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Dresdner Nachrichten : 31.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187405312
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740531
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740531
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Druckfehler: S. 4 [i.e. S. 2]
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-05
- Tag 1874-05-31
-
Monat
1874-05
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 31.05.1874
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Srilläu, tzraul «Kl. u« a. I». . - -— n verltn, »»». — v»»d« H 0«. »n KluMurt ». «- I» A — »»- S»IU»i » 0». t» Wart». Tageblatt für Unterhaltung Druck und Sigenthum der Herausgeber: Liepsch ck Neichardt in Dresden. Verantwortl. Redakteur: Julius Neichardt kannle» 5^cmc» u. Pcr- lonc» Mlerlren wir nur aciie» PrämimrrLNdo« Zahlwilg durch Brtcl- marlea od«r Polietniad» luug. u SNbin Ivstcn >>>, Nur. Auiwdrtiqe köinirn die Zrhlun? auch »Ul eine DretdnerIir»,» anweisen. Die Eid- «r. 1S1. Neunzehnter Jahrgang. Politisches. „Schnupfm oder Marasmus" — das ist die Frage I Und wer soll st« lösen? Wem soll man glauben? Von Berlm strahlt der Telegraph folgend« mysteriöse Notiz aus und überläßt es den von der Hitze und der Saison wort« ohnedem geschwächten Journalisten- küpfen, ob man es mit einer Ente oder einem ossiciösen Communiguv zu thun hat: „Von competmter Seite wird aus Nom gemeldet, daß, ungeachtet aller gegentheiligen Versicherung, das neueste Befinde« des Papstes bei den Aerzten und seiner Umgebung ernstes Bedenken erregt." Ja, das klingt so einfach und ist so schwer zu durchschauen, das kann gleichgiltig und sehr wichtig sein. Pius IX. Nachfolger ist vielleicht eben so unfrei, eben so eine gutmüthige, willenlose Schachfigur in den unsichtbaren Hände« der Jesuiten, wie es der jetzige Papst notorisch ist. Wenn aber ein Mann von Energie Paust würde, der die Fesseln der Jcsuistik kühn abstreifte, der endlich zu dem einzigen, der Hoheit der Religion würdigen Standpunkt sich erhöbe: das Reich Gottes und die Reiche dieser Welt sind verschiedene Dinge! Wie dann? Wenn er die Na turforschung frei gäbe und seinen Frieden machte mit der überwun denen biblisch - naiven Anschauung einer wörtlich siebentägigen Schöpfung. deL Sonnenstillstandes bei Josua — wenn er spräche: forschet, auf daß Ihr die Wahrheit erkennet, so weit Ihr könnt, baut Systeme auf Systeme und stürzt sie wieder durch neuere Fortschritte: einen Punkt überschreitet Ihr nie und an diesem Punkt beginnt mein Reich, das Reich der göttlichen Gnade. Wenn Ihr in müden: Zweifel bedrückt seid, wenn die Hand des Schicksals Euch verwun dete, wenn der unbesiegbare Tod Euch ins dunkle Jenseits abruft, dann schaut und erfasset Ihr die ganze Größe der Religion und diese höchsten Schätze der Erde, dies Vermächtnis; Gottes an feine Geschöpfe, die will ich wahren; im klebrigen seid frei — die Händel der Welt und Priesterherrschsucht stehen tief unter diesen ewigen Dingen Wenn ein künftiger Papst so spräche — wie lange würde es dauern, bis er gleich 14 Vorgängern von geheimnißvollen Händen vergiftet zusammenbräche! Man erinnert sich noch der staubaufwirbelnden Artikel der Times über Deutschlands Verhältniß zu Frankreich und Italien. ES