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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.12.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19051215014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905121501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905121501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-12
- Tag 1905-12-15
-
Monat
1905-12
-
Jahr
1905
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Vezvgr-Vrri- tLgkch ZusteS», ft« H«ft »ftrftljährlich «--» L«ch «ft« «o» iväfttgeu AuSgabestül« «tz durch dft Post d«W^> stft Deutschland «d Oesterreich vteft^jührfth S^kh ftft bft ddriq« Liftbft laut Zetftng-pket-llffe. NeDukkftu «ftd Epp^EftU« 3-hmmfts-sft «. Deftph» «». Re. LIM verlftsn «edakttsAS-v»«», B-ckft IsU 7, V»»ttz««st»ch, «. »o». I, »ft. «75. vreStzu« «efttkttmft-v»«nn D»<d«»«,««erchift.»ch rft.I.Ift.4««. Morgen-Ausgabe. WpMer.TagMM Handelszeitung. Llmtsvkatt des LSnlgl. Land- und des Hönigk. Amtsgerichtes Leipzig, des Aales «nd des Notizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Nr. K37. Freitag IS. Dezember ISOS. Anzrigru-Prei- dft «,«spott« Pottft^tt Ad Pß» Fuueiv«», Vvhauug»' «d Stolle» Anzeige» >0 Pf, Flnanzieü« Anzeigen, GeschästSanzeigen untre Text obre « besonderer Stell« nach Tarif. Für da« Erschein«» « bestimmten Tagen n. Plätze» wird kein« Garantie übernommen. Nazetgen-Anaahm« Augustu-platz 8, Erft Johauuftgaff«. Die Expedition ist wochentags nuuuterbrvchen ,öffnet N»n pfth 8 dft fteulft 7 Uhr. FiltiU-Expedtttoui lvertiu. vützowstr. w. . . Dresden, Marteast^S«. Druck «d Vertag mm U. Polz tu Leipzig S-h. De. B, ». » W «ltnkhardy. Herausgeb«: vr. Viktor Llinkhurdt. 99. Jahrgang. Var wlcdNgrte vom rage. * Der Gesetzentwurf über die Reform der Ersten sächsischen Kammer ist gestern dem Landtage -»gegangen. (S. zweiter Artikel.) * Im Reichstage kam eS gestern wieder -u scharfen Auseinandersetzungen zwischen dem Reichskanzler und Bebel über Fragen der auswärtigen Politik. (S. Parlamentsbericht.) * Die Vorlage über die Eisenbahn Lüderitzbucht— Kubub wurde gestern in der Budgetkommission de» Reichstage- mit L2 gegen 4 Stimmen angenommen. (S. Deutsches Reich.) * Die Ersatzwahl im 16. sächsischen Reichstags wahlkreis Chemnitz ist auf den 13. Februar 1906 festgesetzt worden. * Am gestrigen Abend fand eine grotze Leipziger Studentenversammlung statt, in der Professor Lamprecht und General Keim über dieFlottcn- frage sprachen. (S. Bericht.) * Das Gelbbuch der französischen Regie rung über die Marokko frage ist jetzt durch die „Agence Havas" veröffentlicht worden. (S. 3. Artikel.) 6ral psraaomkv. Oer unbequeme Mabner. Das sozialdemokratische Problem ist das wichtigste der ganzen deutschen Politik, auch der auswärtigen. Denn ohne die inter- und antinattonale Sozialdemokratie würde auch die Regelung unserer auswärtigen Ange legenheiten sehr viel einfacher und nachdrücklicher fick ge stalten können. Schon seit Jahren rechnet daS AuSland mit den destruktiven Tendenzen der sozialdemokratischen Bewegung und hofft besonders auf ihre Betätigung für den Fall eine» Kriege». Erst jüngst baden das die „TimeS" deutlich gezeigt, alS sie die yohe staatsmän- Nische Stufe der Bebelschen antimilitaristischen Etats rede auf Kosten des Kanzlerexpos^eS lobten und von einer weiteren Erstarkung der Sozialdemokratie die lieber- Windung des deutschen bedrohlichen Militarismus er hofften. Daß die „Time-" so tun, alS ob Deutschland im schönen Frühling deS ablaufenden JahreS eine Intrige gegen englische Harmlosigkeit gesponnen und den Welt frieden bedroht