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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,so RM., bei Postbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrag. rrr-attr».^—.re .. 1, gebühr. Einzelnummern lüRpsgAllePostanstallen 2LÜll)LNvltt1l fÜk Wtt80pUff U. UMgögLNV Postboten und unsercAus. trügerund Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be- ftellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung odcrKürzung des Bezugspreises. — Rücksendung «ingesandter Schriftstücke e,folgt nur, wennPorto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir kein-Garantie. Jeder Rabattanspruch -Echt, wenn d?r B«?°7d?rck Klage -ingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen alleVermitllungrstel^n entgegeck Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen des Amts, geritbts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 252 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 28. Oktober 1930 Der Kampf um den Kreisabbau. „Ich bitte ergebenst, mit Nachdruck darauf hinzu weisen, daß die Ermäßigung der Produktionspreise . . . restlos zur Auswirkung kommt" — das liest man in einem Schreiben, das soeben der geschäftsführende Reichswirt schaftsminister den Länderregierungen zugehen läßt und in dem eine solche „Auswirkung" des Preisab baues bei der Kohle verlangt wird. Man kann ein derartiges Verlangen ohne weiteres verallgemeinern angesichts der Tatsache, daß schon eine ganze Reihe von Produzentenkartellen, namentlich in der Schwerindustrie, ihre Preise herabgesetzt haben, man andererseits aber aus den breiten Massen der Konsumenten immer wieder den lauten, mehr oder minder berechtigten Ruf hört: „Wir merkenblotznichtsdavon!" Mit der Kohlenpreisermäßigung — auch die Braun kohlenindustrie hat sich ja dem Vorgehen der Steinkohlen syndikate angeschlossen — wird nun aber ein Kostenfaktor berührt, der vom größten bis zum kleinsten Betrieb, bei der Produktion ebenso im Riesenunternehmen wie im Handwerk, eine ganz wesentliche Rolle spielt. Zudem besteht hier insofern eine recht günstige Lage, als der Kohlengroß- und -kleinhandel teils fest organisiert, teils „preisgebunden" ist, also auch damit die Möglichkeit für ein Eingreifen der Behörden bei „unwirtschaftlichen Preisbindungen" —gemäß der Julinotvcrordnung — ohne weiteres gegeben erscheint. Natürlich sind die Landes behörden die hierfür geeigneten Instanzen, und das Reichswirtschaftsministerium verweist diese Behörden auch ausdrücklich auf die Rechte, die ihnen durch jene Not Verordnung eingeräumt sind, auf die Waffen, die ihnen damit im Kampf für den Preisabbau in die Hand gegeben sind durch die Möglichkeit, mittels einer bis zum Konsu menten hinunter durchgedrückten Kohlenpreissenkung auch die Erzeugungskosten zu vermindern. Es soll aber nicht gleich mit der zulässigen Schärfe vorgegangen werden, sondern die Länderregierungen sind angewiesen, es bei den Kohlenhandelsorganisationen erst noch einmal sozusagen mit Güte zu versuchen, mit dem Ziel aber, nicht bloß die Kohlenpreisermäßigung beim Produzenten sich voll bis zum Konsumenten hin aus wirken zu lassen. Sondern darüber hinaus müßte geprüf! werden, ob die bisherigen Handelsspannen ab Produzenten bis zum Verkauf an den Konsumenten nicht auch reformbedürftig seien. Sind doch gerade in letzter Zeit gegen gewisse mitteldeutsche Braunkohlen syndikate — nicht gegen die Produzenten, sondern gegen die angeschlossenen Handelsgesellschaften — heftige Vor würfe über eine viel zu große Dehnung dieser Handels spannen gemacht worden, so daß vor