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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.06.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100625018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910062501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910062501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-25
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
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Juni 1910 Anxeigeu-PreiS chr Juserat« aus Vrivii, und Um,«»«,, di, ü^ivalten« i0 mm drett» Petit»««, L d« 74 mm drei» «eNaiaqetk l M vou auswLrtt uv Reklamen 4.Ä) Ms» Inserat« »an Behörden ,» amtlich«» keil dt« 74 mm brrit« Prtitzeil« sv Geschäst»an,einen mtt P atzvorschriften und tu d«r Ab«ndausaad« im Preis« «rhthl. Nadall nach laris. vrilag«urbadr ü Ms p. Laus«»» «ikl. Poftgebühr. is«strrteilt» Lustriig« lömeen nicht »mchch» ge»»geu werdrn. Für das Srschrt«» «» deftlmaltra la,en uad PlStzen wir» lei», »arailtt« überiun»««». «n»etge»-«nua!>mrl Auguftulplatz 8, dei !LmlIich«n Filiale» u. alle» Vnnancr»» »Wchitioueu d«s In- »ud «uslaudM. Pauvt-Kilial« v«rN», »arl D»»ck«r. Her,»«». v-»r. -dstmtz» baadlang, Lügowftiab« IL (Leievbon VI, Nr. 4M3). Paavt-Siltale Dresden: Seestrade 4,1 (Irl«»hon 4W1). 104. Zshrgang. Dss Dlchttglte. * Die Maurer Leipzigs beschlossen in einer gestern abend abgehaltenen Versammlung, sofort in de« Streik «inzutrete«. (S. Letzte Lokalnachr.) * Der Eulenburgprozeß soll im Herbst nach den Gcrichtsfette« wiederaufgenommen werden. (S Dtschs. R.1 * Bei der Stichwahl im Reichstagswahlkreise Friedberg-Büdingen wurde der sozial demokratische Kandidat Bus old mit großer Mehrheit gewühlt. sE. Letzte Dep.) * Scfern Griechenland auf die rumänische Note, betr. den Uebersall eines rumänischen Dampfers im Piräus, keine befriedigende Antwort gibt, wird Rumänien sofort Repressalien ergreifen (S Ausl.) * Wie rerlautet, sind die Wahlen zu der griechischen Nationalversammlung auf den 14. August festgesetzt worden. * „L. Z. VH" unternahm gestern eine mehr ¬ stündige Passagterfahrt in der Richtung Essen—Bochum--Dortmund—Hage». (S. Tages chronik.) * Bei einem Cisenbahnunfall in Mexiko wurden 37 Personen getötet, dorunter fünf Offiziere mit ihren Familien. (S. Tageschronik.) * Aus Südrußlanr und Hinterindien kommen fast unglaublich klingende Nachrichten von Choleraepidcmien, die täglich Hun- dertevon Menschenhinraffen. (Cd. bes. Art. unter Tageschronik.) SschlensukäerDeltsusltellung. (Von unserem Brüsseler »-Korrespondenten.) Brüssel 23. Juni. IV. In unü um üle Inüuvrlehalle. Ich möchte Sie heute aus den ernsten Hallen der Kultushalle, wo noch die Ausstellung des Bau gewerbes der Beschreibung harrt, hinübergeleiten in die Räume der Jndustriehalle. Auch dort gibt es viel „Sächsisches" zu sehen, was zwar in der Herstellungsweise nicht minder ernste Kunst und ernstes Wissen erfordert als das gelehrte Material, in den ausgestellten Produkten aber keine tiefere Sachkenntnis beim Beschauer voraussetzt und daher auch die bloße Schaulust auf ihre Rechnung kommen läßt. Unter den Klängen des Einzugsmarsches aus „Tannhäuser" führe ich Sie zunächst in den Musik raum. Ich kann zwar keine Note Klavier spielen, aber das hat man hier auch gar nicht nötig. Ich brauche nur Walze Nr. 27 einzulegen und mit einem schmachtenden Air auf dem Klaoierscssel Platz zu nehmen, alle übrigen Nebensachen, wie z. B. das Spiel, besorgt das Instrument ganz allein. „Das Phonola ist eine originelle Erfindung, die jeder Per son, auch wenn sie keine Noten kennt, gestattet, aus eine künstlerisch vollkommene Weise Piano zu spielen", verkündet uns der Prospekt der Firma Ludwig Hupfeld, Aktiengesellschaft, in Leipzig, -en uns ein Herr in tadellosem Gehrock bei unserem Eintritt überreicht. Der Zuhörersaal ist ein Beweis, wie viel Gewicht heutzutage jede Industrie auf Aesthetik in der Darbietung ihrer Erzeugnisse legt. Ich erinnere mich noch aus meiner Jugendzeit an einen Besuch in einer der größten deutschen Pianofabriken. Da wurde man in den Hof in eine Art Schuppen geführt, und da standen nun die Kaufobjekte kunterbunt durch einander. Und heute, hier auf der Ausstellung! Ein nrit gedämpftem Licht in sanftes Halbdunkel gehüllter Konzertraum nimmt uns auf, wir nehmen auf richti gen Parkettfauteuils Platz und oben auf dem Po dium erscheint eine junge hübsche Dame in Abend toilette und entlockt dem Instrument, das sie muster haft „handhabt", zauberhafte Töne. Andächtig lauschen wir einigen Bortragsstücken von d'Albert, Koczalski und Friedheim, aber unsere Andacht wird etwas beeinträchtigt durch eine schreckhafte Zukunfts phantasie. Wir sehen die Zeit kommen, wo das Phonola sich mit dem Automaten verbindet und wo man an allen Straßenecken sich für 10 Pf. „D'Albert" kauft, wie jetzt Schokolade von Hartwig L VogelI Tosender Beifall weckt mich aus solcher Beklem mung, und ich höre noch halb im Traum, wie die Künstlerin mtt gutem Humor die Worte spricht: „Ich danke im Namen des Phonola für Ihren gütigen Applaus." Man sollte meinen, gegenüber einem solchen tech- nischen Wunderwerk gäbe es keinen Komparativ mehr. Aber Wahn, Wahn, alles nur Wahn! Nach dem Klavier ließ sich eine künstliche Geige hören! „Div- ltna" heißt da, Miraculum und stellt, wie uns der vortragende Herr erklärt, die Lösung eines Jahrhun derte alten Problems dar. Ich habe die anwesenden Franzosen bewundert, die selbst hier noch ein: .Istagniftque" fanden, mn ihre Gefühl« auszudrücken. Es ist eigentlich schade, daß im gleichen Saale auch die Firma Julius Blüthner ausgestellt hat. Denn durch das Staunen über das eben Gehörte fehlte es an der weihevollen Stimmung, die sich sonst bei einem Spiel auf einem Blüthnerschen Flügel ein zustellen pflegt. Es ist deshalb gut, daß die berühmte Firma auch noch im Empfangsraum des Deutschen Hauses mit einem ihrer Instrumente vertreten ist. Nach jeder heftigen Eefühlserregung stellt sich nach physiologischen Gesetzen ein Bedürfnis nach Stärkung durch Nahrungsaufnahme ein. Schnell eilen wir deshalb nur ein paar Schritte weiter in die Abtei lung für Nahrungs- und Eenußmittel. Aber da er leben wir eine schwere Enttäuschung. Es gibt zwar manches dort zu schauen, aber nicht das Geringste zu genießen. In einer belgischen Zeitung habe ich jüngst in einer Vergleichung der deutschen mit der franzö sischen Ausstellung gelesen, es fehle unserer Sektion bei aller Vollkommenheit ein Faktor, der vor allem auf das große Publikum wirke, die Anmut und die Heiterkeit. Bei uns trage alles einen schweren, bei nahe wissenschaftlichen Charakter. Soweit die Nah rungsmittelabteilung in Betracht kommt, muß ich dieses Urteil unterschreiben. All das, was man bei uns sieht, Maschinen und fertige Fabrikate, bieten die Franzosen auch. Aber sie bieten es in der heiteren Grazie, die einmal dem französischen Volke eigen ist. Dg sieht man Stände, in denen die berühmtesten Champagnerfabriken durch anmutige Heben ihren Stoff per Glas zu 50 Cent, verschenken und die Aus stellungen der Bonbon- und Schokoladefabriken sind ganze Konditoreiläden, wo man gegen geringes Geld kaufen kann, was das Herz begehrt. Und bei uns! Das fertige Fabrikat ist schön unter Vitrinen verwahrt »nd wird nicht abgegeben, und in der Hauptsache sieht man Maschinen und wieder Maschinen, für die das Laienpublikum kein großes Interesse