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Nr. 187 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: Enttäuschte Hoffnungen, starke Einschränkungen der Einkommcnsteuererstaitungen. Der geplagte Steuerzahler hat in diesem Jahre seiner Einkommenstcuerveranlagnng vielfach mit etwas Hoffnung entgegengesehen insofern, als in zahlreichen Fällen wegen starker Einkommensrückgänge gegenüber dem Vorjahre auf die Einkommensteuer des Jahres 1931 Überzahlungen er folgt sind, die nach den bisherigen Bestimmungen des Ein kommensteuergesetzes nach der Veranlagung zu erstatten waren. Das Fortschreiten der Wirtschaftskrise und die katastrophale Entwicklung der öffentlichen Finanzen haben jetzt auch diese Erstattungshoffnungen größtenteils zu schanden gemacht. Derartige Erstattungen werden nämlich zum größten Teil jetzt wieder weggesteuert, und zwar auf Grund sowohl der neuesten Notverordnung vom 11. Juni 1932, wie auch auf Grund besonderer An weisungen des Reichsfinanzministers in einem Erlaß vom 27. Jnni 1932. Die genannte Notverordnung verlängert bekanntlich die Krisensteuer der Veranlagten über den 31. De« zember 1932 hinaus und schreibt die Erhebung einer weiteren Halbjahresrate auf den 10. Januar 1933 vor. Diese neue Krisensteuerrate wird auf der Grundlage des jetzt zur Veranlagung kommenden Einkommens des Jahres 1931 berechnet, so daß für 1931 zusammen mit der bereits als Vorauszahlung entrichteten ersten Rate von 50 Prozent insgesamt 100 Prozent Jahressteuer erhoben werden. Der Fälligkeitstermin des 10. Januar 1933 der neuen Krisensteuerrate wird nun aber in den wenigsten Fällen praktisch, denn die Notverordnung legt den Fällig keitstermin gerade in den sehr wichtigen und häufigen Fällen, in denen jemand bei der Einkommen- und Krisen- steuerveranlagnng 1931 Heranszahlnngen zu erwarten hat, vor. Die neue Äate wird in diesen Fällen schon an dem Tage füllig, an dem die Finanzämter ihrerseits eigentlich erstatten müßten. Dadurch ergibt sich f ü r d i e S t e u e r - be Hörde eine Aufrcchnungs Möglichkeit, durch die die Einkommensteuererstattungen in diesem Jahre praktisch fast stets hinfällig werden. Der Fälligkeitstermin der 'Krisensteuerrate vom 1V. Januar 1933 bedeutet demnach bei Licht besehen nur eine schöne Geste, die nur schlecht verschleiert, daß das Reich zur Erstattung von Einkommen- und Krisensteuern in größerem Unisange einfach nicht mehr in der Lage ist. Dieses „Am-letzten-Ende-angekommen-sein" hat den Reichsfinanzminister auch noch veranlaßt, Anweisungen an die Finanzämter herauszugeben, nach denen die Erstattung überzahlter Einkommen-, Krisen- und Körperschaftssteuern auch sonst, soweit irgend möglich, eingeschränkt oder ver mieden werden soll. Nach dem oben erwähnten Erlaß vom 27. Juni 1932 sollen die Finanzämter weitgehend ander weitige Forderungen des Reiches aus gestundeten oder nicht gestundeten Rückständen bei anderen Reichssteuern zur Aufrechnung stellen. Dabei sollen etwaige bisher aus gesprochene Stundungsverfügungen erforderlichenfalls zum Zwecke der Anrechnung widerrufen werden. Ähnlich sollen alle Zahlungen eines Steuerpflichtigen, die inner halb von einem Monat nach dem Zeitpunkt der voraussicht lichen Bekanntgabe des Einkommen- oder Körperschafts steuerbescheides fällig werden, gleichfalls gegen den Er stattungsanspruch aufgerechnet werden. Diese Aufrech nungsmöglichkeiten waren nach den steuerrechtlichen Vor schriften bereits immer gegeben, werden jetzt aber be sonders betont. Auch wo die Finanzämter an sich gesetzlich keine Mög lichkeit haben, Aufrechnungen vorzunehmen, sollen sie vor der Vornahme der Erstattungen „in geeigneter Weise" aus die Zahlung rückständiger Steuern hinwirken, beispiels weise soll in Fällen, in denen einem steuerpflichtigen Offenen Handelsgesellschafter oder Kommanditgesellschafter Erstattnugsansprüche zustehen, während seine Gesellschaft mit Steuerzahlungen, wie z. B. der Umsatzsteuer, im Rück stände ist, darauf hingewirkt werden, daß vor Vornahme von Erstattungen an den Gesellschafter erst die Steuer zahlungen der Gesellschaft entrichtet werden. Ähnlich soll gegebenenfalls auch bei