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SWscheNolksmtuilg Bezugspreis, > AuSgabr 4 mit 2 Beilagen vierteljährlich »,l« In! Dresden durch Bote» »,4« In ganz Deuttchland frei HauS »,8» in Oesterreich 4 t» N. »luSgabe » nur mit Feierabend viertelMrüch »,di0 ^ In > Dresden durch Boten S, I« In ganz Deutschland srei Haus «.«» Xt in Oesterreich 4.«r E - Einzel Rr. t« 4. RedaMonS-Svrechstunoct I« bis I I Uhr vormittags. ! Für Rück abe eingelandter Schriftstücke macht sich die Redaktion n>cht verbindlich i Rücksendung ersol t. wenn Rückporto bei- gefügt ist. Brieflichen Anfragen ist Antwortsporto beizusügc» Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Die illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend Anzeigen, I Annahme von SeschüstSanzeigen bis ltt Uhr, von Familien- i anzeige» bis I» Uhr. I Preis für die Pettt-Spallzcile L« im Reklameteil St» ^ Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher auf. gegeben- Anzeigen können wir di- Verantwortlichkeit für die Richtigkeit des Textes nicht übernehmen. Geschäftsstelle und Redaktion Dresden. Holbetnstratze 4« Nr. 252 Fernsprecher 1366 Dienstag, den 5. November 1912 Fernsprecher 1366 11. Jllhrg. Rundschau Im preußischen Abgeordnetenhaus«: ge staltete sich das Ende der vorigen Wocl>e zu einer grnndsätz- licl-en und großzügigen Abrechnung mit der Anti- p o l e n g e s e tz g eb u n g. Tie stellenweise allerdings mehr als leniperamentpollcn Ausführungen des polnischen Red- ners Abg. Korfanty fanden eine glückliche Ergänzung durch eine groß angelegte Rede des Abgeordneten Grafen Praschma (Ztr.), die gerade durch ihre vornehme Ruhe und Sachlichkeit wirkte. Sehr glücklich beseitigte er zunächst den immer wieder herbeigeholten Einwan-, daß es sich hier ja nur um die Anwendung eines rechtmäßig zustande ge kommenen Gesetzes handelt. Es ist ein Unterschied, so führte er gleich zu Anfang aus, ein Gesetz zn erlassen und ein Ge setz anzuwenden-, etwas anderes ist das Todesurteil, etwas anderes seine Vollstreckung — das Gesetz kann geändert wer den, aber die Enteignung, einmal vollzogen, kann nicht zurückgenommen werden. Und nun schildert er in eindring lichen Worten all die unheilvollen Folgen, die die Aus führung dieses Ausnahmegesetzes im Innern und nach außen mit sich bringen muß. Im Innern wartet der Radi- kalisinus, der durch ein solches Gesetz groß gezogen wird, nur daraus, bis ihm Gelegenheit geboten wird, in seinem Sinne die praktischen Konsequenzen uns diesem ungerechten und ungesetzlichen Anlassen des Privateigentums zu ziehen. Und nach außen hin? Wir setzen die eigenen Worte des Redners hierher: „Wie ist es möglich, daß man in einem Augenblick, wo der Fall eintreten kan», einen Appell an das ganze deutsche Volk zu richten, Mann für Mann cinzu- stehen für die Ehre des Vaterlandes, große Landestcile in der Weise beunruhigt und verbittert, und eine Politik be treibt, die in gewissen Kreisen des Auslandes, in denen wir unsere kräftigste Stütze haben, geradezu als eine Brüs- kierung empfunden werden kann." Tie militärischen Erfolge, welche die Balkan- st a a t e n im Kriege gegen die Türkei fortgesetzt erringen, haben dem Latein der Großmächte ein grausames Ende be reitet. Erstaunt und vielleicht auch nicht wenig bestürzt sehen die diplomatischen Vertreter der Großniächte ein, daß ihnen schier überrascht eine neue, nicht mehr zu unter schätzende Macht erwachsen ist, eine Macht, die sie noch vor Wochen bemuttern zu können glaubten. Ziemlich allgemein gab man sich in den europäischen Staatskanzleien der Mei nung hin, daß es der Türkei gelingen werde, den Balkan- bnnd aufs Haupt zu schlagen, man tröstete sich mit dem nun zur schemenhaften Spottfigur gewordenen „StatnSquo" und war sonst zufrieden und guter Dinge. Wer aber in die inneren Verhältnisse der Balkanstaaten tieferen Einblick genommen hat — und dies zu tun, wäre vielleicht auch Auf gabe der europäischen Kabinette gewesen — der mußte zur Ileberzeugung koiumeu, daß die errungenen Erfolge der Heere der Balkanstaaten keine Zufallssiege sind, sondern daß dieser Befreiungskampf der christlichen Balkanvölker von langer Hand und gut vorbereitet war. Aus ganz unschein baren Merkmalen konnte man die Bemerkung machen, daß man in Bulgarien sowohl wie in Serbien bereits mit dem sicheren Kriege rechnete, während man noch in allen euro päischen Staatskanzlcien wegen Verhinderung des nicht mehr zu vermeidenden Krieges gutes Kanzleipapier un brauchbar machte. Wie dem auch sei, tatsächlich hat man vom Kriegssclfau- platze bisher nur von Siegen des Balkanbunbes und von Riederlagen der Türken gehört. Bulgaren und Serben sind in siegreichem Vordringen begriffen und auch die Griechen haben beachtenswerte Erfolge zu verzeichnen. Bei Sienitza haben die serbischen Trnppen sich mit den Montenegrinern vereinigt: üsküb ist in Händen der Serben, Skutaris Fall kann jede Stunde eintreten. Tie ungeahnten Erfolge der christlichen Balkanstaatcn haben selbst die sanguinischen Erwartungen dieser Völker übertroffen. Allerdings ist die Entscheidung noch nicht gefallen, noch kann die Schlacht am Ergeneflnß eine Wendung zugunsten der Türkei bringen. Aber die Verbündeten Balkanvölkcr haben den Vorteil der moralischen Siegesgewißhcit und befinden sich allem An scheine »ach in weit besserer Verfassung, als die osmanischcn Truppen, die in den Kämpfen, die sie zu bestehen hatten, nicht? mehr von der alten vielgerühmten Tapferkeit der Janitscharen verrieten. In Konstantinopel hat sich trotz der ängstlichen Verschleierungsbemühungen der Offiziösen die Unruhe über das Schicksal der Truppen und den Ausgang des Krieges eingestellt. Man beginnt dort nervös zu wer den und sucht — Ivo man doch weit besseres zu tun hätte — nach einem Sündenbock für die erlittenen Niederlagen. Man hat 200 Soldaten Inegen Feigheit niedcrschicßen lassen, und eS steht zu befürchte», daß bei weiteren Niederlagen die Wut des enttäuschten Volkes sich gegen die Christen kehren wird. Wohl rüsten sich die Mächte für diese Möglichkeit, schon stechen ihre Schlachtschiffe hilfsbereit vor den Dardanellen, aber es wäre dringend zu wünschen, daß es ihrer Jnter- venlion gelingen möge, den letzten Akt der Tragödie abzu kürzen. Tie Kabinette arbeiten mit großem Eifer: viel leicht wird es ihren Bemühungen gelingen, in den nächsten Tagen einen Waffenstillstand herbeiznführe», damit aus unblutigerem Wege die Balkanstaaten der Türkei den Frie den diktieren und ihre Rechnung präsentieren können. Ter Zeitpunkt zur Intervention der Großmächte dürfte jeden falls jetzt gekommen sein und einer geschickten Diplomatie müßte es auch gelingen, die siegreichen Balkanstaaten zu einem zeitigeren Frieden zu bestimmen. Daß es sich nicht einfach um die Wiederherstellung des „Statusquo" handeln kann, darüber kann kein Zweifel obwalten. Dieser Status- quo gehört zu den Gefallenen der Balkanschlachten. Aber was an seine Stelle zu setzen ist, darüber sollten doch die europäischen Diplomaten sich schon klar sein. In Frankreich dreht sich die innere Politik um die immer hoffnungsloser werdende Lage der Wahlreform, nnd guch die immer mehr zunehmende anarcho-sozialdemokratische Bewegung unter den Beamten und Lehrern macht der französischen Regierung schwere Sorgen. Immerhin treten auch in Frankreich die inneren Angelegenheiten gegen die auswärtigen zurück. Hat doch Frankreich die Mission übernommen, zwischen Oesterreich und Rußland ein Einvernehmen in der Balkanfrage herzu stellen. Das ist keine leichte Aufgabe, um so mehr als Ruß land in dieser Frage seine eigenen Wege geht. Auch Eng land dürste wenig geneigt sein, die Bemühungen Poincaräs zu unterstützen. Was wird Oesterreich tun? Man schreibt uns aus Wien: Offiziell und offiziös wird natürlich an den zur Behag lichkeit und Beschaulichkeit neigenden maßgebenden Stellen in Wien versichert, daß die „Großmächte einig