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«MW»«. 24. Vktvber litt« Lrakllanlchrlst: Nachricht«, Lrrkdrn gernlprecher-Lammclnummsr: «dSSt Nur für Nachlgetpritch»' Nr. rooll Echrtllleil»»» ». Hauptgetchäsisstelle: Lcc«den-A. I, Marirustrabe ll«/4S «r,uo»<,r»I>»r vom ri. «,. Vkt-V-, >»«« be, Ugtt» »wrlmallgrr LuNrlluna fr-, -au, M,. Bollbc,ua«pre>« ,ür Mona, Oktober 8.4V Ml. °l„,e Postiustelluno-aebühr. Sin,kl,lummer ,0 P,g. Autzerhalb Dresden» I» Big. An«etge»pre>te: Die Anzeigen werden nach Boldmarl berechnet: die etnipalttge so mm breite «eile »» Pin-, iü- auswirt, so Big. v-mlltenanzetg-n und Stellen, gciuche ohne Rabal, Id Big., -.cherhalb -b Big., dle so mm breite ReNan,e,eile -so P g.. »über, »alb LÜ0 Psg. Lkscrtengeb»»r so P,g. AuSwilrtige AuitrSge gegen Borausbezahlung Druck n. Verlag: Liepich » Nrichardt, Dresden. Postichechino. los« Dresden Nachdruck nur mit deutl.Ouellenangab« lDreidn.Nachr.i zuISiiig. Unverlangte Echriilftücke werden nicht auibewatzrt »1oKSNN-SSVI'gSs1-/XIlSS 6 k-,rn,gr. 1S777 -Xnsrksnnt gut« PI'SlSlVoi'1« MLD« sur s« c-ike »Akert ILonrMorsI Im I. Ltock INpsUcld nsctim. unä sben6s prsßier Ltrske L<cke Llckunienstrake ?j>8N6r Orquell Lünstler-LonLsrl Die M-ettonfmnz unterbrochen Bayern MM die Resormvors»lilge »es Reiches Neve Zierhandlungen im Ganse Berlin, 23. Okt. Aus Antrag Bayerns ist die Konferenz d«S Ausschusses für Verfassung und Vcrmaltungsrcform bis morgen vormittag vertagt worden» weil Bayern in einer der Souseren, vorgelcgten Entschließung der ReichSregicrung kein« geeignete Grundlage sür die weiteren Verhandlungen fleht. Die bayrische Auffassung geht nun dahin, bah die bereits 1« unserer Abendausgabe veröffentlichte Entschließung der Reichsregierung eine neue Situation geschaffen habe, zu der die Delegationen der Länder erst Stellung nehmen müssen. Wie verlautet, betrachtet der bayrische Ministerpräsident die in der Entschließung niedergelegten Nichtlinten nicht als eine brauchbare Grundlage für die WeUerkLhrung einer gedeihlichen Arbeit des Ausschusses. Die Entschließung hat in den Kreisen der bayrischen Delegation einige Utberraschung hervorgcrufen, zumal sic c t n st t m m i g gefaßt ist, also auch die Zustimmung des Neichspostministcrs Schätzel gesunden hat, der der bayrischen Vvlköpartci an- gehört. Gestern abend hat die letzte bayrische Delegation^ besprechung stattgcfunden. Au ihr hat auch Rcichöpostminister Schätze! tetlgenommcn: er ist aber zu dieser Zeit über die Entschließung noch nicht unterrichtet gewesen. DaS ist au sich natürlich, denn die Entschließung ist erst tu Ser Kabinctts- sihung gefaßt worden, die heute vormittag nm ü Uhr begann Wie von bayrischer Seite betont wird, ist eine Fühlungnahme zwischen dem NeichSpostministcr und dem bayrischen Minister präsidenten nicht mehr möglich gewesen. Aus bayrischer Seite werden besonders die Teile der Entschließung als ungeeignet angesehen, die eine stärkere Betonung der Reichsbesngnisse gegenüber den Aufgaben der Ländcrregierungen anstreben Im übrigen wird in Konscreuzkreisen darauf hin gewiesen, daß bereits gestern von Ländcrvcrtrctcrn mehrfach der Wunsch geäußert worden ist, daß doch auch die ReichSregicrung ihre Meinung bckanntgebcn möchte. Das ist nun in den oben mitgeteilten Richtlinien geschehen, die der Reichskanzler im Laufe der heutigen Vormittagsdebatte der Konferenz vor getragen hat. Im Laufe de« DienStagnachmittag traten zur Be- ratung der durch den Antrag der Rcichsregierung neu ge schaffenen Lage in den Verhandlungen des Ausschusses für Verfassungs- und Vcrwaltungsresvrm die Delegationen -er einzelnen Länder zu Sonderbcsprechungen zusammen. Wie die T.