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Erscheint jeden Wochentag früh ü U. MNrschclnt jeden Wochentag Rsg I Inserate werden b<» Nach! für die nächste Nr. angen Montag, den 16. October in. z Uhr für die nächste Nr. angenommen. Preie vierteljährl. 20 Nar. Inserate «erden die gespaltene Zen« oder deren Raum Mit S Pf. berechnet. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, -i- Rußland und die Weltherrschaft. Während in Europa Rußland, vor welchem unter Nicolaus I. bleiche Furcht herrschte, den stillen Zuschauer spielt und den nieder geworfenen Rest Polens systematisch zu vernichten sucht, übersieht oder mißachtet eS fast die europäische Welt, daß dieses riesige Reich, dessen Schwere schon nach physikalischen Gesetzen auf unsern Erd theil drücken muß, sich in Asien ungehindert auf enorme Weise ver größert. Die Sorge unserer Staatskunst geht nur darauf hinaus, das sogenannte Gleichgewicht in Europa zu erhalten — eine Idee, die etwas ungeheuer Triviales hat, wenn man bedenkt, daß dieses Gleichgewicht der staatlichen Mächte sofort gestört werden soll, wenn einer oder der andern ein Stück Land mehr zufällt — als ob es abgezirkelt wäre, wie groß gerade dieses oder jenes Land sein müsse. Und dabei sehen wir nicht allein, wie die Karte von Europa sich alle Jahrzehnte ändert, sondern wie die größten Mächte Europas sich außerhalb dieses von der Diplomatie so bewachten WelttheilS neue Erwerbungen zu verschaffen suchen, ohne daß die europäische Diplomatie darüber anders zu denken scheint, als daß „herrenloses", d. h. außer dem europäischen Staatsrecht stehendes Land von dem genommen wird, der Lust dazu hat. Niemand beachtet es, daß Frankreich sich mit langsamer Sicherheit des nördlichen Afrikas be mächtigt und nebst dem Mittelmeere diesen Erdtheil schon als seine Domäne betrachtet; ohne ein Wort fallen zu lassen, ließ man Frank reich sich in Mexiko festsetzen. Engländ überfällt in Indien fort und fort neue Stämme und annectirt sie; mit Frankreich zusam men, hat es in Cochinchina Eroberungen gemacht und ist in China eingedrungen. Und während die südliche Hälfte Asiens dergestalt sichtbar un ter die Botschaft der europäischen Westmächte geräth, rückt Rußland mit auffallender Energie von Norden her nach der Mitte'Asiens vor. ES hat seine Flanke durch die Eroberung des Kaukasus ge sichert, und von hier aus wartet es auf den Zusammenbruch des osmanischen Reichs, dessen Lebensdauer ja lediglich noch durch die Eifersucht der Mächte bedingt ist, die sich in seine Trümmer theilen wollen. Rußland will den Löwenantheil dieses türkischen Reiches haben; seine ganze Politik geht seit einem Jahrhundert darauf aus und der Krieg von 1854 war offenbar von Nicolaus I. unternom men , um die „Mission" Rußlands zu erfüllen, sich des Bosporus zu bemächtigen. England und Frankreich vereitelten es, weil Eng land in Rußland den gefährlichsten Rivalen in Asien hat, wo seine Hauptkraft ruht; und Frankreich half, weil es am Mittelmeere keine Macht wie die russische dulden will. Rußland wurde auch ein Vierteljahrhundert für Europa, besonders für die Türkei, in Schach gesetzt. Aber mit der echt russischen Zähigkeit und der weitsichtigen StaatSkunst, die es besitzt, nahm es dieselbe Politik nach wenig Jahren wieder auf. Mit gewaltigen Anstrengungen unterwarf es sich das Bergland des Kaukasus; es ist die unbezwingliche Veste, aus der es dereinst nur die Hand nach Persien, nach der Türkei und Kleinasien auszustrecken braucht. Im Norden eroberte es von Sibirien aus die Länder am Amur bis zur Grenze China» und bis dahin im Osten, w» Asten