habe, ist nicht weiter überraschend. Fehlt nur noch der Nachweis, daß die berühmt gewordenen hunderttausend Mann, deren kontraklich ausgemachter Heldenmut Schleswig-Holstein erobern und die Fran zosen zur Revanche begeistern sollte, vermummte deutsche Soldaten waren, die von Schleswig-Holstein aus heim lich Großbritannien unterwerfen wollten. ES ist nichts so dumm, daß eS nicht die englische Hetzpresse und die deutsch« Sozialdemokratie für glaubwürdig auSgäben, sofern eS sich nur einigermaßen gegen deutsche Interessen verwerten läßt. Aber so wichtig auch die Beeinfluhung unserer aus wärtigen Politik durch die absichtlich unvaterländischen Quertreibereien der Sozialdemokratie ist, noch weit ge fährlicher ist di« Bewegung für unsere gesamte innere Politik, für daß staatlich«, kommunale und gesellschaft liche Leben de» deutschen Reiche» geworden. Ll» uNge- säht aleichaeitig nitt der Gründung de» Deutschen Reiches dir Sozialdemokratie ihre ersten Versuchs nur Gewinnung der proletarischen Massen anstellte, wurde st« nirgend» recht ernst genommen. Deutschland hatte in der In dustrialisierung nur erst «ine schwache Entwicklung auf- zuweisen, war noch wett mehr Agrar- und Handwerk»- staat al» heute und glaubte ohne Beunruhigung dem Treiben der Genosten, die al» politische Mystiker galten, zusehen zu können. Besonder» ein» ist au» dieser Zeit beachtenswert, der Umstand, daß in jenen ersten Lagen die Sozialdemokratie noch nicht al» gesellschaftsunfähig betrachtet wurde. Die Beziehungen BiSmarckS zu Lassalle sind gerade hierfür sehr lehrreich. Erst allmäh lich, al» der landesbedrohliche Charakter der neuen kom munistischen Glaubenssätze sich öffentlich zeigte, kam die Periode de» gesellschaftlichen Boykott», die ungefähr die Zeit de» Sozialistengesetzes ausfüllte. Diese Anschau- ungSstufe ist nun längst vorüber, und die gewaltige Aus breitung weniger der sozialistischen Ideen als der Partei- lichen Macht erzwang sich eine Berücksichtigung im Leben der Nation, da» heißt in der Werkstatt, im Verkehr, im Parlament, daß von einem Boykott oder auch nur einer Negligierung keine Rede mehr sein kann. Der In- dustrielle, der heute erklärte, keine Sozialdemokraten in seinem Betriebe beschäftigen zu wollen, würde sich in den meisten deutschen Jndustriebezirken nur noch lächerlich machen. Aehnlich liegen die Verhältnisse in den Parla menten, besonder» im deutschen Reichstage. Hier in der Hauptsache freilich wegen des anscheinend unheilbaren LbsentiSmu», der die Verhandlungen de» Hause» dem guten Willen der sozialdemokratischen Partei auf Gnade und Ungnade überliefert. Jede Anzweiflung der Be schlußfähigkeit zieht bei Bestätigung die Vertagung nach sich zieht, und die systematische Handhabung dieser Waffe würde den ganzen Betrieb lahmlegen. Also heißt eS paktieren. Und wenn man mit jemandem paktiert, kann man ihn nicht gut gesellschaftlich schneiden. E» ist also gründlich au» mit dem Boykott, und der sozialdemokra tisch« Abgeordnete ist genau so und in jeder Beziehung der verehrt« Herr Kollege" wie jede» andere Mitglied de» Haus«». Man darf da» heut« bedauern, ohne in den Ge ruch der Sozialistentöterei und Scharfmacherei zu ge raten. So lange es noch möglich schien, in absehbarer Zeit die Arbeiterbewegung, den einzig gesunden und rück haltlos zu fördernden Kern der sozialdemokratischen Be- strebungen, von diesen zu sondern und damit den Zielen deS Ganzen, des Vaterlandes, wieder dienstbar zu machen, so lange konnte man Gründe für die Tolerie rung anfllhren. Aber diese Möglichkeit muß heute als nicht mehr erkennbar