-U. erfährt, geht das Ergebnis dieser Besprechungen da hin. daß In der Mittwochsitznug Anträge von Bayern und anderen Ländern cingcbracht werden sollen, die eine weitere Teilnahme der süddeutschen Länder an den Verhandlungen er möglichen sollen. Bei einer Ablehnung dieser Anträge würde mit einem Abbruch der Verhandlungen des Ansschusses zu rechnen sein. Bayer» hat somit, wie cs scheint, mit seiner Stellungnahme gegen die Anträge der ReichSregicrung bei den süddeutschen «nd den mitteldeutschen Ländern Anklang gesunden. Ausführlich nimmt die „Bayrische volksparteiliche Korre spondenz" Stellung, die u. a. schreibt: Man hat den Eindruck, als ob die Neichsrcgieruug nicht den Mut hätte, das Kind beim Namen zu nennen. Deshalb ist äußerste Vorsicht ge boten, und cs ist verständlich, daß der bayrische Minister- Präsident nach Bekanntgabe dieser Vorschläge die Vertagung der Konferenz bis auf den letzten Tag beantragt hat. Födcra- listen haben bei diesem Dokument sicherlich nicht Pate ge standen, — vielmehr hat mau Len Eindruck, daß jene Kräfte im Ncichökabinctt den Ausschlag gegeben haben, die aus dem sogenannte« dezentralisierten Einheitsstaat hinaus wollen, wie dies der gegenwärtige Reichösustizministcr Dr. Koch-Weser in seinem Vorschläge entwickelt hat. Der Kernpunkt der Er klärung ist die Stellungnahme zur preußischen Frage. Man will den Dualismus zwischen Reich und Preußen beseitigen. Welche Negierung und welche Parlamente sollen ver schwinden? Natürlich die preußischen Staatsorgane. Man käme dann auf ein dezentralisiertes Preußen hinaus, dessen einzelne Teile dem Reiche als Sclbstvcrwaltungsorgane nnter- stchclr. An diese provinziellen Sclbstverwaltungskörpcr sollen die außcrprcußischcn Länder angepackt werden. Will man darauf hinaus? DaS sind die Hauptfragen, die die Länder, die wirklich Länder im Sinne der Rcichsverfassung bleiben wollen, zu stellen haben. Entscheidend bleibt für Bayern die Grundfrage, ob die beabsichtigte Rcichsrefvrm die bundes staatliche Struktur des Deutschen Reiches wahren will: die den Ländern noch verbliebenen Hohcitsrechtc, vor allem aus dem Gebiete der Justiz, der inneren Verwaltung «nd der Kultur, sind «nd müssen unantastbare Rechte bleiben. Alle Vorschläge, die von diesem Grundsätze abwcichen. sind für Bayern und für alle Länder, die ihre Eigenstaatlichkeit wah ren wollen, nicht diskutabel. stein Ergebnis »er Brüsseler Besprechungen Marker Gilbert nach Berlin abgereift Brüssel, 23. Okt. Parker Gilbert traf heute in Brüssel «ln. Ministerpräsident Jaspar gab ein Frühstück, an dem der Finanzministcr, der Minister des Auswärtigen und der Kabi nettschef des Außenministeriums tcilnahmcn. Gilbert gab den Regicrungsmitglicdcrn Kenntnis von seinen Unter redungen in London und Paris. Die belgischen Minister teilten ihm mit, ihre Regierung fei fest entschlossen, die im Dawes- plan Belgien zugestandcne Lage aufrcchtzn- erhalten, salls ein Sachvcrständigenauöschnß zur Revision deS Planes ernannt tderdcn sollte. Belgien könne nicht ans di« im Dawcsplan vorgesehenen Jahrcszahlungcn sowie ans die Forderung der Rückzahlung der Markbcträge durch Deutschland verzichten, die cs selbst zu zahle« gezwungen worden sei. Parker Gilbert, der nach Abschluß seiner Verhandlungen vom König empfangen wurde, hat am Abend, nm 7,83 Uhr, die Rückreise nach Berlin angetretcn. Bezüglich des Ergeb nisses der Brüsseler Besprechungen Parker GilbcrtS herrscht in hiesigen Kreisen der Eindruck vor, daß noch große Schwierigkeiten zn überwinden sind und infolgedessen wohl mit einem Zusammentritt der Sachvcrständigcnkonsercnz in nächster Zeit noch nicht zu rechne» ist. Berliner Ansichten Berlin. 