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Lr,chtir.t jeden Wochentag früh S Uhr. Inserate wer den dir Nachmittag- ! Uhr für die nächst- erscheinende Nummer angenommen. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Preis vierteljährlich iS Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit S k berechn«.. 107. Dienstag, den 12. Mai. 1857. Tagesgeschichle. Dresden. Ein hiesiges Localblatt vom 8. Mai berichtet, daß heute, wo es 17 Jahre sind, daß die hiesige israelitische Synagoge cingewelht wurde, ein Bürger christlicher Confessio» am Morgen des Einweihungstages an den Vorstand der israeli tischen Gemeinde einen Beitrag von 50 Thlrn. zu den Kosten dis Tempelbaus mit dem Mollo sendete: „I^ibortv civilo et ro- lixieuse pour tont le monde"; ein anderer Christ ebenfalls einen Beitrag mit dem Motto: „Wir glauben Alle an Einen Gott!" — Die „Freimüthige Sachsen-Zeitung", wie sie sich nennt, begleitet diese Nachricht mit den Worten: „Die guten Leute wissen wohl nicht recht, was sie thun." AlS Israeliten zum Neußädtcr Thurmbau beigesteuert, hat dieses berühmte Blatt nichts gesagt. f Dresden. Es ist Jedermann bekannt, daß beim Ge- midehandel das Gewicht des Scheffels den Preis bestimmt. Sehr interessant mußte es nun sein, zu erfahren, welcher Unter schied in der chemischen Zusammensetzung zwischen leichten und schweren Gctreidearten stattfinde, vr. Wunder hat die chemische Untersuchung vorgenommcn und hat Folgendes gefunden. Das Gewicht von 1 Dresdner Scheffel untersuchten schweren Roggens > betrug 165'/z Pfund, das des leichtern 149'/» Pfund, bei der i ersiern Sorte zählte man im Dresdner Scheffel 2,550,000 Körner, bei der zweiten 4,272,000. Die procentische Zusamensctzung ! zeigte nicht erhebliche Unterschiede. Der Wassergehalt und der i! Gehalt von stickstofffreien Nahrungöstoffen war in der schwerer» ! Sorte etwas größer als in der leichten; dagegen ist der leichte ! Roggen etwas reicher an stickstoffhaltigen Bestandthcilen, an unverdaulicher Holzfaser und an mineralischen Substanzen. Der Nahrungswcrth des Roggens wächst mit dem Scheffetgewichte, denn der schwere enthielt 15^ Pfund Protninsubstanz, der leichte j aber nur 15 Pfund pro Scheffel. Eben so untersuchte vr. Wunder zwei Sorten Gerste, die schwerere wog pro Scheffel i i4k'/z Pfund, die leichtere 112 Pfund. Die Zahl der Körner / betrug bei der schwcrern Sorte 1,391,000, bei der leichtern ! 2,444,000. Die procentalen Verhältnisse der Bestandthcile ! waren wie beim Roggen. Berlin, 9. Mai. Prinz Napoleon ist gestern Abend ^/«O Uhr mittelst Epnazugs hier angekommcn. Zu seinem Empfange waren auf dem Poesdamcr Bahnhöfe anwesend Prinz Georg von Preußen, der Generallieutenant und Generaladjutant des Königs v. k. Gröben, der Commandaut von Berlin, General von Schlichting, und zahlreiche sonstige Generale und Stabsof fiziere der hiesigen Garnison, ferner der hiesige französische Ge sandte mit dem gesammten Gesandtschaftspersonal, sämmtlich sowie auch die genannten hohen Militärs in Gala. Wien. Wie die „Ocst. Ztg." vernimmt, ist die sehr un zeitgemäße Wickeranwendung eines längst veralteten Gesetzes, die Nichigestatlung des Aufenthaltes von Israeliten in Saaz betressend, höher» Orts bereits inhibirt worden. Pesih, 6. Mai. (D. A. Z.) Das mit Spannung erwar tete Resultat der protestantischen Deputation ist geeignet, die im Lande herrschende Stimmung in erfreulicher Weise zu heben. Gestern, wo eigentlich nur die huldigenden Körperschafteis zur Audienz gelangeen, wurde nun der protestantische Klerus und zwar unmittelbar nach den Würdenträgern der katholischen Kirche empfangen. Erst heute um 3 Uhr sind auch die weltli chen Vertreter der ungarischen Protestanten, im Bunde mit den Geistlichen unter Ler Führung ihres würdigen Präsidenten Tisaany, von dem Kaiser in besonderer Audienz empfange» worden. Der Kaiser hatte die Deputation bedeuten lassen, daß die Kaiserin gleichfalls der Audienz beiwohnen werde. Der Führer Ler Deputation brachte schnell einige Acndcrungen in der Tertirung seiner Ansprache an und verfugte sich mit seinen Begleitern in den Audienzsaal. Die Anwesenheit der in Ju gend und Schönheit strahlenden Kaiserin übte offenbar einen mächtigen Eindruck auf die Deputation aus. In