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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.04.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050415029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905041502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905041502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-04
- Tag 1905-04-15
-
Monat
1905-04
-
Jahr
1905
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Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgea-AuSgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen <»»r mit der Morgen- Au-gabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geSssuet von früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck und Verlag von 8. Polz in Leipzig (Inh. Or. B„ R. L W. «linkhardtt Herausgeber: vr. Victor Kliukhardt. Nr. 193 Sonnabend den 15. April 1905. 99. Jahrgang. Var AiMigrte vom läge. * Der ReichStaaSabgeordnete Faller (National liberal) ist heute in Bonndorf (Baden) an Herzkrampf ge storben. (S. Deutsches Reich.) * In der Famecker Friedhofsangelegenheit hat der kaiserliche Rat zu Straßburg den Rekurs der Ein wohner von Fameck und des Bischofs von Metz zurück gewiesen. (S. Deutsches Reich.) * Der Ministerpräsident Fortis empfing gestern die Eisenbahner-Kommission. Es scheint Hoffnung auf eine friedliche Beilegung zu bestehen. (S. Ausland.) * DaS Irade des Sultans, mit dem die verschiedenen, zwischen der Pforte und Frankreich schwebenden wirt schaftlichen Fragen eine Regelung erfahren, wurde gestern dem französischen Botschafter zugestellt. (S. Ausland.) * Der Kreuzer „Darjag", der von den Russen versenkt worden war, wird bis zum 19. April in Tschemulpo wieder flottgemacht worden. (S. russ.-jap. Krieg.) Material rar Serggeretrnsvellr. Der bekannte Sozialpolitiker Professor Dr. Jastrow veröffentlicht in seiner „Arbeitsmarktkorrespondenz" ein Stimmungsbild, bas insofern besonders beachtens wert ist. als cs zeigt, daß der Prozeß der Zechenstill legungen mit allen seinen bedrückenden Folgen für die Arbeiter und zahllose Gemeinden andauert. Die Ge- nxütigen in Rheinland-Westfalen sind eben nickst so leicht einzuschüchtern. Der Verlauf der Verlxmdlungen in der Kommission für die Berggesetznovellen hat ihr Selbstvertrauen natürlich noch erheblich gestärkt. Außer dem aber erscheint es ihnen vielleicht praktisch, die lang gehegten Pläne jetzt möglichst zu beschleunigen für den Fall, daß die erregte öffentliche Meinung die preußische Regierung doch noch zwingen sollte, aus dem stillen .Hasen des Abgeordnetenhauses' in das stürmische Meer des Reichstages hinauszuschiffen. So soll denn demnächst Zeche „Tellerbeck" mit etwa 500 Arbeitern außer Betrieb kommen, Zeche „Bommerbän- ter Tiefbau" mit 400 Arbeitern steht distt von der Stillegung, Zeche „Sprockhövel" mit 300 Arbeitern ist am 1. Avril außer Betrieb gesetzt worden. Auf den anderen wegen Uebertragung ihrer Förderziffer per- kauften Zeckzen geht die Arbeiterentlassung systematisch vor sich und sie werden im Laufe dieses Jahres voraus- sichtlich vollständig abgerüstet werden. Aber auch solche Zechen, die im Betriebe bleiben, selbst nördliche, haben ihre Belegschaft erheblich ver- »ändert, und so kommt es. daß die südlichen Belegschaf, ten nach Norden abwandern sollen, während in den nördlichen Bezirken Hunderte von Bergleuten entlassen werden. Es liegt uns natürlich fern, alle diese Tat- fachen den Unternehnrern zur Last zu leaen. Aber auch wenn man die wirtschaftliche Konjunktur in Betracht zieht, so bleiben noch genug Motive übrig, die