Kapitalgesellschaften, wie ins besondere G. m. b. H.s versucht werden, Steuerrückstande der Gesellschaft hereinzubekommen, wenn der Gesellschafter einer solchen Gesellschaft seinerseits Erstattungen zu bean spruchen hat und es sich um Einmanngesellschaften oder um eine Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft zu mehr als 50 Prozent handelt. Ähnlich wie bei Reichssteuerforderungen soll auch hin sichtlich von Landes- und Kirchensteuerforderungen ver fahren werden, soweit diese Steuern durch die Finanz ämter verwaltet und eingezogen werden. Auch bei ihnen wird also „in geeigneter Weise" die Erstattung von Ein- omrnen-usw.-Stenern zum Anlaß genommen werden, auf me Begleichung von Stenerrückständen hinzuwirken. Es alle Fälle dieser letzteren Art aber darauf hin- gewresen, daß die Finanzämter keinen Rcchtsansprnch baben, die Erstattungen etwa mit dem Hinweise zu ver- weigern, daß Steuern eines anderen Steuerpflichtigen, ^Eschaft, deren Gesellschafter der Erstattungs- l. ' "udere Steuern gls ReichMeuern nom nicht beglichen seien^ Donnerstag, den 11. August 1932 Wilsdrufs-DreSden .Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2640 M der MMW der MMgierW Wir- Hitler Reichskanzler? Me Veralungen bei HjOen-mg. Mit der Ankunft des Reichspräsidenten in der Reichs hauptstadt richtet sich die ganze Aufmerksamkeit der poli tischen Welt auf die Verhandlungen über die Umbildung der Reichsregierung. Wenige Stunden nach seiner An kunft in Berlin am Mittwoch in der Frühe hat Hinden burg den Reichskanzler zum Vortrag empfangen. Herr von Papen erstattete den Bericht über die gesamte politische Lage, vor allem aber über die bisherigen Ver handlungen wegen der Regierungsumbildung. Dabei standen natürlich die Forderungen der National sozialisten im Vordergrund. Herr von Papen war tags zuvor durch Neichswehrminister von Schleicher, der in den letzten Tagen mit Hitler verhandelt hatte, über die Wünsche und Forderungen der NSDAP, unterrichtet worden. Der Reichspräsident hat in der ein stündigen Unterhaltung mit dem Kanzler seine Entschließung zur Regierungsumbildung dargelegt. Mit dieser Besprechung des Kanzlers bei Hindenburg beschäftigte sich dann am Nachmittag das Reichs kabinett in einer Sitzung, an der sämtliche Mitglieder der Regierung teilnahmen. Nach dieser Sitzung fanden neue Besprechungen beim Reichspräsidenten statt. Zu den Besprechungen des Kanzlers wurden auch Vertreter des Zentrums und der D e u t s ch n a ti o n a l e n zu gezogen. Man hält cs nicht für ausgeschlossen, daß, ent gegen der ursprünglichen Absicht, auch der Reichspräsident Vertreter von Parteien empfängt. Allgemein nimmt man an, daß sich die Verhandlungen einige Tage hiyziehen, und daß vor Ende der Woche keine Entscheidung fällt. Der Reichspräsident, der ursprünglich gleich nach der Perfassungsfeier wieder abreisen wollte, hat sich ent schlossen, noch einige Tage in Berlin zu bleiben. über die augenblicklichen Aussichten der Verhandlungen gehen die Meinungen noch sehr auseinander. Immerhin kann man feststellen, daß die Meinung, Hitler werde schließlich doch als Kanzler kommen, an Boden ge wonnen hat. Man stellt sich die Entwicklung der Dinge so vor, daß Hitler vom Reichspräsidenten den Auftrag bekommt, ein von den Parteien unabhängiges Kabinett zu bilden. Man nimmt weiter an, daß Hitler zwei Vertrauensleute aus seiner Partei in die Re gierung hereinnimmt — es werden die Namen Gregor Straffer und Hauptmann Göring genannt —, und daß im übrigen die bisherigen Persönlichkeiten der Regierung bleiben, nur bei anderer Verteilung der Ämter. Das alles sind, wie gesagt, Meinungen politischer Kreise. Aber ein klares Bild der weiteren Entwicklung läßt sich noch nicht gewinnen, denn das letzte W o rt hat der R c i ch s p r ä s i d e nt, bei ihm liegt die Entscheidnna. * Reichspräsident von Hindenburg ist oon seinem Sommersitz in Neudeck Mr Teilnahme an dar PeksaffiWgssLier iü.Berlin smoekoLiem M eine üderparleiliche präsidialregierung Die Verhandlungen des Reichskanzlers von Papen. Das Reichskabinett trat am Mittwoch um 17 Uhr zu einer ausgedehnten Sitzung zusammen, die bis 19.30 Uhr