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SchSMlM MaMM und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. 247. ^Waldenburg, 21. October 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der Kronprinz, die Kronprinzessin trafen am 20. d. Nachmittags 3 Uhr mittelst Extra zuges von Baden-Baden in Frankfurt a. M- ein, auf dem Bahnhöfe von den Spitzen der Behörden, sowie von dem Prinzen Herrmann von Sachsen, Weimar, General Schlotheim, Oberpräsident Ende- Polizeipräsident Madai und dem Generalintendant v. Hülsen empfangen. Nach der Ankunft unterhiel, sich der Kaiser einige Zeit mit der Kronprinzessint welche sich mit ihrer Tochter von dem Kaiser verab schiedete, um nach Wiesbaden weiter zu reisen. Beim Herauslreten aus dem Perron wurden der Kaiser und die Prinzen von dem nach Tausenden zählenden Publikum mit brausenden Hochrufen be grübt. VomBahnhofeffuhren die Herrschaften nach dem neuen Panorama unter den freudigsten Kundgebungen der dicht gedrängt Spalier bildenden Bevölkerung. Von der Besichtigung des neuen Panoramas, wo die Schlacht bei Sedan künstlerisch dargestellt ist, begab sich der Kaiser izach dem nahen Palmengar ten, von den Spalier bildenden Kriegervereinen mit Hochrufen begrüßt. Im Palmengarten wurde er von dem Verwaltungsrathe empfangen. Der Vor sitzende hielt eine Ansprache, worin er hervorhob, daß seit dem letzlen Besuche des Kaisers das im Jahre 1877 durch Flammen beschädigte Etablisse ment schöner wieder erstanden ist Dank der Unter stützung der Regierung und der Bürgerschaft. Un ter den Klängen der Hauskapelle besichtigte der Kaiser den Saal und die Galerie, ließ sich die VerwaltungsrathsmitgliederunddieArchitectenSchmidt und Holtzmann vorstellen und besuchte das Postgs- bäude, wo um 5 Uhr Diner stattfand, wozu die Spitzen der Behörden geladen waren. Die Haupt straßen der Stadt waren reich beflaggt. Der Bundesrath hat am 20. d. seine erste Sitzung nach seinem Wiederzusammentritt abgehalten. Es wurden ausschließlich formelle Fragen erledigt. Das Wolff'sche Telegraphen Bureau verbreitet folgende Nachricht: Ein Antrag Hamburgs auf Verhängung des kleinen Belagerungszustandes über Hamburg ist beim Bundesrath bis heute noch emgegangen. (Erwartet man denn einen solchen?) Die „Prov.-Corresp." schreibt: An dem ernsten Willen der Pforte, den Beschluß der Ueb ergäbe Dulcignos auszuführen, liegt kein Grund vor zu zweifeln und es darf erwartet werden, daß die Pforte nachdrücklich ihr Ansehen geltend macht und die lokalen Hindernisse, welche sich etwa der Ein lösung ihres Wortes entgegenstellen sollten, unver züglich beseitigt. Frankreich. In 12 Departements sind die beschuhten und die barfüßigen Karmeliter aus ihren Klöstern ver trieben morden und ebenso zu Böziers die dort wohnhaften Franziskaner. Allenthalben hatte die Polizeibehörde die Thüren zu sprengen, nicht h"* am Haupteingange der Klöster, sondern auch an leder einzelnen Zelle. Die Insassen wichen nicht vom Platze, ehe die Polizeileute oder Gendarmen Hand an sie legten und in einzelnen Fällen mußten vle Mönche förmlich hinausgeschleppt werden. Zu Montpellier begab sich der Bischof in festlichem begleitet von mehreren Geistlichen nach oer Präfectur; bei dem Präfecten eingeführt, sprach er über denselben die Excommunication aus. Zu "fuhr den Polizeicommtssar ein gleiches Schicksal. Auch in den Straßen vor den Klöstern Freitag, de» 22. Oktober sind an vielen Orten lebhafte Kundgebungen, theils zu Gunsten der Vertriebenen, theils gegen dieselben, laut geworden. Die nichtfranzösischen Mönche haben allenthalben Frankreich in 24 Stunden ver laffen müssen, rind nur einigen kranken Ausländern wurde eine längere Frist gegönnt; überall haben die Vorsteher der Klöster gegen das Vorgehen der Regierung protestirt und sofort die Gerichte angerufen. England. Die englischen Blätter mahnen die Regierung dringlich, sich weiter in keine abenteuerliche Po litik einzulassen. Sie wenden sich unmittelbar an den Premier, dem allein die Möglichkeit eines un bedachtsamen Vorgehens zugemuthet wird. So schreibt unter anderm die „Saturday Review": Möchte Herr Gladstone sich doch durch seine Schmeich ler nicht über die Stimmung im Lande täuschen lassen. Das englische Volk habe eine kriegerische Politik gegen die Türkei niemals gutgeheißen; selbst die Popularität Gladstones würde nicht stark genug sein, eine solche durchzuführen; England besitze we der das Recht noch die Befugniß, die Beschlüsse der Berliner Conferenz zu vollziehen, die an sich unge recht gegen die Türkei gewesen seien und die weder Frankreich,, noch Deutschland und Oesterreich gewalt sam erzwingen wollen. Irland macht den Engländern doch viel zu schaf fen. Das amtliche Blatt in Dublin veröffentlicht eine obrigkeitliche Proklamation, durch welche die öffemliche Sicherheit in der Grafschaft Kerry für gefährdet und eine Verstärkung