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in Mecklenburg und verlangte das Eingreifen des Reichs zugunsten der mecklenburgischen Regierun gen gegenüber der oppositionellen Ritterschaft. Der Staatssekretär des Innern, vr. Delbrück, der- las zur Antwort eine knappe Erklärung der ver bündeten Regierungen, wonach sie es nicht für an gängig erachten, sich in den mecklenburgischen Ver fassungsstreit einzumischen, da dies mit den fö derativen Grundsätzen der Reichsverfassung un vereinbar sein würde. Der Gesandte von Meck lenburg-Schwerin, v. Brandenstein, schloß sich mit einer Erklärung an, der zufolge die mecklenburgi schen Regierungen nicht in der Lage seien, ein Eingreifen des Reichs zu beantragen, sie würden daher die Verfassungsreform in ihren Ländern aus eigenem Entschluß durchführen. In der nach gefolgten Debatte stellte sich der Konservative von Treuenfels auf den Standpunkt der Reichsregie rung, daß eine Einmischung der Reichsgewalt in die mecklenburgischen Angelegenheiten nicht an- gängig sei. Dagegen wirkte die Erklärung deS der Reichspartei vngehörenden mecklenburgischen Abgeordneten von Oertzen, er müsse trotz seiner Eigenschaft als Mitglied der mecklenburgischen Ritterschaft die Reformbedürftigkeit der Ver fassungszustände in Mecklenburg durchaus aner kennen, förmlich sensationell, wenngleich auch er schließlich meinte, das Reich dürfe Mecklenburg nicht die Verfassung aufzwingen. Regierungs seitig sprachen nochmals Staatssekretär Delbrück und Gesandter v. Brandenstein. Der Zentrums abgeordnete Gröber, der Sozialdemokrat Frohme und der Freisinnige vr. Pachnicke traten für die Förderung der mecklenburgischen Verfassungs reform ein, wobei indessen auch der ZentrumS- redner die Auffassung bekundete, das Reich habe kein Recht, in das Verfassungsleben Mecklenburgs hineinzureden. Am Mittwoch beschäftigte sich der Reichstag mit der Interpellation wegen der Be amtenmaßregelungen in Kattowitz. „Tribuna" und „Giornale d'Jtalia" veröf- fentlichen den Bericht der Schlußsitzung deS deut- scheu Hilfskomitees für Italien. Die „Tribuna" schreibt dazu: Die Ziffern allein sind schon ein so klarer Beweis einer Brüderlichkeit, die nichts un- versucht läßt, sich zu offenbaren, so daß jedes Wort, ihre moralische Bedeutung hervorzuheben, überflüssig erscheinen kann. Wir würden uns aber einer Pflichtvergessenheit schuldig machen, wenn wir diesem uns aus Berlin kommenden Doku ment inniger Freundschaft nicht ein Zeichen un- serer wärmsten Dankbarkeit folgen ließen. Poli tische Bündnisse haben, wie schon die Absicht Bis- marckS war, immer etwas Hinfälliges in sich und können von den Ereignissen überholt werden. Die Bündnisse des Gefühls haben aber unzerstörbare Kraft." — „Giornale d'Jtalia" sagt: In der wichtigen Sitzung, nach der sich das deutsche Hilfs- komitee auflöste, finden wir den Ausdruck der gan zen Sympathie der großen deutschen Nation für keiten und Seltsamkeiten auf und kann jedenfalls keinen Anspruch darauf erheben, als ein Spiegel, als «in klarer Ausdruck des Volkswillens betrachtet zu werden, wie ihn politische Wahlen ja bekunden sollen. In immer weiteren Bevülkerungskreisen Preußens, selbst bis in die konservativen Reihen hinein, hat sich darum bereits seit Jahren der Wunsch nach einer Reformierung des Landtags wahlrechts erhoben, aber stets haben bekannte ge wichtige Einflüsse die Verwirklichung einer solchen