wurde an di« Kriegsbefürchtung damals sofort die Behaupturrg geknüpft: Wenn die Revanche reif sei, lönne nur durch L^embur^ oder durch Belgien ein französischer Heer erfolgreich gegen Deutsch land marschiren. Diese Staaten sind nun aber neutralisirt, — wollen sie trotzdem zur Etappe für Frankreich, oder gar annectirt werden? Es scheint nicht, denn der „Belgiguc Militaire", in wel chem die neutrale Stellung des Landes behandelt wird, sagt: „Nie* mand denkt bei uns daran, die Geschicke Belgiens mit denen Frank reichs zu vereinigen, dessen fortwährende Umwälzungen die Welt verwirren und erschrecken. Wir haben übrigens noch einen besseren Grund, die Träume der französischen Annexionisten zurückzuweisen. Ein freies Volt hat kein Verlangen nach der Knechtschaft, und nichts könnte uns eine Dynastie und Institution vergessen machen, welche seit vierzig Jahren unser Glück und unser Stolz sind und uns die Achtung der ganzen Welt eingetragen haben." Wenn Mac Maho» oder dessen Nachfolger einen Spiegel besitzen— und welcher Franzos könnte ohne Spiegel leben —, so könnten sie das belgische Notizchcn immerhin daransteckcn. Ein pikantes Nachspiel erlebt die Arnim-Bismarcksche Affaire. Die Wiener alte Presse hat mit den Arnimschcn beruh»:- ten Briefen Mittheilungen zur Geschichte des Vatikanischen Eoncils abgedruckt — es mag Ansang April dieses Jahres gewesen sein —, welche den Reichskanzler verschnupft zu haben scheinen. WaS ge schah nun ? Das Blatt plaudert es aus: „Daß unsere diplomatischen Enthüllungen unö eine Anzahl mehr oder weniger indiskreter Zu muthungen zuziehen würden, hatten wir wohl vorausgesehen und erwartet. Nun haben derartige Interpellationen aber in den letzten Tagen eine so akute Form angenommen, daß wir uns gcnöthigt sehen, mit einigen Worten der Abwehr vor die Ocsientlichkeit zu treten. Mehrere dem Adelsstände amzchörige Personen sind m unseren Bureaux erschienen und habm im Aufträge einer hohen Persönlichkeit in Berlin das Ansinnen an uns gerichtet, ihnen Quelle, Datum, Gewährsmann unserer Florentiner Papiere zu bezeichnen. Man ging so weit, uns förmlich Fragebogen vorzulcgen, strengste Verschwiegenheit zuzusichern, da es nur „auf Rechtfertigung einer unschuldig bezichtigten Persönlichkeit abgesehen" sei, endlich uns für diese Verschwiegenheit eine „Eaution" anzubieten, deren Ziffer, bei läufig bemerkt, ziemlich hoch gegriffen war und ein kleines Familien vermögen repräsentirt." Die Redaktion der „Presse" blieb natürlich allen Zumuthungen taub. Schlimm jedoch, daß so etwas über einen deutschen Staatsmann geschrieben werden darf, schlimmer noch, wenn es wirklich passirt wäre. In Frankreich rollt der Staatswagen immer rascher dem Ab grund zu. Die schon gemeldete bonapartistische Wahl im Niövre- Departement scheint für Mac Mahon eine ähnliche Wirkung haben zu sollen, wie die Barodets für ThierS hatte. Die öffentliche Mei nung fragt jetzt ernstlich, ob man dem Bonapartismus sich wieder überantworten wolle oder ob^Gcgcnmaßregeln zu ergreifen wäre», Mac Mahon gilt, ob mit oder ohne Schuld, muß seine künftige Hal tung lehren, jetzt als Brücke für den Bonapartismus, und man er innert sich plötzlich, daß er, wie Cissey, dem Kaiser thum seine hohe Stellung verdankt, daß Magne stets bonapartistischer Finanzagent war