23. Oktober. Die Presse beschäftigt sich mit den Nachrichten über die Reise des Rcparaliolisngeiiteii »ach Lon don und Parts und mit den zahlreiche» Vermutungen, die dahin gehen, daß die Verwirklichung der Genfer Verein barung über die Einschung einer Sachverstän - digenkom Mission zur Regelung der Rcparatioiissrage» in die Nähe gerückt sei. Man nimmt nun in Berlin an. daß mit der Einsetzung dieses SachverstnndigenanSschnsscs mög- licherwctsc im November, vermutlich aber noch vor Weih nachten, zu rechnen sei. Es wird darauf hingewiescn. baß in Deutschland keinerlei Anlaß bestehe, die bekannt« These Poin- caröS (Wiedererstattung der amerikanischen Schulden plus Wicdcransbaukvsten) zur Diskussion stehen zu lasten. Amerika bewahrt seine Reserve Washington, 23. Okt. Zu den Reparationsbesprechungen in Paris nnd Brüssel wird im Weißen Hanse erklärt, der Präsident habe bisher keine offizielle Mitteilung über diese Besprechungen erhalten und glanbe, daß jedes offizielle Ein- greifen der Vereinigten Staaten in die Diskussion im gegen wärtigen Augenblick wenig förderlich für einen befriedigenden Fortschritt ans dem Wege der Lösung des Reparationspro blems sein würde. Im Schatzamt« wurde erklärt, Mellon begrüße einen Entschluß Europas, die Frage der alliierten Schulden nicht mit der Festsetzung der Gesamtschnlb zu ver binden. sWTB.) Ner belgische strlegsmlnistee schwühl über »le „deutsche ScsM" Brüssel, 28. Okt. Im Verlaufe der Senatsdebatte über die Milttärgcsetzc erklärte Krlcgsminister de Broque- vilIe u. a., die Ausgaben für die Landesverteidigung seien keinesfalls übertrieben. Man müsse sich vor einer überraschenden Aktion «nd einem Einbruch in acht nehmen, die besonders seitens der deutsche» Truppen immer zu befürchten seien, obwohl sie jetzt etwas mehr Zeit erfordern würden. Deshalb sei der sechsmonatige Militärdienst unannehmbar, denn in diesem Falle würden die Wasfcnplätze an der Ostgrcnze die Hälfte des Jahres offen bleiben. Selbst der zchnmvnatigc Dienst würde große Gefahren für das Land in sich bergen, da dann zwei Monate lang keine Truppen in den genannten Plätzen liegen würde». In Truppen, die nur sechs Monate gedient haben würden, könne man kein Vertrauen setzen. Zur Psychologie des Volksbegehrens Die Weimarer Verfassung hat Volksbegehren und Volks, entscheid als Krone ihrer demokratischen Schöpfung eingeführt. Sinn und Zweck war, dem deutschen Volke als dem Souverän des neuen Staates die Möglichkeit zum Eingreifen in die Ge- sctzgebungSmaschine zu geben, wenn der Reichstag als sei« Delegierter und Wortführer versagt. Nun haben wir in den zehn Jahren der Republik bereits zwei Volksbegehren ge habt, und ein drittes ist im Anmarsch. Nach den gemachten Erfahrungen läßt sich feststcllen, daß die beiden von links her inszenierten Versuche wegen ihrer inneren Unwahrhastigkeit die Einrichtung mißbraucht haben. Der Feldzug für Fiirstencntcignung gestaltete sich zu einer großen Aufhetzung niedrigster Masscninstinkte und hatte, obwohl keine Erfolgs aussicht bestand, mit dieser Wirkung im Sinne der Urheber seinen eigentlichen Zweck, die Radikalisierung weiter, nicht partcigebnndener Kreise erfüllt. Das Volksbegehren gegen den Panzerkreuzer war noch viel eindeutiger etn ganz ein. scitigcs kommunistisches Parteimanöver, das mit seinen ver« logenen Argumenten nur darauf angelegt war, aus dem sozial» demokratischen Block Bruchstücke