der Polizei für er forderlich erklärt wird. Eine weitere obrigkeitliche Bekanntmachung setzt eine Belohnung von 1000 Pfd. Sterl, für diejenigen Personen aus, welche durch ihre Mittheilungen zur Festnahme der Mörder des kürzlich ermordeten Downey beitragen können. Montenegro. Montenegro hat die von der Türkei gestellten Bedingungen betreffs der Uebergabe von Dulcigno zurttckgewiesen. Man findet das natürlich, wer dieselben ins Auge faßt. Die Bedingungen waren nämlich folgende: Eine neue veränderte unannehm bare Grenzlinie, Einschränkung der Schifffahrt, welche den Besitz Dulcignos lahmlegt, und der Abzug der türkischen Truppen einige Stunden vor der An kunft der Montenegriner. Die Türkei fängt die alte Geschichte wieder an, die Sache hinzuziehen. Aus dem Muldenthale. *Waldenbnrg, 21. October. I. I. D. D. der Erbprinz und die Erbprinzessin von Schönburg- Waldenburg trafen heute früh, von ihrem Schloß Wittgenstein in Rumänien kommend, auf Schloß Waldenburg ein. Aus dem Sachsenlande. — Die sächsische Negierung wird im Bundesrathe den Antrag auf Einführung des Veredelungszolles gegen Oesterreich einbringen. So telegraphirt man aus Berlin nach Wien. — Die Generaldirection der sächsischen Staats eisenbahnen schreibt jetzt die Lieferung einer bedeu tenden Menge Schwellen aus und zwar werden für nächstes Jahr nicht weniger als 150,000 Stück kie ferne Querschwellen st 2*/r m lang und 21,240 m Weichenschwellen von Eiche gebraucht. — Von der Reichstagswahl im 22. Wahlkreise Reichenbach-Auerbach am 19. Octbr. ist bis jetzt 1880. folgendes Resultat bekannt: Schmiedel (Candidat der vereinigten Ordnungsparteien) 2599 Stimmen, Müller (Socialdemokrat) 2406 St. Der Sieg der Ordnungsparteien erscheint hiernach gesichert, da dem Candidateu der Socialdemokratie es nicht gelungen ist, in den Städten, den hauptsächlichen Sitzpunkten der sacialistischen Arbeiterbevölkerung, die Mehrheit zu erlangen. — Die „Landwehr-Zeitung" bringt folgende interessante Pferdestatistik. In Preußen kommen 9,2 Pferde auf 100 Menschen, in Mecklenburg 15 bis 17, im Elsaß 8,8, in Bayern 7,3, in Sachsen 4,5, in Württemberg 5,3, in Baden 4,8, in Hessen 5,3. Der Durchschnitt für Deutschland beträgt also 8,2 Pferde auf 100 Einwohner. Der Pferdereich thum des nördlichen Deutschlands ist militärisch um so wichtiger, als die dort gezogenen Rassen kriegs brauchbarer find, als die des Südens. Was die Preise der Remonlepferde (1880—1881) anbetrifft, so betrugen sie im Durchschnitt in Preußen 655, in Sachsen 900, in Württemberg sogar 966 Mk. Es wurden im Ganzen 7603 Pferde angekauft. — In Dresden sind am 19. d. 10,000 Mark, ein Geschenk des Hrn. Commerzienraths Baron v. Oppenheim in Köln, unter die Armen vertheilt worden. — In Leipzig ist das neuerbaute Reichspostgs- bäude seiner Bestimmung übergeben worden. — Eine in Leipzig bei den Landbäckern auf dem Wochenmarkte am Sonnabend stattgehabte Brov- revision ergab die seltene Thatsache, daß bei sämmt- lichen Brodsorten ein — Uebergewicht vorhanden war. — In Crimmitschau soll der „sreisinnig-reichs- treue Verein" nach dem „Leipz. Tgbl." in diesem Jahre dadurch seine Thätigkeit gezeigt haben, daß er am 22. März, 23. April und 2. September zu Commersen einlud. Recht giftig! — Am Montag Abend hat sich an zwei zusam mengeknüpften Halstüchern im Ortsgefängniß zu Connewitz ein wegen Diebstahls eingelieferter Hand werker erhängt, der sich anfänglich Gottlieb Müller aus Markkleeberg nannte, dann aber behauptete, er heiße Wolfram. — Eine auf dem Thosfeller Rittergute dienende Viehmagd wurde dieser Tage von einem Bullen durch einen Stoß vor den Unterleib gelödtet. — Wegen Verkaufs verdorbenen Fleisches war gemäß ß 367, 7 des Reichsstrafgesetzbuchs der Flei schermeister Johann Friedrich Beyer in Bischofs werda vom dasigen königlichen Schöffengericht in eine Geldstrafe von 60 Mark genommen worden und hatte hiergegen unter dem Anführen, er habe es jenem, von einem anderen Fleischer ihm über lassenen Fleische nicht angesehen, daß dasselbe von einer crepirten Kuh hergerührt, das Rechtsmittel der Berufung ergriffen. Nach anderweiter Beweisauf nahme gelangte die 2. Strafkammer des königlichen Landgerichts zu Bautzen in ihrer Sitzung vom 16. d. M. zu der Ueberzeugung, der Angeklagte habe nicht vorsätzlich, sondern fährlässig und insofern ge gen die Vorschriften in ß 11 des Gesetzes vom 14. Mai 1879 gehandelt und setzte die Strafe auf 40 Mark herab. — Am letzten Freitag Abend gegen 11 Uhr ist an der Fähre bei Brücke a. d. S. ein großes Un glück passirt. Ein Mühlwagen aus Rothenburg kam nämlich um die gedachte Zeit von Eisleben zu rück. Die Pferde, des Weges kundig, schritten auf die Fährstelle zu; die Fähre aber befand sich am anderen Ufer. Wahrscheinlich schlief der Knecht, die Pferde gingen über die Anfahrt hinweg in die Saale, und Knecht, Pferde und Wagen verschwan-