kurzem erst das Reichswirtschaftministerium durch den Neichswirtschafts- rat gebeten wurde, diese Dinge einmal recht genau zu untersuchen; was aus mannigfachen Gründen auch recht notwendig sein dürfte, und zwar besonders deshalb, weil hier der ausländische Einfluß eine leider nur allzu große Rolle spielt! Die Landesregierungen sollten also dem Ersuchen des Reichswirtschaftsministeriums auch schon deswegen recht ausführlich Folge leisten, weil sich dann doch eine Preisermäßigung beim Hans- brand — die bisher abgelehnt ist — bis in die letzten Konsumentenkreise fühlbar machen, diese also doch „etwas vom Preisabbau merken" würden. Das dürfte sogar noch weit mehr geschehen, wenn es gelingen sollte, dem weiteren in jenem Schreiben aus gedrückten Wunsche des Reichswirtschaftsministers nach möglichster „Auswirkung" des Kohlenpreisabbaues Rech nung zu tragen: beiden Tarifen der Versor gung sbetriebe der Kommunen. Also bei den Preisen für Gas, Wasser, Elektrizität und demzufolge auch bei den Verkehrsbetrieben. Oft genug sind hier die Preisverteuerungen „begründet" worden mit einer Her aufsetzung des Kohlenpreises — nun könnte sich die Sache doch auch einmal in umgekehrter Richtung abspielen! Ge rade bei der Gaserzeugung z. B. ist doch die Kohle das eigentliche Rohprodukt, sollte mithin eine Kohlenpreis- ermäßigung auch das Endprodukt verbilligen. Sollte es wenigstens tun — aber es ist sehr fraglich, ob es geschehen wird! Angesichts der miserablen Finanzlage vieler Städte würden sich die Verwaltungen nicht wenig freuen, wenn sie die Kohlenpreisermäßigung „auffangen" und den Mehrerlös in die eigenen, ach! so leeren Taschen leiten würden. Auch hierfür dürfte es ja an „Gründen" kaum fehlen. Wobei übrigens auch erwähnt werden mag, daß derartige Versorgungsbetriebe ja keineswegs nur in Händen der Kommunen sind, sondern daß bei den größten von ihnen gerade die Länder das entscheidende Wort zu sprechen haben, daneben noch Provinzen, Kommnnalver- bände usw. Das gilt besonders für große Teile der Elektrizitätsversorgung, wo vielfach - außer bei den Kom munen — ein Lieferungsmonopol besteht, namentlich sür die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Städte und des flachen Landes. In Ostpreußen z. B. sind zahlreiche Ab bestellungen bisheriger Stromabnehmer m der Lmrdwirt- schaft erfolgt, weil die Stromkosten zu hoch ge,chraubt Wenn sich also die Preisherabsetzung bei der Kohle gerade hier, in diesen Betrieben der öffentlichen Hond, für die Massenversorgung in dem Ausmaß "Uvwirten wurde, wie sie beim Produzenten erfolgt, wenn solcher Her Ueberlall auf die „Sacken" dadenkapitän bestrettet jede Schuld. Ohne Grund beschossen. Bei der Beschießung des deutschen Dampfers „Baden" im Hafen von Rio de Janeiro durch die brasilianischen Aufständischen und nunmehrigen Gewalthaber sind, wie bekannt, 26 Menschen zu Tode gekommen, während weitere Leute verletzt wurden. Der Kapitän des Schiffes, Nolin, soll mittlerweile verhaftet worden sein, während das Schiff zu Reparaturarbeiten vor Anker liegt. Nun ist bei der Hamburg-Amerika-Linie in Hamburg ein auch vom Hapagvertreter in Rio de Janeiro unterzeichnetes Tele gramm folgenden Wortlauts cingelaufen: „Baden aus laufend, alle Kriegsfahrzeuge und Forts mit Senken der Flagge grüßend, mit besonderer Ausfahrterlaubnis des Hafenkapitäns versehen, vor Passieren des Forts Santa Cruz Pfcifcnsignal gebend, wurde, nachdem bereits Insel Cotunduba passiert hatte, beschossen. Granatvolltrcffcr Hintermast über Bord. 26 Tote und 43 Verwundete. Namen deutscher