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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050517024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905051702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905051702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-05
- Tag 1905-05-17
-
Monat
1905-05
-
Jahr
1905
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BezugS-Vret- i» H« HauptrxpedMo« «der deren Au-gab*» stell« «b-«h,ltt »terteljL-rlIch ^ll L.—. bei zwrttualig« täglicher Zuftell»», t»ä H«» ^«8.78. L«ch dt» Post bezog« für Deutsch- land u. Oesterreich viertrljShrlich 4.K0, für di« übrig« Länder lani ZtitunqSprriSlist«. >ed«Mon und Gr-edtlio«: 1Ü3 Fernsprecher WL Johanut-gass» S. HmrZt-FUinle DreSde», Martenftraße 84 (Fernsprecher Lmt l Nr. 1718). Paupt-Atttalr Verlt». LnriDn» «ker, Herzgl-BayrHofbuchdandlg, Lützowsttaß« 10 (Focoivrecher Arni VI Nr. 46081 Diese Nummer tostet 4/^ ML aus all« Bahnhüs« »,d III I beiden Zeitung»-Verkäufe« Abend Ausgabe. MipMer. TaMM Handelszeitung. Ämtsvlatt des Hörrigs. Land- und des Hörrigs. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rotrzeramtes der Ltadt Leipzig. Arrzetgen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile LS Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen. SeschäfUanzrig« unter Text oder an bk,anderer Stell» nach Laris. Di« »gespaltene öieklamezeil« 7K Annahmefchlutz für An zeig en: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgea-Au-gab« aachmtttag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an di«Expedition zn richten. Extra-Vellage» (»ar mit der Morgen» Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die ExPedMa» ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck and Verlag von G. Pol» in Leipzig «Inh. vr. «„ St. L W. »linkhardtt Herausgeber: vr^ Victor Mtnkhar-r. Nr. 249 Mittwoch den 17. Mai 1905. 99. Jahrgang. Var Mcdtigrte vom Lage. * Von Dresden aus wurden mehrere Banknoten ¬ fälscher entdeckt und dingfest gemacht. (S. Letzte Nachr.) * Prinz Karl Anton von Hohenzollern hat gestern an Bord de» Norddeutsche« LlohvdampserS „Roon" die Heimreise angetreten. * In Südspanien kam rS wegen deS Notstandes zu Arbeiterexzeffen. (S. Ausland). * Nach einem Telegramm aus Tanger wurde ein von Fez abgegangener französischer Courier gestern, wenige Stunden von Tanger entfernt, von einem bewaffneten Haufen überfallen und ausgeplündert. * 4000 Russen haben den Tumen überschritten; der russische Schutz der Poßjetbai «st wegen des Vormarsches der Japaner verstärkt worden. (S. ruff.-jap. Krieg.) vir siamrrunbabn. Gegenüber der Bremer Handelskammer, die sich in einer Eingabe an den Reichstag gegen die Erteilung von weitgehenden Eisenbahnkonzessionen an Privat leute gewendet hat, vertritt der bekannte Kolonial- Politiker Rudolf Wagner die Ansicht, das Mutter, land müsse dem Privatkaprtal in den Kolonien möglichst weit entgegen kommen. Der genannte Herr schreibt uns: Kamerun, das sich bis dato stet» still im Hinter gründe gehalten hat und im verflossenen Jahre zusehcn mutzte, wie seine sicherlich nicht wertvolleren Schwester kolonien Ostafrika und Togo beinahe schmerzlos ihre Eisenbahnwünschc vom Reichstag bewilligt erhielten, ist nun auch hervorgetreten und fordert bcscheidentlich seine von ernsthaften und einsichtigen Kolonialvolitikern längst als notwendig anerkannte Erschlietzungbahn. Der bei der ersten Lesung der entsprechenden Regierungs vorlage zum Ausdruck gekommenen Stimmung im Reichstag nach zu schlichen, kann die Kolonie mit ziem licher Sicherheit auf die Erfüllung ihrer Wünsche rechnen. Es kommt nun nur auf das Wie der Erfüllung an. Hoffentlich fördert die Konnnissionsarbeit keinen Torso zu'Tage, der die Lebensfähigkeit