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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.08.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050810025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905081002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-08
- Tag 1905-08-10
-
Monat
1905-08
-
Jahr
1905
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Li« ägespaUen« NeklanlezeÜ« Tü^. »««hMefchtatz für N«zei«e»r Aden»-An»,ab» vormittag« 10 Uhr. Marge»-Nu-g ab« nachmittag« 4 llhr. Lnzetg« find stet« an dieUxpedUto» „richt«. Vrira-Vetlai« mnr mit der vlorg«». Lu-gab«) »ach befondevrr BeretLbarnng. Lte ErXdMon kp Vochmtag« »nuvterbrochea aeüffnU Non früh » bi« ab«d« 7 Uhr. Druck nud vertag non G> Pol- in Letpzta (Inh. vr. «, «. ch ». »ttnkhardtl Serau«gebcrr Ur. Victor Allnkhardt. 99. Jahrgang. Var WichNgrle vsm Tage. * König Friedrich August« Besuch in Glauchau uud ia Meerane ist mit Rücksicht aus den Streik der Färbereiarbciter auf nächste« Fruhjayr verschoben worden. (S. Sachsen.) * Da« sächsische Ministerium genehmigte den sonntäglichen Berkaus vouZeituugen undBücheru auf den Bahnhöfen, soweit er den Bedürfnissen der Reisenden entspricht. * Der Dampfer „Eleonore Woermauu" mit de» nach Südwestafrika fahrenden Reich«tagSabgeord»eten hat gestern abend den Hamburger Hafen verlassen. * Der 8. deutsche Handwerk«- und Gewerbe- kammertag ist heute wKolu zusammengetreten. (S.Bericht.) * Zum Weltfriedenskongreß am IS. September in Luzern haben sich gegen KOO Delegierte, daruuter besonder« viele Amerikaner, angemeldet. Unter den BeratunaSgegenständen befinden sich die deutsch-französische Annäherung uud die Einberufung einer zweiten Haager Konferenz. * Wegen der massenhaften Überschreitung der Grenze durch jüdische Flüchtlinge au« Rußland hat die rumänische Regierung Befehl erlassen, daß die Grenze bi« auf weitere« für alle Flüchtlinge gesperrt bleiben müsse. * Die »Daily Mail* meldet au« Shanghai: Ein Tele gramm au« Kaifengtu, Provinz Ho »au, berichtet, daß die dort stehenden kaiserlich chinesischen Truppen meuterten und sich »en» chrtstenfetndltchen Pöbel auschloffen. Die Meuterer, deren Zahl auf 2000 geschätzt wird, nahmen den Ort Suitschianghsien. Die Regierung von Peking hat Truppen gegen sie au«gesendet. vrr abgrlrbllte sien vpitr. Man schreibt uns aus Borna? Herr Geheimer Hofrat Opitz, Rittergutsbesitzer auf Treuen, der langjährige, einflußreiche Vorsitzende der regierenden konservativ-agrarischen Mehrheitspartei in Sachsen, hatte bisher das Kunststück fertig gebracht, als erfolgreicher Verfechter der Interessen deS großen länd- lichen Grundbesitzes sich gerade in dem Wahlkreise Jahr zehnte lang wählen zu lassen, der der industriellste ganz Sachsens ist. Denn in seinem 22. städtischen Wahlkreise Treuen verfügten die Industriellen allein in der ersten Klasse über 82 Prozent aller Wähler und er selbst war in dieser Klasse der einzige wahlberechtigte Landwirt, und auch in der zweiten Klasse bildeten Kaufleute und Industrielle mit ihren Prokuristen und dergleichen über die Hälfte aller Wahlberechtigten. Jetzt, zum ersten Male, will nun aber die Industrie und die Mehrheit der städtischen Bevölkerung sich nicht mehr von dem Agrarierführer vertreten lassen. Nach dem alle Versuche, die bürgerlichen Gegner von der Auf- stellung anderer Kandidaten