Erklärt werden. Wer will prophe- zeien, was werden mag! Die Hoffnung braucht niemand aufzugeben, aber es hieße doch die Zeichen der Zeit in ihr Gegenteil umdeuten, fo jemand von einer Gesundung, einer Nationalisierung der Bewegung reden wollte. Des halb darf man wohl daran erinnern, daß es für einen überzeugten Patrioten, ob er links oder rechts steht, doch schließlich nichts AergereS gibt als den Anblick der Vater- landslosigkeit. Dazu kommt, daß die literarische und künstlerische Produktion, vielfach verleitet vom Aus lande, zu einer sehr bedenklichen Abneigung gegen das offene Bekenntnis zum Vaterlande gelangt ist. Unter der Devise der Politik- und Tendenzlosigkeit ist vielfach antinationale Politik getrieben worden auf diesem wich tigen Gebiete. Gewiß gibt es einen Hurrapatriotismus, der ebenso unschön wie unpraktisch ist, aber schlimmer ist jedenfalls die nationale Gleichgültigkeit oder gar Feindschaft. Nachdem nun über die heutige Seelenver fassung unserer Sozialdemokratie kein Zweifel mehr sein kann, nachdem wir Dresden und Jena und wieder Dres den erlebt haben, darf es wohl an der Zeit erachtet wer den, daS Bekenntnis zum Vaterlandc wieder als uner läßliche Vorbedingung für politische Derhandlungs- und Verkehrsfähigkeit zu stipulieren. Daß damit allein nicht viel getan ist, soll nicht be stritten werden. ES muß noch etwas Positives hinzu kommen, eine Regeneration unserer bürgerlichen Welt. Man soll ein gutes Gewissen, auch ein gutes persönliches Gewissen, nicht nur ein staatliches, in den kommenden Tagen haben, damit nicht Vergleiche mit der Zeit vor der französischen Revolution billig und zutreffend werden/ Was m dieser' Beziehung Graf Posadowsky aus Dienstag im Reichstage auSgeführt hat, da» verdiente, hinter Gla» und Rahmen in jedem AmtSbureau, jedem Kontor und an jedem Geldschrank zu hängen. Dann erst würde die rechte innere Berechtigung zur Ablehnung und schmählichen Verurteilung aller antinationalen Ten- denzen gegeben sein. Der Minister wandte sich gegen bureaukratische Ueberhebung, gegen die Ueberschätzung de» materialistischen Elemente», gegen soziale Verständ nislosigkeit. Nicht weil es ein Staatssekretär und Minister sagte, sondern weil der Mahner unser tüchtigster und vornehmster Sozialpolitiker und ein grundehrlicher Mann ist, sollten seine Worte im ganzen Lande wider hallen. Dann wird die ihnen innewohnend« Kraft sich ihre Beachtung erzwingen. DaS alles soll nicht etwa gedeutet werden, als gälte eS, noch schnell vor dem großen Kladderadatsch Buße zu tun. Wir haben oft genug gesagt, daß revolutionären Bestrebungen vorläufig im Deutschen Reiche nicht mehr al» höchstens einmal lokale Putschbedeutung beizulegen ist. Und so wird eS hoffentlich noch lange bleiben. Aber besser werden die Zeiten nicht ohne unser Zutun und durch bloßes Zugucken. Also um noch ferne, aber doch einst mögliche Gefahren abzuwenden, heißt e» für alle Deutschen vaterländischer Gesinnung, die Sozialdemo kratie durch echt soziale Betätigung auf allen Gebieten zu bekämpfen, der VaterlandSlostgkert ab« di« Tür zu weisen. I Rechnung getrao« >eiZt.«» weiter: In- Kammer ab- :hr vertieft und weiter« sich zu der Annahme be- vir sielsr« Ott km«, rScdrircbr» stammt. Der Bejetzentwurf über dir Reform der Ersten sächsische» Kammer ist dem Landtag zugegangen. Sein Inhalt ent spricht dem, was schon vorher darüber bekannt geworden war. Die Technisch« Hochschule Dresden soll einen Vertreter erhalten und die Industrie soll durch fünf vom König au» den Kreisen de» Handel», der Industrie und de» Gewerbe stande» auf Lebenszeit ernannte Mitglied« vertrete» werden. Der Inhalt rechtfertigt allo die Befürchtungen, die in de» Kreisen der Industrie bisher laut geworden sind. Gegen eine Bertretuna der Technischen Hochschule Dres den wird sich billigerweise nichts einwenden lasten, dagegen wird die Industrie mit Bedauern davon Kenntnis nehmen, daß di« Regierung sich nicht dazu hat entschließen können, dem Erwerbszweiae di« aebuhrenbe Beachtung zu teil werden zu lassen, von besten Blühen und Gedeihen das Wohl de» Königreich» Sachsen zu einem großen Teil mit abhüngt. Au» der Begründung des Gesetzentwürfe» sei folgende» hervor^ehoben. Sie bezieht sich zunächst darauf, daß schon im vorigen Landtag am 28. April 1904 der Antrag Andrä einstimrpig in der Aveiten Kammer angenommen worden ist, der dabtn ging, die Regierunazu ersuchen, in Erwägung dor ther einzutreten, in welcher Weise bet der Zusammensetzung >er Ersten Kammer den veränderten wirtschaftlichen Ber» -ältrnssen ft»rck entsprchendere Berücksichtigung der Jndu- trie, be» Handel» und de» Gewerbe» Rechnung getragen werden kann. In der Bogründuna heißt e» w " zwischen haben die aus «ine Reform der Ersten K< zielenden Wünsche sich immer mehr vertieft ui Kreise ersaßt. Da die Regierung sich zu der An rechNgt glaubt^ daß man auch innerhalb derTrsten Kammer einer entlvrechenden Vermehrung ihrer Mitglied« njcht grundsätzlich abgeneigt ist, so hat sich die Regierung, ohne den ursprünglich vorausgesetzten formellen Antrag bei den Kammern abzuwarten, zu d« gegenwärtigen Vorlage ent schlossen, die die Erste Kamm« am S Mitglieder, k de» Han del», der Industrie und de» Gewerbe» und 1 Vertret« der Technischen Hochschule Dresden, vermehrt. Dabei soll und kann an der eigentlichen Grundlage der Ersten Kamm«, dem ständischen Prinzip, auch hierdurch nicht» geändert wer den. Auch die neuen Mitglieder sollen nicht Jnteresienver- treter sein, sonderu sachkundig« Berat« und Teilnehmer an den Arbeiten der Ersten Kamm«. Hi« und da s«t d« Wunsch laut geworden, daß de» Handel», uud Gewerbe kane- mern daS Wahl- oder BorschlagSrecht eingeraumt werden möge, man hätte sich jedoch dessen zu erinnern, daß gerade die Vertreter dieser Kammern bei den Besprechungen der Ver trauensmänner über die Wahlrechtsänderung im Jahre 1903 sich mit großer Entschiedenheit gegen die Uevertragung politischer Wahlen an diese Kammern ausgesprochen haben, um sie vor politischen Parteiungen zu bewahren. Neben diesen vom König au» den Kreisen von Handel, Industrie und Gewerbe zu berufenden 5 Mitglied«» werden, Ivie bisher jo auch künftig, die auf Grund von 8 63 Zister 17 der Vertassunasurkunde erfolgenden Ernennungen nach freier Wahl auf weitere Angehörige dieser Berufsstände fal len können, dach sollen hierbei auch hervorragende Aerzte, Lehrer, Künstler und dergleichen, sowie außer.Dienst befindliche Staats- und Gemeindebe amt e m Be tracht kommen. Die Bedeutung, welche die technischen Wissen schaften gegenwärtig auch auf dem Gebiete der Gesetzgebung und der Verwaltung erlangt haben, und der Aufschwung, den die Technische Hochschule Dresden genommen hat, recht fertigen es, daß ihr nunmehr ein Vertreter ebenso wie der Universität Leipzig eingeräumt werde. Endlich erscheint es ongezeigt, den Sitz, den die Stadt Chemnitz in der Ersten Kammer auf Grund königlicher Berufung seit dem Jahre 1833 mit alleiniger Ausnahme der Jabre 1849 und 50 stets eingenommen hat, ständig zu machen und damit dieses große, in geistiger und gewerblicher Beziehung hoch entwickelte und ausaeblilhte Gemeindewesen auch in dieser Hinsicht, den Städten