und daß es bei den vielen Ersetzungen von republi kanischen Beamten und Maires durch bonapartistische nicht mit rech ten Dingen zugegangen sei. Selbst das Journal des Debats be zeichnet die Wahl in der Nu'vre als „eine der bedeutsamsten War nungen: daS-Land ist niüdc, es greift zu den Extremen, es schwankt nur noch zwischen der radikalen Republik und dem Imperialismus". Und den Leitern dieser Politik ruft das Journal des Debats dann zu: „Die Unterstützung der gemäßigten Republikaner habt ihr ver- Mttredacteur. Für das Feuilleton: vr, Lin» Dresden, Sonntag, 31. Mai 1874. und bald ihr Joch tragen!" Sü'cle aber äußert über die Strömun gen im Ministerium: „Den Gaulois wegen Bonapartismus ver warnen und Herrn Welche zum Staatü-Secretär ernennen, sind zwei Thatsachen, die sich widersprechen. Welche ist Bonapartist und ge hörte zu den ergebensten Dienern des Kaiserthums. Rist Eifer ar beitete er am Erfolge des kaiserlichen Plebiscits. Diese Ernennung erscheint zugleich als Schwäche gegen die Bonapartisten und als Be weis der Spaltung im Kabinet, in welchem einige Mitglieder dem Kaiserreich Stillschweigen aufzuerlegen sich verpflichtet haben, wäh rend die übrigen es mit Gunstbezeigungen überschütten zu wollen scheinen." Wir haben eine harmlose, stille Sommerszeit vor uns. Bevor e» Herbst geworden, müssen die Dinge in Frankreich sich geklärt haben. Aber wie es auch komme, was jenes arme Land mit einer so liebenswürdigen und talentvollen Bevölkerung auch noch zu leiden berufen sein wird: Deutschland, Mitteleuropa, wird sich eines unge fährdeten Friedens noch lange erfreuen können! Locales und Sächsisches. — Der Werkführer Ehrhardt zu Colditz hat die hessische sil berne Verdienstmedaille erhalten. — Landtag. Gestern sollte ln der 1. Kammer die Be ratung deö OberrechnungskammergesetzeS fortgesetzt werden. Es kam jedoch nicht dazu, da gleich am Anfang Minister v. Frie - s c n erklärte, daß »ach der Haltung, welche die Kammer vorge stern eingenommen habe, eine fernere Beratung nicht opportun sei. Er überläßt es der Kammer, ob sie die Vorlage on dloo annebme» oder verwerfen werde. Letzteres geschah, indem 10 Stimmen (Prinz Georg, Löhr, v. Schütz, Fürst «chonburg. Bi schof Fvrwerk, Meinhold, Gras Lippe, v. Böhlau, v. Schönberg, von Herber, v. k. Planitz, Pelz, Präs. Sichel. Präs. v. Erlegern, v. Metzsch, v.Egidl), Seiler, v. Errmannödorff, v. Zehmen) für Ablehnung, 11 Agcordiiete lPsotcnhaucr, Proi. Frille, Oberhol- pxetiaer Kvhlschüttcr, Superiut. Lcchler, Martini, Hirschberg, Hciiing, v. König, Müller, Claus;, Rüttle- lift Annahme der Regierungsvorlage stimmten. Damit fiel aut eine Verfassung-» Novelle, nach der Mitglieder der Oberrechnungolammer nicht zu- glchch Mitglieder der Stänteversammlnng lein tonnen. Zu den Ist Verneinende» kam npch ein Kammermitglled tGrai Wilbing), io daß dieses Decret mit 20 gegen 11 Stimmen abzelebnt wurde. Der »Antrag dev Abg. v. Erdmannüdorts: der Regierung zur Erwägung zu geben, ob nicht durch Vermehrung der Beam ten und Selvstständlgmachung des Chefs eine Reorganisation der betreffenden Behörde angebahnt werben können, sank gegen 7 Stimmen Sinnahme. v. ErdmannSborfs betonte m der Debatte die schon gestern von v. Erleger» erwähnten konstitutio nellen Bedenken. - Die mündlichen Berichte über das