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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120315013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912031501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912031501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-15
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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La» r»,«blatt «»P«l»l r»al tiaUM. O«aa» » iz«c«rr»g» »»« »«»«,»». Nb»«»«»«»t»-«»»ab»« Sabaaai^alk^ Bat «u«««» Irav«. gUtal«». Ppidlt«»», W» A»aatz»«»«a«a. la»t, B«ftt»t«tt» »ab Ottalttb»«!». Glazoleerkaek»»,,»» 10 Pt, Morge«-A«sgabe. WpMcrTagMaü Handelszeitung. KM AH 884 Kmtsökatt -es Nates und des Nolrzeiamtes der Lladt Leipzig. Siyri-m.Prel» a«i»a«i« w«rd«» nar da« arich<tn<» a» beitimin««» lag«« and Plü»«» wird Kia» »aranli« tdirnommra. «n,»i,r!,.»«nadin«: S»b»»»t«,«g« d«t Ilmiiich«» gtltal«» ». all«« «»»,»«»- Srft«ditt«n,» d«a 2a» »ad >»»lande« »nu» »»d vnla, »«» Mich«, N N>ch« 2ahad«r: Paal M»«ft«a. «.da« »» »d «.lchbtta»«»», 2ol>»nni»gag» L Haa»l»FM»l« »r«,b«ar Sieftrad« 4. 1 lr«i«»h«a Nr. 136. Freitag, üra IS. m-tr, isir. los. Jahrgang. IW- Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 1g Sette«, die vorliegende Morgennummer 18 Seiten, zusammen L8 Seiten. Vas Wichtigste. * Der Reichstag hat am Donnerstag mit der Beratung der Zentrumsinterpetlation über den Bergarbeiter st reit begonnen. (S. bes. Art. S. 1 und Bericht S. 9.) * Die Sächsische Erste Kammer hat sich «un Donnerstag mit Petitionen beschäftigt. . (S. Bericht S. 11.) * Dem italienischen Königspaar sind auS Anlaß des Attentats lebhafte Sympathie kundgebungen zugegangen. (S. bes. Art. S. 2 jimd Letzte Depeschen.) - Das österreichischeAbgeordneten- Haus hat am Donnerstag die erste Lesung der Wehrvorlagen begonnen. (S. bes. Art. .Seite 10.) * Der amerikanische Senat hat einstimmig den Beschluß angenommen, der Taft ermächtigt, die Waffenausfuhr nach Mexiko zu ver bieten. * Theateranzeigen siehe Seite 16. Ls gehi's nicht «eiter! sü ES ist jetzt über einen Monat her, daß der englische Kriegsminister Haldane in Berlin weilte, ungefähr ebenso lange, daß der erste Lord der englischen Admiralität Churchill kaum verklausuliert die deutsche Flotte als Luxus be zeichnete. Ueber den heutigen Stand der deutsch englischen Verhandlungen beobachtet das Aus wärtige Amt in Berlin strengstes Stillschweigen. Zur Rede Churchills hat es auch geschwiegen. Man konnte das damit rechtfertigen, daß in einer Erklärung der „Westminster Gazette", des Organs des Gesamtkabinetts, die Aeußerung Churchills zurückgewiesen wurde. Jetzt kommt gerade diese „Westminster Gazette", also das Blatt, dessen Erklärungen etwa den Verlaut barungen der „Norddeutschen Allgem. Zeitung", unter Umständen denen des „Deutschen Reichs anzeigers" gleichzustellen sind, mit einer Kund gebung, die den schärfsten Widerspruch herausfor dert. Wir stellen den markantesten Satz noch einmal hierher. Die „Westminster Gazette" schreibt: - „Wir können uns natürlich nicht verhehlen, daß durch eine plötzliche auffällige Vermehrung des deutschen FlottenetatS eine ungünstige Atmosphäre geschaffen werden würde, da sie mit Recht oder Unrecht sowohl hier als auch in Europa als die Antwort der deutschen Regierung auk die Mission Haldanes angesehen werden würde, eine Antwort, die gegenseitige Zuge st än dnisse verhin dern und weitere Verstärkungen der Rüstungen bewirken