Leipzig und Dresden gleichzustellen. Da hiermit eine Vermehrung der Slädtevertretcr nicht verbunden wer den soll, bedarf nickt nur Ziffer 15, .sondern auch Ziffer 16 deS 8 63 der VersastungSurkunde eine entsprechende Aen- derung. Var gelbbucd über Marokko. (Telegramm der „Agence Hava»".) Da» Gelbbuch über Marokko, da» gestern In der Sammer ver teilt wurde, enthalt 368 Schriftstücke, die vom 3. März 1901 bi» 4. Dezember 1905 reichen. Viele betreffen dir ver schiedenen Verletzungen de» algerischen Gebiete» oder Anschläge von Marokkanern gegen Franzosen, Zwischenfalle, die Beschwerde« oder Knndgebunqen beim Maghzrn nötig machte»' wovon dir fremde« Botschafter in Pari» »ntrrrichtrt wurdrn. Eft Schreiber Delcaffft au den Bostchastrr Noaille» t« Berit« vom LS. J««i 1901 gibt diesem Nachricht von der erste» Unter- rrdong mit dem Fürste« Radoll» über di« Marokkosach«; i« der Unterredung hab« Fürst Radolin di« belouder« Lage Frankreich» ia-bezag a«s Marokko wegen der Nüh« Algerien« anerkannt. Fürst Radolft machte ans die Zeitungsartikel aufmerksam, i« drueu von rtnem „Protektorat" Frankreich« über Marokko die Red« war. Delcaffd erwidert«, onter dem Worte Protektorat sei nur zu verstehe», daß Frankreich, der Herr von Algerien »nd Tunt«, in Marokko ein, ganz besonder, Situation besitz«. Fürst Radolin hab« daranf geantwortet: „Jedermann ist sich über die Situation klar." Am LI. April 1904 meldet der Botschafter Bihourd in Berlin, daß Kaiser Wilhelm bestrebt sei, «ine aktiver« nnd kühner« Marokkopolittk zn treiben. DelraffS gibt am 6. Oktober den Mächten den Abschluß de« franzvstsch- spanischen Abkommen» bekannt. Bihourd versichert dem Staats sekretär Frhr. ». Richthofen, daß diese» Abkommen in keiner Weise die den deutschen Interessen durch da« französisch-englische Abkommen zngestandenea Garantien abändere. Infolge der Erklärungen de» deutschen Reich-kanzler«, er wiss, nicht« von dem stanzvstsch - englischen und dem französisch- spanischen Abkommen, betont Bihourd Bülow gegenüber dir Aufrichtigkeit nnd Offenheit der Haltung Frankreich«. Di» folgen de» Aktensiücke behandeln de» Besuch de« deutsche« Kaiser» i» Tanger, dessen dem Sulla» übersandte Erklärungen bezüglich ein«» freien, de« Wettbewerb aller Nationen geöffneten Marokko und den deutschen Antrag ans Etnbernfnog einer internationale» Kon ferenz. Delenff« gibt am 13. April 190k be» Fürsten Radolin di» verfichernng, daß Taittanbi« sich ntemal» ,1» Trklger eine« europäischen Mandat» an«g,,»h», hab^ Bihourd berichtet «n LS. April üb« dft kriegerisch» Haltnng Deutsch- land« nnd dft Notwendigkeit, mit England gn »«bandel«. Am 11. Juni berichtet Ronvier ft einem Schreiben an den Botschafter Bthonrd übe« «in« Unterredung «ll de« deutsche» Botschafter Fürste» Radolin über di« marokkanische Angelegenheit. Fürst Radolin hab« erklärt, daß Deutschland de« Sultan der- sproche» habe, fein« Unabhängigkeit anfrecht zu erhalten und di« Reformen ans dem W«g« einer Konferenz zu regeln. Wen« nicht, »erd« ft bei dem «ftw, bleib«, müssen. Fürst Radolin hab« hinzugrfügt, r« steh« b«t ihm, zu beurteilen, ob man wegen einer Formfrag» Gefahr llrnfen solle, dir Beziehungen zwischen Frankreich »nd Deutschland nicht z« verbessern. Darauf hab« er, Rouvier, «noidert, er hab« stet» erklärt, daß er dem Ge danken einer Konferenz nicht zonrtgr. Man könne befürchten, daß eine Konferenz, dir nicht zum Ziel« führ«, eine schlechtere Lage al» vorher schaff«, Radolin wiederholt«, wenn dies» Konferenz nicht stattsind», fo müsse Frankreich wissen, daß Dentschland hinter Marokko stehen