Reform zu Hintertreiben gewußt. Nun kommt also jetzt die neue Aera des Herrn v. Bethmann Hollweg und prangt mit ihrem politischen Reform eifer, der freilich, bei Licht besehen, nur ein recht mäßiger ist. Denn die Ersetzung der bisherigen indirekten Wahl durch die direkte Wahl und die anderweitige Einteilung der Wahlkreise würden doch nur nicht weiter belangreiche Neuerungen sein, und was die in Aussicht gestellte Verbindung des DreiklassensystemS mit dem Pluralwahlsystem anbelangt, so weiß man überhaupt noch gar nicht, wie das gemeint sein soll. Auf alle Fälle wird aber die preußische Wahlreform, falls sie sich wirklich auf die signalisierten bescheidenen Gren zen beschränken sollte, den Freisinnigen und den Sozialdemokraten einen recht willkommenen Agi tationsstoff liefern, den sie sicherlich gehörig aus beuten werden. Die Regierung Herrn v. Beth mann HollwegS dürste daher in der Wahlreform, frage immerhin einen etwas schwierigen Stand haben und die ganze Angelegenheit kann unter Umständen zu Komplikationm führen, die sich heute noch nicht übersehen lassen. Die preußische Wahlreform. Wieder einmal macht das nun schon jahre alte politische Experiment einer Reform des preußischen Landtagswahlrechts von sich reden. Die Thronrede, mit welcher am 11. Januar die neue Session des preußischen Landtags vom Kaiser in eigener Person eröffnet wurde, hat entsprechend den hierüber schon seit Wochen ergangenen An kündigungen, tatsächlich auch einen Passus betreffs des schwebenden Wahlreformprojekts für Preußen gebracht. Diese Stelle der Thronrede ist aber von verblüffender Kürze. Es wird da lediglich erklärt, daß die Vorarbeiten für eine Reform des Wahlrechts zum Abgeordnetenhaus ihren Abschluß nahe seien, und daß die betreffende Vorlage binnen einigen Wochen dem Hause zugehen werde — dies ist alles, lieber den Inhalt der Wahlreform vorlage enthält sich die allerhöchste Kundgebung jeglicher Mitteilung, indessen, das war auch kaum notwendig, weiß man doch hinlänglich aus offi ziösen Andeutungen, daß sich die Neugestaltung des Wahlrechts, welche der Reichskanzler v. Beth mann Hollweg in seiner Eigenschaft als preußischer Ministerpräsident plant, im wesentlichen auf die Einführung des direkten Wahlverfahrens, auf eine anderweitige Einteilung der Wahlkreise und viel leicht noch auf eine gewisse Verbindung des bis herigen Dreiklassenwahlsystems mit dem Plural wahlsystem, wie es z. B. im vorigen Jahre im Königreich Sachsen zur erstmaligen Anwendung gekommen ist, beschränken wird. Diese Zugeständ nisse der Regierung des Herrn v. Bethmann Hollweg an den Geist der Neuzeit wollen freilich nicht allzuviel besagen, wenn man sie mit den Forde rungen vergleicht, welche die Linksliberalen und die sozialdemokratische Partei Preußens, in der Frage einer Reform des Landtagswahlrechts für den leitenden deutschen Bundesstaat aufstellen und die nichts mehr und nichts weniger bezwecken, als die Uebertragung des bestehenden Reichstags wahlrechts auf Preußen. Aber daran ist im Ernst gar nicht zu denken, daß das gleiche, allgemeine, direkte und geheime Wahlrecht für das Reich in allen seinen Einzelheiten auch auf Preußen über tragen werden könnte, eS würde zweifellos einen gänzlichen Umsturz in der bisherigen politischen Zusammensetzung desAbgeordnetenhauseszugunsten des Radikalismus der Linken und vor allen seiner schärfsten Form, der Sozialdemokratie, bewirken