außcr- ordcittllä-e Budget lEIbstromcorrection, Meißner Kaibauten), taS Budget der äußern Angelegenheiten und des Geldes üvcrJustiz Adminlstrativsachcn lTaxorknnng der Sachwalters fanden oime Debatte Im Sinne der 2. Kammer Annahme. — Die Beschwerde dcö Kirchschullobrcrö Buchhcln: »regen Gehaitsverhäktnissen wurde von der Deputation iRc». Bürgermstr. Hirschberg) der Re gierung zur Berücksichtigung empsohien. Präs. v. Erlegern verlangte jedoch, daß die Beschwerde abgewiesen und der Lehrer ans de» Rechtsweg verwiesen werde. Nachdem der bei Allem bas Wort ergreifende Prof. Fricke, Martini und Hirschber sür die Deputation gesprochen, wurde deren Antrag gegen Stimmen iv. Erleger» und v. Zehinen) angenommen. — Auf Petition der Fischerinnrzzrgen zu Dresden und Mei ßen hatten bei vorigem Landtage beide Kammern an die Staats- rcgierung folgenden Antrag gestellt: dieselbe wolle der Ständevcr sainmlung eine Novelle zu dem Gesetze vom 15. October 1868 vor- legcn, durch welche allcn Fischevinnungcn des Landes^estattet wird, die Fischerei auch in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnen aufgang auSzuüben. Dem Hatzte die Regierung auch Rechnung ge tragen und einen Gesetzentwurf: „Abänderung des Gesetzes betreffs der Ausübung der Fischerei vom Jahre 1868" vorgclegt. Die De putation der 1. Kammer Res. Bürgermflr. Henni g empfahl An nahme des Gesetzes, welches auch den Schutz der Gewässer gegen in dustrielle Gewerbe (Fabriken u. dergl.) ins Auge faßte. Ein weiter gehender Antrag des Oberschenks v. Metzsch: daß es den Waffer- bcsitzern zustehe, auf ihre Kosten schädlichen Einflüssen, die ihre Wässer verunreinigten oder verdürben, cntgegenzutrcten, fand nack- kurzer Debatte, wobe.i die Vertreter des Handels gegen Metzsch auf traten, die Landwirthe für ihn plaidirten, Annahme. — Eigenthum und Familie bilden die Grundsäulen des Staatslebens. Am Privat-Eigenthum, au der Ehe rütteln, wie sich jedem aufmerksamen Betrachter der Gegenwart leicht aufdrängt, die beiden Feinde der modernen bürgerlichen Gesellschaft: das Groß- Capital — »«eingestandenermaßen und die Socialdemokratie — zwcckbewußt und ohne aus ihrer Absicht ein Hehl zu machen. Das Groß-Capital saugt das kleine immer mehr auf und entfremdet durch den Groß-Bctrieb der Industrie Hunderttausendc von männ lichen und weiblichen Arbeitern und Kindern immcrmehr dem Fa milienleben. Die Socialdemokratie hat aber offen die Vernichtung des Privat-Eigenthums, die Auflösung der Ehe auf ihr Panier ge schrieben. Dem gegenüber rechtfertigt in der heutigen Sonntags- Beilage Prof. v. d. Goltz den sittlichen Segen und die Nochwendig keit dcS Privat-EigcnthumS, dcü Familienlebens und des Erbrechts. — Heute soll an dem Hause,wo einst der Dichter Ludwig Tieck gewohnt (Altmarkt) eine Gedenktafel enthüllt werden. Selbige zeigt das Porträt Tieck'S in Brustbild, nebst Schrift (Kc- burts- und Sterbejahr'. Das Bildniß, eine treffliche, unter Leitung des Prof. Hähnel ausgeführte Arbeit, ist in Bronce gegossen und aus der Erzgießcrei von Lenz und Herold in Nürnberg her- vorgcgangen. Die allzu winzigen Zwanzigpfenmgstücke sollen künftig etwas größer werden, was durch Erhöhung ihres Kupscrgchaltcs bewerkstelligt werden wird, da die jetzigen fast ganz aus Silber bestehen. Meteorologische Notizen