einem Auf stiege verleiten, obschon bereits vormittags von den Observatorien aus noch ungünstigere Meldungen vor lagen, als an den vorhergehenden Tagen. Wahr scheinlich hat der Gedanke, daß gerade diesmal dis Preßevertreter eingeladen waren, den Ausschlag ge geben für den Antritt einer Fahrt, die unter den vor liegenden Umständen unbedingt hätte ver schoben werden müssen. Die für diesen schweren Fehler verantwortlichen Leiter der Fahrt werden wohl um so weniger auf eine nach sichtige Beurteilung rechnen, weil sie selber bekannt lich erst vor kurzem die heftigsten Angriffe gegen die Militärbehörde richteten, als diese gleichfalls ohne Rücksicht auf die Wetterlage die Reise oon Homburg antreten ließ, die dann mit der Weilburg- Kata strophe endigte. Die so hart getadelten Offiziere konnten sich damals wenigstens darauf berufen, daß die Erprobung der Luftschiffe bei schlechtem Wetter im öffentlichen Jntereße läge; den Düßcldorfer LhrlWne Seddel Wie«, SO. Juni. (Prrv.-Tel.) Gestern abend ist die Witwe Friedrich Hebbel» gestorben. Am 9. Februar hatte sie ihr 83. Lebensjahr vollendet. Das Leichenbegängnis findet Freitag nach mittag statt. Die literarische Welt hat in diesem Jahre viele und schmerzliche Verluste erlitten. Das Theater be trauert heute eine einst gefeierte Größe, die Literatur das Weib eines Friedrich Hebbel, die Menschheit den Verlust eines reichen, großen Charakters. Christine Enghaus ist in Braun schweig am 9. Februar 1817 geboren. Es klingt wie ein Märchen, hören wir, daß sie vor nunmehr 84 Jahren zuerst die Bühne betrat. Freilich, eine be scheidene Mitgliedschaft, für anderthalb Taler im Monat beim Kinderballett der Heimatbühne. Aber die Kleine verriet Talent. Der Dramaturg Dr. Köchy nahm sich ihrer an, schulte sie und empfahl sie nach Bremen, wo sie in „Kabale und Liebe" (Louise) und »Jungfrau von Orleans" (Titelrolle) gastierte und sofort engagiert ward. Danach finden wir sie in Hamburg, Berlin und 1840 an der Burg. Den Wienern hatte ihr Gastspiel in Raupachs „Ge schwistern" Halms „Griseldis" und in Töpfers ,Zu rücksetzung" mächtig gefallen. Als „Jungfrau von Orleans'^wurde sie siebenmal an die Rampe gerufen; und der Kontrakt, der ihren Eintritt ins Burgtheater perfekt machte, ließ auch über die Gunst der Theater behörde keinen Zweifel. Aber Wien brachte ihr zunächst Enttäuschungen. Man konnte sie nicht stets in ersten Rollen beschäfti gen, da noch andere Vertreterinnen ihres Faches — vor allen Julie Rettich — engagiert waren, die nicht die Fehler einer Christine Enghaus besaßen. Sie war nämlich schon sehr jung stark entwickelt, von riesiger Statur und voll schier unbezwinglichen Tempera ments. Deshalb drängte man sie gern in die Reihe der Alten. Sie, die äußerlich eine frappante Aehn- lichkeit mit der großen Schroeder gehabt haben soll, verfügte auch — wie diese — über eine mächtige „Po- saunen"-Stimme, die vor allem dem Pathetischen zu steht, aber freilich leicht ins Monotone verfällt. Dar über schreibt auch Gutzkow in seinen „Wiener Ein drücken" (1845): „Fräulein Enghaus hat Mühe, ihre heroische Gestalt und ihr weiches Organ in dies kleine Echo einzuzwängen. Sie spielt zu oft mit unter drücktem Erguß ihres etwas amazonenhaften Wesen». Ihre Hauptfehler, Monotonie des Vortrags und An- teillosigkeit in stummen Momenten, hindern nicht, daß sie eine überaus brave und vom Publikum sehr geschätzte Schauspielerin ist." Als Kriemhild in Raupachs „Nibelungenhort" sah Friedrich Hebbel sie in ihrer Größe. Das Stück war ja wohl nur eine mäßige Mache; und Hebbel schreibt: „Ls war kein Sohn Apolls, der dir die Worte geliehen hatte, dennoch trafen sie, als wären'» Pfeile aus dem goldnen Köcher, der hell erklang, als Typhon blutend fiel." Und Christine wird auch Hebbels Kriemhild. Wir lesen weiter in der Widmung zu seinen „Nibe lungen": „An diesem Abend war mein Zugendtraum lebendig, alle Nibelungen traten an mich heran, als war' ihr Grab gesprengt, und Hagen Tronje sprach das erste Wort." In Weimar führte Christine diese „Nibelungen" zum Siege (1861). Bereits rn Hamburg war ihr die „Judith in die Hände gekommen. In Wien las sie die „Maria Magdalena". Und in bewunderndem Erariffensein sagt sie: ,Zch sab in Meister Anton und Hebbel meine Richter — letzterem wünsche ich niezu begegnen." Und nicht lange danach stand er vor ihr, warb er um sie. Am 26. Mai 1846 ward sie sein Weib. Gewiß werden auch in dieser Ehe Stürme mit Sonnenschein aeweckkelt kaben. Die Temperamente beider laßen es vermuten. Hebbel selbst hat kein Wort des Tadels oder einer Bitternis über sie gesagt und geschrieben. Und was sie ihm als Weib war, sprechen seine Werke mit tausend Zungen aus, und als tapferer Mensch — die Selbstlosigkeit gegenüber Elise Lenst ng, des Dichters unglück licher Geliebten. Es ist vor allem Christine »u danken, daß Hebbels Dramen mit großem Erfolge auf die Bühne kamen. Als „Judith", als ,,Klara", „Mariamne", „Magel- lona" (in Wien schrieb die Zensur diesen Namen für die heilige Genoveva vor) feierte sie Triumphe. Und doch hatte sie auch jetzt noch zu kämpfen, daß man ihr geeignete, besonders tragische Rollen gab. Hebbel hat wiederholt energisch für sie eintreten müßen, gegen Holbein und seinen Rachfolger in der artistischen Leitung des Burgtheaters, Heinrich Laube, der dem Dichter an sich wenig freundlich zuaeneigt war. Man drängte sie immer mehr ins komische Fach, stellte sie in Lustspielen heraus (Benedix, Hackländer) und glaubte, durch die glänzenden Leistungen, die ihr Talent und Fleiß zustande brachten, aus dem richtigen Wege zu sein. Laube betont in seinem Referat über Frau Hebbel gerade diese Fähigkeit, läßt aber ihrer Hinneigung zu sprachlicher Monotonie schonungslose Kritik zuteil werden und spricht ihr das tragische Fach glattweg ab. Dies, nachdem sie eben in Weimar 1861) die Kriemhild in jener denkwürdigen Auf- ührung kreiert Hatto. Da Laube sie für seine komi- chen Partien notwendig brauchte, lehnte man auch hr Entlaßungsgesuch ab, das sie erbittert und ent täuscht eingereicht hatte. Bis zum Jahre 1875 blieb sie noch an der Burg tätig. Ein berufenes Urteil über sie möge hier Platz finden. Emil Kuh, der bekannte Hebbel-Biograph, schreibt über sie in einer feinen Charakteristik: Christine Hebbel spielte ganz und gar aus einer blinden Zuversicht heraus, die man ebensogut ein Verlaßen auf das wegzeigende Herz nennen kann. Der Quellpunkt des darzpsiellenden Charakters ging ihr allzeit klar auf. und r war ihr die Gabe ver liehen. die Naturseele in die Plastik der Gebärde und des Wortes zu bannen. Ihr breiter Strich und ihre einfache Malweise brachten die jeweilige Grundfarbe voll zur Anschauung, und ibr Vatbos. »wischen Wehr losigkeit und Notwehr wundersam geteilt, hatte die Monotonie von Ebbe und Flut. Während aber die Heftigkeit ihrer leidenschaftlichen Ausbrüche nicht sel ten etwas Unartikuliertes annahm. kleidete sich ihr Erleiden immer in den schönsten tragischen Ausdruck. Die Künstlerin motivierte zu wenig das Charakter thema und wurde deshalb zuweilen die Verkünderin einer starren Notwendigkeit. Ihre ganze Innerlich keit und ihre ganze plastische Kunst waren in der Dar stellung der zwei Gestalten: der Klara und der Judith, aufgebrochen." Christines ferneres Leben galt der Erinnerung an den früh vollendeten Gatten. Sie hat gepflegt und gehütet, was von ihm zeugte, gesammelt und be wahrt, was an ihn gemahnte. Und sie durste erleben, daß Friedrich Hebbel in uns wuchs, daß er zu dem wurde, endlich wurde, was er für sie schon so lange gewesen: der Große, der wie ein Fanal weit über Zunft und Zunftgenoßen hinausstrahlte. Friedrich Hebbel ist uns, den Zeitkindern eines Ibsen und Hauptmann, ein unschätzbares Evangelium. Wir müßen es Christine Enghaus danken, daß er es ward. Es sollen auf ihrem Grabstein dafür die Worte stehen, die der Dichter in seinem Tagebuch unter ihren Namenszug setzte: „Hier steht der Name eines Engels." LrvU. Ueber die letzten Stunden Christine Hebbels meldet das „Berl. Tagebl.": Christine Hebbel ist ohne Todeskampf sanft verschieden. Ihre Umgebung glaubte, die Greisin sei in einen leichten Schlummer verfallen, bis man erkannte, daß der Tod bereits ein getreten war. Daß eine Auflösung nahe bevorstehe, hat der behandelnde Arzt Dr. Jtzinger schon vor einigen Tagen den Angehörigen der Familie mit geteilt. Frau Direktor Kaizl, eine Tochter Christine Hebbels, die mit ihren Töchtern schon seit Jahren sich in die Pflege der alten Dame teilte, ist in den letzten Tagen nicht von dem Bett der Patientin gewichen. Die geistige Frische der Verstorbenen hat erst in den letzten Tagen abgenommen. Trotz ihrer 93 Jahre war sie von großer geistiger Regsamkeit, hatte ein erstaun liches Gedächtnis und unterhielt ihre Umgebung mit humorvollen und lustigen Scherzen. Seit einigen Tagen war sie ganz apathisch und hatte nichts mehr gesprochen. Moys Vdrllt unü Ulins Sutter, zwei namhafte Künstler der Stuttgarter Hof bühne, endeten, wie bereits gemeldet, gestern durch eine grausige Eifersuchtstragödie, die ,n weiten Kreisen Aufsehen erregt. Aloys Obri st war am 30. März 1867 in San Remo geboren, verlebte seine Jugend in Weimar, wo er bei Müller-Hartung seine musikalischen Studien begann, die er später in Berlin unter Albert Becker fortsetzte. Hier promovierte er auch zum Dr. phil. Nach mehrjähriger Tätigkeit wurde er als Nachfolger Zumpes 1895 nach Stuttgart berufen, wo er sich im Theater wie im Konzertsaal als vornehmer Künstler bewährte und sich allgemeiner Beliebtheit erfreute. 