ein ge setzgeberisches Einschreiten dringend wünschenswert er scheinen lassen. Preßstimme« zur Beraaese-novelle. Die Berggesetznovelle, die am Donnerstag von der Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses mit Zweidrittel-Mehrhcit angenommen worden ist, findet in der Presse eine sehr verschiedenartige Beurteilung. Die „Tisch. Tgsztg." ist für unbedingte Annahme der mn- gemodelten Vorlage durch die Regierung. Das Bündler- blatt rechnet vor, welchen „sehr erheblichen Fortschritt zu Gunsten der Arbeiter" die KornnMsionsbeschlüsse be deuten, und meint, die Regierung werde ihre Zustim- mung nicht versagen können. Gleichzeitig tut die „Dtsch. Tagesztg." dem Grafen Bülow kund und zu wissen, was er im Falle der Zuwiderhandlung zu gewärtigen hat: Wir dürfen wohl mit Sicherheit erwarten, daß die Scharfmacherei (!) sich wieder an die. Regierung heran drängen und sie aufsordern wird, die abgeänderte Vorlage abzulehnen und den Reichstag mit der Angelegenheit zu be fassen. Daß für Preußen und vielleicht auch für das Reich, wenn diese Scharfmacherei Erfolg haben sollte, eine innere Krisis von großer Tragweite und erheblicher Gefahr heraufbeschworen werden würde, das weiß die Re gierung ebenso gut wie wir; deswegen wird sie sich vernünf tigerweise hüten, den Scharfmachern zu folgen. Die „Post" ist dagegen mit der jetzigen Form der Novelle nicht zufrieden, weil sie davon eine Stärkung des sozialdemokratischen Einflusses befürchtet. Sie schreibt: Man wird sich freilich nicht verhehlen können, daß der Ersatz der geheimen Stimmabgabe durch die öffentliche Abstimmung vielleicht von dem Plenum nicht gutgeheißen werden wird, denn die Nationalliberalen find in dieser Frage gespalten, und auch innerhalb der konservativen Par tei gehen die Meinungen auseinander; im übrigen aber ist es für Zentrum und Freisinnige charakteristisch, daß, ab gesehen von der Einführung der öffentlichen Wahl, nament lich diejenigen Beschlüsse der zweiten Lesung Bedenken er regten, welche sich gegen das Hineintragen politischer Agi- tationen in die Arbeiterausschüsse richten oder dazu bestimmt sind, das Rechtsbewußtsein der Arbeiter in bezug auf Kon- traktbruch wieder einigermaßen zu schärfen. Man erkennt daraus deutlich, daß dem Zentrum und den Feisinnigen die politischen Rücksichten für die Behandlung der Arbeiter fragen maßgebend sind, und daß es pure Heuchelei war, wenn beide Parteien sich der Verurteilung des Kontrakt bruches seitens der Konservativen und Nationalliberalen mit Worten anschloffen. Gerade deshalb können diese Par teien dem Widerspruch des Zentrums und der Freisinnigen ebenso wenig entscheidenden Einfluß auf ihre Entschließungen einräumen, wie dem Wutgeschrei der sozialdemokratischen Presse. Um so stärker muh natürlich die Stellung der Staats regierung zu den einzelnen Beschlüssen der Kommission für die Entscheidung im Plenum ins Gewicht fallen; allein auch hier ist die Grenze, über die nicht hinausgegangen werden kann, fest dahin gezogen, daß die sozialpolitische Novelle so zu gestalten ist, daß die Sozialdemokratie daraus keinen Machtzuwachs erhält, und daß sie demzufolge nicht als ein Mittel des Klassenkampfes, sondern als ein Weg zur fried lichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses im Bergbau sich darstcllt. Aus anderen Gründen ist die „Germania" mit ber Vorlage unzufrieden, die ihr „verstümmelt" und als „Karikatur" erscheint. Das Zentrumsblott weist darauf hin, daß der Handels minister, der ja bei der Vorlage am stärksten engagiert ist, er- klärte, die Bestimmung über die Beschränkung des politischen Rechtes der Mitglieder der Arbeiterausschüsse außerhalb derselben sei für ihn unannehmbar. Trotzdem wurde sie von der Mehrheit der Kartellparteien beibehalten. Man scheine also den Handelsminister mit der Vorlage opfern bezw. fallen lassen zu wollen. Es sei recht bitter für den Handelsminister, daß er so, namentlich von den National- liberalen, als seinen früheren politischen Freunden, fallen gelassen werden soll. Werde Herr Minister Möller aber gehen? Diese Frage möchte die „Germ." allerdings ver neinen. Vorläufig nimmt das Zentrumsorgan an, „daß die Mehrheit der Kartellparteien im Plenum des Abgeordneten hauses noch etwas mehr Respekt vor verfassungsmäßigen Staatsbürgerrechten und vor dem Reichsrecht haben wird, als ihre Vorkämpfer in der Kommission." Es bezeichnet eS aber als Pflicht der Regierung, wenn bei der zweiten Lesung im Plenum die Regierungsvorlage in ihren wesentlichen Punkten nicht wieder hergestellt werde, die Vorlage im Landtag zurückziehen und damit an den Reichstag heranzutreten. Jedenfalls werde das Zentrum im Plenum des Abgeordnetenhauses einer Gesetzesvorlage nicht zustimmen, die unter die Regierungsvorlage herunter gehe. Vst Maroklrostage. Var Fünfniinutengefpräch nach -em Diner. Dom „Berl. Tagebl." wird aus Paris vom Frei tag depeschiert: „Gestern abend auf dem offiziellen Diner auf der deutschen Botschaft, dem Delcasss und seine Gemahlin, der Minister des Inneren Etienne und andere Persönlichkeiten aus gouvernementalen und diplomatischen Kreisen beiwohnten. bemerkte man nach aufgehobener Tafel, daß DelcassS und Fürst Radolin einen Augenblick lang plaudernd bei einander standen. Der Minister des Aeußeren und der deutsche Botschafter begaben sich darauf in den kleinen Salon, der an den großen Festsaal stößt, und saßen dort etwa fünf Minuten lang im Gespräch bei einander. Der Vor gang erregte natürlich in der Gesellschaft sehr große Auf merksamkeit. Ueber den Inhalt des Gespräches bewah- ren beide Parteien völliges Schweigen. Die hiesigen Abendblätter „Temps", „D6bats" usw. enthalten keine Silbe über das Ereignis. Nur die „Liberty" hat bis her in ihrer ersten Ausgabe eine kurze Notiz gebracht, daß eine Aussprache über die marokkanische Frage be gonnen habe. In der zweiten Ausgabe dagegen hat die „Libertck" diese Notiz unterdrückt, was vielleicht auf höheren Wunsch hin geschehen ist, vielleicht auch, weil die Redaktion des Blattes an der Richtigkeit der Nach- richt zweifelte. Ich kann indessen verbürgen, daß der Vorgang sich so abgespielt hat. wie er vorstehend ge schildert ist." Der französische Mlnisierrat. Der „Jntransigeant" glaubt mitteilen zu können, »>uß im letzten Munsterrat Delcassö von seinen Kollegen ersucht worden sei, sich vom Amt zurückzu ziehen. Delcasss habe dies dem Präsidenten mit geteilt, der ihm geraten habe, der Aufforderung keine Folge zu leisten. Es ist anzunehmen, daß das Blatt Rocheforts nach eigener Lust kombiniert hat. Besuch L-nar-r VII. in Algier. Aus Paris, vom 14. April, schreibt unser s.