Volltext Seite (XML)
NMMiM Anznger. Erscheint wöchentlich drei Mal: Dinstags, Donnerstags und Sonnabends. Preis vierteljährlich 1 Mark, durch die Post bezogen 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummern 8 Ps. — Jnsertionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nichtabonnenten 10 Pf. Bei mehrmaliger Insertion entsprechender Rabatt. — Jnseraten-Annahme bis Abends 5 Uhr des vorhergehenden Tages. — Reclamen im Redactionotheil pro Zeile 20 Pf. — Geeignete Beiträge sind stets willkommen. 13. Für August und September werden Abonnements znm Preise von 7V Pf. frei in's Haus, bei Abholung zum Preise von 8« Pf. von den Austrägern wie in der Expe dition jederzeit entgegengenommen, und erhalten neu eintretende Abonnenten den Anfang der Er zählung, soweit der Vorrath reicht, wie die bis 1. August noch erscheinenden Nummern gratis geliefert. Exp d. „Waldenburger Anzeiger," Obergasfe 4L Am Entscheidungstage. Die Tage der Wahlvorbereitungen, der Ver sammlungen und Agitationen sind nun vorüber, und wird es sich heute entscheiden, ob die Partei der Revolutionäre, der Gotteslästerer, der Vater- landslosen noch immer einen so großen Anhang in unserem Wahlkreise hat, daß derselbe als eins ihrer unüberwindlichen Bollwerke zu betrachten ist. Es wird sich zeigen, ob es ihnen gelungen ist, durch Aufstecken einer heuchlerischen Maske eine große Anzahl von Wählern zu einer Wahl zu verleiten, zu der sie sich bei richtiger Erkennt- niß der Sachlage nimmermehr entschlossen haben würden. Wir haben unser Möglichstes zur Aufklärung über die Gefahren, über das Nutzlose der phan tastischen Träumereien der socialdemokratischen Weltverbesserung gethan und wollen heute nur noch eines Wahlaufrufes der socialdemokratischen Partei mit einigen Worten gedenken. Mit der Schlauheit, welche die socialdemokratische Führung mit dem Jesuitenorden gemein hat, und die allen Denjenigen nicht abgeht, welche eigen nützige Zwecke verfolgen, sind die socialistischen Flugblätter erst im letzten Augenblick zur Ver- theilung gekommen, in der offenbaren Absicht, eine Widerlegung und eine eingehende Be- Ftmlltton. Die Engeisstimme. Erzählung von Kans Machenhusen. (Fortsetzung.) Elsbeth war schweigsam, in sich gekehrt. Sie selbst kämpfte ersichtlich mit sich selbst; sie mar unzufrieden mit sich, unterlag einer Gewalt, gegen die sie vergeblich zu ringen schien. Aus ihrem stets umflorten Auge leuchtete es zuweilen so un heimlich, daß die Mutter sie mit stillem Bangen beobachtete. Fragte diese um die gleichgiltigsten Dinge, suchte sic die Tochter durch unbefangenes Gespräch aufzuschließen, so erhielt sie zerstreute Antworten und mit einer Miene, die der Mutter deutlich genug sagte, wie lästig ihr jede Unter haltung sei. Durch all Das ward die Gesundheit der ar men Frau, ohnehin nicht die kräftigste, untergraben: sie mußte das Lager suchen, ehe Elsbeth wieder daheim, und ein Gebet nach dem andern, um Schutz für ihr Kind flehend, auf den Lippen, wachte sie, bis Elsbeth nach Hause kam und ohne der Mutter den Nachtgruß zu bringen, ihr Zim- mer^ aufsuchte. Sie hörte die Tochter in der Nacht unruhig Dinstag, 30. Juli leuchtung vor der Wahl unmöglich zu ma chen. Viele werden vielleicht, wenn sie dieses Blatt in die Hand bekommen, ihr Wahl recht schon ausgeübt haben, und für diese sind diese Worte infolge dessen zu spät; dagegen aber Denjenigen, welche noch nicht gewählt haben, rufen wir vorerst nachdrücklichst zu: Geht zur Urne! Jedem Deutschen, der sein Vaterland lieb hat, der es nicht der Herrschaft einer Anzahl Dema gogen verfallen, der nicht deutschen Gewerbefleiß und blühenden Ackerbau dem Untergange ent gegen gehen lassen will, ist es heiligste Pflicht, zur Bekämpfung der socialistischen Umtriebe seine Stimme für unseren reichstreuen Candidaten ab zugeben. Jeder Deutsche, der durch Fleiß und Spar samkeit ein kleines Besitzthum sich erworben hat, und der dasselbe für sich und seine Kinder er halten will, ist genöthigt, seine Stimme abzugeben für unseren reichstreuen Candidaten. Jeder deutsche Arbeiter endlich, der nicht durch ein gewissenloses Demogogenthum zur Unzu friedenheit getrieben sein, der sich nicht den Samen des Hasses und der Zwietracht ins Herz streuen lassen will, der vielmehr in glücklichem Einver nehmen mit seinem Arbeitgeber, in Ruhe und Frieden mit seinen Arbeibtsgenossen leben will, er darf nicht feine Stimme einem Socialdemo kraten geben. Jeder hat aber auch die Pflicht, die Augen offen zu halten, sich nicht durch Versprechungen, die nur als Aushängeschild dienen, verleiten zu lassen. Sehen mir uns nur die