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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerMienS-Preis 22 l Siiberqr. Thlr.) vierteljährlich, 3 Tblr. für dus ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preuhischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt auf dieses Literatur- Biatt in Berlin in der Erpeditiou der Mg. Pr. StaatS-Zeitung jFriedriäS- Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllööl. Post - Aemtcrn. Literatur des Auslandes. 18. Berlin, Freitag den 10. Februar 1843. Aegypten. Aegypten unter Mehmed Ali. Es erscheint so eben ein Französisches Werk in zwei Bänden über Aegypten unter Mehmed Ali, welches in jeder Weise der vollkomm.ne Gegensatz des Werkes von Clot-Bey sepn wird. Der Verfasser, Herr Hamont, hat sich wie Clot-Bey lange Zeit bei Mehmed Ali ausgehalten und ihm in ver schiedenen Stellungen gedient; doch wenn Clot-Bey Alles mit so günstigen Augen ansieht, als ob ihm der Pascha die seinen geliehen hätte, so zeichnet cs Hamont mit um so dunkleren Farben. Die Itvvue üo ?uliü gicbt ausführ liche Auszüge aus seinem Werke, denen wir Folgendes entnehmen. Die erste Frage, die sich nnö cntgegcndrängt, sobald wir von Mehmed Ali's Herrschaft sprechen, ist die der Monopole. Ilm die Neuerungen, zu denen sich Mehmed Ali berufen glaubte, durchsetzen zu können, mußte er sich eine äußere Macht gründen ; so drückte er auf alle Erzeugnisse des Landes sein Siegel; alle Bedürfnisse konnten nur durch ihn befriedigt werden; mit der Einführung der Monopole war Aegypten Mehmed Ali's. Der unerschöpfliche Born, der das ganze Land erhält, ist der Ackerbau. Alle Schätze sprießen aus dem Boden, den der Nil befruchtet. Hierher mußte er daher zuerst sein Auge richten. Man bewies dem Volke, daß cs in seinem eigenen Interesse sey, wenn der Herrscher ihm die Mühe des Ackerbaus abnehme; er als der Weisere und Mächtigere müsse tiefere Pläne entwerfen und sie leichter aus- führcn können; er als der Reichere könne den Wechsel der Fruchtbarkeit besser ertragen; sein Volk aber sey dadurch einer großen Sorge enthoben, da er hiermit die Verpflichtung übernehme, die Bedürfnisse desselben jederzeit zu bc- friedigen. Die Folgen dieser liebevollen Fürsorge blieben nicht aus; sie waren Elend, Hunger und Abnahme der Bevölkerung. Der Ackerbauer mußte wie früher im Schweiße seines Angesichts säen und ärndte»; doch er durfte nicht mehr säen, was er wollte, und mußte die Aerndten in die Staats-Magazine liefern; er sah daher keinen Grund, sich allzu sehr anzustrcnzcu, der Acker wurde schlecht bestellt; die Befehle der Regierung zur SaatI welche stets erst abgcwartet werden mußten, kamen bald zu früh, bald zu spät; der Lohn, den der Untcrthan für seine Arbeit zu fordern hatte, blieb aus, er konnte daher seine Stenern nicht entrichten; man pfändete sich an seinem Vieh, dieses war ihm zur Ackerbestellung unentbehrlich; er konnte nun weder seinen Pflichten gegen die Negierung Nachkommen, noch sein Brod erwerben; cs blieb ihm somit nur die Wahl, entweder ein Näuberleben zu beginnen oder Hungers zu sterben. Man giebt als Grund hiervon gewöhnlich die Fahrlässigkeit der Unter, thancn an. Doch Herr Hamont widerspricht diesem entschieden. Er ver sichert, daß dieselben Unterthanen, als sie auf Gefahr des eigenen Schadens den Ackcr bauten, unermüdlich waren und cin sehr