dauerte. Eine amtliche Mitteilung über die Sitzung bzw. über die in der Sitzung gefaßten Beschlüsse ist nicht erfolgt. In gutunterrichtctcn Kreisen nntcrstreicht man immer hin die Tatsache, daß die Entscheidung stärker denn je in der Hand des Reichspräsidenten liege, der seinerseits an gesichts der gespannten Lage im Innern wie auch im Hinblick auf die Unmöglichkeit einer parlamentarischen Mehrheitsbildung nach wie vor auf eine überparteiliche Präsidialregierung Wert legt. Die nachfolgenden Ver handlungen des Reichskanzlers mit den Parteien werden daher auch in dieser Richtung liegen. Noch für Mittwoch abend hat Reichskanzler v. Papen den deutschnationalen Parteiführer Dr. Hugenberg zu einer Besprechung gebeten. Donnerstag nachmittag empfängt der Reichskanzler den Zentrnmsabgeordneten Dr. I o o s und den Staatspräsidenten Dr. Bol z. Adolf Hiller weilte am Mittwoch noch nicht in Berlin. Die Verhandlungen des Reichskanzlers mit dem Führer der NSDAP, erwartet man für Freitag vormittag. * Goering über die Forderungen der NSDAP. Ein schwedisches Blatt bringt eine Unterredung mk Hauptmann Goering, der sich in Stockholm aufhält. Goering sagte: „Wir haben die absolute und selbstver ständliche Forderung erhoben, daß Hitler Reichskanzler wird. Außerdem ist es ja selbstverständlich, daß die nationalsozialistische Partei im Verhältnis zu ihrer Stärke eine Reihe anderer wichtiger Posten der Reichs- regiernng besetzen mntz. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird General von Schleicher auch in einer Negierung bleiben, in der Hitler Kanzler ist. Über von Papen kann man noch nichts sagen. Es ist falsch, wenn man behauptet, daß von Papen gegen die Nationalsozialisten feindlich gestimmt sei. Vermutlich wird von Papen an der neuen Regie rung teilnehmen, doch nicht als Kanzler. Das Wort hat jetzt der Reichspräsident." Die Entscheidung in der Memelfrage zugunsten Litauens. Haag. Der ständige Internationale Gerichtshof hat am Donnerstag vormittag seine Entscheidung in der Memelfrage bekanntgegeben, die in den hauptsächlichsten Punkten zugunsten Litauens ausgefallen ist. Mit zehn gegen fünf Stimmen hat der Gerichtshof entschieden, daß 1. der Gouverneur des Memelgebietes das Recht hat, den Präsidenten des Direktoriums in besonderen Fällen abzusetzen, 2. daß die Absetzung des Präsidenten des Direktoriums nicht die Außerkraftsetzung der Funktionen der übrigen Mitglie der des Direktoriums in sich schließt, 3. daß die Absetzung Böttchers ordnungsgemäß ist. Ferner hat der Gerichtshof festgestellt, daß die Zusammen setzung des Direktoriums Simaia ordnungsgemäß war, daß aber die Auflösung des Memelländischen Landtages am 22. März 1932 nicht ordnungsgemäß gewesen ist. Beschleunigung -es Verfahrens vor -em GLaaisgerichishof. Von zuständiger Stelle verlautet: Auf Einladung des Vorsitzenden des Staatsgerichtshofes für das Deutsche Reich sind inLeipzigdie Vertreter Preußens, Bayerns, Badens und des Reiches zu einer Besprechung über die weitere Behandlung der drei schwebenden Verfassungs streitklagen zusammengetreten. Es wurde allseitig der Wunsch nach möglichster Be schleunigung geäußert. Die Maßnahmen, die der Be schleunigung dienen können, wurden eingehend erörtert. Insbesondere bestand Übereinstimmung darüber, daß ein möglichst baldiger Abschluß des Schriftwechsels L?r Par teien anzustreben ist. Wilsdruffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, L«? Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Lg7nkn^ Anzeigenpreis-, die Sgcipaltene Raumzeile 2V Rpfg., die 4gespaltenc Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs" Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 AMK. Nachwcisungsgebühr 20 Reichspsennige. Bor' geschriebeUeGrscheiaungs. cwrr-b—.« er läge und Platzaarsü ris en werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff vlr. v berücksichtigt. Anzeige» annahmcbisvorm.lOUHr. Für die Richtigkeit der ein^and.er Schrisisiück. " """"""un- durch Fe.nru, Übermut.» An^ ^-me Garant,e.^ede^ de. Betrag durch Da^?^druffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- genchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt