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Dienstag 2. September Geschäftsstelle und Redaktion» ie 46 Fernsprecher 213'H! Postscheckkonto Leipzig Nr. I Dresden-A. IS, Holbeinstrah ve,»g«»r»»« > «uSgabe 1 mit illustr. Beilage vietteljShrttch ».8« -r. In Dr-«d»i und ganz Dcugchlnnd frei Han« >80 — Ausgabe v vierteljährlich it.88 oc. In Dresden »nd ganz Deutschland frei Haus 8.00 or. — Die sächsische VattStettung erscheint an allen Woch«tagen nachmittag«. — Sprechstunde der Redattton: 1t dt« IS Uhr vormittag«. Anzeigen I Unnadme V.NI NeschäftSanjeigen dt« 10 Uhr. van szamiiicnanzeigen di« II Uhr dorm. — Preis kür dt« Petit-Sp.illzeile 40 z, im Rellameletl 1 oc. Aamliie».Anzeige» litt z. —g>»r undeutlich geschriebene, sowie durch gen» spreche! ausgegcbcne Anzeigen tünncn wir die Beranlworllichleit sür tue Rlchtigleit de« repte« nicht übernehmt Der Worte sind genng gewechselt Von unserem volkswirtschaftlichen Mit arbeiter Seit den Tagen der Revolution Men, anfänglich bit tend, dann flehend und beschbwrend »nd schließlich mahncmd, lvarnend, ja sogar drohend die Aufforderungen zur werk tätigen Arbeit ins Land und Voll hinaus. Ter Erfolg ist bis l>eiite gleich Null. Tag für Tag wird es mit dnrchmns zutreffenden Worten und Begründungen wiederholt, in welch schrecklicher wirtschaftlicher Lage wir uns befinden und welcher Verantwortung jedes einzelnen wir bedürfen, um alis dem wirtschaftlichen El-avS unserer Twge herauSz»kom men. Es Hilst aber alles nichts. Die Zeickrünimerung der mirtsch-aftlrchen Werte, -je uns noch) verblieben sind, nimmt weiter ihren Fortgang. Wir sehen Tag. für Tag den Rest an wertvollen Reserven sich vermindern und mit fast absoluter Siäjecheit ist der Zeitpunkt unseres völligen Zusammen bruches zu berechnen. Mit Worten kommen wir nicht mehr weiter. Man muß dem Verfasser der kürzlich an dieser Stelle erschienenen Ans- fiihrungen durchaus znstinrmen, wenn er erklärte, daß ohne ein gesetzgeberisches Vorgehen zur Sickjerstelliing der Arbeite- leistungen, ohne ein Streikgesetz unser Wirtschaftsleben niäch mehr' anskommen kann. Welchen Zuständen wir zutreiben, kann unserem Dolle nW oft und eindringlich genug vor Augeu gefübrt werden. Mm -kam» auch iiicksi oft genug auf deu ungehemeu Erv.n der Lage verweisen. Tenn hier handelt es sich um Tinge, di« gar nicht erirst genug betrachtet werden können. Aus einen wirtschaftlichen Zusammenbruch folgt der politiickr- »mnittelbcrr hinterher. Mir diese Erfahrung bietet die Gc schichte zahlreicl-e erschütternde Beispiele. Zumal bei Völ kern, tvelche am Grabe stolzer Hoffnungen eine die Wurzeln ihrer militärischen, politischen und wirtschaftlichen .strafte berührende Niederlage aus dom Schlaclhselde erlitten haben. Das Bild, n>elct)es die Bcirrteitling der Wirtscl)aftsvar- ipngo im öffentlicljen Loben daihietet, hat sich gegenüber de: vorrevolutionären Zeit vollständig gewandelt. Tie beißende Kritik, jvelclje von sozialistischer Seite immer wieder an diesen Tingen geübt wurde, ist verstummt. Jetzt, da an, den sozialistischen Schultern in der -Hauptsache die Derant- »ivrtiing für das Staatsschicksal liegt, wird man sich be wußt, daß mit niederreißender Kritik kein Aufbau und zu mal nicht in dein komplizierten Wirbschiftsleben eines kw! les z>, erreichen ist. Wir finden datier augenblicklich gerade im sozialistischen Lager die schärfsten Kritiker der gegenwär tigen Zustände. Die hundertfachen Beispiele können um ein bcionders drastisches durch das Zeugnis des „Vorwärts"- rcd-.rktenr Erwin Barth »>ermehrt nwrden, der vor einige».