abzuhalten, gescheitert waren und die Aussichten für den Herrn Geheimrat recht schlecht wurden, suchte man für ihn an Stelle seiner ihm nicht mehr treuen Heimat Treuen einen anderen Wahl kreis heraus, den man nach der Zusammensetzung der Bevölkerung für den sichersten hielt und für dessen bis herigen konservativen Vertreter, den verstorbenen Guts- besitzer Rößner, noch kein neuer Kandidat aufgestellt war. Man hatte scheinbar sehr gut gerechnet, denn in diesem neuen Wahlkreise, dem 25., Borna umschließenden länd- lichen, gibt es an wahlberechtigten Kaufleuten und Industriellen in der ersten Klasse zusammen nur 9 Prozent und in der zweiten gar nur 6 Prozent, während die erste Klasse 76,3 und die zweite sogar 80,5 Prozent selbständige Landwirte zählt. Deshalb war Herr Gehei.mrat Opitz vor einer liberalen Gegenkandida. tur hier sicherer als irgendwo, er hatte sich tatsächlich an Stelle des allerindustriellsten den alleragrarischsten Kreitz herauSgesucht. Aber das Unerwartete geschah! Er bekam alsbald einen agrarischen Gegenkandidaten in Person eines einfachen Gutsbesitzers Bohne, den ihm die Reformpartei gegenüberstellte. So auffällig djes bei flüchtiger Betrachtung scheinen mußte, auch ange- sicht« deS Umstandes, daß sonst überall Konservative und Reformer Hand in Hand bei den Landtagswahlen gehen, so läßt eS sich doch unschwer erklären, auch wenn man, wie wir, durchaus nicht einen, Dresdener Blatte glaubt, daß jene Gegcnkandidatur gegen den Herrn Vizepräsidenten von seinem eifersüchtigen, politischen Freunde, dem Präsidenten Mehnert, angestiftet worden sei. Zunächst ist es keinem Wahlkreise zu verdenken, wenn er keinen Kandidaten will, den sein eigener Heimatskreis nach 24 Jahren nicht mehr will, keinen Kandidaten, der aber trotzdem, wenn er gleichzeitig in Treuen gewählt würde, dort und nicht in Borna-Land annehmen würde, Borna also nur als Not- nagel betrachtet! Ferner zieht man einen im eigenen Wahlkreise ausgewachsenen und dort ansässigen, mit allen örtlichen Verhältnissen gut vertrauten Landwirt dem völlig fremden Herrn Geheimrat vor, weil man sich nicht gern das Armutszeugnis geben möchte, daß man unter den nahezu 2000 selbständigen Landwirten dieses Wahlkreises keinen geeigneten Landtagsvertreter aus- findig machen könne. Wenn dann entgegnet wird, daß der Herr Geheimrat doch für die Land- wirtschaft so sehr viel geleistet habe, so entgegnen die Bornaischen Bauern, daß daS doch wohl meist nicht für die gesamte Land- wirtschaft, sondern nur für die wenigen großenLandwirte geschehen sei. Und da haben die Bornaischen Bauern nicht ganz unrecht: oder hat Herr Opitz je an den außerordentlichen Vorrechten der Großgrundbesitzer gegenüber den einfachen Landwirten Anstoß genommen? Hat er nicht durch das von ihm mit- verfaßt? Wahlgesetz fast die Hälfte aller Landwirte mit ihren Tagelöhnern zusammen in die dritte Klasse verwiesen, wo ihre Stimmen vielfach unter denen der Sozialdemokraten verloren gehen? Hat er bei seinen Vorschlägen für die Reform der ersten Kammer irgend etwas daran ändern wollen, daß zur Ersten Ständekammer nur die Besitzer von Ritter, und ähnlichen großen Gütern wahlberechtigt sein sollen? Vor allem hat Herr Opitz aber noch im letzten Landtage für die Auf hebung des geheimen Wahlrechts ge- stimmt. Wäre sein Antrag durchgegangen, so würde jetzt kein Gutsbesitzer wagen