Versprechungen des socialisiischen Aufrufes an, wir werden gleich sehen, welcher Werth ihnen beizumessen ist. Zum großen Theile sind es Forderungen, welche unsere reichstreuen Abgeordneten längst aufgestellt und auch schon durchgeftthrt haben. sich auf dem Lager wälzen; sie hörte zuweilen in den Kissen halb ersticktes Schluchzen. Und am Morgen, wenn Elsbeth sich erst spät und mit müden, vielleicht gerötheten Augen erhob, wagte sie nicht einmal mehr, das Kind seines gegen alle Sitte verstoßenden späten'Heimkehrens wegen zur Rede zu stellen, nachdem Elsbeth ihr einmal eine heftige Antwort gegeben. Die Familie war zerstört; jeder ging seinen eignen Weg, Keiner hatte Sinn für den Andren. Das Haupt derselben hatte ja keine Theilnahme mehr für die Seinen, und wie mocht' es mit seinem Interesse für die amtlichen Functionen stehen, die er sonst mit so viel Pflichteifer verwaltet! Der unglücklichen Mutter Herz war in stetem bangem Klopfen, und wenn sie so allein im Hause war, umschlich die Ahnung von etwas Schlimmem sie so unheimlich, daß sie aufgescheucht von einem Zimmer in's andre lief . . . „Wie ich höre, ist Botmer gestern wieder zu- rückgekehrt!" Damit empfing die Mutter Elsbeth eines Morgens, als dieselbe gegen ihre Gewohn heit schon zeitig am Abend die Ruhe gesucht und sich auch früher als sonst erhoben. Elsbeth schrak, der Mutter scharf wachendem Auge bemerkbar, leise zusammen. Sie schwieg, sie setzte sich an den Frühstückstisch und barg die Stirn im Taschentuch. „Du solltest dich wirklich schonen, Elsbeth! Wenn 1878. So ist Steuerverminderung stets von unseren Abgeordneten im Auge behalten und gefordert worden, wo es möglich war, und gerade jetzt, wo wir unter der Erhöhung der directen Ein kommensteuer zu leiden haben, wird eine Steuer erleichterung durch Einführung von Luxussteuern zu schaffen gesucht. Der Schutz unserer natio nalen Arbeit, die Aushebung der indirecten Steuern auf nothwendige Lebensbedürfnisse, die Besteuerung des Vermögens sind Alles Forde rungen, die von unserem reichstreuen Candida ten angestrebt werden. Was die Schaffung eines europäischen Schiedsgerichts anlangt, so dürfte es schwer halten, den Urtheilssprüchen desselben Geltung zu verschaffen, wenn hierzu nicht aus reichende Machtmittel vorhanden sind. Wenn so dann die Forderung nach Errichtung von Fach schulen und Lehrwerkstätten aufgestellt wird, so kann dies blos in der Unkenntniß der Thatsache geschehen sein, daß dieselben längst bestehen und daß fortwährend neue derartige Schulen errichtet werden. Wenn aber sogar versprochen wird, aus Herabsetzung der dreijährigen Dienstzeit hinzu- wirken, so wollen wir den Wählern blos die Thatsache in Erinnerung rufen, daß die Friedens präsenzstärke der deutschen Armee bis zum 31. December 1881 fest bestimmt ist, der nächste Reichstag aber schon am 31. Juli 1881 sein Ende erreicht. Wie will ein Abgeordneter ange sichts dieser Thatsache ein derartiges Versprechen halten? Noch einmal: Lasse sich Niemand durch ein derartiges verheißungsvolles Wahlprogramm irre führen, lasse sich Niemand verleiten, durch die Wahl eines Socialdemokrsten eine Partei zu unterstützen und großzuziehen, deren Lehren wir bereits zwei Kaisermordversuche zu danken haben, deren Bestrebungen auf Umsturz alles Bestehen den Hinzielen und die weiter nichts in Aussicht zu stellen vermag, als ein unreises Phantasie gebilde einer Weltverbesserung, wie es wohl auf Botmer dich so krankhaft bleich und abgespannt wieder sieht! ... Er wird erschrecken, wenn er die Veränderung erblickt, die in so wenigen Tagen an dir vorgegangen! . . . Ich wollte, deine Freun din reiste wieder ab,denn dieses Nachtwachen zerstört deine Gesundheit. „Sie ist schon fort!" lautete es dumpf unter dem Taschentuch. „Gott sei gedankt! . . . Willst du nicht Toi lette machen? Botmer wird jedenfalls nichts versäumen . . ." Eben trat die Magd herein, einen kostbaren Blumenstrauß und eine Karte in der Hand. „Herr Botmer läßt seine schönsten Grüße sagen!" Elsbeth schaute kaum auf. Sie bedeutete die Magd, Beides auf den Tisch zu legen. Dann erst ließ sie das Auge glanzlos auf dem Bou quet ruhen. „Er ist die Liebenswürdigkeit selbst! Die Mutter war tief gerührt. Ihr war's eine Erleichterung, diesen Mann wieder in ihrer Nähe zu wissen. Wir werden ihm sagen, Elsbeth, du seist krank gewesen," setzte sie hinzu, so bereitwillig sich zur Hehlerin machend in dem heißen Bemühen, Alles noch zum Besten zu wenden, was ihr mit Botmers Hilfe ja gelingen sollte. Elsbeths Oberlippe verzog sich spöttisch. „Wie du senkst, Mutter!" klang es wieder so tonlos apathisch.