- Tagen in einer Ltersammlung sozialdemokratischer Partei funktionäre folgendes aiisführtc: „Der Zusa m m e »» - bruch unserer Wirtschaft ist da. Wir babeu seit dem vorigen November mehr verzehrt, als erzeugt worden ist. Diese traurige Tatsache spiegelt sich in dem ständigen Sinken der Valuta wieder. Das Ausland hat kein Der trauen mehr zu uns. Hierzu kommt die Arbeitsnnlnsr. Fr, dieser Frage aber muß man den Ursachen auf den Grund gehen. Es ist tieftraurig und unbestreitbar, daß weite aibeitswilligc- Kreise nicht den genügenden Schm; sür Leib und Leben haben. In den Hcnnigsdorfer Fabriken sind gestern die Arbeitswilligen von den Terroristen mit der Drohung ans den Werkstätten gejagt worden: „Wer nick» in einer halben Stunde die Bude verlassen liat, dein wi'd der Schädel eingeschlagen. Wir haben eine heil lose Schweinerei in Deutschland. Die stonter revolntio.n von links droht und sie droht von rechts. Es fragt sich nur, wer schneller arbeitet. Es wird eiue .jeit kommen, in der keiner mehr nach Unabhängigen, Kam munisten oder Sozialdemokraten oder sonst einer Partei iragen wird: sondern zu «der Partei halten wird, die »ms ans dem Elend hemnszieht. Jetzt werden unsere Partei »nd die in der Regierung sitzenden Genossen für alle Schdveinereien verantwortlich gemacht. Und man muß eins bedenken: Es gibt keine Revolution, die nicht mit einer Diktatur geendet hat. Was tun nur. um nnseiv politische Freiheit zu retten? Jetzt ist die Stunde für uns gekommen, die Zügel anzuziehe». Und die Mittel linie, die wir einschlagen müssen, imiß, wenn es notwendig ist, mit Bajonettspitzen gegen links und reclsis gesickert wer- den. Denn nicht die Partei ist das Höchste, sondern unser Volk!" Wer die Lage zu übersehen imstande ist, weiß, daß de: Spreckx-r dieser Worte den gegeiUvärtigen Wirtschchtszii- stand durchaus richtig charakterisiert. Es ist aber nicht über flüssig, darauf hinzwveiseir, daß gerade die Sozialdemokratie im Grunde am allerwenigstens Anlaß hat, sich über die Ent wicklung der Tinge bis zum heutigen Stadium zu beschweren. Sie selbst war es, welche in Tausenden und Mertausenden der rücksichtslosen Parteiwerbung dienenden agitatorischen Versammlungen den arbeitenden Massen den Himnie! ans Erden versprochen hat, wenn erst einmal der sozialdemokra tische Znknnstsstaat Wirklichkeit geworden sei. Nun aber iöuuen diese Versprechungen von den Führern, welche das Schicksal des republikanischen Staates zu leiten haben, nicht erfüllt werden. Der ansgestellte Wechsel a»t^ die Zukunft bleibt ungelöst und liier ist der tiefere Grund sür die Miß stimmung und für die unverkennbare und immer weiter- sibreitende Radikalisierung der Massen zu suchen. Diese Radikalisierung nimmt immer drohendere Formen an. Die äußerst linke Seite macht ans ihrem Bestreben- von Worten zu Taten siberzu.gehen. gar keinen Hehl. Sie bauen ans die Verzweiflung, die ein Winter der Arbeitslosigkeit und der Kohlennot mit sich bringen muß. Schon hören wir. daß man in Bayern im Winter mit etwa -1 Millionen Ar beitslosen rechnet. Mit einer solck-en Masse, entsprecht'»- parteipolitisch mitgespielt, kann man alles machen. Tie Radikalen wissen ganz gut, weshalb sie jetzt schon und zwar auf dsm Wege zur ivciteren Zerrüttung innerer Wirt- 'chastsbasis, den Boden vorznbereften suchen, den sie ftüter Zinn Tummelplatz ihrer eigenen Wünsche und Bestrebungen machen wollen. Tie Vernichtung des gegenwärtigen Wirt- 'ch.iftsshstem ist ja überhaupt das oberste Ziel der Unab Imngigen und Kommunisten. So fordert jetzt der Arbeiter rat der Arbeitslosen Groß-Berlins in aller Dessentlickkeit anr. keine s r e iw e r d e n d e n oderals frei näch ze w i e s e n e A rb e i t s st e l I e anzune h m c n. Tie (selber der Bürger, die Gelderder Allgemeinheit sollen allen, zur Unterstützung der Arbeitslosen verwendet werden, die aus ihrer Arbeitslosigkeit einen Berus mache». Eine Regierung, die hiergegen nicht