hat. lleberhaupt ist die deutsche Industrie auf dieser Sektion sehr dürf tig vertreten. Von all unseren großen Schokolade, und Kakaofabriken hat Sarotti in Berlin allein aus gestellt. Es ist besonders schade, daß hier sich Hart wig L Vogel in Dresden ferngehalten haben, der Name Sachsen hätte sich dann auch hier einen guten Klang verschafft. Unter den Maschinen find wenigstens zwei bedeutende sächsische Fabriken zu finden, einmal die Firma Eisenwerk Coswig u. Maschinenbau Calberla, Aktiengesellschaft in Coswig, und sodann die Maschinenfabrik I. M. Lehmann in Dresden. Ersteres Werk führt uns eine Zigarettenmaschine vor. In einer benachbarten Abteilung läßt uns übrigens auch die Zigarettenfabrik I. Garbathy in Dresden einen Einblick in ihren modernen Fabrikbetrieb tun. Zwei Arbeiterinnen stellen dort die Fabrikate der Firma auf einem Maschinenmoloch her, welcher unglaubliche Massen von Tabak verschlingt und sie in Form von Zigaretten wieder auswirft. Die Firma I. M. Leh mann ist so ziemlich an allen Abteilungen der Aus stellung beteiligt. Hier bietet sie uns eine moderne Schokoladenmaschine in Betrieb und in der anstoßen den landwirtschaftlichen Halle hat sie eine hydraulische Kakaopresse von über 1000 000 Kilogramm Druck ausgestellt. Die Fachleute wissen, daß das eine Leistungsfähigkeit ist, die kaum noch übertroffen wer- den kann. Auf der Sektion für Nahrungs- und Genußmittcl ist eine Sonderabteilung: Chemie und Pharmazie. Ein französischer Journalist, der das Phonola und die künstliche Parfümerieabteilung besuchte, sendet in seinem Blatte den Stoßseufzer empor: „Ich sehe die Zeit kommen, wo auch die ausgestellten Boxbeutel, Frankfurter Würstchen, Münchner und Pilsen nur noch die Produkte einer chemischen Synthese sein wer, den." Der gute Mann hätte nur die Abteilung Chemie und Pharmazie zu studieren brauchen und dann erfahren, daß die ihm so schreckliche Vision schon zur Wirklichkeit geworden ist. Aber der Gedanke ist gar nicht schrecklich. Denn die heutige Nahrungs mittelchemie verfolgt nicht mehr wie einst den Zweck, natürliche Nahrungsmittel durch andere Stoffe zu imitieren, sondern sie lauscht durch ihre Synthese der Natur ihre Stoffe ab und gibt ihnen nur künstliche Farbe und Form. Genau so wie die synthetischen Diamanten nicht mehr wertlose Nachahmungen aus Glas, sondern aus den Urstoffen des Diamanten selbst hergcstellt sind und durch chemischen Prozeß nur Form und Farbe des Urproduktes erhalten. Auf dieser Abteilung hat die Firma I. Giesel <L Cie. in Dresden ihre giftfreien Farben für Genuß zwecke ausgestellt, welch« nicht nur auf dem deutschen, sondern auch auf dem österreichischen Markt weit« Verbreitung gefunden haben. Wir wandern weiter an der uns schon bekannten Spitzenabteilung vorbei in die Sektion „Leder- und Galanteriewaren". Hier treffen wir einen guten B«. kannten, die Sächsische Bronzewarenfabrik in Wurzen, die aber auch in Leipzig nicht allein eine Niederlage hat, sondern al» regelmäßige Besucherin Ihrer Messe «inen Stand im Städtischen Kaufhaus einnimmt. Ihre Kronleuchter in Bronze und Schmiedeeisen, die auf allen Weltausstellungen noch prämiiert wurden, werden auch diesmal die verdiente Anerkennung fin den. Noch ein« andere sächsische Firma ist hier ver treten, die Kofferfabrik Julius Rascher in Greiz i. D., mit einer Anzahl geschmackvoller Musterkoffer. Nun muß ich noch etwas erwähnen, was ich bisher stets „mit Füßen getreten hatte". Auch das ist näm lich ein Werk Leipziger Industrie und wird leider von den meisten infolge seiner ungünstigen „Lage" übersehen. Ich meine den Fußbodenbelag, der von der Delmenhorster Linoleumfabrik auf Korkstrich der Torgamentwerke