würde. Lin« Rot« Ronvier« an Radolin vom Kl. Juni hält dessen früher» Ansichten über die Konferenz aufrecht weist sie jedoch nicht entschiede» zurüch sondern wünscht nur da» Programm zu wissen. Der Botschaft», in Berlin, Bihourd, schreibt am SS. Juni an Ronvi«: Vstlow hab« ft knappen und energische« Worten gesagt, daß di« »orige Not« für Deutschland eine Ueberraschung «nd Lnttänschung ftt uud daß er ihr« Schlußfolgerung», nicht akzeptieren könne. Bihourd fügt hinzu r „Ich hab« Bülow sehr höflich gefuude«, aber er legte Nachdruck auf die Notwendigkeit, dies« schlimm«, sehr schlimm, Lach, sich «icht diaziehen zu lasten »nd sich nicht ans de« Weg« am Rande de« Abgrund»« auszaftellen. Bülow betonte aftgiebig den Wunsch nach Wieder herstellung guter Beztehungrn mit Frankreich. Di« Konferenz würde zu diesem Ziel» führe». Bihourd schließt: „Di, Dringlichkeit, mit der der Reichskanzler Fürst Bülow «ft» baldig« Lösung »»empfahl macht« lebhaft Eindruck auf mich. Gft ist Lazu angetan, ernst lich« Unruh« zu erwecke» uud di« Entscheidung Euerer Eizelle», »» be^ufluffeu. Dage^u versichert, er mir: Weu, wir dft Konferenz «oeehmm, würde dft deutsch« Diplomatft ft d« päteren Verhandlungen eine Haltung annehmeu, mit der wir Grund haben würden, zufrieden zu sein." Botschafter Bihourd schreibt unter dcm LV. Juni an Rouvier, daß der Retchlkanzler Fürst Bülow nochmal» erklärt habe, die Konferenz beabsichtige nicht, der deutschen Diplomatie eine Ge nugtuung der Eigenliebe zn verschaffen noch die Würde einer größeren Ration zu schmälern, sondern einiach aus der Lage herauSzukommen. Bülow babe hinzugefügt, man müsse rine Organisation in Marokko durch Mithülfe der Mächte anstreben. Wenn der Versuch nicht glücke, werde Frankreich die Rolle, wetche e» wünsche, übernehmen können. Bülow babe eierltchst erklärt, daß weder der Kaiser noch er selbst dazu ihre Zustimmung geben würden, daß auch nur die geringste Erniedrigung Frankreich auf der Konferenz zugedacht werde. Er leibst aber habe sich entschieden geweigert, bereit« jetzt Einzelheiten dft Programm» sestzusetzen. Unter dem 26. Juli 1905 schreibt Rouvier au Bihourd, er würdige den Wunsch de- Reich-kanzler» Fürst Bülow, jede Reibung zu beseitigen, und er fügt dem Hinz«: „Wir hätten uns nicht zu einer Zusammenkunft begebe« können, di« die Gefahr mit sich brächte, darauf htoan-znlaufe», daß di« Würde Frankreich« ft Frage gestellt werde." Am 1. August stellt Rouvier dem Fürsten Radolft da« Programm der Konferenz zn. Am 30. August beantwortete Rouvier ft riuem Schreibe« an Radolin die Bemerkungen Deutschlaud» über da« von der französischen Regierung vorgelegte Programm der Konferenz. Ju diese« Schreiben drückt Rouvier die Ansicht au», daß die polizeilich« Uebev» wachung de« Waffeuschmuggel« an der französischen Marokkogrrnz« eine ausschließlich zwischen Frankreich uud Marokko zu erledigende Angelegenheit bleiben müsse. Die Einigung sei de« Vorbehalt« der besonderen bezüglichen Rechte Frankreich« untergeordnet. Am 1. September erhält Bihourd von Landet den Auftrag, Bülow gegenüber den gute» Willen Frankreich- hervorzudebru. Rouvier konstatiert in diesem Schreiben di« Schwierigkeiten, di« von Deutsch laud behauptete einfach« L orge für di« Wahrung sefter Jutereste» mit den Soudervortetle» ft Einklang zu bringe», welch« Latftubach zu erhallen suchte. Ein Brief Bihourd« a» Rouvier vo« L. September kündigt «n. daß Rosru nach Pari« gesandt werd«, um eft näher«- EftverPLnbuft herbeizusühren. Da« Gelbbuch enthält hierauf dft Vorläufig«« und «udgüllige« Vereinbarungen zwischen Frankreich und Deutschland nnd schtteßlich tun die tr-trn Dokument» dft Auuahm« de« Programms dft Ortes und dft Zeitpunkte« der Koofereuz durch Marokko dar. veukscbes Zeicd. 