dürfen, öffentlich gegen ihn zu stimmen. Ist nicht auch im Landeskulturrate und im Ersenbahnrat die Landwirtschaft fast ausschließlich durch Großgrundbesitzer vertreten? Aber ganz abgesehen von diesen Gegensätzen der Interessen der Großgrund besitzer und der einfachen Bauern, deren Lage bei allem Fleiße und großer Entsagung doch viel schwerer als die der landwirtschaftlichen Großbetriebe ist, verwirft man auch in den Kreisen des kleinen Grundbesitzes die Un duldsamkeit gegen alle Andersdenkenden, gegen jeden, der nicht seiner Ansicht ist, die jenen Führer der Konservativen auszeichnet. Man denkt in diesen Kreisen zu frei und zu gerecht, als daß man an der von Herrn Geheimrat Opitz so beliebten persönlichenHerab- setzung und Verdächtigung seiner Gegner Ge fallen fände. Mag vielleicht dazu kommen, daß der Herr Geheim rat in Halbwegs großen Versammlungen meist nur sehr schwer zu verstehen ist, kurz — eS kommt genug zu sammen, um die ebenfalls agrarische Gegenkandidatur der Reformer Wohl begreiflich erscheinen zu lassen. Vit Nukrlana i« ZückmrtaMlra. Ne«» Truppentransporte. Zur Ergänzung der Schutztruppe sollen folgende Transporte am 17. August auf dem Truppen- Übungsplätze Munster zusammentreten: 16. und 17. Transportkompagnie, die ausschließlich Ergänzungs- Mannschaften für die Feld-Regimenter in sich auf nehmen. Die Zusammensetzung dieser Mannschaften nach Waffengattungen wird etwa zu zwei Dritteln aus Infanteristen, zu emem Drittel aus Kavalleristen er- folgen. Außerdem werden diesem Transport noch 500 Pferde beigegeben, die zur Auffüllung der Bestände der Feld-Regimenter bestimmt sind. Dec Transport tritt am 31. August mit dem Dampfer „Eduard Woermann" von Hamburg aus die Ausreise an. Sein Ziel ist Swa- kopmund. Dex zweite Transport, die 18. und 19. Trans portkompagnie, benutzt den Dampfer „Alexandra Woer- mann" zur Ausreise. Abreisezeit und Reiseziel sind die gleichen wie beim ersten Transport. Die Verteilung der Mannschaften auf die 1 "st und »8. Transportkompagrie wird in der Weise erfolgen, daß die 17. Transportkom- paqnie die für die Maschinengewehr- und Feld-Artillerie abteilungen, die 18. Transportkompagme dagegen die- jenigen für die Eisenbahnbaukompagnien, für die Feld- und Funrentelegraphenabteilungen bestimmten Mann- schäften in sich aufnimmt. Im ganzen gelangen, nach der „Rh.-Westf. Ztg.", zur Aussendung: 42 Offiziere, 12 Sanitätsoffiziere, 10 Veterinäre, 6 Feldlazarett rendanten, 645 Mann, 30 Krankenpfleger und 2 Zabl- Meisteraspiranten, also zusammen mit 44 Mann Be- gleitperspnal 791 Mann, und 500 Pferde. Daß diesem Transport später noch weitere Ver- stärkunqSmannschaften, insonderheit die allmonatlichen Ergänzungsmannschaften folgen werden, ist vorauszu sehen. Inwieweit aber diese „Verstärkungen" oder „Er- gänzungen" den üblichen Rahmen überschreiten werden, steht zur Zeit noch nicht fest und wird wohl ganz vom eintretenden Bedarf und den entsprechenden Forde rungen des Generals von Trotha abhängen. Die Tage im Schutzgebiet. Aus der Kapkolonie werden wieder Nachrichten ver breitet, die die Lage in Deutfch-Südwestafrika noch viel unerfreulicher erscheinen lassen, als sie eS nach den deut- schen amtlichen Schilderungen ist. Das Laffgn-Bureau berichtet aus Pretoria: Aus Deutsch^Südwestafrika hier eingetroffene Pri vatnachrichten von ausqewanderten Buren schildern