sind", daß die „Interessen der Monarchie unter allen Umständen ge wahrt bleiben werden" und was dergleichen Phrasen mehr sind. Tatsächlich aber weiß niemand, was die nächsten Tage bringen werden: sicher ist, daß die österrcichisch-nngarische Monarchie, deren Lebensinteresscn in Frage stehen, auf alles gefaßt sein mnß. Was wird Oesterreich tun? Ein österreichischer Diplo mat hat darüber einem Vertreter der „Juta" folgende Aus kunft gegeben: „Oesterreich wird einer bedeutenden Gebiets erweiterung Bulgariens oder Serbiens niemals zustimmen. Auch Rumänien wird sein Veto einlegen und gegebenenfalls seinen Worten mit den Waffen Nachdruck verleihen. Da gegen ist Oesterreich einer Ablösung Mazedoniens von der Türkei nicht abgeneigt und bereit, ein selbständiges König reich Mazedonien, das dem österreichischen Zollverein bei- tritt, anzucrkennen. Dadurch werden Oesterreichs Inter essen, die vor allem ökonomischer Natur sind, am besten ge wahrt. Auch über den eventuellen neuen König scheint man sich in Wien schon klar zu sein. Der Gewährsmann nannte dein Vertreter der „Juta" den Prinzen Harald von Däne mark, der mit der Prinzessin Helene von Holstein-Sonder- burg-GlückSbnrg verheiratet ist." Sind die Missionen Ordenslätigkeit? Von Otto Eohausz 8. ck. Noch immer läßt diese Frage die Gemüter nicht zur Ruhe kommen, daher hierüber noch einige Gedanken. Obige Frage kann iir einem zweifachen Sinne verstanden werden, nämlich: Sind die Missionen eine Tätigkeit, mit der auch oder vorwiegend Ordensleute sich befassen und — sind die Missionen Ordenstätigkeit, insofern, als sic von den Orden ausgehen, von den Orden arrangiert nnd als ihre Amts sphäre betrachtet werden? Im ersten Sinne sind die Missionen Ordenstätigkeil, denn die Orden haben sich vielfach mit Missionen befaßt — aber eine Ordenstätigkeit im zweiten Sinne des Wortes sind die Missionen nicht. In dem ersten Sinne wäre aber auch Ackerbau und Viehzucht, künstlerisclies und wissen schaftliches Streben, ja sogar der Militärdienst Ordenstätig keit, denn OrdenSleute unterziehen sich noch heute alledem. Dann, was sind Missionen? Unter Missionen versteht man die Abhaltung eines Zyklus bestimmter Predigten mir daranschlicßcnder Ausspendung der Sakramente der Buße mrd des Altars. Nun aber steht es doch nach dem kanonischen Recht sowohl, wie nach der Dogmatik fest, daß das Predigt- nint so ausschließlich Aufgabe des Papstes und der Bischöfe ist, daß alle anderen Prediger nur predigen können, wenn und insoweit sie von diesen Autoritäten den Auftrag und die Vollmacht erhalten haben. Christus sprach nur zu dem Apostelkollegium das Wort: Gehet und lehret: damit sind nur die Nachfolger der Apostel, Papsttum und Bischöfe zu nächst die minmtri orckinarii, die berufenen Verkündiger des Wortes Gottes. So wurde es in der Kirche stets gehalten. „Die Ver waltung des Predigtamtcs für die ganze Kirche obliegt dem Papst, der m Petrus vor allem die Aufgabe erhalten hat, die „Brüder im Glauben zu stärken": der eigentliche Prediger der Diözese ist sodann der Bischof, der, mag er auch Erzbischof oder Primas sein, persönlich verpflichtet ist, das Evangelium Christi zu verkünden: er soll dies als sein vor zügliches Amt betrachten." SoHeiuer, Kirchenrecht, Bd.2,S.204. Diese Auffassung bestand von den ersten Anfängen, an in der Kirche. „Es ist nicht recht," so sprachen die Apostel, „daß nur das Wort verlassen und dem Tische dienen": die Predigttätigkeit übernahmen sie selbst, als hierzu gesandt, die Ausübung der kirchlichen Liebestätigkeit überließen sie anderen. Im Abendlande lag darum die Verwaltung des Predigtamtes zunächst ausschließlich den Bischöfen ob, im Morgenlande zogen manche Bischöfe schon bald auch Priester zum Predigen herbei, aber sie begegneten Schwierigkeiten, »sie auS dem Leben des hl. Augustin von PossidiuS, K. 0 hcrvorgeht. Nun konnten bei der schnellen Ausdehnung des Ehristeutums ja die Bischöfe allein nicht allen Predigt