würde." Ein solcher Satz durfte nicht geschrieben wer ben. Nun er aber geschrieben ist, verlangt er eine Antwort ,/m derselben Stelle und in der selben Schriftgattung" (oder wie heißt es gleich in dem deutschen Preßberichtigungsparagraphcn?). Das konnte nicht die Absicht sein, als die deutsche Regierung die aus England gesandte Friedenstaube freundlich aufnahm und der deutsche Reichstag der Mitteilung des Kanzlers über die begonnenen Verhandlungen lebhaften Beifall spendete. Es konnte nicht die Absicht sein, der englischen Regierung das Recht zu geben. Deutsch, land, wenn es ohne Feindseligkeit gegen irgend- einen anderen Staat der Welt für seine Sicher- heit sorgt, Borwürfe zu machen. Das muß die Berständigungsbemühungen schädigen. Es ist nun gewiß schwer, einem Menschen zu raten, gegen seine Natur zu handeln; dem Reichskanzler von Bethmann Hollweg muß zugegeben werden, daß das sorgfältige Abwägen Voraussetzung für verantwortliche Handlungen iin Namen eines 65 MilltonenreicheS ist; „Erst wägen, dann wagen", war auch der Wahlspruch MoltkeS; aber der zweite Teil diese- Spruches darf nicht in Vergessenheit geraten. Deutschland kann nicht dulden, in eine Zwangslage versetzt zu wer- den. ES kann in Zukunft Friedensboten nicht aufnehmen, wenn ihm später daraus ein Strick gedreht wird. Da- deutsche Volk hat bei der tief in ihm eingewurzelten Friedensliebe die über die Nordsee kommende BersöhnungSbotschaft herz lich ausgenommen, aber eS ist da- beste Mittel, ihm diese Gesinryulg zu vergällen, wenn es sieht, daß es nach solcher Aktion ungünstiger als vor- her dastehen soll. Kein Minister und kein halbamtliches Blatt in Deutschland richtet solche Forderungen nach London wie umgekehrt. Keiner denkt bei uns daran, in die englischen Hoheitsrechte einzugrei- fen. Die deutsche Regierung muß das Netz zer reißen, das man ihr über den Kopf werfen will. Noch ist das Deutsche Reich ein souveräner Staat und kann für sich in Anspruch nehmen, mit Eng- land auf dem Boden der Gleichberechti gung zu verkehren. Die Parität verlangt es, daß auf solche Kundmachungen wie die letzte der „Westminster Gazette" eine Gegenwirkung er folgt, die das Gleichgewicht wieder yerstellt. Es darf nicht englische und europäische Gesamtmei- nung werden, daß das Deutsche Reich sehr reale und wichtige.Berzichtlcistungen auf dem Gebiete 'der Seerüstung vornimmt, ohne daß irgendwo auf dem ganzen Erdenrund ein kleinstes reales Zugeständnis von England gemacht wird. Die deutsche Rüstung kehrt sich nicht gegen England; man ist in Deutschland viel höflicher und stellt hier nicht die Vergleiche mit der engli- fchen Seemacht an, die dort umgekehrt fortwäh- rend und oft in sehr unhöflicher Weise vorge nommen werden; aber der Verzicht auf Rüstungs mittel würde, da er doch auf einen von englischer Seite seit Lloyd Georges Berliner Besuch ausge- drückten Wunsch zurückgeht, ein positives und sehr wertvolles Entgegenkommen Deutschlands be- deuten. Es widerspricht den» Wesen einer Ver ständigung, daß der eine Teil ein Zugeständnis macht, ehe der andere das geringste geleistet hat. Ein solches Verfahren wäre der Tod der Ver- ständigung. Wer die Verständigung — gleich uns — ernstlich will, muß auf das entschie denste ein Vorgehen bekämpfen, dessen unmittel bare Wirkung eine grenzenlyse Erhitferuyg auf deutscher Seite sein piuß. Die Parität wird nicht dadurch gewahrt, daß Deutschland alle Ver letzungen der Parität