und hierzu würden die maßgebenden Faktoren in Preußen sicherlich nimmermehr die Hand bieten. Dennoch steht indessen doch daS Eine fest, daß das jetzige preußische Landtagswahlrecht selbst nur bescheidenen Anforderungen an ein andere« Wahl recht keineswegs entspricht, hat doch einst kein Geringerer als der erste Reichskanzler Fürst Bis marck das geltend« preußische Wahlrecht als das „elendste aller Wahlsysteme" charakterisiert. E» weist eine ganze Reche politischer Ungeheuerlich- Deutsches Reich. Dem EröffnnngSakt des preußische« Landtags folgten bald die ersten Sitzungen der beiden Häu ser deS Landtags nach. Die Eröffnungssitzung des Abgeordnetenhauses wurde durch eine kurze Rede -es Ministerpräsidenten v. Bethmann Hollweg eingeleitet, in welcher er sich offiziell vorstellte und dann an das Haus um Vertrauen appellierte. Hierauf ergriff der Finanzminister von Rhein baben das Wort und verbreitete sich über den vor gelegten Etat für 1910, der mit einem Defizit von 92 Millionen Mark abschließt. Doch sprach Herr v. Rheinbaben die allerdings wohl etwas optimistische Meinung aus, daß es gelingen werde, das Defizit im Laufe des Jahres wesentlich herab zumindern. Nach der Rede des Finanzministers vertagte sich das HauS bis Sonnabend. Der Reichstag nahm am Dienstag nachmittag seine Verhandlungen nach Ablauf der WeihnachtS- ferien wieder auf. Der erste Vizepräsident vr. Spahn präsidierte in Vertretung de» unpäßlichen Präsidenten Grafen Stolberg der Sitzung. Zu nächst kam die mecklenburgische Verfassungsange, legenheit aufs Tapet. Der mecklenburgische Ab- geordnete Link schilderte die haltlosen Zustände Der sächW Lrzähker, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt der Kal. Schulinspektion und des »g> Hauptzollamtes -lmtäoerilbt« und des Stadtrates l» Bischofswerda. Gchcham jede« »«Vag abend» für den folgend« Lag und iß« eWh»-ßnch der Mittwoch» und Eommbend» «schet» «adm^elletripische« Beilage" bei Abholung viertel- ghttich 1 S0 Zustellung in» Han« 1 u» 70 4 bä all« PostauMtm 1 SO qMfive Bestellgeld. Ltnzelne Nummer» kost« Ist Nummer der ZrttuugSpreiSlist« SLS7. dBHGG ADV* v-v HernshdrechWeAe Rr. «. Bestellung« werd« bet all« Vostaustalt« de« deutsch« «Ache», für Bifchostwerda und UmMmd bei unser« Zettungsbot«, sowie tu der Geschäftsstelle diese« Blatte» «ngrrwrnmen. Schluß der Geschäftsstelle Abend» » Uhr. iviernndsechrigfter Jahrgang. gusetar», «ua« m »>el«w Blatte die weiteste Verbreitung Ad«, werd« bi» vorm lv Uhr angenommen, großer» und iompltzirrtt Anzeigen tag« vorher, und kostet die viergripalt«» vorpuszelle 12 «l, di« Rellamezeilr SO a Geringster Jnsrratmbetraa 40 wiv ascke^>a'tnng etugrsandtrr Manuskript« «sw. 'eine »ewilbr. Auf Blatt 11 des GenofsenschaftSregister»,. den «Par-, Kredit- «nb VezugSverei« Rammenau eingetragene Genossenschaft mit unbe schränkter Haftpflicht in Rammenau betr., ist heute eingetragen worden, daß . der Gemeindevorstand Marth Hanse in Rammenau infolge Todes au» dem Vorstand ausgeschieden und der Gutsbesitzer Marih Hermauu Herrer daselbst zum Mitglied« de» Vorstand«» gewählt worden ist. Bischofswerda, am 10. Januar 1910. SSuiglicheS Amtsgericht. Städtische Handelsschule ;u Bautzen. 1. Höhere VlbteUima. Aufnahme von 13 Jahren an. Die Reifezeugnisse berechtigen zum einjährig - freiwilligen Militärdienst. B. Lehrling-- NttelUing. Nähere Auskunft erteilt brat, »elldnelr, Direktor.