nach dem Norden Amerikas und den dortigen russischen Colonien hinüberreicht. Jetzt sehen wir, wie es keilförmig sich in die Mitte Asiens drängt und seine Spitze deutlich nach Indien, dem Schatze, aber auch der verwundbarsten Ferse Englands, richtet. Es gehört keine Phantasie dazu, um an zunehmen, daß in nicht allzu ferner Zeit England und Rußland in Asien aufeinander stoßen werden, um dann um die Herrschaft die ses Erdtheils miteinander einen Krieg bis auf'S Messer zu führen. Denn wer von diesen beiden Herr von Asten ist, der hat auch die Weltherrschaft, der ist gewissermaßen Herr vom ganzen Erdball. Tagesgeschichte. In einer Zusendung an die „Kreuzzeitung" sagt der Pastor Quistorp zu Ducherow in Pommern unter Anderm über die Noth der Lehrer in Pommern: Im Regierungsbezirk Köslin ist jetzt solche Noth an Lehrern, daß etwa 100 Stellen mit Präparanden besetzt sind, d. h. etwa 6—8000 pommersche Kinder — halbe Knaben zu „Schulmeistern" haben. Im Stralsunder Bezirk waren kürzlich eine Anzahl Stellen ganz unbesetzt, weil es auch an passenden Prä raranden fehlte. Die Noth an Lehrern hat ihren Grund haupt- ächlich in der Noth der Lehrer. Ein hinterpommerscher Super- ntendent versicherte mir kürzlich, daß fast keiner seiner etwa 60 Lehrer — auch nicht nach dem neuen „Modus" der Berechnung, die freilich viele Stellen von bisher 50 bis 60 Thalern, Alles in Allem, über Nacht plötzlich ohne erfolgte Verbesserung auf das ge setzliche Minimum von 85 Thalern und darüber „gehoben" hat — über 100 Thaler Einkommen habe, darum seine armen Lehrer wohl schwerlich die 10 Sgr. Beitrag zahlen oder von den Segnungen der Bereinsbuchhandlung Gebrauch machen könnten! Weniger besser sind die Verhältnisse der Lehrer in vielen Pommer'schen Synoden und Parochien. Nur die alten Küsterstellen und manche Striche im Weizboden der Küste, um Stargard, Pyritz rc., machen eine, aber keineswegs ausnahmslose Ausnahme. Und dann die Emeriten mit ihren 20 , 40 Thalern nach vielleicht 40 Dienstjahren! Und dann die Wittwen und Waisen mit ihren vor kurzem noch 9, jetzt 15 Thalern Jahresrenten! Aus Koblenz wird berichtet, daß am 9. Oct. Abends in der Dunkelheit ein Wachtposten einen auf ihn zukommenden fremden Menschen, der auf dreimaliges Anrufen nicht stehen geblieben, viel mehr nach dessen Bajonnet gegriffen haben soll, niedergestochen hat. Ueber Namen und Herkunft des sehr dürftig gekleideten Fremden hat noch nichts ermittelt werden können. Innsbruck, 9. Oct. (Gen.-Corresp.) Nach anher gelangten, aus bester Quelle geschöpften Nachrichten liegt es im Plane, für Welschtirol eine Statthaltereiabtheilung in Trient mit Unterordnung derselben unter die k. k. Statthalterei in Innsbruck zu creiren. So würde denn den Welschtirolern einer ihrer angelegentlichsten Wünsche erfüllt, nämlich die Errichtung einer eigenen zweiten Instanz für ihre vielen politischen Geschäfte, und andererseits würde dadurch eben wegen der Unterstellung dieser Behörde unter die Statthalterei zu Innsbruck die Einheit und Untheilbarkeit des Landes gewahrt. — Sollte, woran nicht zu zweifeln ist, der nächste Landtag — zu dem die neugewählten Vertreter Welschtirols dem Vernehmen nach inSgesammt erscheinen werden — eine Abtheilung des Landesaus schusses für Welschtirol, untergeordnet dem gemeinsamen Landtage, dotiren, so würde den billigen Ansprüchen beider Nationalitäten Rechnung getragen und die schon seit Jahren divergirenden Wünsche und Ansprüche beider Landestheile mit Berücksichtigung des recht«, historischen Bewußtsein» und der tatsächlichen Verhältnisse befriedi gend ausgeglichen.