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Anzeiger. Amtsblatt des Kömgl. Bezirksgerichts mit» des Raths der Stadt Leipzig. M 33. Sonnabend den 2. Februar. 1861. Verhandlungen der Stadtverordneten am 30. Januar 1861. (Auf Grund deS Protokolls bearbeitet und veröffentlicht.) Nach Eröffnung der Sitzung wurden die von dm Vorstehern der Kleinkinderbewahranftalt in den Thonbergstraßenhäusern über sendeten Exemplare des Bauberichts dieser Anstalt mit Dank an die Uebersender zur Vertheilung gebracht, auch der Eingang der Pläne und Anschläge zur IV. Bürgerschule anqezeigt. " Dm ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete das Gutachten des Verfassungsausschusses über einen, zwi schen den Erben der Frau verwitw. Küstner und dm vier Percipienten der vr. Carlschen Stiftungen verhandelten Vergleich. Der auf ca. 96000 Thlr. sich belaufende Nachlaß der im Jahre 1815 verstorbenen Frau Caroline Louise verw. vr. Carl ist in Folge Testamentes an 4 Stiftungen, nämlich das Caro linenstift zu Marienberg, die Armenanftalt, das Taubstummen institut und die Rathsfreischule Hierselbst übergegangen. Au dieser Vrrlaffenschaft gehört unter anderm auch ein Capital von 7000 Thlr. (5000 Thlr. — Conv. Spec. und 2000 Thlr. — 20 Lr.), welches auf dem Merzdorfschen Hause allhier hypothekarisch haftet. Als bei der Theilung des Nachlasses unter die 4 als Erben ein gesetzten Stiftungen jenes Capital dem Taubstummeninftitut zuge- theilt und von diesem die Ueberschreibung verlangt wurde, stellte es sich heraus, daß dasselbe noch auf den Namen der Mutter der toitutrn, der verw. Frau Küstner, welche 1810 gestorben war, stand, und das Gericht verweigerte die Eintragung der ganzen For derung auf die Carlschen Erben, weil Frau Küstner außer der Frau Vr. Carl noch einen Sohn hinterlassen habe, der vor dem Ableben seiner Mutter nach Rußland gegangm war und von dessen Leben oder Sterben man weiter etwas nicht gehört hatte. Obgleich alle Anzeichen mit großer Wahrscheinlichkeit dafür sprachen, daß dieser Küstner bereits vor seiner Mutter verstorben gewesen sei, so war eS doch trotz der angestrengtesten Bemühungen nicht möglich, dafür einen gültigen Beweis beizubringm. Es wurden daher vom Gericht Edictalien erlassen und in dem Termine meldeten sich Herr Generalintendant vr. von Küstner und Herr Emil Küstner, welche durch Erkenntniß letzter Instanz als Erben des Nachlasses der verw. Küstner zur Hälfte anerkannt wurden. In dessen Folge sind die genannten Gebrüder Küstner auf ihren Antrag als Gläu biger der Merzdorfschen Erben für die Hälfte obigm Capital- ein getragen worden und haben außerdem sowohl die seit dem Tode der Frau vr. Carl von dem Schuldner an die Carlschen Erben ohne Anstand gezahlten Zinsen de- gedachten Capitales als auch überhaupt die Herausgabe des Küstnerschm Nachlasses, beides zur Hälfte, beansprucht. Um diese Ansprüche wo möglich zu beseitigen und endlose Prozesse abzuschneidm, hadm zwischen dem Küstner- schen Bevollmächtigten und den 4 Stiftungen Verhandlungen Statt gefunden, welche zu folgendem vorläufigen Vergleiche ge führt haben. 