des Unternehmens und die sich an das vorläufige Projekt knüpfenden weiter gehenden Hoffnungen von vornherein unterbindet. Die auch vom Abgeordneten Erzberger im Reichstag in seiner eindrucksvollen Begründung der Vorlage, erörterte spä tere Weiterführung der zunächst auf 160 Kilometer be messenen Bahn über das Küstengebiet hinaus bis Ada- maua oder gar bis zum Tsadsee ist natürlich noch Ku- kunftsmusik. Immerhin aber mutz schon heute bedacht werden, datz die Grenzen Kameruns nicht zum Ver gnügen bis zum Tsadsee ausgedehnt sind. Wie die Dinge heute liegen, ist das vermöge seiner hohen Pro- duktionsfählgkeit und seiner intelligenten, betriebsamen Bevölkerung überaus wertvolle Hinterland Kameruns für uns fast völlig wertlos. Der Handel bewegt sich nach englischer Seite via Benue-Niger und diesen Han del unS zu erhalten ist eine Lebensfrage für Kamerun. Da wir einen Wasserweg, wie die Engländer ihn im Niger-Benue besitzen, nach diesen Gebieten nicht haben, so mutz mit der W e i t e r f ü h r u n g der Bahnbis Adamaua — selbstverständlich unter Voraussetzung der handelspolitischen Abschließung der Kolonie gegen die Benue-Niger-Wasserstratze — heute schon gerechnet werden. Selbst so vorsichtige und ernst zu nehmende Kenner dieser Frage, wie Hans Meyer (in seinem 1902 erschienenen Buche: Die Eisenbahnen im tropischen Afrika) erkennen diese Notwendigkeit an und befür worten ein Bahn nach Adamaua. Natürlich hat die erste Strecke den Beweis der Rentabilität erst zu erbringen. Die Erreichung dieses Ziels der Bahn nach Möglichkeit zu erleichtern, «nutz demnach die allererste Aufgabe des Reichstags sein. Tas ursprüngliche Ren^sche Projekt aus dem Jahre 1897 hat im Lauf der Jahre mancherlei Wandlungen erfahren, bis cs endlich die jetzt dem Kamerun Eisenbahnsyndikat konzessionierte Form be- kam. Im Laufe dieser Jahre ist daS jetzt in dem Rcn6- schen Buch (Kamerun und die deutsche Tsadseeeisenbahn. Berlin. Mittler und Sohn) und in der dem Reichstag cingereichten Denkschrift niedergelegte Material so ein gehend nach allen Seiten hin durchgenrbeitet worden, datz cs ein ziemlich klares Bild für die objektive Beur teilung der Sachlage zu bieten vermag. Diesem Ein- druck wird sich wohl auch die Kommission nicht ver- schlietzen können. Auf all' die kleinen Einzelheiten der Finanzierung usw. hier einzugehen, würde zu weit fllh- ren. Nur ein Punkt von entschieden nationaler Bedeu tung sei noch berührt: Die Bemessung derAn- teile. Im Reichstag fühlte der freisinnige Volkr- parteiler Kopsch das Bedürfnis, wegen der perfid kleinen Anteile, seiner lebhaften Besorgnis um die Spargroschen der Kleinkapitalisten Ausdruck zu geben. Ties ist bei dem prinzipiell ablehnenden Standpunkt seiner Partei weiter kein Wunder, denn nichts ist mehr geeignet, die Volkstümlichkeit der Kolonialbewegung zu fördern, als die Möglichkeit für den kleinen Mann, sich zunächst an Kolonialunternehmungen zu beteiligen, bei denen er von vornherein vor Verlusten geschützt ist. Gerade dieser ModuS wäre der Weiterentwickelung ivert, wir würden dann der Erfüllung des BiSmarckschcn Gedankens näher kommen: „Eine deutsche Kolanialpolitik ist nur möglich, wenn sie von der Mehrheit dcd nationalen Wollens mit Entschlossenheit und Ueberzeugung getragen wird." Dies setzt aber auch voraus, datz das Mutterland dem privaten Unternehmungsgeist in den Kolonien, in wirk lich weitausschauender Weise entgegenkommt und ihm so eine gewisse Garantie für den Erfolg bietet. Hoffen wir, daß der Reichstag Kamerun gegenüber nach diesem Grundsatz verfahren mag. Vie Marolrirssrage. Graf V. Lattsnbacd beim Sultan. In Fez ist, wie telegraphisch gemeldet wurde, gestern früh 10 Uhr die deutsche Sondergesandtschaft vom Sultan fest lich smpjongen worden. Im ersten Hof« de» Sultanpalastes begrüßte die französische und englisch« Militär. Mission den Gesandten. In der Boryall« des Palastes saß der Sultan, uingsden von ollen Würdenträgern. Nach der Begrüßung verlas, wie dem „L.-A." aus Tang « x depeschiert wird, Grog Tottendach ein längeres Schreiben, in welchem der Dank für den glänzenden Empfang des Kaisers in Tanger ausgesprochen war und besonders hervor«choben wirb, daß die Begrüßung durch einen Gesandten des Sultans erfolgt. Graf Tattenbach betonte weiter, daß der Besuch in Tanger ein Beweis starker, dauernder Freund schaf t des Kaisers mit dem Sultan gewesen sei. Der Kaiser heg« den Wunsch, durch f e ierlicheVcrträa« begründete Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko zu pflegen und das weiter a u s zu g« stal te n, was «n beider Länder Interesse sei. Der Gesandte überreichte dem Sultan st und versprechen uns zunächst anger zu errichtenden iran- Dieses en Ausbildung franzosi- . .... '..I ^em . Irenen dienen, -Wdem eine unentgeltliche en Handel im Mutleriande sein, kauf- ' ''s, mit wissen, daß das Großkreuz des Roten Adlerordens mit Kette und Brillanten, was den Sultan sichtlich erfreute, und knüpfte daran Wünsche für eine lange, unab hängige Herrschaft über seinen Staat. Der Sultan dankte und hieß die ^Gesandtschaft willkommen. 'Darauf er folgte die Vorstellung der MilÄlsder der Gesandtschaft. Da» pariser Marskks-Aoniitö. Aus Paris wird dem „L.-A." gemeldet: Seitdem Etienne Minister geworden, ist Arenoerg die Seele der Gesellschaft ,,/Vkriguo trauxaiss" und des aus dieser hervor gegangenen Marokko-Komitees, lieber die Ziele dieses Komitees wurde mir vom Prinzen folgendes mitzuteilen ge stattet: „Wir Italien an dem Grundsätze des friedlichen Vor- : dringens obne lleberstürzung fest und versprechen uns -unäi von der Gründung des in Langer zu errichtenden f r a zö fischen Institutes dauernden Erfolg. Di« Institut soll einerseits der fachgemäßen Ausbildung franzt scher Konsulatsbeomten und Kaufleute, andererseits d. Unterrichte der Eingebo Auskunftsstelle für den männifche, wissenschaftliche Expeditionen unterstützen^ einem Worte kulturelle Zwecke verfolgen. Sie wissen die Expedition Ssgonzac, welche mit reichen geogra- vhischen Ergebnissen obschloß, unser Werk ist. Wir haben die bestimmte Zuversicht, daß das Prinzip des friedlichen Vor dringens sich trotz aller Gegenbesiredungen behaupten und ein nützliches Zusammenwirken aller in Ma rokko interessierten Nationen gestatten werde. Daran arbeiten wir unausgesetzt, das Marono-Komitee und dessen Präsident. Die gegenwärtigen, häufig über triebenen Schwierigkeiten sind episodischer Natur, die französische Regierung ist — daS wissen wir in unserer Gesellschaft wobl einzuschätzen — für eine ovale Ver ständigung mit Deutschland auf breitester Basis. Wir hoffen, das Laillandiers persönlicher Verkehr mit Tattenbach uns diesem Ziele einen Schritt näherbringen werde, und rechnen dabei auf den praktischen Sinn und die Friedensliebe der deutschen Regierung." vir WrI» in siurrlanct. Die KuaeftLndnisf« an die rveftiichen Gouvernements. Nach der Petersburger Telcgraphen-Agentur ordnet ein Erlaß des Zaren, der die für die westlichen neun Gou vernements bestehenden Beschränkungen mildert, an: 1) Per- fonen polnischer Abstammung haben das Reckt, innerhalb der westlichen neun Gouvernements ohne besondere Begren zung der Pachtdauer Ländereien zu pachten und auf ledem gesetzlichen Wege seitens Personen von ebenfalls pol nischer Abstammung Grund- oder Hypotheken eigentum zu erwerben. 21 Die Polen Haven das Recht, mit Erlaubnis der Generalgouverneure oder Gouverneure der Gouvernements in Polen Grundeigentum außerhalb der Städte und Dörfer zur Beseitigung der Enklaven und zwecks Abrundung ihres Grundbesitzes zu erwerben. Es steht ihnen auch das Recht zu, in vom Gesetz vorgesehenen Fällen Grundeigen tum auszutauschen. 3) Aus derselben Grundlage find sie be- rechtigt, zu industriellen Zwecken Grund und Boden in einer Ausdehnung von weniger als 60 Deßjatinen zu er werben. 41 Der vom Kaiser am 8. Februar 1901 aenehimgte Beschluß des M i n i st e r k o m i t e es, der das Recht der polnischen Bauern zum Erwerb von Grundeigentum tn den neun westlichen Gouvernements beschränkte, wird ab geschafft. 5lDie Adelswahlen werden wieder ein geführt. Der Minister des Innern hat sobald als möglich dem Staatsrat seine Vorschläge für die Adelsversammlunaen, die Grenzen und die Rechte und Pflichten der Führer des Adels zu unterbreiten. 6) Der Unterricht in polnischer und littauischer Sprache wird in den Schulen der neun Gouvernements, die das Programm von Elementarschulen haben, und in Mittelschulen an Orten gestattet, wo die Mehr zahl der Schüler Polen oder Littauer sind. — Der Unter- richtsminister hat die Mittel zur sofortigen Verwirk lichung der Bestimmungen zu prüfen. Außerdem sind auch die übrigen vom Kaiser genehmigten Beschlüsse des Minister komitees über die neun westlichen Gouvernements durchzu führen. Von, Mtniftevkomitee. Wie dieselbe offiziöse 9lgentur meldet, beriet das Mi ni st e r k o m i t e e, von den unter dem 12. Mai angekündig- ten Materien nur einzelbeiten her Juden frage, be sonders das Aufenthaltsrecht der silbischen Handwerker. Es wurde beschlossen, ollen jüdischen Handwerkern die Er laubnis zum Aufenthalt an allen Orten zu gewähren. Diese Erlaubnis genossen bisher nur die jüdischen Handwerker, die im Besitz von Zeugnissen der Handwerksämter waren. Weiter wurde beschlossen, die jüdische Frage in ihrer ganzen Aus dehnung bis zur Einbcrusung der Volksvertreter zu ver schieben. ver rurzircb-japanirche Weg. Die vereinigten russischen Geschwader. Die „Börsenztg." erklärt, von autoritytioer Seite aus Petersburg erfahren zu haben, daß die vereinigten russi schen Geschwader die Paracels-Riffe passiert haben und ihren Kurs nach Norden sortsetzen. Ihnen voraus fahren 20 Transportschiffe. Die Paracels befinden sich l-albwegs -wischen der Ge r m a n i ab u ch t und Hongkong. — Ter „Marin" meldet aus Hongkong: Ter Dampfer „Poly- nesia" har während der Nacht zum Sonntag das baltische Geschwader gesichtet, welches ohne Lichter längs der Küste von Anam zwischen dem Kap Barella und dem Kap Podaran kreuzte. — Der „Daily Telegraph" berichtet aus Tokio, das russische Geschwader habe während der letzten zehn Tag« un bedingt 100 000 Tonnen Kohle verbrauchen müssen. Log». Nach einer Depesche aus Tokio ist der Aufenthaltsort der Flotte Togos vollkommen unbekannt. Es gehen nach wie vor keine Briese von der Flottenbesatzung an ihre Angehörigen ein, da jede Korrespondenz verboten ist. SHissrangebst«. Der „Rußkoe Slowo" meldet, daß der argentinische Agent, der mit der russischen Regierung über den Verkauf von Schissen verhandelte, nunmehr, oa er von russischer Seite ohne definitiven rllefcheid blieb, in London mit japani schen Agenten Verhandlungen angeknüpst hat. Einzelne Meldungen. Nach einer Reuterdepesche aus Tokio ist der nach Niutschwang bestimmte Dampfer „Chuyetsu-Dtaru", der bei den Miautau-Jnseln aus «ine Mine gestoßen war, am 14. Mai bei den Elliot-Inselnaufden Strand gelkinsen. — Aus Wladiwostok meldet ein Tele gramm: Torpedoboote wurden gelegentlich an der Küste aefeheu. Die Russen haben angesichts deS Vor marsches der Japaner die Poßjetbucht verstärkt. — Der „Daily Telegraph" meldet aus Tokio: Im nord- lichenKorea wird wieder Tätigkeit entfaltet. 