seiner An sprache wies Hr. Tisaany darauf hin, daß er es nicht für »öthig erachte, dem Kaiser die Wünsche der Protestanten Ungarn« noch einmal vorzulegen, indem er und seine Landsleute sich der Ueber- zeugung hingäben, daß der Kaiser diese Angelegenheit nach den Normen des Gesetzes regeln werde. Die Antwort deS Kaiser« lautete sehr beruhigend. Der Kaiser erklärte, daß er diese An gelegenheit stets mit Eifer verfolgt und die Erledigung beschleu nigen lassen werde. Die Worte des Kaisers und die bezaubernde Anmuth der Kaiserin brachten auf die von einer drückenden Sorge erlöste» Gemüther einen Eindruck hervor, der sich in ihren tiefgefühlten Eljenrufen kundgab. Pesth, 7. Mai. (D. A. Z.) Die ungarischen Magnaten üben durch ihre imponireude Erscheinung einen gewaltigen Ein druck auf den Fremden aus. Die malerische Tracht, das selbst bewußte Auftreten, die klangvolle Sprache, die sie sprechen, sind jedenfalls geeignet, sie im hohen Grade interessant zu machen. Auf den Kaiser sowohl als auf die Kaiserin hat das loyale Entgegenkommen der Nation offenbar einen günstigen Eindruck gemacht, und ist auch der Kaiser viel freundlicher geworden, als er es am'ersten Tage zu sein schien. Gestern hatte der Adel Gelegenheit, seine Pracht und seinen angeerbten Reichlhum in wunderbarer Weise zu entfallen. Im ungarischen National- theatcr fand nämlich eine Fcstvorstellung statt. Ich hatte die beste Gelegenheit, den Saal nach allen Richtungen zu mustern. Der Kaiser erschien in der Uniform eines Husarenobersten. Sie kennen die Vorliebe Ler Magyaren für dieses nationale Costüm, und werden es mir wohl glauben, wenn ich sage, daß der Kai ser und die Kaiserin mit einem Jubel empfangen wurden, der ganz aus dem Herzen zu kommen schien. Der Anblick deS vollen Hauses, der da« Auge zu blenden schien, war wirklich bezaubernd. Die langen Logenreihen waren mit Damen und Herren aus den edelste» Geschlechtern Ungarns besetzt. Das fast mittelalterliche Costüm der Magnaten, der Diamantenschmuck der von Jugend und Schönheit strahlenden Magnatenfrauen war von überraschender Wirkung. Im Parterre saßen Edel leute und Beamte nieder» Ranges mit ihren Frauen und Töch tern, die schon durch ihren Lupus und ihren kostbaren Schmuck genügend erinnerten, daß wir eine orientalische Nation vor uns haben, abgesehen davon, daß der feine geistreiche Schnitt ihrer Züge genugsam an ihre magyarische Herkunft erinnerten. Da sah man auch geadelte Fürsten der Finanz, Sina, Wodianer und Ullmann, im kostbarsten Costüm unter den Edcln deS Lan des, die sie nicht mit vornehmer Herablassung, sondern wie ihres Gleichen behandelten. Der schlechte Platz, der mir ange wiesen wurde, war nicht geeignet, mich zu einem länger» Ver weilen zu bewegen, und ich verließ Len festlich geschmückten Saal mit dem Bewußtsein, daß Liese ebenso stolzen als loyalen Magnaten wohl gut kaiserlich, aber nie gut österreichisch werden können. Der Kaiser darf mit den bisherigen Erfolgen seiner Reise sehr zufrieden sein, und obgleich bisher wenig Concessionen bekannt wurden, so schmeichelt man sich doch wenigstens mit der Beseitigung so mancher Mißbräuche. Von dem schönsten Wetter begünstigt, wohnte heute der Kaiser und die Kaiserin dem Vonstapcllassen zweier Dampfschiffe bei. Auch hier war der Empfang ein sehr herzlicher, und ich hebe dies hervor, weil einige im Auslande gewiß über Gebühr gewürdigie kindische Demonstrationen das Gegentheil vcrmuthen ließen. Wer die Dinge nicht mit trüber Brille ansichl, muß ehrlich gestehen, daß der Kaiser und besonders die Kaiserin von dieser hochherzigen Bevölkerung mit loyaler und ehrenhafter Hingebung empfangen wurden. Der Kaiser verweilte heute wohl eine halbe Strmde in dem Etablissement eines reichen jüdischen Fabrikanten, was in den betreffenden Kreisen mit großem Wohlgefallen ausgenom men wurde. Prag. Der umsichtigen Fürsorge unsers Statthalters scheint es gelungen zu sei», die Noth unsrer armen Riesen- uud Erzgebirgsbewohner auf viel wirksamere und nachhaltigere Weise zu mildern, als es bisher durch die angestellten Samm lungen, welche nur eine momentane Hilse bringen können, ge schehen konnte. Auf seine» Impuls sind in den verschiedenen Gegenden der genannten LandeStheile Versuche mit dem Anbaue