ruhig einsteckt. Fürst Bülow hat in einer Reichstagsrede vorn 29. März 1909 für Deutschland als „selbstverständ liches Recht" in Anspruch genommen, „über inneredeutscheVerhältnissemitdem Ausland nicht zu diskutieren", und zu- gleich erklärt, daß der Standpunkt der verbün deten Regierungen in der Frage der Abrüstung von Motiven des Friedens und der Humanität bestimmt würde und völlig in Uebereinstimmung mit der friedlichen, Jahrzehnte hindurch bewähr ten Richtung der gesamten deutschen Politiksei. Die Entwicklung mag auch in dieser Frage nicht stillstehen. Es ist denkbar, daß, wie Deutsch land eine sozialpolitische Verständigung der Welt staaten im Sinne des Fortschritts nicht ungern sehen würde, so auch dermaleinst mit einem oder mehreren Staaten eine Verständigung über die Rüstung erzielt wird. Aber hier beruht alles auf Freiwilligkeit, und wenn England durch unpassende Ministerreden oder unpassende halb amtliche Kundgebungen einen Druck auszuüben sucht, muß die deutsche Regierung diese Stellen geziemend zurückwcisen und die Gleich berechtigung des deutschen Volkes energisch wahren. Der Lergardeiterstreik. Die Bergarveltrrvrrik-Interpellation. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) —v. Berlin, 14. März. Das Zentrum hat eine Interpellation über den Stand des Bergarbeiterstreiks und über di« Aus sichten zu seiner raschen Beendigung eingebracht. Es scheint fast — Worte des sozialdemokratischen Redners Sachse deuteten darauf hin —, daß die Sozialdemo kratie dem Zentrum einen Borwurf daraus macht, überbaupt eine Jnterpellati. eingebracht zu haben. Das ist merkwürdig, da ch sonst die Sozial demokratie sich bemüht, in der pa mentarischen Be handlung wirtschaftlicher Kämpfe . - an zu sein, und auch den Ruf nach Staatshilfe son,. '<*>t scheut. Die Sozialdemokratie scheint rn diesem binderen Falle den Staat lieber draußen Vorhaben zu wollen; sie scheint die Bergarbeiter lediglich in eigene Behandlung nehmen und jeden andern, der sich auch darum kümmert, als Stö renfried betrachten zu wollen. Das ist bis zu gewissem Grade bei der Hal tung der Regierung begreiflich, denn die Re gierung bat hier eine Haltung, nicht in dem Sinne, wie die Zurufer meinten, als sie dem Staatssekretär des Reichsamts de» Innern Delbrück, der gleich nach der Begründung der Interpellation durch Schiffer- Borken (Ztr ), dem Ausschußoorsitzenden des Gekanit- verband» der christlichen Gewerkschaften Deutschlands das Wort nahm, di« Bezeichnung anhingen: „An- walt der Zechen." Nicht ohne Temperament wie, der Etaatnskretär diesen Anwurf ab. Gr wollte lediglich objektiv Tatsachen, die ihm de- kannt geworden find, auch der Oeffentlichkett be- kanntgeben und scheut« vor »einem Ur teil anf Grund dieser Tatsachen nicht zurück. Diese» Urteil geht dahin: Zur Herbeiführung einer Lohnerhöhung war ein Streik :m gegenwärtigen Augenblick nicht nötig; die Löhne waren bereits gestiegen und soll ten für die nächste Zeit weiter steigen. Sie hatten di« bisher höchsten Sätze von 1807 zum Teil bereits überschritten. Auch däs Prinzip der Erörterung von Lohnfragen durch die Arbeiterausschüsse war von der überwiegenden Zahl der Zechen verwaltungen zuge st ariden worden. Zurück haltung übte der Staatssekretär gegenüber der Frage, welches die wahren Beweggründe zum Streik gewesen seien. Doch deutete er an, daß die Rücksichten auf den englischen Streik eine Rolle spielen. Das Auftreten Delbrücks zeigte mit Bezug aus den Schutz der Arbeitswilligen auch diejenige Klar heit, die leider neulich der Vertreter der preußischen Regierung im Herrenhaus — vermutlich nur infolge ungeschickter Wahl seiner Worte — hatte vermissen lassen. Nicht die Hälfte der Arbeiter wolle den Streik. Diese haben ein Recht tarauf, solange sie bei ihrer Meinung bleiben, vor Schaden an Leib und Leben, an Kleidern und Geräten und auch vor Beschimpfung und Verletzung ihrer Ehre geschützt zu werden. Dieser unbedingte Schutz soll in gleicher Weise den Streikenden, wo er etwa nötig sein sollte, zuteil werden. Wenn der Staatssekretär das letzte nicht ausdrücklich erwähnte, so ist doch an zunehmen, daß er so denkt. Dasi st vereinfache, klare Standpunkt des Rechts und der Freiheit. Auch darin wird dem Staatssekretär auf Grund früherer Erfahrungen beizupflichten sein, daß gegenwärtig dieAussichtenfüreineVer- mittlung der Regierung nicht günstig sind. Kein Teil wünscht heute tue Vermittlung und kein Teil würde heute auf die Regierung hören. Die Streikenden sind jetzt von anderen Ge danken erfüllt. Wie weit dabei der Einfluß der angeblichen Führer ist, wie weit dieser Einfluß nur scheinbar ist, läßt sich schwer durchschauen, well die Führer den Trick zu üben pflegen, daß sie zeitweilig der allgemeinen Stimmung folgen. Ander seits veranlaßt die Erfahrung und die Vorsicht der Führer, die Verantwortung für die Er- eignisie nicht auf die eigene Person zu übernehmen. Wenn man dem sozialdemokratischen Redner Sachse glauben soll, ist der Wirtschaftskamvf schon länger vorbereitet und entbehrt jeglicher politischen Motive; er ist eben aus den Verhältnissen erwachsen. Die mehrstündige Rede des Gewerkschaftsführers machte den Eindruck sorgfältiger Berech nung. Auch das Temperament, das Schimpfen aus die „Bluthunde", womit er Polizeiorgane meinte, lag wohl im Plan« des Redners. Auch für den ge- legentlichen Lärm bei der sozialdemokratischen Frak tion, wie er am Schlüße der Rede Schiffers und während der Ausführungen des Konservativen v. Bieberstein ertönte, weniger bei den kurzen Dar legungen Dr. BLttgcrs (Ratl.), schien das Merkwort rvoäersto! ausgegeben zu sein. Wenn 110 Abgeord nete wirklich rn wilder Erregung durcheinander, schreien würden, würde noch ein ganz anderer Lärm entstehen. Darin ist natürlich kein Vorwurf ent- halten, im Gegenteil; im Interesse der ruhigen Ab wicklung der Geschäfte der Volksvertretung ist er- wünscht, daß die Sozialdemokraten bei diesem „Moderato", das eine gewisse Disziplin verlangt, be- harren. Zu unserer Genugtuung gab der preu ßische Handelsminister Sydow heute noch die Ergänzung zur Rede Delbrücks, die wir schon vorausempsunven hatten: Es soll Arbeitswil ligen und Aus ständigen gleicher Schutz gewährt werden.sofern sie nur auf dem Boden des Gesetzes bleiben. Man darf annehmen, daß der Rest der Woche noch mit der Vergarbeiterbesprechung ausgefüllt wird. Da die Frage von höchster Be deutung ist, läßt sich das begreifen, doch ist zu be fürchten, daß nicht mehr viel Neues gesagt wird, was ein Kompliment für die heutigen Redner ist. Dle Lage im Streikremer. Wie von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, ist am Mittwoch in der außerordentlichen Hauptver sammlung des Zechenverbandes allseitig über den ungenügenden Schutz der Arbeitswilligen Klage geführt worden. Mit Rücksicht darauf und mit Rücksicht auf die von zuständiger Stelle ge gebenen Zusicherungen, daß nunmehr