Leipzig hergestellt und in stilvoller Anpassung an das übrige Milieu beinahe in allen Räumen der deutschen Ausstellung zur Verwendung gelangte. Noch einen Sprung in die Eisenbahnhalle, wo unter anderen Eisenkolossen die Sächsische Maschinen fabrik vorm. Richard Hartmann in Dresden eine Lokomotive mit Tender ausgestellt hat, dann aber setzen wir uns in die endlich eröffnete kleine Tram circulaire und pusten — es ist Motorbetrieb — be friedigt dem Ausgang zu. Zu Sem Thems „SoukeMon unü Schule" wird uns unterm 24. Juni von Herrn Superinten denten i'. Hartung geschrieben: In dem Artikel Ihres heutigen Blattes, der sich mit meinem Vortrag über ^Konfession und Schule" beschäftigt, stellen Sie die Neugestaltung der Mei ninger Volksschule als Vorbild hin. Dort ist die Trennung von Kirche und Schule völlig durchgesührt. Nur als Hausvater kann der Ortsgeistliche rn den Schulvorstand kommen. In der Schulbehörde nur ist meines Wissens auch die Kirche durch den obersten Geistlichen des Landes vertreten. Soll aber damit der innere Charakter der Schule geändert werden? Aus dem mir vorliegenden „Lehrplan für den Religionsunterricht im Kreise Meiningen für das Schuljahr 19101V lassen Sie mich nur zwei Stellen hervorheben. In Nr. 4 der Vorbemerkungen heißt es: „Es wird noch darauf hingewiesen, daß durch dre auf Grund des Anschauungsyrinzips erfolgte Anord nung eines „Nacheinander'^ von biblischen Geschichten und Katechismus letzterer durchaus keine Einbuße erfahren darf. Wie rm Lehrplan angedeutet, werden stets die Katechismuswahrheiten nach den einzelnen biblischen Geschichten entwickelt und recht vertieft und nur am Schluffe zusammenaefatzt. Der Wort laut der Hauptstücke wrrd während des ganzen Jahres eingeprägt." Und unter dem Lernstoff steht als Anmerkung: „Von Beginn des Konfirmanden unterrichts wiederholt Schulj. Vlll sämtliche 180 Sprüche." So viel sind also gelernt worden. — Das ist der Religionsplan nicht der Kirche, sondern der staatlichen Schule, natürlich nur für die evan gelischen Kinder, aber Katholiken gibt es in Mei ningen sehr wenige. Den Eindruck einer konfessions losen Schule macht das nicht, Welche Folgerungen man aus der Borromäus- Enzytlika, mit der Sie die Forderung interkonfessio nellen Unterrichts begründen^ anderwärts für diese Frage gezogen hat, wollen Sie aus der Mitteilung aus Bremen auf der Rückseite desselben Blattes — Seite 2 des heutigen Hauptblattes — ersehen. In Bremen hat eine von über 5000 Personen besuchte Protestoersammlung die Gründung eines Protest- fonds „zur Erhaltung und Förderung deutscher evangelischer Dildunasanstalten in katholischen Län dern unb Provinzen, also evangelisch-konfessioneller Schulen, beschloßen. v. Usrtuox. Wir weisen demgegenüber nochmals auf den von uns zitierten ersten Absatz des Artikels 15 des Meininger Schulgesetzes hin, worin ausdrücklich eine öffentliche Volksschule für die schulpflichtigen Kinder ohne Unterschied des Religionsbekennt nisses als gesetzliche Norm statuiert wird, was doch ganz natürlich auch auf den Religionsunterricht in dieser Schule eine Wirkung in der Richtung der Jnterkonfessionalität haben muß. Diese Folge rung ist übrigens auch in den Landtags verhandlungen in Meiningen — wir erinnern an die zitierten Worte Graues --- gezogen worden. Daß in Meiningen tatsächlich die Schulen als inter konfessionelle Anstalten betrachtet werden, geht aus dem Bericht des Eesetzgebungsausschusses des Mei ninger Landtags über den Entwurf des Volksschul gesetzes deutlich hervor. Danach gibt es nur zwei rein konfessionelle Volksschulen rn ganz Meiningen und zwar zwei jüdische; weiterhin gibt es mehrere katholische und jüdische