1) Die genannten Gebrüder Küstner bekommen von den Carl schen Erben (Taubstummeninstitut, Carolinenstift, Armen anstatt und Freischule) 10500 Thlr., nämlich 10000 Thlr. als Vergleichsquantum und 500 Thlr. Averfionalquantum für die Kosten, am 31. Janur 1861 ausgezahtt und 2) verzichten dagegen auf alle und jede Ansprüche auf das Merzdorstsche Capital, zu dessen Rückcession sie bereit sind, auf die Ainsen davon, wie überhaupt auf dm Nachlaß der verw. Frau Küstner und dessen Fructus zu Gunsten der Carl'schen Erben, endlich auf alle Ansprüche gegen die Merz- dorfffchen Erben; S) an diesen Vergleich, dm sie als ihr Ultimatum bezeichnen, wollen sie bis zum -1. Januar 1861 gebunden sein. (Referent: Herr Ldv. Anfchütz.) Der Ausschuß empfahl zu dem Beschlüsse des Raths, diesem Vergleiche, in der Voraussetzung, daß sich auch die übrigen Betheiligten dem selben anschließen, für die hiesige Freischule beizutreten, Au^ stimmung zu ertheilen. Die Versammlung trat diesem Vorschläge einstimmig bei. ES folgte der Dortrag einiger Gutachten des Ausschusses zu den Kirchen, Schulen und milden Stiftungen. (Referent: Herr Wi lisch.) Sie betrafen 1. den Haushaltplan der Realschule auf das laufende Jahr. Der Rath schreibt darüber: „Nach dem Regulativ vom 2. Juli vor. Jahres sollten die Realschulen noch im Laufe des Jahres 1860 ins Leben treten und es ist unerläßlich, daß mit Beginn de« neuen Schuljahres zu Ostern 1861 die neue Organisation derselben beendigt ist, was nicht ohne Anstellung der nach unserm Communicate mm dies jährigen Budget erforderlichen neuen Lehrer (zwei Classenlehrer mit 600 Thlr. Gehalt, ein Lehrer der lateinischen Sprache mit 25 Thlr. jährlichem Gehalt) geschehen kann. Daher erlauben wir uns, die Herren Stadtverordneten um möglichste Beschlußfassung über die betreffenden Positionen des Budgets zu ersuchen." Im Haushaltplane der Realschule, dm der Stadtrath als provisorischen bezeichnet, ist außer den erwähnten Anstellungen eine Gehaltserhöhung des Direktors enthalten. Die Deckungs- mittel stellen eine Erhöhung des Schulgeldes auf 36 Thlr. jähr lich in Aussicht. Der Ausschuß empfahl, diesen Haushaltplan mit Ausnahme der Deckungsmittel und deS Postulats für den Gehalt de- Direktors zu genehmigen. Herr Ersatzmann SiegiSmund(— heute einberufen —) hielt die Angelegenheit noch nicht für beschlußreif und beantragte die Berathung darüber zu vertagen. Dieser Antrag fand keine Unterstützung. Der Herr Berichterstatter gab hierauf nähere Erläuterungen der einschlagenden Verhältnisse, wobei er zugleich auf die durch das Regulativ für die Realschulen bedingten Umgestaltungen hinwies DaS Collegium schloß ssch dem Ausschußvorschlage gegen eine Stimme an. 2. Den vom Bauausschusse bereits beifällig begutachteten, in voriger Sitzung noch an den Ausschuß für Kirchen, Schulen und milde Stiftungen verwiesmen, in Conto 11 des Haus- hattplans postulirten Uferbau am Jacobshospitale. Der letztgenannte Ausschuß hatte sich von der Norhwendigkeit der Anlage uberzeugt und empfahl die Verwilligung der dafür ge forderten 1800 Thlr. Diese Verwilligung wurde auch einstimmig ausgesprochen. 3. Die nach Beschluß des Raths Herrn Kreischuldirector Schott gleich seinem AmtSvorgänger zu gewährende Erhöhung seiner Miethzinsentschädigung von 200 Thlr. auf 240 Thlr. jährlich. Rach dem Vorschläge deS Ausschusses sprach man die Zustim mung zu dieser als persönliche Zulage zu betrachtenden Erhöhung einstimmig aus. Den übrigen Theil der Sitzung füllte die Beschlußnahme über einige vom Ausschüsse zum Bau-, Oekonomie- und Forstwesen begutachtete Eonten des Haushaltplans. Ueber letztere wird später, nach vollständig erledigter Prüfung, im Zusammenhänge berichtet werden. Gefstnttiche Gerichtssitzung. I« der am 31. v. M. unter Vorsitz des Herrn Geheimen Re- gienmgsraches vr. Lucius abgehattenen Hauptverhandlung befand