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Thetlnahmlosigkett des Präsidenten und seiner Regierung Anhalter Bahn habe die ihr gemachte Offerte adgelehnt; schiedener zentralistischen Richtung der Republikaner. Bon beiden Parteien nun finden sich eine Zeit vor der Wahl in allen Orten eine Anzahl von Männern freiwillig und selbständig, ohne vom Volke gewählt zu werden, in den sogenannten v»räs, den lokalen AgitationSmittelpunkten der Partei, zusammen, welche die Wahlvorbereitungen, die Bearbeitung der Wähler und die anderen Geschäfte der Partei vor und während der Wahl übernehmen. Diese Wards senden aus ihrer MiUe Delegirte zu den National- konventtonen, von denen die republikanische diesmal in Chicago tagen wird. Hier werden dann die Kandidaten der Parteien für die Präsidentschaft ernannt. Wenn man nun erwägt, daß jedem Präsidenten das Recht zusteht, bei seinem Amtsantritt alle Staatsämter neu und beliebig mit seinen Freunden und Anhängern zu besetzen, und daß die Beamtenstellungen bei wohlwollender Nachsicht der hohen und höchsten Staatsdiener sehr einträglich gemacht werden können, so wird es begreiflich, daß alle Beamten, um sich in Amt und Würden zu erhalten oder Beamtenkandi daten, um sich einer Beamtenstellung zu vergewissern und beide, um die hohen und höchsten Amtsverwalter zu wohl wollend nachsichtiger Dankbarkeit^zu verpflichten, in erster Linie sich in die WardS drängen. So kommt es, daß die Konventionen weit sicherer den Willen und die Interessen der in Aemtern befindlichen Parteigenossen und derer, die nach solchen streben, als die des zur Partei st ehenden Volkes darstellen. — Es ist ferner erklärlich, daß in so zusammen gesetzten Konventionen meist derjenige Kandidat Gnade findet, der anders die geringste Aussicht nominirt zu werden hätte, denn je unbedeutender und je schwächer von Cha rakter und Willen der Präsident ist, um so wahrscheinlicher ist dann seine Abhängigkeit von der Beamtenkamarilla und seine Unfähigkeit, selbständig die herrschenden Mißbräuche zu erkennen nnd ihnen entgegenzutreten, und je unbekannter er vor seiner Kandidatur war, um so mehr wird er sich zu Dank verpflichtet fühlen gegen Diejenigen, die ihm aus seiner Dunkelheit hervorgeholfen haben, und geneigt sein, ihren unsauberen Umtrieben gegenüber ein und, wenn nöthig. auch beide Augen zuzudrücken. Man begreift also, wie es möglich ist, daß in den Konventionen der Kandidat oft in direktem Gegensätze zum Interesse des Staates ge wählt werden kann, und nur in dem Falle ist in ihnen Rücksicht auf die allgemeine Popularität des zur Wahl zu präsentirenden Mannes geboten, wenn der Kandidat der Gegenpartei eine besonders hohe Achtung und Beliebtheit im Volke genießt und dadurch der Sieg der eigenen Partei gefährdet erscheint. Gegenüber den Beschlüssen der Kon ventionen ist es den Wählern unmöglich, zu einer von jenen abweichenden einheitlichen Entscheidung zu gelangen, da die Presse fast durchweg von den Wards und den Konventionen gekauft ist. Wollen sie also nicht eine Niederlage der eige nen Partei durch Zersplitterung der Stimmen herbeiführen, so bleibt ihnen nichts übrig, als wohl oder übel sür den ihnen von der Konvention aufgedrungen Kandidaten zu votiren. Bon einer freien Wahl des Volkes kann hiernach kaum die Rede sein, und es darf mehr als ein zufälliges Glück geschätzt werden, wenn der Gewählte der Beamten einmal auch den Ansprüchen des Staatswohlbefindens entspricht. — Es ist das freilich ein dunkles Bild, das wir von den Zuständen im „Lande der Freiheit" entwerfen, aber es ist leider wahr, und daß es die thatsächlichen Verhältnisse vollkommen decken muß, dafür zeugen doch zur Genüge die in den letzten Jahren oft besprochenen Amtsschwindeleten, die allenthalben in Amerika, bald mit größerer, bald mit geringerer Geschicklichkeit, gang