Rcligionsschulen, das heißt Schulen, in denen nur Religionsunterricht erteilt wird. Sonst werden aber die Kinder aller Be kenntnisse gemeinsam unterrichtet. Für die Frage der Trennung von Schule und Kirche ist schließlich mit die Hauptsache die Beseitigung jeder Aufsicht des Unterrichts durch kirchliche Organe, und die ist eben in Meiningen restlos durchgefuhrt: auch der Religionsunterricht unterliegt dort nicht mehr der Aussicht der Geistlichen, sondern ist lediglich unter schulfachmännische Aufsicht gestellt. Wenn weiter aus dem Erscheinen der Borromäus- Enzqklika die Notwendigkeit eines Festhaltens am konfessionell gebundenen Unterricht abgeleitet wird, so heißt das letzten Endes den gegenwärtigen Zu stand konfessioneller Befehdung befördern. Solange der Staat die Errichtung katholischer Bildungs anstalten gestattet, ist ja das Verlangen nach evange lischen Unterrichtsanstalten zu begreifen und wohl auch zu unterstützen. National wertvoller wäre es aus den gestern angegebenen Gründen aus jeden Fall, wenn er sich dazu entschließen könnte, inter konfessionelle Schulen zu fordern, denn er selbst ist ja interkonfessionell und hat nicht das geringste Interesse an konfessionellem Hader und an der daraus entstehenden konfessionellen Verbitterung weiter Dolkskreise. (Zum Schluß sei noch ein Druck fehler in dem gestrigen Artikel berichtigt: auf der vorletzten Zeile der ersten Spalte muß es natürlich „konfessionell orientierten Unterrichts" heißen. D. R.) von üer Kieler Woche. (Spezialbericht für das Leipziger Tageblatt.) (Nachdruck verboten.) H. Kiel, 23. Juni. Man soll wirklich den Tag nicht vor dem Abend loben. Gestern renommierte ich in meinem Berichte damit, daß wir hier ein geradezu ideales Wetter hätten, heute früh goß es dafür, was nur Mm Himmel herunter wollte, der schönste Bindfadenregen, den man sich denken kann. Der Regen mag ja den Kielern, die ihn seit Wochen sehnlich vermißt haben, in mancher Hinsicht sehr willkommen sein, daß er aber gerade heute einsetzte, war nicht unbedingt not wendig, war es so lange trocken abgegangen, so hätte Petrus auch noch ein paar Tage warten können, bis er das Regenfaß für Kiel anstach. Nur schwer konnte ich mich daher heute früh entschließen, nach Düstern brook hinaus zu wandern, ich ermannte mich aber doch und habe den Entschluß auch nicht zu bereuen gehabt. Es gab allerlei zu sehen. Die Kronprinzessin Cecilie kam etwa ?L9 Uhr im Automobil nach der Prinzen-Villa in der Düsternbrook« Allee, sie war früh 8 Uhr 21 Min. mit der Bahn von einem Besuche in Dänemark zurückgekommen; eine gute halbe Stunde später kamen der Kronprinz und Prinz Adalbert an, gleichfalls direkt von der Bahn. Im Hasen reichte der Blick nicht sehr weit. Regenschwer hingen die Wolken über der Förde und nur wenig bewegten sich die Wellen unter dem flauen Westwinde. Im Vordergründe der Jachthafen war recht belebt. Die großen Schunerjachten sind im Laufe des gestrigen Tages sämtlich angekommen und habe» ihre gewohn ten Liegeplätze ausgesucht, auch die Zahl der kleinen Jachten hat sich noch vermehrt. Non Dampfjachten sieht man wieder die Amerikanerin „Nahma" (auf der Kaiser Wilhelm heute nachmittag einen Besuch maMte > >d"r>,> ihre skblanken Formen auffallende Jacht „Ariane" des französischen Schokoladefabrikan ten Gaston Meunier, die Engländerinnen „No- vens'a", „Feodore", „Mirage", die „Lensahn" des Eroßherzogs von Oldenburg, ferner eine sehr statt liche, von den deutschen Sportsleuten Simon und Karl Hagen gecharterte englische Dampfjacht „Zara- phine" u. v., dagegen vermisse ich noch die sonst regel mäßig erschienene „Uttowann" des amerikanischen Milliardär» und Fleischtrustmanns