regelmäßiges Leben führten. Eine Art von Rache nehme daö Schicksal, so fährt der Verfasser fort, dadurch an Mehmed Ali für diesen Schritt, daß er nun beim Verkauf des Ectraides von seinen Beamten auf alle Weise betrogen werde. Wenn er aber seine Provinzen bereise, was er von Zeit zu Zeit regelmäßig thuc, so wisse nian ihm so vortrefflich zu schmeicheln und allcS Anstößige seinem Auge fern zu halten, daß er stets mit der festesten Uebcrzeugung vom Wohlstände seiner Unterthanen von der Reise zurückkehre. Hamont geht sogar so weit, den Nutzen der Arbeiten, welche am Nil vorgenvmmcn sind, zu leugnen. Er sagt: „Die Partei dcS Pascha's macht geltend, daß er Kanäle habe ziehen lassen; doch dies habcn alle Paschas, alle Sultane gethan; gleichwohl, wendet man mir cin, blieben ganze Landstriche von dem Vorthcil der Ueberschwem- mung ausgeschlossen; das sind sic auch jetzt noch, muß ich erwiedcrn, die Kanäle sind so unregelmäßig und so unüberlegt geleitet, daß noch jetzt oft die fruchtbarsten Plätze von der Nilfluth nicht erreicht werden. „Doch man leitete sie früher noch unüberlegter." Nicht immer, und wenn eS wäre, würde dies noch keine Entschuldigung seyn. Man baut faktisch die Kanäle noch heute ohne alle hydraulische Berechnung, so daß sic weder zur Zeit der Ueberschwemmung das Wasser gleichmäßig vertheilcn können, noch im Som mer daS nöthigc Wasser enthalten, weshalb man alljährlich mehr Ziehbrunnen anlegen muß. Dazu verfahren die Bcamtcn, welche der Bewässerung ver stehen, sehr nachlässig. Wenn sich nun auch die sichersten Anzeichen eines un gewöhnlich großen Wasser-Austritts einstellcn, so denken sie nicht daran, ihre Dämme zu vergrößern; ihre Pflicht schreibt ihnen vor, Dämme aufwerfen zu lassen; dies habcn sie gethan, und ihr Gewissen ist beruhigt. Nicht lange, so kommen Boten und jammern, das Wasser dringe durch, cs wühle die Dämme hinweg, es trete von allen Seiten über dieselben; nun werden Männer und Weiber, Kinder und Greise, Blinde und Lahme aufgcboteu, dem Unglück zu steuern; man arbeitet ununterbrochen, die Dämme zu ver größern und neue aufzuführcn; allein wenn cs auch gelingt, einer Gesummt- Ueberschwemmung, welche alles Eigenthum der Unterthanen dahinrafft, vor- zubcugcn, so sind doch ganze Strecken für dieses Jahr unfruchtbar gemacht; der Saamc fault, ehe er keimen kann." Nachdem Herr Hamont sehr ausführlich von allen zur Verwaltung des Landes gehörigen Einrichtungen gesprochen hat, handelt er von dem Mili- tairwesen, welches er fast noch abschreckender malt. Bor Mehmed Ali waren nur die Türken Soldaten; er nöthigtc die Aegyptischen Bauern zum Militair- dienste, und die Bildung des Nizam oder des stehenden Aegyptischen Heeres kostete viele Anstrengungen. „In den Gebirgen von Assir, jenseits Mcdina's, hatte sich eine neue Religion gebildet, welche den MuhammcdanismuS zu stürzen drohte. Wahab war der Gründer derselben und seine Anhänger nannten sich Wahabitcn. Sie bekannten einen alleinigen Gott, doch leugneten sie die Propheten, und Mu hammed war in ihren Augen nur ein Betrüger. Sie plünderten die muham- medanischcn Hciligthümer und bereiteten einen allgemeinen Krieg vor. Meh med Ali führte seine Türkischen Soldaten gegen sie, doch diese waren zu schwach; da beschloß er, die Acgyptcr im Kriege zu versuchen. Man verlachte seine Absicht als Thorhcit, man schalt sie