Militär zum Schutze herangezogeu werden soll, wurde beschlossen, von dem Recht der Arbeitsordnung, die Kon traktbrüchigen bereits nach dreitägigem Feiern aus der Belegschaftsliste zu streichen und ihnen den Lohn von 6 Schichten einzubehalten, erst dann Gebrauch zu machen, wenn sie nicht bis spätestens Sonnabend, den 9. März, die Arbeit wieder auf nehmen Es sei zu erwarten, daß durch den erwei terten Schutz auch die Arbeiter, die jetzt noch wegen Bedrohungen und Belästigungen von der Arbeit ferngedlieben sind, ebenso wie die bisherigen Ar beitswilligen zur Arbeit wieder erscheinen werden. Den Leuten, die spätestens bis Sonnabend die Arbeit wieder aufnehmen, werden daher keine echs Schichten einbehalten werden. Don dem Be- chluß wurde am Donnerstag von sämtlichen Zechen edem Ausständigen einzeln durch Postkarte Mit- eilung gemacht. Ueb«r eine Streikversammlung in Bochum liegt folaende» Telegramm vor: Am Donnerstag morgen sand in Bochum eine von 10—12000 Personen besuchte Streikversammluna statt, wobei von einem Redner mitgeteilt wurde, daß nach den Angaben der Streikbureaus der Streik auch heute wieder im Wachsen begriffen sei. Die Zahl der mitstreikenden östlichen Bergleute, die in den Kampf hineingezogen wurden, schätzte er auf SO Prozent der gewerkschaftlichen Organisation. Der Streik w«rde weiter geführt werden, di» die Führer da» Signal zur Wiederaufnahme der Arbeit geben. Es wurde protestiert gegen das scharfe vorgehen der fremden Ordnungs- Mannschaften und auf einen Fall in Sodinaen hingewiesen, auf Grund dessen man sich beim Minister beschwerte. Ferner wurde Einspruch erhoben gegen die Herdeihoiung des Militärs, zu der gar kerne Veranlassung Vorgelegen habe. Redner teilte mit, die Verhandlungen mit den Arbeiterausschüssen hätten ablehnende Antworten gezeitigt mit Ausnahme einer Zeche, die mehrere Zugeständnisse machte. Die Streikenden wurden im Sinne des letzten Flugblattes zur Ruhe und Ordnung aufgefordert. Au» dem Wurmrevier wird gemeldet: In einer von ungefähr tausend Personen besuchten Versammlung des Gewerkvereins christlicher Berg arbeiter in Alsdorf kam eine Resolution zur An nahme, der auch die anwesenden sozialdemokratischen Bergarbeiter zustimmten, in der entschieden ver urteilt wird, daß sich die Bergleute des Ruhr reviers durch sozialdemokratische Verhetzung in den Streik treiben ließen. Durch das Vorgehen der Führer der Streikbewegung im Ruhr gebiet werde nicht allein der Sache der Bergarbeiter, sondern auch der gesamten Arbeiterbewegung geschadet. Die öffentliche Meinung sei durch den Kontraktbruch der Ausständigen gegen die berech- tigten Forderungen der Bergarbeiter eingenommen. Die Versammlung sprach schließlich der Leitung des Eewerkvereins der christlichen Bergarbeiter das Ver trauen aus. Wirkungen des Streiks. Stettin, 14. März. (Tel.) Die Eisenbahn direktion gibt bekannt: Infolge des englischen Bergarbeiterstreiks und des Streiks im Ruhrgebiet ist der Einlauf von Kohlen aus dem ober schlesischen Revier nach Stettin und Eotzlow so übermäßig geworden, daß die ordnungs mäßige Abwicklung des Verkehrs auf dem Stettiner Bahnhof stark gefährdet ist. Die Eisenbahn direktion hat daher die Kohlenannahme aus Ober schlesien vorläufig bis einschließlich 17. März sperren müssen. S Wi« sich linksliberal« Kreist im Ruhrge biet zu dem Streik stellen, mag aus einer Zuschrift an die „Barmer Zeitung,, heroorgehen. Unter der Ueber. schrist ..Die Regierung und der Aus stand" lesen wir in dem freisinnigen Blatt: Nicht ohne ernste Besorgnis kann man der weite ren Entwicklung der Dinge entgegensehen, die unab sehbare Folgen haben kann, wo bereits Stimmen in der Oeffentlichkeit laut werden, die ein Einschrei, ten der Regierung zur Beilegung des Ausstandes fordern. Nichts wäre verhängnisvoller, als solch ein Vorgehen. Denn es liegt auf der Hand, daß dadurch di« Bergleute nur zu immer heftigerem Widerstande ermutigt, von der Regierung moralisch gestärkt wür den und daß damit der Kampf nur immer mehr in die Länge gezogen würde. Hierin müssen nun alle Verbraucher von Kohle eine schwere Gefährdung ihrer berechtigten Interessen erblicken. Zu den Verbrau chern gehört nun aber nicht nur unsere gesamte In dustrie, die auf den Bezug der heimischen Kohle an gewiesen ist und bei einem teilweisen oder gänzlichen Verjagen der Bezugsquelle infolge des Ausstandes auf die Einfuhr ausländischer Kohl«, zu natürlich erhöhten Preisen zurückgreifen müßte, sondern Kon. snment ist doch auch jeder Privatmann, jeder Bür- ger, der die Kohls in seinem Haushalt braucht. Es würde somit non der Steigerung des Kohlenpreises, die im Gefolge einer längeren Dauer des Ausstandes unfehlbar ein treten würde, das Publikum in seinem weitesten Umfange betroffen werden. Allein schon diese nüchterne Erwägung sollte es daher nahelegen, sich bei dem Streit einer Parteinahme zu enthalten und sich nicht ins eigene Fleisch zu schneiden, zumal ja doch im Kohlenrevier durchaus keine Notlage der Arbeiter besteht, dre etwa von der Allgemeinheit Onfer erforderte. Daher muß man gegen die kurz sichtige Forderung eines Eingreifens des Staates i n diesem Lohnkampfe, der lediglich auf sozialdemokratische Wühlarbeit zu rück z u f üh r e n ist. mit Nachdruck Einspruch er heben. Im Gegenteil erfordert die Wahrnehmung der berechtigten Interessen nicht nur der Industrie, sondern überhaupt unseres ganzen Volkes, daß die Regierung durch ihr Einschreiten nicht noch die Streikenden moralisch stärkt und somit dazu beiträgt, daß auch völlig Unbeteiligt« unter den wirtschaftlichen Folgen dieses Ausstandes zu leiden haben. Das freisinnige Organ fügt hinzu: Nachdem die Regierung auf der Konferenz mit den Bergarbeiterführern vergeblich zu vermitteln ge sucht hat. dürft« es, wie wir zu diesen Ausführungen bemerken wollen, einstweilen ausgeschlossen sein, daß sie diesen Versuch wiederholt. Daß sie ihn aber gemacht hat, wollen wir unserseits ihr dur^ous nicht zum Tadel anrechnen. Die Lage in Nordbohmen. Prag, 14. März. (Tel.s Die Bergwerksbesitzer im nördlichen Braunkohlenrenier verhalten sich den bekannten Forderungen der Bergarbeiter ab lehnend aeaenüber. Die Vertrauensmänner der Arbeiterschaft sollen am 17. Mär» über da» weitere Verhalten der Arbeiter entscheiden. Lohnbewegung der belgischen Kohlenardeiter. Aus Brüssel wird gemeldet: Die Delegierten der belgischen Bergarbeiter rich teten an die Grubenbesitzer ein Schreiben, in dem st« neue Forderungen aufstellen. Sie verlangen eine ISprozentige Lohnerhöhung, Festsetzung eine« Minimallohne« und Anerkennung ihre« National- verband««. Die Bewegung unter den belgischen Berg» arbeitern ist als eine Solidaritätserklärung mit den streikenden englischen und deutschen Bergleuten anzu sehen, denn in dem Schreiben wird hervorgehoben, daß es im Interesse der belgischen Kohlenardeiter
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