-Kor- respondent: Nach einem Telegramm des „Journal" aus Algier ist dem englischen Generalkonsul in zwei Depeschen der Besuch Eduards VII. anqezeigt worden. Die königliche Jacht „Victoria and Albert" wird Sonn abend abend oder Sonntag morgen eintreffen. Sie wird von den Kreuzern „Suffolk" und „Abukir" begleitet sein. Der Aufenthalt des .Herrschers ist auf 48 Stunden be messen. Tas englische Konsulat hat sich mit der Muni zipalverwaltung ins Einvernehmen über die Festlich- keiken beim Empfange gesetzt. Die englische Kolonie trifft Vorbereitungen. Der Generalgouverneur Ion- nact soll den König im Moment seiner Ankunft be grüßen. Man erklärt den Entschluß des Herrschers mit der Aufnahme, die kürzlich der Herzog von Con nau g h t in Algier gefunden hat. Vst vririr I« st«;;Iauck. Einzelne Mel-nngen. Die Petersburger Telegraphenagentur berichtigt ihr« gestrige Meldung Über d«n Ausstand der Hafenarbeiter dahin, daß eS sich nicht um die Petersburger Hafenarbeiter handelt, sondern um die von Li bau. — Aus HelsingforS meldet ein Telegramm: Gestern abend haben auf dem Senatsplatze Kundgebungen des ArbeiterverbandeS und der Mäßigkeits vereine zugunsten des allgemeinen Stimni rechtes stattgefunden. Etwa 10 000 Arbeiter waren versammelt und trugen Fabnen mit der Aufschrift: „daS Stimmrecht ist der Schlüffe! der Entwicklung und nictu eine Gnade, sondern unser Recht!" — In Ieliffawetpol haben, nach einem Telegramm aus Tiflis, Unruhen stark gefunden. Die Menge drohte, sie werde statt mit Steinen, bald mit Bomben werfen und die Telegraphen zerstören. Auf dem Bahnhofe, wo 1000 Angestellte und Arbeiter ausständig sind, wurde der Verkehr der Warenzüge eingestellt. Der Betriebsleiter der Eisenbahn drohte den Ausständigen mit Entlassung und Auslieferung an die Militär gerichtsbarkeit. Bulygin gegen -ie „Slews". Nach einem Telegramm aus Petersburg hat -er Minister des Innern dein „Slowo" wegen „schäd licher Richtung" eine Verwarnung erteilt. Gleich- zeitig ist die Meldung -es Blattes, -aß die Semstwos und städtischen Dumas durch Rundschreiben untersagt worden seien, für falsch erklärt worden. Die Affäre -e» Fräulein» Trepon». Der „Evening Standard" meldet aus PeterS- bürg das sehr fragwürdige Gerücht, Fräulein Trevow habe deshalb Selbstmordversuch verübt, weil sie zwei Revolverschüsse gegen ihren Oheim, den Generalgouverneur, abgefeuert habe. — Andere Mel- düngen kommen dieser Romantik entgegen und behaup ten: Fräulein Trepow, die sich, weil sie als Revolutio närin vollständig kompromittiert war, unter einen Eifenbahnzug warf, dabei aber nur ein Bein verlor und lckben blieb, ist die leibliche Nichte des Generalgouver- neurs Tvepow, Tochter des Gehülfen ^des Staatssekre tärs, Reichsrats Alexander Trepow. Die Fürstin Tenischewa, ihre ältere Schwester, die gleichfalls stark kompromittiert ist. versuchte sich zu erschießen, doch ging der Schuß fehl. Jetzt wird natürlich -mit allen Kräften versucht, dem ganzen Vorfall eine möglichst unschuldige Färbung zu verleihen. Vie Aera -er Mor-anschlägc. Zur Charakteristik der inneren Lage entwirft di« Mos kauer „Wetfchcrna Potscvta" („Abendvost') lediglich auf Grund der Depeschen der russischen offiziösen Tetegra- phenbureaus ein interessantes Bild. „Ist das Ma terial auch sehr lückenhaft" — bemerkt das Blatt — „so erweckt es doch eine annähernde Vorstellung von dem Zustande der hochgradigen Erregung, in dem sich die Bevölkerung des Rus sischen Reiches befindet." Das Blatt zählt sodann folgende Mordanschläge aus, die innerhalb eines Zeitraumes von nur zehn Tagen verübt worden sind: 1) Am 25. März überfielen in Poti sechs unbekannte Personen den Gendarmen-Unterofsizrer Awffiukewitsch un feuerten auf ihn 30 Schüsse ab. Der Angegriffene konnte sich in einen benachbarten Hof flüchten. Die Attentäter entkamen. 2) Am 26. März überfiel in Riga eine Gruppe unbekannter Personen einen deiourierenden Schutz mann. Als letzterer die Angreifer mit Hülfe von Nacht wächtern verfolgen wollte, wurde er erschossen. Dabei erlitt ein anderer Schutzmann schwere Verletzungen, während ein Nachtwächter durch einen Messerstich verwundet wurde. Die Attentäter entkamen. 