und gäbe sind und ohne die Korruption des gesummten Beamtenthums und die schonende Magdeburger Bahn. Gegenüber den Abgeordneten Rückerath und Richter, welche sich gegen die Vorlage äußerten, erklärte der Minister Maybach, durch das erste Verstaat- lrchungsgesetz sei cer Negierung die Richtung für die weitere Ausbildung des Staatsbahnsy äemS vorgezerchnet. In dieser Richtung passe die jetzige Vorlage hinein. Die Berlin- eben unmöglich — wenigsten- in dem thatsächlichen Um» fange unmöglich wären. Wenn man nun mit deutsch« Harmlosigkeit frägt, warum denn die amerikanischen Bürg« solche Zustände dulden und ruhig ertragen, so ist die Aut« wort einfach die, daß in Amerika Jedermann entweder hofft und strebt, einmal gelegentlich eine Beamtenpfrüudtz zu erhalten und darum Nichts dagegen einwendet, wenn dieselben einträglich sind, oder ab« auf rentable Geschäftchen mit den Staatsverwaltungen spekulirt, die natürlich um so leichter find, je bestechlicher und gewinnsüchtiger die Beamte» sich erw.isen. — Der Urquell des Uebels liegt offenbar in^ der Absetzbarkeit der Beamten und in der dem Präsident«» und seinen Kreaturen möglichen Willkür in der Btsetzuug der Wörter, bet welcher die fachliche Qualifikation kaum in Frage kommt, sondern nur die größere oder gering«» Ergebenheit, Dienstwilligkeit, wenn nicht gar Zahlungs fähigkeit des Kandidaten. — Bet der bekannten Leidenschaft der Amerikaner sür gooä bumaessss, gute Geschäftchen, wird dieser Quell nur sehr schwer zu verstopfen sein. Tagesschau < , Freiberg, 20. Januar.^ Die „Berliner Zeitung" macht unter Angabe eidlich zu erhärtender Tbatsachen die Mittheilung, vag in Berlin eine Unzahl von Packelen und Briefen den Adressaten ge waltsam ausgerissen zuqestellt wird und vermuthet, »eil besonders Bnefe und Packele mit Drucksachen, Manuskripten und Papterproben von dieser Plünderung betroffen werden eine planmäßige Sozialistensuche oder vielmehr eiueRecherch« nach sozialistischen Drucksachen. Diese Angelegenheit wird naturgemäß grobes Auslehen erregen, ist eS doch nicht all zulange her, daß der Generalpostmetster Stephan auSrief: „Das Briefgeheimniß ruht in den Händen der deutichen Retchspost so sicher, wie die Bibel auf dem Altar!" Sollte wirklich eine solche Suche nach verbot.neu Druckerzeugnissen stattfinden, so müßte man die selbe für unzulässrg und ungesetzlich erklären. ES ist nichts dagegen zu sagen, wenn die Polizei allen Scharf sinn ausbtetet, um ungesetzlichen Preßerzeugnissen nachzu spüren, gleichviel, ob sie sozialistisch oder obscön sind; eS wäre aber sehr viel zu sagen, wenn die deutsche Reichspost sich dazu hergäbe, auf eigene Faust Recherchen anzustellen, denn es wäre dies eine offenbare Verletzung des Briefge heimnisses. Unzulässig würden administrative Maß regeln in diesem Falle aus Gründen der öffentlichen Moral sein. Auch die schwächsten Anklänge an ein schwarzes Aa- binet würden die öffentliche Achtung vor der Retchspost untergraben. Ungesetzlich aber wären solche Maßregel» aus folgenden Gründen: Artikel 50 der deutschen ReichS- verfassung sagt: „Dem Kaiser steht der Erlaß der regle« mentariichen Festsetzungen und administrativen Anordnungen (im Poft- und Telegraphenwesen) zu." Niemals aber würde ein deutscher Kaiser die Verletzung des Briefgeheimnisses sanktioniren. In Kriegsfällen ist die gesetzliche Regelung noch nicht erfolgt, sondern die militärischen Machthab« treffen die bezüglichen Anordnungen; die Beschlagnahme von Briefen bei strafgerichtlichen Untersuchungen ist aber durch Abschnitt 8 der deutschen Strasprozeßordnung ge regelt. Keine der daselbst gegebenen Bestimmungen ge stattet eine Willkür, eine Art Voruntersuchung durch die Post. Sind die Mittheilungen des Berliner Blattes wahr, so stehen wir vor einer Schädigung des Rechtsstaates, denn die beste Absicht