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kleben, oder: Um Beethoven zu spielen, muß man me'hr Technik haben als dazu gehört!" Wie auch das Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur zeichnet sich das A-Dur-Konzeit durch poetischen Ideen- und Empfindungsgehalt, harmonischen Reichtum und virtuosen Glanz aus. Es spiegelt vor allem aber die lyrische Seite der Lisztschen Natur wider und ist einsätzig angelegt (die einzelnen Abschnitte der Kom position mit unterschiedlichen Zeitmaßen gehen unmittelbar ineinander über). Durch Liszts „Erfindung von Motiven als plastische Einheiten, fähig zur unend lichen Umformung im Verlaufe eines Werkes" wurde er zum Schöpfer jener neuen Form, die (nach Richard Wagner) „in jedem Augenblick diejenige ist, die nötig ist". Ein melodisch geprägtes, etwas weltverlorenes Hauptthema, das zu Beginn von den Holzbläsern eingeführt wird, bestimmt in mannigfachen rhythmisch-me trischen und harmonischen Umformungen die gesamte Komposition. Besonders ein unruhiges Moll-Motiv und ein Zwiegesang zwischen Cello und Klavier ragen unter den Variantthemen heraus. Es kommt zu starken Gegensätzen und fast dramatischen Entwicklungen, wobei das Soloinstrument bedeutsam hervortritt. Neben verinnerlichten, stimmungsvollen Episoden stehen pomp hafte, virtuose Steigerungen. Am Schluß wird das Hauptthema mit höchster Klangentfaltung zu einem triumphierenden Marsch umgestaltet. Das Hauptthema erinnert, seinem rhythmischen Charakter entsprechend, an einen Galopp. Neue thematische Bildungen, die den schelmisch-flatternden Grundcharakter unterstreichen, bereichern die Entwicklung. Ebenso schelmisch und anmutig ist das zweite Thema. Der Mittelteil des Finalsatzes beginnt mit einer schweren, stampfenden Bewegung der Bässe. Vor diesem Hintergrund hebt sich eine Episode ungehemmter Fröhlichkeit ab. Mit einem stürmischen, keine Schranken kennenden Lauf endet dieses lebensfrohe, humorgewürzte Finale. Liebe Anrechtsinhaber! Leider können wir die gedruckte Vorschau für die Spielzeit 1972/73 erst am 19. und 20. April 1972 vorlegen. Wir verlängern aus diesem Grund die Kündigungsfrist bis zum 30. April 1972. Dmitri Schostakowitschs Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 54, ein nur dreisätziges Werk, 1939 vollendet und in Leningrad mit der dortigen Philharmonie unter Mrawinski uraufgeführt, ist eine Art Fortsetzung der 5. Sin fonie des Komponisten. Der erste Satz (Largo) entwickelt Gedanken, die dem trauervollen Largo der „Fünften" verwandt sind, wenn sie auch anders ausge drückt werden. Der Satz ist monothematisch (nur mit einem Thema) angelegt. Er ist auf einer Variationenfolge aufgebaut. Dabei findet eine in sich versun kene, schwermütige Nachdenklichkeit ihren intensivsten Ausdruck. Im Gegenstaz zum Largo der 5. Sinfonie herrschen in diesem Largomonolog größere Ruhe der Darstellung, einsichtsvolles Verzichten und Objektivität des Ausdrucks. Durch strömte die 5. Sinfonie ein noch lebendiges, eben erst durchlittenes Gefühl, so äußert sich hier die objektive Aussage des überwundenen. Schostakowitsch entwickelt eine weite sinfonische Bewegung in einem einzigen melodischen Atem. Er folgt darin dem von ihm so hochverehrten deutschen Altmeister Jo hann Sebastian Bach, wobei sich natürlich seine musikalische Gestaltungsweise auf ganz anderer Ebene bewegt. Besonders im Mittelteil treten deklamatorisch- rezitativische Züge, die hier charakteristisch sind, stark hervor. Das Largo ver klingt in tragischer Schicksalsergebenheit (Erinnerung an überstandene Leiden). Im Kontrast zu diesem grüblerischen, lyrisch-philosophischen Largo versetzen uns die beiden folgenden Sätze in die Welt lichter Daseinsfreude. In diesen Sätzen ist alles schimmernd, strahlend, alles trägt uns in unübersehbare, son nendurchflutete Weiten. Der zweite Satz (Allegro), überaus reich an Ideen, Klangfarben und Rhythmen, ist ein zauberhaftes Scherzo, eines der besten von Schostakowitsch. Das erste Thema schwebt sanft wie ein Lüftchen in den zier lichen Rhythmen eines schnellen Menuetts oder Walzers vorüber. Im zweiten Thema, zurückhaltender in der Beweguna, kommt der Walzer- oder eigentlich Ländlercharakter noch deutlicher zur Geltung. Das dritte Thema, breit und schwungvoll, erklingt im Zwiegespräch der Celli und Kontrabässe mit den Violi nen. Bemerkenswert für das ganze Stück ist die Leichtigkeit der polyphonen Handschrift. Für das glanzvolle, funkelnd instrumentierte Finale hat Schostakowitsch eine schlichte, melodienreiche Sprache gefunden. Man empfindet diese Musik als ein frohes Spiel des schöpferischen Bewußtseins, das sich von der Last der Vor urteile und Verirrungen befreit hat: „Die Welt ist schön!" sagt der Komponist. Ihre Dresdner Philharmonie VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 1., und Sonntag, den 2. April 1972, jeweils 20.00 Uhr, Kulturpalast 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solist: Arto Noras, Finnland, Violoncello Werke von Mendelssohn Bartholdy, Dvorak und Brahms Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1971/72 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. habil. Dieter Hartwig Die Einführung in die Schostakowitsch-Sinfonie stammt von Prof. Iwan Martynow Druck: veb polydruck, Werk 3 - 111-25-12 3 ItG 009-16-72 8. PHILHARMONISCHES KONZERT 1971/72