1'eipztG, 1». Dezember. * Die sächsische Regier«», «ust Die Wahlrechtsreform. Die Interpellation de» sozialdemokratischen Abaeordueten Goldstein io der Zweiten Sammer über da« Verhalten der Regierung zu den Straßendemonstralioneu bat, wie wir schon in der gestrigen Abeuruummer de« Leipz. Tagebl. meldeten, zu einer Erklärung dft Minister- von Metzsch über die Stellung der Regierung zur Frage der Wahlrechtsreform geführt. Sie lautet eutgegeukommender al» au» der letzten Antwort, die auf die frühere Jnterpellatioa erfolgte, ent nommen worden ist. Di« Regierung will die Initiative ergreifen, uud wen» sie darau die Bedftguug kuüpft „so bald sie «iaen geeignete« Weg gesuadeu t« habeu glaubt", so darf dir« dahin aufgefaßt werdru, daß sie sich auch angelegentlich bemühe» uud beeile» wird, eine» solchen Weg zu studeu, den« sonst wäre dieser Zusatz uicht recht vtrstLnduch. Steht die Regierung aber so, daß sie bereit ist, deu Weg der Initiativ« wieder u» beschreiten, dann ist ft recht uud billig, de» ft Lu.sicht gestellte» Wahl- rechtSentwurf abzuwartr» uud diesen dann erst zum Gegen stand aller weitere» Erßrteruugeu über di« Wahlrecht«- Luderuug zu machen. Da« ist um so «ehr der gegeben« Standpunkt, al» dft Regierung sich bewußt sei« wird, daß eine weiter« gesetzgeberische Unfruchtbarkeit auf dem Gebiet der Wahlrecht-resorm, ja auch nur eine Verzögerung der in Aussicht gestellten Jnmativ« von ihrer Seite die bestehende Uazusriedenheit Uber da« jetzige Wahlrecht noch erheblich verlies«« und verbreiten würde. Aber der Minister hat zugleich auch darauf hingewiesen, daß sich dft Regierung Vie Wahlrechtsreform nicht durch gesetzwidrige Demonstrationen abtrotzra lassen werde. Damit hat er au-gesprochen, was jede starke Regierung in solcher Suuation znm Ausdruck dringen muß Sie kann »icht gesetzlich unzulässigen Mitteln der Agitation für eine gesetzgeberische Maßnabme weichen, wenn sie sich nicht selbst ausgeden will. Und der Abg. Golv- stein hat selbst zugegeben, daß die Demonstranten gegen da« Gcsetz gefehlt haben. An ihm und seinen Parteigenossen in Sachsen liegt es jetzt zu einem guten Teil, ob e« zu einer Wahlrechtsreform kommt oder nicht. Em menereSGerharren auf dem Wege, der mit friedlichen Straßendemonstraiionen be gann, auf dem dann aber schon mehr oder weniger offen mit dem Generalstreik gedroht wurde, würde eS mit vollem Recht der Regierung unmöglich werden, die versprochene Initiative in der WahlrecktSreform der Zweiten Kammer zu ergreifen. Und so kann die üroziaidtmokrati« zeigen, ob ft ihr ernst ist mit einem für die Arbeiterschaft und die unbe mittelten Volk-klassen verbesserten Wahlrecht oder ob sie die ganz« Wahlrecht-fache nur als «ine polllstche Machtsrage für die eigene Partei ansieht. Ist da» letztere der Fall, dann trügt sie die Schuld daran, wenn eine Wahlrechtsreform nicht zu Stande lommt. Im anderen Fall werden alle liberalen Kreise Sachienö bereit sein, für eine Wahlrechts- rrform zu wirlen, die die Mängel de- bestehenden Wahl recht« au-merzt zu Gunsten eine» Wahlgesetze-, da- allen Voll-klassen «ine gerechte Vertretung in ver Zweiten Kammer ermöglicht. * Der sühfteftukrtkoutsche Vuhnb« tu »er Vuh,e1» kowmtssiON. Die Buvgetlommisston veS Reichstage« setzte gestern d,e Beratung de- zweiten Nachtrag-etat- zu» Etat der Schutzgebiete fort. Es liegt «ft Aatrag Erzb«rg«r
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