undAndeutung des Witterungsganges. Im Monat Juni erreicht die Sonne bei ihrem scheinbaren Tagcslaufechcn grüßten Hohenstand über dem rechten Ausfallen auf die Horizont-Ebene und sind daher in Be tracht der Wärme-Erregung am wirksamsten; ferner bleibt im Juni die Sonne am längsten über dem Horizont, so daß durch die längere Dauer der Einwirkung die Wärme-Erregung vergrößert wird, man sollte daher meinen, der Monat Juni zeige die größte Monats- Wärme im Jahre, während doch thatsächlich die Monatswärme des Juli und des August größer ist als jene. Tie Wärme wird in den ilber den Erdboden lagernden Luftschichten gemessen und für diese ist iwch ein dritter, allgemeiner Wärme-Factor vorhanden: Die Zurück strahlung der Wärme aus der obersten Erdschicht, und dieser Factor wirkt am kräftigsten im Juli und August und verursacht eine höhere mittlere Temperatur dieser Monate. Im Monat Juni ver dunstet noch reichlich Wasser aus dem Erdboden und die vor herrschenden Nordwestwinde verdichten oft den Wasserdampf in der Lust zu Wolken und Regen; es herrscht daher in der Regel im Monat Juni, namentlich in der ersten Hälfte desselben, noch nicht beständig klarer Himmel, sondern anhaltend schönes Wetter beginnt gewöhnlich erst gegen Ende Juni und Anfang Juli und vorzüglich dann, wenn bei kühlen Nächten starker Thau sich bildet. — In dieser Woche werden zunächst wiederholt sich Gewitterwolken bilden und theilweise Trübung des Himmels verursachen, bei küh lerem Nordwestwind wird zeitweilig Regen fallen und hierauf wird größere Klärung dcS Himmels folgen. Lsromstrius. — Eine durchlauchtigste Pascherin. Der OberamtS- dircctor und Grenzinspector in Bodenbach wurde in seiner Eigen schaft als Chef des Grenz-Zollamtes von Wien aus dienstlich ver ständigt, daß eine Fürstin, deren Gatte in der Nähe Bodenbach« ein« Herrschaft mit weitberühmten Namen besitzt, öfters im Jahre die Grenze überschreite und sich öffentlich in den Salons rühmte, jedesmal die ausgesuchtesten Confections-Gegenstände, selbst in noch unfertigem Zustande, anstandslos herüberzubriugen, da die Zollbehörde es nicht wage, ihr Gepäck anzutasten. Dieser Ver ständigung folgte der Auftrag, nächstesmal die anbefohlene Courtoisie bei Seite zu setzen und das Gepäck der Frau Fürstin einer strengen und genauen Revision zu unterziehen. Diesem Aufträge brachte man große Bereitwilligkeit entgegen und damit der Oberamts-Director beim Uehxrtritt der Fürstin über die Grenze persönlich anwesend sei, wurde der Stations-Chef des böhmischen Bahnhofes in Dresden ohne Angabe der Veranlassung ersucht, die eventuelle Abfahrt der Frau Fürstin, die er persönlich kannte, dg sie auf dem Bahnhofe oft verkehrte, dem Amts-Chef telegraphisch mitzutheilm. Eines Sonntags gegzn 1 Uhr Nachmittags langte das Telegramm ein. Ihre Durchlaucht mußte also mit dem Courierzuge um l/zZ Uhr Nachmittags in Bodenbach eintreffen. Die dienstthuenden Beamten blickten erwartungsvoll auf ihren Chef, der in der bordirten Uniform scheinbar harmlos am Perron umherging und nur durch öfteres Aufblicken zur Bahnhofs uhr seine innere Ungeduld venieth. Endlich wurde das Signal gegeben; gleich darauf der langgezogene schrille Pfiff der Locomotiv« und aus dem Tunnel raffelte schnaubend und pustend die Lokomotive. In einem Nu war der ganze