4000 Russen haben den Tumen überschritten - die Vorhut ist schon in Kiliu. Nack einer Meldung der „Times" aus Tokio ist auf Formos a die große Haupteisenba hnlinie von Kilung bis Takau am 15. Mai eröffnet worden. ?oIM»che cageucbau. Letpzi«. 17. Mai. Die Budgetkommission des Abgeordnetenhauses in der Ostmark. In voriger Woche, in den Tagen des 8. bis 10. Mai, hat die Budgetkommission unter Teilnahme der Minister v. Rheinoaben und v. Podbielski, der Oberpräsibenten o. Waldow und Dr. Delbrück, einer Anzahl von Beamten der Ansiedlungskommifsion und der Regierungspräsidenten von Posen und Brombera eme Studienreise im das Ansiedlungs gebiet der Provinz Posen gemacht. Der erste Tag war der Besichtigung älterer Kolonien iin Kreise Posen gewidmet; der Weite Tag galt dem Besuche von Ansiedlungen nn Kreise Pieschen, ferner an der ruftsschen Grenze und einigen An siedlungen im Kresse Adelnau und Ostrowo. Die Infor mation am dritten Tage ging in das Gebiet des Kreises Janowitz. lieber die gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen dieser Studienresse wird uns von sehr geschälter Seite ge schrieben: Ueberall war man bestrebt, die Ärmedler auch im GenossenfchaftSwege wirtschaftlich zu stärken, namentlich durch Brennerei-, Molkerei- und Trelchmafchinengenossenschaften, sowie durch Spar- und Darlehnskassenvereine usw. Slvgesehen von den wirtschaftlichen Vorteilen ist dieser Zusammenschluß der deutschen Ansiedler auch aus nati.onalpolitischen Gründen notwendig, um in den Genossenschaften neue Vereinigungs punkte des Deutschtums zu schassen. Diese Unternehmungen sollen fast durchweg sehr gut gedeihen. Sie sind für die zu meist aus anderen Gegenden Angezogenen um so wertvoller, Feuilleton. 8) Und es erhob fich em Sturm. Erzählung von ElisabethMöhring. stachdrua vertzoi«. Obwohl die „Kabljau" mehr denn 22 Meter Länge und ungefähr 8 Meter Breite hat, ist auf ihr auch nicht eines Fußes Länge an Raum übrig. Da ist vorn da» Kabelgatt und zwischen ihm und dem Raum für die Häringstonnen daS Logis für acht Vollmatrosen, den Koch, zwei Oudsten und drei Jungen. Achter dem Raum für die Fische liegt der für die Netze und der, wo die Segel geborgen Karden, datz Tauwerk und allerlei Seemannskram, und dann vor dem Hinterstovcn die kleine Kajüte für Schiffer und Bestmann. Rechts und links vom Fischraum sind die offenen Krippen, in die der Fang aus den Netzen stürzt oder wo sonst die Treib bojen stehen, und auf der Reeling, zwischen den Krippen, ist datz Fallreep, über dem der Fang eingehievt wird. Eine so gründliche Verachtung gegen den Dampf hat dieser alte Logger, datz selbst das Spill am Besanmast, datz zum Wiedercinnehmen der Netze dient, von vier Leuten gedreht wird. Tas tun Mutter Hendricks zwei Söhne, Kerle wie aud piteb pine, und Karsten Ohnegut, ders drauf ankommen lässt, seinem Namen Ehre anzu tun, indem er, so oft er an Land ist, irgend eine Hafen schöne in Schlepp nimmt, die „Blume von Samoa" aus der „Heiltonne" oder das „Hindumädchcn" aus dem „Affenhaus" oder sonst so eine, die ihre Nationalität auf Kündigung hat und bei Drogist Färbchen im Stint- fang kauft. Der vierte von den Spillläufern ist Emil Störtebeck, der seine Ehrlichkeit selbst auf den Tabak seiner Logisgenosien ausdehnt und zu seinem Namen gekommen ist wie mancher zu seinem Amt. Das sind natürlich Vollmatrosen ebenso wie Ebert Boldt, der Segelmacher, Klaus Küster, Göde Kassel mann und Pierre Rosin, der Kaaker. Der ist auf einem Gloucester-Boot gefahren und auf der „Mignonne" aus Paimpol, die auf Kabljau nach Island fuhr, rund hundertmal und dann nicht wicderkam. Dieser Pierre Rosin sitzt voll Aberglauben bis über den Südwester hinaus, und in seiner seit dem Untergang der „Mig nonne" etwas schwermütigen Seele ist