Passagiere bereits abgesandt. Zwecks provisorischer Reparatur und Ablegen, Verklarung ist Ver bleiben bis Montag mittag erforderlich." Da Kapitän Rolin somit alle eigene Verschuldung an dem Vorfall bestreitet, wird die Sache um so rätselhafter. Nach Angabe der deutschen Gesandtschaft in Rio befindet sich unter den Opfern aus der „Baden" ein Reichsdeutscher, nämlich der Heizer Willi Müller. Ferner wurden drei reichsdeutsche Passagiere verletzt, Georg Pohle, Otto Dambek und Paul Höhn sowie von der Be satzung des Dampfers der Matrose H. Osterkamp, der Heizer Hans Beversdorff und der Maschinenan- rmnmodore Rolin, der Kapitän der beschoffenen „Baden". Preisabbau beim Erzeuger nicht mehr oder weniger „av- klingt", wie wir das auf anderen Wirtschaftsgebieten erlebt haben, dann, aber wirklich nur dann werden die Konsumenten nun auch sagen können, daß sie vom Preis abbau „etwas merken"! Die Regierung feiert keine Feste. Dringende Aufforderung. Bei der großen wirtschaftlichen Not, mit der weite Kreise des deutschen Volkes zu kämpfen haben, muß jedes über maß an Feiern und Vergnügungen vermieden werden. Aus diesem Grunde haben die Reichs- und die preu ßische Negierung beschlossen, Einladungen gesell schaftlicher Art nur beim Vorliegcn besonderer Anlässe Folge zu leisten und ihre gesellschaftlichen Veranstaltungen auf das Mindestmaß dessen cinzuschränkcn, was mit Pflicht gemäßer Repräsentation vereinbar ist. Der Reichs Präsident hat diesen Beschluß ausdrücklich gutgchcitzen Die Reichsregierung und die preußische Staatsregierung richten angesichts des Ernstes der Zeit an alle Kreise die dringende Aufforderung, auch ihrerseits gesellschaftliche Veranstaltungen cinzuschränken und insbesondere von öffentlichen Festlichkeiten möglichst abzuschen. Hme bittet auch den Stahlhelm m eine nachmalige Antmort. Paris. Herds veröffentlicht am Montag die Antwort des Stahlhelms auf seine Revisionsvorschläge und nimmt noch ein mal dazu Stellung. Der Stahlhelm muffe wissen, so betont er, daß seine, Herves, Vorschäge das Höchstmaß dessen darstellten, was Frankreich jemals zugeben könne. Wenn der Stahlhelm da her in seiner Antwort von der Kriegsschuldlüge spreche, sei es zwecklos, die ganze Angelegenheit weiter zu verfolgen. Dag französische Volk glaube an Deutschlands Schuld und auch er sebst sei davon überzeugt. Wenn er aber trotzdem die Revisionsfrage ausrolle, so geschehe dies deshalb, weil man nicht ein ganzes Volk für einen Krieg Wärter Willi Ahrberg. Weiter sind acht Reichsdeutsche verletzt worden. Ihre Namen sind noch nicht bekannt- gegeben. Man vermutet in Hamburger Schiffahrtskreisen, daß die Revolutionäre, die das Fort Copacabana besetzt hatten, glaubten, daß der Dampfer „Baden" Angehörige der früheren Regierung an Bord hätte. Bei der Hapag nimmt man an, daß dem Kapitän Rolin die Ausfahrt aus dem Hafen nicht verboten worden sei; denn wenn er dieses Verbot gekannt hätte, würde er als erfahrener und ver antwortungsvoller Schiffsführer es vorsätzlich nicht miß achtet haben. Die politischen Wirren in Brasilien zwingen die europäischen Reedereien, die mit Brasilien verkehren, zu äußerster Vorsicht. Schon ehe die Beschießung des Hapagdampsers „Baden" sich ereignete, teilten mehrere, darunter auch deutsche Reedereien, mit, daß sie ihre Ab fahrten aufschieben müßten. So erklärt die Hamburg- Süd, daß alle ihre Abfahrten nach südbrasilianischen Häfen einstweilen nicht stattfinden würden. Deutschland fordert Schadenersatz. Wie man von zuständiger Stelle erfährt, hat die deutsche Gesandtschaft in Rio de Janeiro