cinschreitet, gräbt sich selbst ihr Grab und sie würde ihren Untergang ver dienen. In Eristenzfragen gibt es keine Sentimentalität, am wenigsten wäre sie aber angebracht, wenn es sich um das Schicksal eines 6k> Millionen Volkes handelt. Auch die Regierung muß ihrerseits von Worten zu Taten übergehen. Die.Not der Zeit verlangt es gebieterisch, daß auch dic- Naticmalversammlnng zu diesen Dingen das- Wort ergreift. Mid daß sie dafür Sorge trägt, daß unser Volk und unser Wirtschastsleben endlich einmal Klai-Hcit darüber erbält, ob man gesonnen und fähig ist, sür eine mit geeigneten Mii lein du«-chznführende Beruhigung in unserer Wirtschaft zu sorgen. Ohne sie wird es nicht möglich lein, namentlich die Industrie zu ihrer früheren Leistungsfähigkeit zu bringe»- und den in der Judnsrrie tätigen Arbeitskräften »nd ibr angehöriigen Eristenzen Brot zu sichern. Der Worte sind genug gewechselt, mm lasse mau uns jetzt die Taten sehen! Reichspräsident Vbert in Dresden Dresden, 1. September Reichspräsident Eberl wurdc im Ministerium des In nern vormittags 'Rll Uhr von den Ministern »nd einein große»» Teile der verantwortlichen Beamten der gesamten LandesverN'altung-cn und den Vertretern der Beamtenaus- schüiie begrüßt. Der Stellvertreter des Ministerpräsidenten Minister Uhlig, begrüßte den Reichspräsidenten im Namen der sächsischen Staatsregieriing, namens der Volkskammer und des geiamten sächsische»» Volkes. Der Besuch sei eine Uiewäbr dafür, haß die Reichsregiernng volles Verständnis dafür babe, daß die einzelnen Reichsteile und besonders Sachsen auch im Einheftsstaate ihre besonderen Bedürfnisse und Eigenarten hätten, die in jeder Weise berücksichtigt werden müßten. Minister Ublig wies dann ans die poli tische und wirtschaftliche Lage Sachsens hin, wobei er be sonders die scl)wierigen Ernahrnngsverhältnisse Hervorbob. Weiter dankte er der .Reichsregiernng, daß sie Mittel zur Förderung der Wohmingsfürsorge zur Verfügung gestellt babe, um dann die Hossnnng aiisznsprechen, daß das Reich auch bei der Uebernahwe der Eisenbahnen berücksichtige»» möchte, wie sehr die Einnahmen durch das starke wirtschaft liche Leben Sachsens gefördert worden seien. Er dankte dein Präsidenten dafür, daß er in Weimar in seiner An sprache in den Einzelstaatei» die Duelle unserer straft er kannt habe. Im Namen der sächsischen Staatsregierung versicherte er, daß Sachsen tren zum Reiclw halten werde. Als Antwort ans die Begrüßungsworte des Ministers Uhlig in» Ministerium hielt der Reichspräsident fol gende Ansprache: Herr Minister, meine Damen »ind Herren! Der Zweck meiner Reise ist, zu versuchen, die Znsaiu- Mengehörigkeit und die gemeinsame Arbeit unserer einzelne»» Länder mit der Reichsleitnng zu fördern und mich weiter Lurch eigene Anschauungen zu informieren und zu hören, welche Wüttscl)e und Beschwerden mairches von diesen Län^ dern ans der Seele hat. Ich darf sagen, nachdem ich au< Abschluß meiner Reise stelle — ich komme ans Süddeutsch- l-and —. daß sie n o t w e n d i g n » d z w e ck m ä ß i g war. Es sind mancke Mißverständnisse aus dem Wege geräumt worden: ich habe manrlx- Aiir-egiinaen empfange» die zwei fellos geeignet sind, das engere sinsaminennsirten von Reich »Md Einzctslanten zu fördern. Ueberall aber ist mir der Gedanke entgegengeichlagcm, daß altes geschlossen, s r e n d i g und tre n z n in R e i ch und z u r R e i ch s - einI» eit st e b t. Meine Herren! Ick» freue mich, hier Gelegen! eit zu liaben, die Vertreter -er scict,jucken Verwaltung, die Ver treter der Bcamten und Angesrelllen des Staates begrüßen zu können. Mein Herr Vorredner bat schon daraus Isinge- wiesi-n, wie schwierig es sür die Beamten, na« in entIick für die l» ö h e r e n V" e a in ten , w a r, s ick mit - e n n e n e n