Perron gedrängt voll mit Reisenden. Unser Direktor brach sich Bahn in der Nähe der 1. Wagen-Classe, um, wie üblich, der Fürstin beim Aussteigen gleich die Honneurs zzz machen. Darin lag nichts Auffallendes, im Gegentheil war die hohe Dame an diese Aufmerksamkeit gewöhnt und nahm sie wie einen ihr gebührenden Tribut herablassend entgegen. Diesmal ent fernte sich der Director nicht gleich nach den ersten Höflichkeits- Phrasen, sondern betonte die übliche Frage: „Ob Ihre Durchlaucht nichts Zollpflichtiges in ihren Koffern habe", in ganz besonderer, von seiner sonstigen Gepflogenheit sehr abweichenden Weise. Die Fürstin blickte ihn etwas überrascht an, da sie aber in den Mienen des Directors nichts als die schuldige Ehrfurcht vor ihrer Person zu lesen vermeinte, so neigte sie mit herablassendem Lächeln das Haupt und erwiderte freundlich: „Nichts, gar nichts, mein lieber Director!" Wie erstaunte sie aber, welche stolze, unwilligeBlicke schoß ihr Auge auf den verwegenen Beamten, als er die Frage insehr ernstem Tone wiederhole und versicherte, er habe dringende Veran lassung, Ihre Durchlaucht nochmals zur Declaration aufzufordern, ob sich nicht dennoch etwas Zollpflichtiges inJhremGepäck befinde. Zorn sprühend wiederholte die Fürstin ihr entschiedenes „Nein", worauf der Oberamtsdirector seinem tiefen Bedauern Ausdruck gab, den noch zur Untersuchung des"Gepäcks schreiten zu müssen, da dringende Anzeichen vorlägen, daß sich Contrebande in den Koffern befinde. Selbst dieser bestimmten Erklärung gegenüber, welche bereits im Dienstzimmer des Direktors stattfand, wohin er die Fürstin geleitete, verhielt sich Ihre Durchlaucht noch immer schroff und abweisend, und ihr Zorn nahm immer größere Dimensionen an. „Wggen Sie es, mein Herr! mein Gepäck anzutasten, in mein Wort Mißtrauen zu setzen, und Sie werden cs bitter be reuen!" rief sie voll Entrüstung dem NM auch erregter werden den Director zu. Dieser that einige Schritte zurück, verbeugte sich und sagte kurz: „Ich muß es darauf ankommcn lassen; vorläufig bitte ich aber Euer Durchlaucht im Namen des Gesetzes, Ihre Die nerschaft zum Oeffnen des Gepäcks anzuwcisen. sonst bin ich genö- thigt, die Ocffnung von Amtswegen vorzunehmen." — Todtenbleich, zitternd vor innerer Erregung, gab die Fürstin dieser Aufforderung, der sie sich nicht länger entziehen konnte, nach, — und in einigen Secunden waren die Koffer offen und ihr Inhalt den Blicken preis- gegeben. Da fertige Kleider in noch so großer Anzahl und noch so neu kein Objekt der Revision sein komilen, da die standesgemäße Garderobe einer Fürstin etwas Luxus undUeberfluß selbst auf Reisen bedingt, so fürchtete man schon, fruchtlos den Eklat heraufbeschwo ren zu haben, da siel durch Tasten die gegen Außen zu geringe Tiefe zweier Koffer auf, in denen man bald einen doppelten Boden und zwischen diesem Seidenstoffe aller Art, Fächer, Shawls und Spitzen in Menge vorfimd. Fast unverständlich stanimeltc die Fürstin: „Ich werde in Wien am geeigneten Orte zu erzählen wissen, wie man schmäht, jetzt werdet ihr die treulose Mignz der Bongpartisten haben I Horizont, die Strahlen derselbe,: nähern sich am meisten dem senk- > hier eine Fürstin 2, behandelt." „Und ich, Durchlaucht", eutgegneto
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