1900 legte er den Dirigentenstab nieder, um sich in Weimar als Kustos des Liszt-Mpseums zu betätigen und sich dem Forschen und Sammeln alter Musik instrumente zu widmen. Später übernahm er noch einmal (nach Pohligs Abgang) interimistisch die Hof kapellmeisterstelle in Stuttgart, in die danach Mar Schillings «intrat. Vor eineinhalb Jahren verlieh ihm der Großherzog von Weimar den Titel Hofrat. Obrist war Vorsitzender der Revisionskommission für die Gesamtausgabe der Werke Liszts und sunaierte im Vorstande de. Allgemeinen Deutschen Musik vereins als Obmann des Musikausschußes. Sein tragisches Ende wird im Kreise der Fachgenoßen und weit darüber hinaus herzliches Bedauern erwecken. Anna Sutter, die seit fünfzehn Jahren dem Stuttgarter Hoftheater angehört, war der erklärte Liebling des dortigen Publikums. Schon lei ihrem ersten Auftreten in der württembergischen Hauptstadt erwies sich die Künstlerin, die 1868 in Wyl im Kanton St. Gallen geboren war. als so vielseitig und in ihrer Vielseitigkeit so bedeutend, daß der Intendant v. Putlitz sie gleich auf eine lange Reihe von Jahren verpflichtete. Als Sängerin wie als Darstellerin gleich ausgezeichnet, verstand sie das Publikum stets in gleicher Weise zu feßcln, ob sie nun in der Oper, in der Operette oder in der Pantomime auftrat. Zu der Tragödie schreibt uns noch unser X.-Mit- arbeiter: Dr. Obrist war seit einem Jahre von seiner Gattin Hildegard Jenicke-Obrist geschieden. Frau Jenicke, die 11 Jahre älter war als ihr früherer Gatte, ist die Tochter eines Pfarrers aus Ostern bei Weimar und wohnte zuletzt mit der Mutter Obrists in der Villa „Alisa" in Weimar. Aus dem großen Altersunterschied der Ehegatten erklärt sich wohl das unglückliche Familienleben. Frau Jenicke gehörte dem Verbände des Weimarer Hoftheaters seit 1877 an. Ihre Vermählung mit Obrist erfolgte 1893. Sie dürfte bis zu ihrem Ausscheiden die bedeutendste Künstlerin des Weimarer Hoftheaters gewesen sein. 1895 wurde sie zum Ehrenmitglied ernannt. Das Ehepaar Obrist pflegte in seinem Heim einen regen gesellschaftlichen Verkehr und beteiligte sich an fast allen gesellschaftlichen Veranstaltungen, wo stets beide ihre Kunst zur Verfügung stellten. Die Nach richt von der schrecklichen Affäre wirkte in Weimar wie ein Donnerschlag. Obrist hinterläßt zwei Kinder. * * Wilhelm Spemann s. Zn Stuttgart ist gestern der Leiter oer weit über Deutschland hinaus bekannten Verlagsbuchhandlung Geh. Kommerzienrat Spemann gestorben. — Wilhelm Spemann wurde 1844 in Unna in Westfalen geboren. Rachdcm er das Gymnasium absolviert und in Zürich studiert hatte, erlernte er zunächst bei Karl Hoffmann in Stuttgart, dann bei F. Volckmar in Leipzig den Buchhandel, lebte zwei Jahre in Italien, erwarb später die Julius Weise,che Hofbuchhandlung in Stuttgart, die er jedoch wieder verkaufte, und widmete sich seit 1873 aus schließlich der verlegerischen Tätigkeit. Bald trat seine Firma in die erste Reihe der deutschen Ver- lagsbuchhandluitgen. 1882 gründete Spemann in Berlin ein Zweiggeschäft. In seinem Verlag erschienen gute Literaturwerke, Klassikerausgaben. Pierers Konversationslexikon in neuer Auflage und beliebte Zeitschriften, wie „Dom Fel» zum Meer", „Der gute Kamerad", „Das Kränzchen", auch große Werke von Hermann Grimm und Jacob Burckhardt sowie der bekannte Spemannsche Kunstkalender und das Kunst lexikon. ' Die hundertste Auflage von T. F. Meyer« .Jürg Jenatsch" wird vom Verlage Haessel in Leipzig angekündigt. Sie soll im Herbst dieses Jahres in 800 numerierten Exemplaren erscheinen und in bezug auf Papier, Druck und künstlerische Aus stattung, die in den Händen des bekannten Buch künstlers Georg Bclwe liegt, hervorragend schön werden. *
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