die Lage in der Kolonie als sehr ernst. Gutbewaffnete Eingeborene, so heißt eS in den Berichten, schließen sich von überall her den Leuten Hendrik Witbois an. Die Behauptung, England unterstütze insgeheim den Auf stand der Farbigen, wird hier als unbegründet be- trachtet, doch ist bekannt, daß Hunderte von Ginge- borenen, die in der britischen Armee als Fuhrleute und dergleichen angestellt waren, jetzt wohlbewaffnet und reichlich mit Munikion versehen nach Deutsch- Südwestafrika hinüberströmen. Horden bewaffneter Hottentotten plündern die Farmen in den dünn be völkerten Grenzbezirken. Die wiederholten War- nungen der Burenführer haben nicht nur den ge- planten Treck von Buren nach Deutsch-Südwestafrika zum Stillstand gebracht, sondern es kehren jetzt auch Burenfamilien, die voriges Jahr nach Deutsch-Süd- Westafrika auswanderten, nach Verkauf ihrer Farmen in ih^e alte Heimat zurück. Mehrere frühere Buren offiziere haben, wie eS weiter heißt, Anträge, bei den deutschen Kolonialtruppen Dienst zu nehmen, ab- gelehnt. Im allgemeinen pflegen die Nachrichten aus Britisch. Südafrika nicht gerade zuverlässig zu sein. Indes es spricht doch manche« dafür, daß diese Meldung einen Wahrbeitskern enthält. Insbesondere scheint eS ganz und gar nicht unglaublich, daß die schwarzen Fuhrleute der KaptrrHpen sich mit den Hottentotten zu Münde- rungSzügen auf deutschem Gebiet verbinden. Die Kap- regierung hat seinerzeit an der Grenze genug Polizei- truppen gehabt, um die Abteilung des Leutnants Bött- kin unmittelbar nach ihrem Uebertritt auf britisches Ge biet zur Entwaffnung anhalten zu können. Wenn sie wirklich loyal verfahren will, so muß sie jetzt nicht nur genügende Truppen an der Grenze halten, um über tretende Hottentotten zu entwaffnen, sondern sie muß vor allem auch dafür sorgen, daß ihre eigenen Mvarzcn Untertanen sich an den Raubzügen der Leute Witbois und Morengas nicht beteiligen können. Wenn die britischen Behörden sagen, daß ihnen daS nicht möglich sei, so ist daS eine leere Ausflucht. Wenn die Briten aus Gründen, die höchst absurd sind, die deutsch-asrika- nischen Hottentotten als kriegführende Macht an erkennen und sie danach behandeln, so fordert doch wahr haftig die allerelementarste Loyalität, daß sie die abso lute Neutralität ihrer eigenen Untertanen aufs pein lichste sicherstellen. ver rarrirch-japanirche sirieg. Ltne St«nd«. Au« Portsmouth wird weiter telegraphiert: Die heutige Konferenz der FriedenSunterhäudler wahrte etwa eine Stunde. Es wurde lediglich über den Austausch der Beglaubi gungsschreiben verhandelt und daS Programm für die folgenden Sitzungen vereinbart. Man kam dahin überein, daß da« Protokoll französisch und englisch abgefaßt werden solle, und daß diese beiden Sprachen gemein sam wahrend der ganzen Verhandlungen zur An wendung kommen sollen. Die Sitzungen werden von 9»/» Uhr vormittags bi« 12»/, Uhr nachmittags und von 3 Uhr bi« L»/, oder 6 Uhr nachmittag» stattfinden. — Bei der Vorweisung der Beglaubigungsschreiben, welche für genügend befunden wurden, gab Baron Komura eine münd liche Erklärung über dessen Inhalt und erbot sich, unver züglich nach dem amtlichen Exemplar seine« Beglaubigungs schreiben« zu schicken, welche« er nicht mitgebracht habe. Witte versicherte ihm, die« wäre unnötig; da« Beglaubigung«, schreiben tönne morgen beigebracht werden; die