herauszusprengen. Beide» Unternehmungen gemeinsam war die nicht verfaffungsmäßigeAb» sicht, eine politisch günstige Augenblickskonjunktur zum Bor. teil gewisser Parteien auszuschlachten. Aus einer ultima rali» populi wurden Bolksbcgchr und Volksentscheid zu einer Waffe der Partcitaktik degradiert. Darum ist es, ganz abgesehen von den ErfolgSauSsichten» ein begrüßenswerter Fortschritt, wenn der Stahlhelm jetzt das Ding vom entgegengesetzten Ende anpackt und mit seinem angckündigten Volksbegehren auf Verfassungsänderung unter dem Motto: „Mehr Macht dem Reichspräsidenten!" eine Be. wegung cinlcitet, die wirklich in ihren Motiven und Zielen dem Mittel gerecht wird, dessen sie sich bedient. Hier liegt tat- sächlich das Schulbeispiel einer berechtigten Volksbefra gung außerhalb der regelmäßigen Wahlen vor. Denn das Kapitel: „Schäden des Parlamentarismus" ist vielleicht daS meistbesprochene in Deutschland: auch die Parteien bis weit in die Mitte hinein sind überzeugt von der Notwendigkeit einer Reform, die die Auswüchse der Parlamentsherrschaft ss beschneidet, wie der Gärtner allzu üppig wuchernde Pflanzen. Aber mit dieser Erkenntnis ist es auch aus. Vom Reden findet keine der Parteien den Absprnng zur rettenden Tat. Die einzelnen Fraktionen sind ja schließlich Nutznießerinnen des Systems, und es ist offenbar zu viel von ihnen verlangt» daß sic den Ast absägen, auf dem sie sitzen. Nur ein Anstoß von außen gibt die Möglichkeit, den Stein ins Rollen z« bringen und das auch im Parlamentswesen herrschende Ge. setz der Trägheit zu überwinden. Der Stahlhelm hat sich zur kühnen Tat entschlossen und bemüht sich eine Parole zu so« mutieren, die wirklich des Einsatzes der Person für alle Gut. gesinnten wert ist. Der Kampf soll nicht um Stimmenfang für diese oder jene Partei gehen, sondern um die Schaffung neuer Grundlagen für das deutsche Staats, leben, die nach den Lehren der Vergangenheit mit parlamen» tarischcn Mitteln unerreichbar bleiben. Ein richtiges Ziel und deshalb ein gutes Volksbegehren. Wenn wir so Tat und Absicht aus vollem Herzen begrüßen» so wird es sicher auch verständlich, daß es keine Miesmacherei ist, wenn wir im Hinblick auf den kommunistischen Mißerfolg auf die Mängel Hinweisen, die -er Methode des Volksbegeh rens anhaften und die seine Durchführung bis zum siegreichen Volksentscheid so schwierig gestalten. Die nutzlosen und kost, spieligcn Anstrengungen der Kommunisten haben wenigstens das eine Gute, daß man daraus Lehren ziehen und Fehler für die Zukunft vermeiden kann. Ueberraschcnd ist jedenfalls die Größe der Niederlage. Bei der Empörung, öle in der ganzen Sozialdemokratischen Partei gegen den Panzerkreuzer, bcschluß ihrer Minister aufloderte, wurden die ErfolgSaus- sichten wenigstens für das Volks begehren allgemein günstig beurteilt. Wenn deshalb die Kommunistische Partei kaum die Hälfte ihrer Stimmen vom 20. Mat in den Eintragungslisten vereinigen konnte, so müssen für diesen eklatanten Mißerfolg tiefere Gründe vorliegen, nicht nur solche, die mit der Panzerkreuzerfragc zusammcnhängen, sondern auch anöere, die durch die Vcrfahrensart beim Volksbegehren bestimmt sind. Das Hauptmerkmal bleibt freilich, daß der sozialdemo- kratische Block unter einer so starken Belastungsprobe, wie eS die pazifistische Lockung zum allgemeinen Kricgsschisfverbot war, fest zusammengehalten hat. Die Parteibiszlplin hat ttvrr allgemeine Stimmungen und Verstimmungen gesiegt. Auf der anderen Seite ergibt sich die Lehre, baß die Kommunistische I Partei ihre Leute noch nicht so bei der Stange hat, wie die