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Anzeiger und Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochtllschrist M zur Belehrung und Unterhaltung. 48. Freitag, den 14. Juni 1850. «W-SS———-----SS—-NS— Tagesbericht. Riesa, den 12. Juni. Die Ergreifung de», laut Steckbrief vom 11. d. Mt». in der Leipziger Zeitung al» höchst gefährlichen Verbrecher signali- firten, am 8. Juni Nacht» aus der Strafanstalt zu Waldheim etwichenen ehemaligen Seifensteder- meister Pilz aus Mügeln, bildet noch immer da» Tagesgespräch. Der dabei vvrgekommenen eigen» thKMichen Umstände halber, theilen wir unfern gethrten Lesern, was wir zur Zeit darüber ver» nommen, nachstehend mit. Pilz hat sich in gedachter, sehr finstern und stürmischen Nacht, 3 Stockwerke hoch an einem selbst verfertigten Strange, wozu er auch sein Hemd zerschnitten, herunter gelassen und ist, ohne von den aufgestellten Posten bemerkt worden zu sein, angeblich durch da» Gitter einer Schleuße, in» Freie gelangt. Da derselbe nur mit ein Paar leinenen Unterhosen und Jacke bekleidet gewesen, sich also am Tage möglichst verborgen gehalten, so mußte er hauptsächlich darauf bedacht sein, sich Kleidungsstücke zu verschaffen, und hat wahrschein lich deshalb Sonntag des Nachts einen Einbruch in die Pfarrwohnung zu Striegnitz, sowie in der daraus folgenden einen dergleichen zu Dörschnitz verübt. Bei beiden Unternehmen scheint jedoch seine Spe kulation mißglückt zu sein, denn er hat außer ei nem Käppchen und ein Paar Hausschuhen nur Lebensmittel, als Wein, Küchen und dergl. vor gefunden, jedoch sich noch zwei große Trenchir« messer und 2 Servietten zueignet, in deren eine er das Zusammengeraffte gebunden, die andere aber um den Leib gewickelt, umdie Hosen fest zu halten, und zugleich die wegenMängel des Hem de» vorhandene Blöße zu verdecken. In diesem Aiustement hat er sich am Dienstag früh bei der Roseumühle über die Elbe setzen lassen und da er den Fährmann statt de» Fähr lohns mit einem Stück Zucker abfinden wollte, dieser auch die Messer wahrgenommen und de» seltsamen Kostüms halber, sogleich Verdacht ge schöpft, und den Flüchtling, der sich ohnweit, da von ins Holz gelegt, unbemerkt beobachtet hat, ist gleich darauf nach Leckwitz geeilt, um die Bewoh ner des Dorfes aufzufordern, den Verdächtigen einzusangen. Bei dieser Expedition hat Pilz, der sich zur Wehre gesetzt, dem Einen der Männer mit dem Messer nach der Hüfte gehauen, ihn je doch gefehlt, einem Anderen aber.durch den Mützen schirm einen nicht unbedeutenden Stich in dis Stirn beigebracht und da noch mehr Leute erschie nen, die Flucht wieder nach dem Elbuser ergriffen. Hier ist derselbe in den Kahn gesprungen und ei ligst nach dem gegenüber liegenden Ufer gerudert, jedoch, da er mit einem zweiten Kahne verfolgt, auch auf das Zurufen der auf ihn Jagd machen den, von den auf dieser Seite mit Heumachen be schäftigten Landleuten am Landen behindert, ge- nöthigt gewesen, wieder nach der Mitte de» Stroms zu steuern. Die entbehrliche Mannschaft zweier stromauf wärts kommender Elbkähne, welche sich sogleich tu ihre Schaluppen warfen und dem Flüchtling ent- gegenruderte, vervollständigte nun die Hetzjagd und machte das Entrinnen unmöglich. Pilz, die» einsehend, faßte, allseitig gedrängt, den Entschluß, sich zu ersäufen, und mit den Worten: Lebendig sollt ihr mich doch nicht bekommen, sprang er in die Fluthen. Al» er jedoch zum Drittenmale et was austauchte, gelang e» einem der Männer, ihn bei den Haaren zu erfassen, welchen Liebes dienst Pilz mit einem Messerstich vergelten wollte. Die erbitterte Besatzung der Schaluppe band ihiz nun mit einem Strick die Arme fest und bugM« denselben im Schlepptau wie einen gefangen« Lach» nach dem User zu. Dem ziemlich Ermatte ten ward nun durch eine derbe Lektion die Ge»