Erklärungen KomuraS würden al« genügend angesehen. Dieser kleine Zwischenfall wird vielfach besprochen, aber von zuständiger Seite wird mitgeteilt, daß Baron Komura im Ernst der Meinung war, eS würden in der heutigen Sitzung keine Formalitäten erledigt und deshalb sein Be- alaubigungSicbreiben für unnötig gehalten hätte. Diese An sicht war erklärlich in Anbetracht der Formlosigkeit, mit der die Vorverhandlungen in« Werk gesetzt wurden. Die Bevollmächtigten sind jo davon überzeugt, daß die beider seitigen Vollmachten ausreichend sind, daß sie den Austausch der Beglaubigungsschreiben al- tatsächlich schon vollzogene Feuilleton. „z Die beiden Hallermunds. Bon A. Dom. »oadr«» verbot«. „Geben Sie mir Zeit, so lange Sie können, Durch laucht", sagte Loni gedrückt. „Es ist grenzenlos traurig für unS alle." „Ja mein liebe« Fräulein, ich begreife das wohl. Gut denn", und sie gab Loni die schlanke wohlgepflegte Hand — „und feien Sie meiner Teilnahme gewiß, auch Ihren Herrn Vater bitte ich sie auSzurichten. — Im übrigen. Sie wissen ja selber, daß wir Sie entbehren, nicht wahr! Ich werde Frau Seebach bitten zu kommen, sie versteht so gut, die Kinder zu beschäftigen, und der neue Hauslehrer, der ja in einer Woche für Ditti sein Lehramt beginnt, muß vorläufig auch für Ulla einige Stunden unterrichten, bis Sie zurückkommen." Loni war entlassen. Sie hatte kaum gehört, waS die Fürstin gesprochen, der herbe Schmerz, der so plötzlich über sie gekommen, raubte ihr die Fähigkeit zum vielen Denken. Nur mechanisch betrieb sie daS eine. Fort und fort zum Vater, denn ein heiße«, sehnende« Heimweh batte sie gepackt und zerriß ihr die Seele in Bangigkeit. Als die Fürstin allein war, fiel ihr ein, Fräulein von Hallermund noch sagen zu können, daß die Baronin Unyadchy ihren Besuch im Juni angekündigt. Sie sann nach, und ein Ausdruck tiefen Verdrusses trat in ihr Gesicht. Eigentlich durfte man von der Erzieherin kaum er- warten, dieser Frau gegenübertreten zu wollen. — Gut denn, in dem Falle mußte man Ulla mit ihrer Erzieherin nach Hohenbüchen für die Zeit schicken. Es war auch für Ulla besser, wenn sie die Stiefmutter nicht wieder sah. Der Monat Juni war ja noch weit fort, und bis dahin . Ein schwerer Seufzer entrang sich ihrem Herzen. Sie stützte den Kopf müde auf die Hand und dachte sich die kommenden Sorgen selbstquälerisch auS. Sie ahnte, nein sie wußte, daß bittere Stunden, trostlose Tage für sie kommen würden, und der sie ihr brachte, war ihr einziger Sohn. Ihr Sohn ! Sie waren gut miteinander ausgekommen; stets einig in allgemeinen Interessen gewesen. Er hatte es niemals an Gehorsam und Achtung fehlen lassen, war aber seine eigenen Wege gegangen seit seiner Jugendzeit. Ein großes Verständnis, eine innige, tiefe, sich in seine Ziele und Anschauungen versenkende Mutterliebe hatte er nie gekannt. Die gleichgültige Konvenienzehe der Eltern hatte bereits dem Kinde ahnungsvoll daS kleine Herz erkältet. Als er eben erwachsen war, starb sein Vater, früh wurde Fürst Arnold bei großem Reichtum selbständig, ungehindert konnte er seinen Neigungen folgen, die ihn jahrelang auf die Bahn einer Forscher« führten, und einen Globetrotter au« ihm machten. Da- heim sorgte die kluge Mutter für tüchtige Verwaltung der großen Besitzungen. Ja, Pflichten hatte die Fürstin nie versäumt, nicht in der Ehe. nicht al« Mutter. Aber