sofort nach Be kanntwerden der Beschießung des Hapagdampsers „Baden" eine Untersuchung eingeleitet und zu diesem Zweck eine deutsche Kommission an Bord des Dampfers geschickt. Zugleich hat sie sich mit den zuständigen brasi lianischen Stellen in Verbindung gesetzt. Die brasilia nischen Behörden haben zugcsichert, zur Aufklärung des Falles alles Notwendige cinzulciten und schuldige Per sonen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Gesandtschaft ist angewiesen worden, auf Grund des festzustellendcn Sach verhalts angemessene Genugtuung und vollen Schaden ersatz zu fordern. Wie die Generaldirektion der Hapag-Hamburg be kanntgibt, haben sich an Bord der „Vaden" auch fünfzehn dänische Passagiere dritter Klasse befunden, von denen aber niemand im geringsten verwundet worden ist. Die Verwundeten oder Toten seien ausschließlich Deutsam und Spanier. * Abfahrt der „Baden" aus Rio Kapitän Rolin nicht verhaftet. Nach den Informationen, die an Berliner zuständiger Stelle vorliegen, bestätigen sich die aus Amerika stammen den Meldungen von der Verhaftung des Kapitäns des Hapag-Dampfers „Baden" in Rio nicht. Das Schiff fährt noch am Montag abend unter Führung seines Kapitäns von Rio wieder ab. verantwortlich machen könne. Es fei aber besser, die Klärung der Frage den Geschichtsschreibern zu überlassen. Wenn der Stahl Helm ferner an der Verwirklichung des großen Deutschland, dem österreichischen Anschluß, festhalte, jedoch damit die Wiederein verleibung Tirols und der drei Millionen Deutschen in Böhmen gemeint sei, so sei es ebenfalls zwecklos, weiter zu verhandeln. Desgleichen sei in der Antwort die Rückgabe des Korridors ent halten, der zwar polnisch sei, für Deutschland aber einen unhalt baren Zustand darstelle. Der Stahlhelm füge in seiner Antwort hinzu „und der anderen Eebietssragen der Ostgrenze". Unter derartigen Umständen habe es keinen Sinn, Zeit zu verschwenden. Er müsse den Stahlhelm noch einmal bitten, ihm zu antworten, ob er glaube, daß das von ihm eng umgrenzte Programm dem Stahlhelm geeignet erscheine, eine deutsch-französische Verständi gung herbeizusühren. Die Antworten, die er von deutschen Eiser nen Kreuz-Rittern erhalten habe, hätten nur bei den französischen Patrioten Verständnis gefunden. Rechberg an Hitler. Berlin. Arnold Rechberg hat am Montag erneut ein Telegramm an Hitler geschickt, in dem er diesem mitteilt, daß Herve ihm erneut im Sinne des Artikels Herves in der Victoirc mit der Ueberschrift „Was mir Hitler erwidert" telegraphier! habe. Rechberg sagt in seinem Telegramm an Hiller, er sei der Ansicht, daß nunmehr Hitlers klare Antwort zur Frage des deutsch - französischen Militärabkommens notwendig geworden sei. Rechberq fährt dann fort: „Ich bin überzeugt, daß die ganze zukünftige Einstellung nicht nur des nationalen Frankreich, son dern Frankreichs überhaupt als der gegenwärtig stärksten Mili tärmacht in Europa zum deutschen Nationalismus, alsdesjen Wortführer Sie in Paris gellen, von Ihrer Antwort abhangt. Ich Halle ein deutsch-französisches Mil.tarabkommen als conditio sine qua non für die Verwirklichung auch der übrigen von Herve vorgeschlagenen Bedingungen. Diese Bedingungen sind ein Gan zes aus dem keine einzelne Bedingung herausgelassen werden kann Nach meinem Dafürhalten würde in Ihrer grundsätzlichen Zustimmung zu allen Vorschlägen Hervss kein Risiko für Sie ge legen sein. Werden diese Vorschläge verwirklicht, so würden Sic einer der Männer sein, die Deutschland von den Ketten des Ver sailler Vertrages befreit haben. Außerdem hätten Sie auch bei