Armour, der übrigens für die Sonderklaffenwettfahrt auch diesmal einen Pokal als Preis gestiftet hat. Auch die belgische Dampfjacht „Nirvana", Eigentum des Herrn v. Ber- nuth in Antwerpen, ist wieder erschienen. Die kleineren Segeljachten sind nun vollzählig und bilden vom Iachttlubhafen an zwei lange Reihen, die sich hinten gegen Wik in der nebligen Luft verlieren. Ueberall wird fleißig gearbeitet, gilt es doch, die letzte ordnende Hand an die Toilette zu legen, und das erfordert bei einer Segeljacht min destens dieselbe Zeit wie bei einer Balldame. Der Unterschied ist nur der, daß eine fein aufgetakelte Segeljacht einen viel imposanteren Eindruck macht, als eine aufgetakelte Balldame. Kurz nach 10 Uhr geht auf dem Flottenslaggschiff „Deutschland" ein Signal hoch, das sofort von sämt lichen Schiffen als verstanden erwidert wird. Auch auf der Signalwachtstation am Nordende des Torpedo hafens wird eifrig signalisiert. Von Bord der Kriegs schiffe dringen schrille Signalpftffe herüber. „Klar zum Salutieren und Paradieren!" Durch das Glas kann man beobachten, wie die Mannschaften an Deck strömen und sich auf der Dark und an der Reeling aufstellen, die Front sauber ausgerichtet. Das ist übrigens hier kein Kunststück, es brauchen nur alle Leute die Stiefelabsätze an dieselbe Decksnaht zu bringen, und dre Front ist so schnurgerade, daß auch der schnauzbärtigste Oberbootsmannsmaat nichts daran wird aussetzen können. Hell leuchten die weißen Mützen und weißen Paradehemden der Mannschaften herüber, und nicht übel ist der Vergleich, den ich in meiner Nähe anstellen höre, wonach die vielen weißen Mützendeckel sich von weiten ausnehmen wie elek trische Glühlämpchen. Ein neues Signal von der „Deutschland". Während bis jetzt alle Kriegsschiffe nur die Heckflagge geführt haben und lediglich auf den Geschwaderslaggschisfen die Kommandozeichen im Topp wehten, setzten jetzt alle Schiffe Toppflaggen, „Preußen" setzt im Großtopp den brandenburgischen Adler, und vorn am Bug erscheint die schwarz-weiß- rote Gösch mit dem Eisernen Kreuz darin. Einzelne Dampf- und auch verschiedene Segeljachten flaggen gleichzeitig über die Toppen und bringen dadurch leb hafte Farben in das sonst ziemlich monotone Bild. Eigenartig flaggt die „Westwand". Zwischen Fork- maft und Forksteg flattert lustig die Wäsche der Mannschaft! Das ist doch wirklich stark. So sehr wird man doch nicht an Bord der Amerikanerin um reine Hemden in Verlegenheit sein, daß man nicht die an und für sich gewiß nützliche und notwendige Prozedur des Wäschetrocknens noch hätte eine Stunde verschieben können. Später brachte die Jacht freilich noch bunte Flaggen und Wimpel auf, aber zunächst flaggte sie mit Hemden und Hosen. Das ist nicht wegzudisputieren. Genau um ^H11 Uhr, also gerade zur angesetzten Zeit, wird dann die „Hohenzollern" in der südlichen Schleuse des Nordostseekanals bei Holtenau sichtbar. Etwa eine Viertelstunde bleibt sie ruhig liegen. Das Kronprinzenpaar und Prinz Adalbert, die mit der Stationsjacht „Schneewittchen" nach Holtenau hinausgefahren waren, gehen an Bord, um den kaiser lichen Vater zu begrüßen. Auch Staatssekretär v. Tirpitz meldet sich, wie ich Ihnen bereit» telegrä- phisch berichtet habe, beim Kaiser, kehrt dann aber mit einer Pinaffe nach Kiel zurück, während der Kronprinz und Prinz Adalbert mit einem Torpedo boot zum Start der Sonderklasse nach Labö hinaus- fahren, wohin ihre Jachten „Angela" und „Jeck" bereits geschleppt worden sind. Um 10 Uhr 42 Min. öffnen sich die Schleusen- türen, der Bug der Hohenzollern wird sichtbar. Im selben Augenblicke sehen wir es am Steuerbord de»
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