Liebe? — Wer Liebe säet, der wird auch Liebe ernten! Tie hatte die Saatzeit versäumt! — Und dennoch, sie liebte den Sohn auf ihre Art, al» ei« Stück von ihr selbst, als den Träger ihre« Namens, als das Haupt des Hauses. Aber diese Liebe reichte nicht aus, um ihm den Schritt zu verzeihen, den er zu tun im Begriffe stand. Eine zukünftige Fürstin Pleiß, ihre Nachfolgerin, die Mutter des künftigen Geschlechts durfte sich ihr Sohn nur aus den feudalen Kreisen holen, denen er selber angehörte. Leises Klopfen an der Tür störte die Fürstin in ihrem sorgenvollen Gedankengang. Frau von Mallwih, die von LoniS beschleunigter Abreise gehört, kam, um ihre Dienste anzubieten, denn es war die Zeit, in welcher Loni gewöhnlich die Zeitungen vorlaS. Die Fürstin schob ihr die Blätter hin und legte sich ermüdet zurück. Vielleicht gelang eS ihr, bei dem ein- tönigen Vortrag ihrer Cousine, einzuschlafen, sie sehnte sich nach momentanen Vergessen ihrer Sorgen. XXXI. Nora Viola hatte während eines Jahres in Amerika Glück und Erfolg gehabt. Sie hatte eS in erster Linie wohl ihrer wunderbaren Stimme zu verdanken, indessen auch zum Teil einer nach allen Seiten guten Reklame und den Einführungen in die richtigen Kreise. Und da« hatten ihre guten Freunde ihr bereitet, die junge Künst- lerin war „voll daomeck" wie die Aankec« sagen, und eroberte sich mühelo« die Presse und damit auch da« große Publikum. Ihre schöne, imposante Erscheinung trug wesentlich dazu bei, den kolossalen Beifall zu er- zielen, der ihr überall zu Teil ward. Nora Viola war Mode geworden, man trug Diolahüte, und ein Viola- Parfüm war oomme !I kaut, ja sogar ein neu erbaute« Hotel trug den Namen „Nora Viola". Es fehlte der jungen Künstlerin selbstverständlich nicht an Verehrern, die Willens waren, Herz und Hand und Reichtum ihr zu Füßen zu legen. Indessen Nora Viola war kühl bis ins Herz hinein. Sie hatte sich ihr Ziel gesteckt, und ihr Verstand mehr als die göttliche Kunst war trotz- alledem ihr Leitstern. Ihr eiserner Fleiß hatte Schritt gehalten mit ihrer außergewöhnlichen Begabung, und verhältnismäßig schnell war eS ihr gelungen, auf der Künstlerlaufbahn voran zu kommen. Sie hatte gewußt, von Anfang an gewußt, was sie leisten konnte. Ihrer Stimme, dieses Goldes in der Kehle war sie felsensicher. DaS von so vielen beneidete, oft so reich und wahrhaft beglückende Künstlerleben galt ihr nicht viel, ihr war es Mittel zum Zweck. — Den größten Feind ihres jungen, viel beneideten Lebens kannte sie selber am besten. Aus ihrer verwahrlosten Kindheit und jammervollen Ent- wicklunqSzcit, wo sie viel öfter gehungert als sich satt zu essen, war am Herzen eine Schwäche geblieben, wie dies bei bleichsiichtigcn Mädchen des Oefteren vor kommt. Um Veilchen Arons innere und äußere Pflege hatte sich niemand bekümmert, sie war eben aufgewachsen in Schmutz und Elend, bis zu dem Augenblick, da Frau Moeller sie in ihren warmen Schutz genommen. — Aber da« Uebel war mit ihr gewachsen, und ein brennender Schmerz, der nicht oft, aber doch zeitweise sie quälte, mahnte sie zu steter Vorsicht. Die Aerzte behaupteten, sie dürfe sich beruhigen, sie könne damit uralt werden: Nora Viola glaubte ihnen nicht. Ehe sie vor einem Jahre ihre amerikanische Reise an- trat, lernte sie Fürst Arnold in Berlin kennen. Daß
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