der Glaube an „Jonassc", die das Unglück bringen, stärker als der an die Jungfrau, obwohl es ihn bekümmert, datz in der spitzen Ecke vom Logis statt der Jungfrau, der Patronin des McerfahrerS, eine braune Plakatschöne hängt, üppig genug selbst fiir die viel verlangenden Ginne von See- leisten. Wilhelm Teterow, der Koch, glaubt nicht an dis Jungfrau und an „Jonassc" noch weniger, er glanbt, datz er in einer gewissen Zeit so viel auf der „Kabljau"verdient haben wird, um sich auf einer von den Inseln: Juist, Baltrum oder Wangeroog ein kleines weiße? .Han? zu kaufen für Sommergäste. Fants? Durt- fen ist nicht mit auf seinem Zukunftsbild, für Fantis ist da irgend eine andere, die er bisher noch nicht gesich ¬ tet hat, die aber „ehr SchipSdllüpte" haben muh für das Geschäft. Es ist ja natürlich, daß ein Koch unter die Realisten geht. Tim Toylen und Jack Mertens, die beiden Oudsten, verdienten wöchentlich 7 Mark und an der Tonne 7 Pfg., und ihr Mundwerk steht in keinem Verhältnis dazu. Sie haben auch einmal ein paar Nummern vom „See- mann" an Bord geschmuggelt. Dafür gab es eins mit dem Tauende vom Schiffer, kein Wort vom Bcstmann während der ganzen Fahrt und im Logis konträren Wind. KlaaS Butterbeer, MätthicS Sauer, Ludolf Tim- mermann, die drei Jungens, sind noch schwach auf ihren jungen Seebcinen, ihr Seemagon will auch noch nicht so recht Seemannschaft begreifen, denn sobald die kurzen energischen Nordseewellcn der „Kabljau" an den Bug gehen, muh der eine oder der andere die letzte sütze Er innerung mit dem Festland kappen — Buchweizengrützs mit Syrup oder so etwas. Und ihr Seehirn? Tauenden — extra kurze Tauenden genug an Bord zum Aufklarie- ren, wenn's diesig da oben herum ist. Auf solch einem Logger hat natürlich das Leben die kräftigsten Töne, die es aufbringen kann. Und nur, wenn einer eingcnäht wird in Segeltuch, einer, der sich den Rücken gebrochen beim Sturz auS den Wanten oder sich den Schädel aufyeschlagen hat am Poller, überhaupt wenn der Tod sichtbar vor allen Vache geht, dann könn- ten Möwen in Lee dieser Stille brüten. Und es war etwas von dieser Stimmung auf der „Kabljau", die bei Nacht und dickem Wetter und bei einer schwachen unlustigen Brise sich mühsam voran- quälte unter schlaffen, lässigen Segeln, an denen immer- fort gezogen wurde, weil die kleine Brise hin und her sprang und man doch Weg machen wollte. Die Mannschaft hatte kein Lied in dieser Zeit und der Schiffer kein Wort über das Notwendigste hinaus, auch dem Bcstmann gegenüber nicht. „Wcnn't regnet in de Kajuit, dann drüpt't in de Room" sagte Ebert Boldt, der Segelmacher, schwang sich in seine Koje und grinste den kleinen unbefahrenen MatthieS Sauer an, der am Tisch sah, und er ver sicherte ihm. datz cS für unbefahrene Jungens unter sol- chen Wetterverbältnissen Stockfisch mit Fuustbutter zu jeder Mablzeit gäbe. Maltbies Sauer war ein Lipper und kannte daS Gericht nicht, wollte aber gern beschei den sein und beteuerte darum, datz gerade Stockfisch mit dieser Art Butter sein Liebste? wäre. „Oha, disse Dengel wagt sien Leben a» 'n Stint, oha — Jung', drei bi — oha!" Und dann bekam es datz ganze Logis zu wissen, womit MattbieS Sauer sich mit Wonne begnügen würde, wenn? Hartbrot ausginge. Und obwobl sich die beiden frechen Oudsten gleich daran machten, dem bescheidenen Jungen einen Schmeckhappen zu verabreichen, kam doch keine Lustigkeit in den Raum, der ein Babel von Gerüchen war, wenn man damit der Dache gerecht würde. Denn der Gestank in dem dreieckigen Loch war von einer verwirrenden Vielseitigkeit. Da war kalter Tabaksgeruch, der zankte sich mit dem warmen nm die Majorität, da erwartete ein Paar Seestiefel von den
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