V e rhäItnisse n a b zu sin - d e n. Ick bin von jeher tolerant gen>esrn nn-d ackte jede ehrlicke politisch« lleberzengiing und ick li-alie deshalb volles Verständnis sür die sckweren inneren stämpse, die manckrer tapfere Plan» in den letzten Monaten mit sich selbst dnrchge- sockten bat, um mit »ms gemeinsam am Wohle des Landes und des slleickes zu arbeiten. Ick weiß auch, ineine Herren, »nd habe das vielfach empfunden, daß es unmöglich ge rne'en wäre, das Schicksal des Landes in riibige Batmen zu lenken, wenigstens in sv ruhige, »sie Nur sie bisber hinter uns baben, »venu nicht der B e a m t e n k ö r p e r gescklv s. i en und tre n h»nt e r n n s gestände»» hätte. Dafür, meine Damen und Herren, kann ick Ihme» allen im Nanien des Reiches auss herzlichste danken. Ich weiß, daß die Verhältnisse in Sachsen beim:: ers schwierig waren. Nach dem politischen Zusammenbruch Mie der wirtschaftliche Ziisainnienbrncb und ein solcher wird in einem Lande mit so starker Industrie besonders scbN'er ver standen. Wir haben deshalb auch inrmer mit besonderen Sorge nach Sachsen gesehen und haben mit Genngtmmg gefunden, daß die Regiernmi die Lage richtig zu e-saisei» gewußt bat und daß sie ancb, wenn es geboten war. ent schlossen einzngreiseii wußte. Dafür danke i»h der Regierung, und ich benutze die Gelegeiibeit, auch namens der Reichs» regieruiig aiisriclitstae Teilnahme an dem tragischen Geschick, das den ehemaligen striegsminister Neiiriiig getrosft» bat, niisznsprechen. Die Neichsleitung hat volles Verständnis dafür nu) wir sind bestrebt, Sächü-n in seinen besonders scl)wierigen Ausgaben kraftvoll zu unterstützen. Es sältt uns nicht ein. das Eigenleben de,- Einzelsmaten i» eine Art svaniicken Stiesels ein'gischiiure». Wir baben auch nie verkannt, wie wiebtig die Pflege der Kultur der einzelnen Länder für das Gesamtinteresse des Reiches ist. Die Wünkcbe. die Herr Minister Ublig hier ausgeiprvclxm hat, sollen vom Reiche beacbtet und »melk Möglichkeit berücksichtigt werden. Was uns aber jetzt vor allem nottnt, das ist Klarheit darüber, daß wir den schweren Winterwonaten, die »ms bevorsteven. nur gewEen sein können, wenn wir alle bis au> den Lebten neck einmal unser Bestes einsetzen für nnier Land und für das Reick. Zu verlangen ist aber eins, das jeder Arbeiter ii » d S t a a t s b ü r g er e i n i i e l> t, daß Arbeit » u n e i n :n a I die G r n n d I a g e n n i e res Wirt - i cl; a s t s l e b e n s i st. Jeder, der an diesen Grnndtager« rüttelt, oder den Wirtsckastssrieden zu unterbinden ver sucht. hat mit dem schärfsten Widerstand der.Reiclzsre-giernng und der Gesamtheit des Landes zu rechnen. D-eshalb glaube ick ancb, daß es uns gelingen wird, diew letzte große Zcbwierialeit zu »ibersteben. Wir w'iden es nick! leicht liaben in der Zukunft: »vir werden vieles und mamlies ent- bebren müssen; wir weiden alle barl und fleißig und mii Hingabe aller Kräfte arbeiten müssen, aber dann wird es »ins auch gelingen, Dentickland einer besseren Fiümiit ent- ge-,zenznsühren. Wäbrend der Dainpsei'salirt von Pillnitz mick Rceiße!» ergriss bei einen» Frübstück, das an Bord des Dampfers gegeben wurde, Minister 1l l> I > das Wort, um nnnmehv den Präsidenten Ebert persönück zu begrüßen. Redner hob die große Bedeutung des EU'sironies bervor, als des wirtschistlicken Bandes, das uns mit Böhmen verbindet, mit dem »vir gute Handelsbeziehungen zu pflege» im Be griff seien. Unser Elbstrom werde »ms beim Wiederaufbau gute Dienste leisten. Er bosse und wünicke. daß der Elb- ström ein einigendes Band mit unseren Nacktb-arländern weide. Wir hoffen, daß die beiden leitenden Männer der Neicksregiernng sich in unserer Mitte wob! sich len und einer« guten Eindruck von unserem Saclsienland erlialtc-n. Ter