3)JnLetschchum (Kaukasus) wurde am 26. März von Unbekannten der Bezirks-Pristaw Macharadse erschossen. 4) Am 27. März schossen in Poti drei Unbekannte einen Gendarmen-llnteroffizier nieder. Die Mörder entkamen. 5) In Lodz wurden am 28. März auf den Revieraufseher Kiriljuk vier Re- volverschüffe abgeseuert. Eine Kugel blieb im Mantel stecken. 6) In Baku wurden am 29. März der Revier aufseher Fürst Mikeladse und ein Schutzmann erschollen. Die Attentäter, fünf Mann, entkamen. 7> Am Ä>. März fand in Ssuchum ein Attentat auf den Bezirkschef Pro- pulbizki statt. Einer der Attentäter wurde erschossen, «in anderer verwundet. 8) Am 30. März wurde in Düna burg durch einen Revolverschuß der Gehülfe des Polizei meisters Bulygin gefährlich verwundet. Der Atten täter entkam. 9) In Riga ermordeten am 30. März Unbekannte den Meister Albm der Baltischen Waggon fabrik. Die Mörder entkamen. 10) Am 30. März wurden auf den Schutzmann Kasimir Kokis sechs Revolver schüsse abgefeuert. Der Schutzmann wurde leicht verwundet. Die beiden Attentäter entkamen. 11) In Lodz Feuilleton. 1S1 Möblierte Zimmer. Roman von Rudolf Hirschberg-Jura. Nachdruck verboten. „O bitte", antwortete Dr. Grolich bescheiden, „ich schätze und bewundere einen Geschäftsmann wie Sie von ganzem Herzen, und wenn ich von Ihren Geschäften noch immer sehr wenig verstehe, so ist das kein Vorwurf für mich, sondern ein Vorwurf für Sie. Es wäre eigentlich fchon längst Ihre Pflicht gewesen, mir, da Sie mich doch halb und halb zur Familie zählen, einmal Ihren ganzen Betrieb eingehend zu erklären." „Soll ich das wirklich?" fragte Mähnert mißtrauisch und doch angenehm erregt. „Ich verlange nichts besseres, als mich zu unter richten." „Na, dann hören Sie mal zu. Die Destillation ist ja eigentlich ganz einfach. Aber doch nicht so einfach, wie Sie sich das denken. Wir sehen unS in die Glasveranda und ich setze Ihnen das bei einer vernünftigen Importe auseinander! Das heißt, die Importe müssen Sie mit Verstand rauchen " „Dann muß ich wohl darauf verzichten. Ich werde meinen ganzen Verstand nötig haben, um die Likördestil- lotion zu begreifen, es wird mir also keiner übrig bleiben, um Ihre Importe würdig zu genießen. Auch fürchte ich mir dsu Appetit zu verderben." „Sie sind eben kein richtiger Raucher! Kommen Sie!" In der Veranda begann Herr Mähnert nun eine nicht sehr klare, aber sehr ausführliche Erläuterung der Schnapsfabrikation, und Dr. Grolich zwang sich zu ge duldiger Aufmerksamkeit. Die scherzhaften Zwischen bemerkungen jedoch, mit denen er seine Aufmerksamkeit beweisen wollte, verfehlten ihren Zweck und machten Herrn Mähnert unwillig. Kurz vor Ankunft der Gäste erschien Flora im Speise zimmer, um sich noch einmal von der richtigen Anord- nung der Tafel und besonders der Tischkarten zu über- zeugen. Sie hatte dem Doktor natürlich den Platz an, ihrer Seite angewiesen, den zu Doktors linker .Hand aber für Henny Permoser bestimmt, um ihren Triumph recht dicht vor den Augen der anmaßenden und nun gedemü- tigten Freundin auskosten zu können. In dem be- stimmten Gefühl, für diesen Triumph einer größeren Anzahl Gäste gewissermaßen als Hintergrund zu be- dürfen, hatte sich Flora mit Einladungen viel Sorgen und Mühen gemacht, und trotz der geringen gesellschaft- liclren Beziehungen ihrer Eltern »vor es ihr gelungen, einen salonfähigen Kreis von Freunden und Bekannten zusammenzuziehen, in deren Mitte sie den stolzen Per mosers wohl die Spitze bieten konnte. Das große Speisezimmer