kann durch keine Interpretation des kleinen Belagerungszustandes oder durch administrative Anordnungen, die einer Deutung fähig sind, welche der Verfassung widerspricht, jemals gerechtfertigt werden. — Das preußische Abgeordnetenhaus trat gestern in die erste Berathung über die Vorlage, betreffend den Erwerb der rheinischen und der Berlin-Potsdam- Abonnements «uf de« mmö VmAvkImtt" für die Mortale Februar, «Srz »erde» do» sämmtlicheu Poftaustulteu wie do« der »uterzrichuete« Expedition «»d de» bekavvtea Aas- -«-estellea tu Freiberg, Braud, Halsbrücke und Laug- hetmerSdors zum Preise bau 1M. 5s Pf. angenommen. Lxpsäition lie» „ssrsidsrgsr änreigvr unä Isgedlall". Inserate werden di» Bormittag» 11 Uhr angenom men und beträgt der Prei» für die gespaltene Zelle oder deren Raum 1b Pfennige. Die Präsidentenwahl im nordamerikanischen Freistaat. i. In diesem Jahre erleben vir wiederum das Schauspiel ein« Präsidentenwahl in Nordamerika. Wer die Verfassung sowie die politischen und sittlichen Verhältnisse der Re publik kennt, wird zugestehen, daß für den bevorstehenden Akt der Ausdruck „Schauspiel" kein unzutreffender ist. Man glaube ja nicht, daß die Bestimmung eineS Mannes für den Präfidentenstuhl in Amerika nothwendig der Aus-^ druck des persönlichen Vertrauens des Volkes in seine' Würdigkeit und Fähigkeit ist. Der jetzige Präsident HayeS! war, ehe er das „weiße Haus" in Washington (Wohnung' des Präsidenten) bezog, ein in größeren Kreisen völlig un-! bekannter Ehrenmann, und der General Grant ist während und nach seiner Präsidentschaft, bis er sich vorsichtig zu seiner europäischen Galareise absentirte, wegen der fabel haften Korruption und dem schamlosen Aemterschwtndel, der unter seiner Regierung sich besonders bemerkbar ge- macht hatte, arg kompromittirt und wurde allseitig auf das Heftigste bekämpft; dennoch ist er es, der sitzt den amerika nischen Republikanern wiederum als Präsidialkandidat vorgeschlagen wird. — Es ist wahr, die Bürger der Ver einigten Staaten wählen den Präsidenten in geheimer, allgemeiner und gleicher Abstimmung, aber sie wählen ihn aus denjenigen Kandidaten, welche ihnen von den Konven tionen, den Zentralleitungen der Parteien, aufgedrungen werden. Diese Lovvsutiolls werden in folgender Weise gebildet: Bekanntlich giebt es in Amerika nur zwei Parteien, die für den Ausfall der Wahl in Frage kommen, die Demo kraten und die Republikaner. Den Unterschied beider heut, nachdem die Sklavenfrage, die politische Gleichstellung der Schwarzen mit den übrigen Bürgern und die Ablösungs gelüste der südlichen Staaten von der Union abgethan find genau bestimmen wollen, hieße eine ganze Reihe von For derungen mehr oder weniger untergeordneten Ranges auf- zählen. Im großen Ganzen darf man sagen, daß die demokratische Partei, die sich aus den irischen und katho lischen Einwohnern der Union hauptsächlich rekruttrt und zu der sich von den etngewanderten Deutschen fast regel- mäßig die aus ultramontanen Distrikten und sonderbarer weise die meisten Plattdeutschen schlagen, Tendenzen verfolgt, welche den bestehenden Einrichtungen der Vereinigten Staaten gegenüber, ohne die republikanische StaatSform zu bedrohen, einen reaktionären Anstrich haben. So z. B. kämpfen die Demokraten gegen die Republikaner für die Steuerfreiheit des Kirchenetgenthums rc. Wenn man die Bestrebungen der südstaatlichen Demokraten, welche den Hauptstamm der Partei bilden, besonders in Betracht nimmt, wird man auch eine mehr föderalistische Politik, die auf die Vermehrung der Rechte der Einzelstaaten und eine Verminderung der Macht der Bundeszentralgewalt losztelt, bemerken können gegenüber der ent- 1880. . u-— und TagMM Amtsblatt für dir königlichen and städtische« Behörde» zu Freiberg und Brand verantwortlich« Redakte« Julins Brau» i» Freiberg. 8L Fahr«»»»