Ketzerei, man zeigte es ihm im Scherze wie ein einziger Türke mit seinem Rohrstocke zehn dieser neu zu schaffenden Helden vor sich her trieb. Die Acgypter selbst zitterten, als sie von dem Plane hörten, sie waren noch nie von ihren Eroberern, von den Griechen bis zu den Franzosen herab, zu Soldaten gemacht worden. Viele wanderten mit Weibern, Kindern und Hcerdcn nach Syrien aus, Andere verließen ihre Häuser und batcn die Beduinen unter ihnen leben zu dürfen. Da glaubte sich Mehmed Ali genöthigt, die Rebellen durch Härte zu schrecken; er licß einfangen, wen er erreichen konnte, Schuldige und Unschuldige, und sie hinrichtcn. Um sich ihren Familien zu erhalten, leisteten die Acgyptcr dem Befehl des Pascha's Folge, doch bald sielen sie auf ein neues Mittel, sich dem Waffendienste zu entziehen; sie hackte» sich den Zeigefinger an der rechten Hand ab oder blendeten sich das rechte Auge mit ungelöschtem Kalk. So verstümmelten sich viele Hunderte, nur um einem Schicksal zu entgehen, das ihnen weit härter schien als die'e körperliche Untüchtigkcit. Doch die AnShcbnngcn wurden fortgesetzt, wer nur noch halb gesund war, wurde unerbittlich den Seinen entrissen. Man klagtc, daß die für den Ackerbau nöthigc Anzahl Personen nicht mehr vorhan den sey, doch hier galt eS cin ncucs Prinzip durchzusetzcn und inan konnte sich durch Nebendinge dieser Art nicht stören lassen. Allein nun kamen die Be güterteren und boten den Werbern Geld oder Vic- für ihre Freilassung. Wenn man auch dann noch am Prinzip fcstgehalten hätte, so konnte dies ein seitig scheinen; man beschloß daher Jeden, der tausend Piaster zahlcn konnte, freizugcben, doch wer dies nicht besaß, der bewies durch diese Armuth seine Befähigung zum Kriegsdienste, und cs war dies cin so kräftiger Beweis, daß er selbst durch offenbare Körperschwäche und Krankheit nicht widerlegt werden konnte. So raffte man die Acgyptcr von sechzehn bis fünfzig Jahren auf; jeder Ncugeworbcne wurde alsbald in den Kerker geworfen, damit er nicht entrinne. Doch noch hatten die Werber eine zweite Klippe zu übersteigen. Wenn die Rekruten an den Ort ihrer Bestimmung gelangt waren, wurden sie von einer besonders dazu bestellten Kommission körperlich untersucht, und natürlich oft als unfähig befunden. Nun boten die Werber all' ihre Phantasie auf, dieser neuen Gefahr zu entgehen : sie boten zunächst den Mitgliedern dieser Kommission Geld an, doch nicht immer waren dieselben bestechlich : da stellten sie ihre Diener an den Landstraßen auf und ließen die Reisenden fangen, und wenn diese schwuren, man betrüge die Kommission, sic seyen nicht zum Kriegs dienste verpflichtet, so schwuren ihnen dic Werber inS Gesicht, sie seyen Lügner; die Kommission aber war gewohnt, daß dic Nekrutcn noch bis znm letzten Augenblick hofften, durch Widersetzlichkeit sich retten zn können, sic schenkten den Werbern daher mit Recht mehr Glauben, und. wen sein Weg an solch' eincm vcrbängnißvollcn Tage gerade aus die Lardstraße geführt hatte, der mußte im Kampfe gegen die Wahabiten für den Islam znm Märtyrer werden. Wer einmal im Regiment ausgenommen ist, der muß, er mag verheiratet seyn oder nicht, darin bleiben bis ihn schwere Wnnden oder Krankheiten be freien. In der Regel können die Arabischen Soldaten nicht ohne Frauen leben, und dic Ncgierung selbst begünstigt ihre Verheiratung, weil man sagt,