und der große Salon nahmen die ganze südliche Hälfte des Erdgeschosses ein, und während die Giebelfenster dieser Gesellschaftsräume nach Osten und Westen in den Garten sahen, führten noch Süden aus becden Zimmern eine Glastür und ein Fenster nach der über die ganze Front der Villa sich er streckenden glasllberdachten Veranda. So sah Flora ihren Vater mit Dr. Grolich in der Veranda sitzen. Bei diesem Anblick schwand sogleich der boshafte verkniffene Zug aus ihrem schmalen Dogelgesicht, und es verschönerte sich mit sanftem Erröten zu mädchenhafter Weichheit. Im glücklichen Vorgefühl aller ihr heute bevorstehen den Freuden trat sie in die Veranda, begrüßte ihren Doktor mit sieghafter Liebenswürdigkeit, mischte sich ver wirrend in das sachliche Gespräch über Likördestillation und ließ ihn, auch als jetzt die Gäste sich immer zahl- reicher im Salon einfanden, bis zum Beginn der Tafel nicht von ihrer Seite. Es mußte ihm auffallen, wie sie heute andauernd alle Ecken und Herbheiten ihres Wesens verbarg oder milderte, mit denen sie sonst bisweilen un vermutet seine Huldigungen zurückgestoßen hatte, und da er sich durch sein geduldiges Zuhören soeben auch in der Gunst des geschäftsmännischen Vaters befestigt zu haben glaubte, so fühlte er sich heute dem ersehnten Ziele näher, als je. Diese Zuversicht steigerte auch seine eigene Liebenswürdigkeit, und er war eben im heitersten Ge- spräcb mit Flora, da traten, als die letzten von allen Gästen, Ewald und Henny ein. Schuld an ihrer Ver spätung war Hennys Friseuse, deren Ungeschick Henny fast zur Verzweiflung gebracht und eine dreimalige Er neuerung der Frisur nötig gemacht hatte. Bei Hennys Eintreten war Dr. Grolich unmerklich zusammengezuckt. Unmerklich für jeden, außer für Flora, die ihn scharf beobachtete und dabei ein prickelndes Vergnügen empfand. Sogleich gab auch Frau Mähnert das Zeichen, zu Tisch zu gehen, und als Flopo jetzt ihren Arm in den des Doktors legte, zitterte sie vor Ungeduld, das wohl vorbereitete und nun unmittelbar bevorstehende Schauspiel zu genießen. Wie köstlich würde die Verlegen- hcit ihres Ritters sein, wenn er Henny als linke Tisch nachbarin fand. Und welch Gesicht würde Henny dazu machen. Einige Augenblicke gedachte sie die beiden ihr peinliches Wiedersehen auskosten zu lassen, dann aber dem Doktor mit ein paar freundlichen Worten über seine Verwirrung hinwcgzuhelfen und sich recht vor -Hennys Augen und Ohren an seinen Huldigungen um so ange nehmer zu ergötzen. Henny schien jedoch des Doktors Verlegenheit gar nicht zu teilen. Sie behandelte ihn zunächst mit einer so liebenswürdigen Ruhe, als hätte es nie einen pein lichen Punkt in ihren Beziehungen gegeben, fragte ihn nach seinem Ergehen, nach seinen Vorbereitungen für die Richterprüfung und allerhand Kleinigkeiten, sprach mit ihm über die Konzerte, die der Winter bringen sollte, und erst als sie ihn ganz sicher gemacht hatte, blickte sie ihn plötzlich aus ihren großen schönen Augen voll an und jagte mit reizendem Freimut, aber leise: „Herr Doktor, ich babe Ihnen vor ein paar Wochen durch meinen Bruder eine Antwort geben lassen müssen, die Sie vielleicht verletzt lxft. Aber ich war Ihnen Wahr heit schuldig. Wir sind ja zwei t,ernünftige Menschen und viel zu stolz, um uns hinter feigen Lügen zu ver- stecken. Nicht walw? Ich glaube Ihren Charakter zu kennen, bin überzeugt, daß Sic sich männlich mit allem abgefunden haben, und wünsche Ihnen alles Glück, das Sie verdienen. Ich denke also, wir bleiben gute Frenu-e
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