sorderungen auf die Tauer genügen, sie suchten sich darum Vertreter und Gehilfen in den Priestern, sei es ans dem Weltklerus, sei es ans dein Ordensstande, aber niemand von diesen durfte auf eigene Faust predigen, sondern nur soweit, als er vom Bischöfe beauftragt war. So sage» schon die apostolischen Konstitutionen 2. Band 07. K." Ta- nach (nach der Lesung des Evangeliums) sollen die Priester das Volk ermahnen und zuletzt der Bischof, der dein Steuer- mann des Schiffes gleicht." Die „rummn eunnnic-n" ist von der Kirche stets so ge- handhabt, daß kein Priester das Wort Gottes verkünden, kein Neligionslehrer in der Religion unterrichten, kein Lehrer, keine Lehrerin den Kindern den Katechismus er klären darf, wenn sie dieses Auftrages vom apostolischen Stuhl oder vom Bischof entbehren. Ja, es darf selbst nie mand als Missionar ins Heidenland ziehen, wird er nicht von der kirchlichen Autorität dazu bevollmächtigt. Papsttum und Bischöfe besitzen das Monopol der christlichen Lehre und der kirchlichen Leitung: wie sie auf dem Berge von Christus in die Welt hinausgesandt wurden, so senden sie die Priester. Und diese bleiben Hilfskräfte, und auch die Ordensleute haben sich ganz in diese Leitung der obersten Autorität hineinzufügen, auch sie werden vom Papsttum und den Bischöfen herbeigerufcn und dürfen nur da und nur soweit rätig sein, als sie von oben Auftrag erhielten: sie sind nur Mandatare des höheren und kirchlichen Willens: sie üben bei Missionen also eine bischöfliche Tätigkeit aus: nicht eine spezifische Ordenstätigkeit. Der Orden ist nicht zum Predigen gestiftet, sondern zum Streben nach Vollkommen- heit. Auch die Jesuiten bilden keine selbständige Armee, sie sind nur ein Hilfskorps, das nur die Aufgabe lösen darß die die oberste Leitung der Kirche ihnen anvertraut. Und zwar ist der Jesuitenorden seiner ganzen Idee und Stiftung nach nicht speziell für Missionen geschaffen, nein, er soll überall in der Seelsorge da emgreifen, wo es nottut und ganze Zeiten linden wir, wo der Jesuitenorden mit Volks missionen sich kaum befaßte. Tie geschichtliche Entwicklung der Volksmissiouen und ihr tatsächliches Arrangement entkräftet ja auch zu deutlich die Ansicht, Missionen seien Ordenstätigkeit, in dem zweiten, oben angeführten Sinne. Denn nicht die Jesuiten waren es, auch nicht andere Ordensleute, welche die großen Volks missionen nach dem Jahre 1818 wieder in Deutschland ein führten, sonder» die Bischöfe auf der Bischofskonfercnz in Würzburg faßten den Plan: von Bischöfen wurde dieses Mittel der religiösen Erneuerung zur Hebung der dnrch die Revolution gezeitigten Schäden in Vorschlag gebracht und anfänglich dachte man noch gar nicht an die Jesuiten, son dern gedachte die Missionen von Wcltpriestern und da diese nicht ausreichten, auch von Ordenspricstern halten zu lassen. Nach alledem unterliegt es gar keinem Zweifel mehr, daß die Missionstätigkeit ein Teil der bischöflichen und pfarramtlichen Obliegenheiten ist, daß die Missionäre nur ausführende und helfende Kräfte sind. Es werden im Krieg zur Beförderung der Bagage ja auch Privatfuhrwerke nnd Landlente herangezogen: damit wird die Kriegführung aber doch nicht zur Fuhrmannstätigkeit, sie bleibt Sache des Kriegsmimsterinms. Wohl hat -er Jesuitenorden vor anderen Arbeiten, die ihm von den Bischöfen aufgetragen wurden, die Missionstätigkeit gerne gehabt, Wohl auch hat: die deutsche Provinz zumal, nachdem alle anderen Zweige der seelsorgerische» Tätigkeit ihr verschlossen blieben, ans diese Tätigkeit ein großes Gewicht gelegt: insofern kann man sagen, die Missionstätigkeit sei ihre Haupttätigkeik. Aber wie aus der umfangreichen Schriftstellerei der Jesuiten, aus ihrer regen Schul- und Missionstätigkeit in kernen Länder», aus ihren vielen Vorträgen in Sälen usw. hervorgeht, ist ihr Ziel ein viel umfassenderes, nämlich, wie ihre zweite Regelung sagt: Die eigene Heiligung und die .Heiligung anderer. ...