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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. V SIS Diese« Blatt erscheint mit Ausnahme de« Sonntag- täglich Abends und ist durch alle Postanftaltrn zu beziehen. Dienstag, den 13. September. Preis für da- Vierteljahr Thaler. Insertions-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile l Neugroschen. I8S3 Amtlicher Theil. Dresden, 9. September. Se. Majestät der König haben dem Legation« - Secretair und dermaligen interi mistischen Geschäftsträger in Madrid vr. Adolph Keil die Erlaubniß zu ertheilen geruhet, daS ihm von Ihrer Maje stät der Königin von Spanien verliehene Eomthurkreuz deS Ordens JsabellenS der Katholischen annehmen und tragen zu dürfen. Dresden, 12. September. Se. Königliche Hoheit der Prinz Johann ist gestern Abend 6 Uhr nach Nürnberg gereist. Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Wilhelm ist heute früh ^4 Uhr von Prag hier »ingetroffen und im Victoria Hotel abgetreten. Nichtamtlicher Theil. Acbersicht. Tagksgeschichte. Telegraphisch, Depeschen aus Pari« und London. — Dresden. Artilleriemanöver.— Von der Elbe: Erfreulicher Aufschwung in Handel und In dustrie. — Wien: Die ungarische Krone aufgefunden. Nachrichten aus den Donaufürstenihümern. Vermischtes. — Prag: Ankunft der Kaiserin Maria Anna. — Olmütz: Inthronisation d,S Erzbischof«. — Berlin: Die Ma jestäten zurückgekehrt. Reise des Königs. Erzherzog Leo pold ,ingetroffen. Vermischte«. — Königsberg: Die Elbingec Stadtverordneten aufgelöst. — München: Na- menSfest der Königin. Die Leuchtenbergsche Galerie nach Petersburg. Herr v. d. Pfordlen zurück. — Kassel: Ordensverleihungen. — Old en b u rg: Die großherzogliche Familie zurück. Major Plate. — Ko bürg: Gustav- Adolf-Verein. — Paris: Resultat der Ergänzungswah len. Ministerralh. Ordensverleihungen. Reise der Kaisers. Manöver. Einweihung deS Denkmals für Marschall Bugeaud. UnglückSfall. — B rüs sel: Ordensverleihung. Feldmarschallleutnant Baron Pirquet. Die königl. Fa milie zurückgekehrt. — Haag: Der luxemdurqer Mi nisterwechsel. — London: Die Königin in Schloß Bal moral eingetroffen. Nachrichten aus Amerika. Die Ein mischung Amerikas in die Verhältnisse Europas. Ge neral Douglas -j-. — Forli: Verhaftungen. — St. Pe tersburg: Kaiserliches Handschreiben an Graf Giulay. Local- und Provinzialangelegenheiten. Dresden: Der erste Spatenstich an der Albertsbahn. Feuilleton. Anzeigen. Bvrsennachrichten. Tagesgeschichte. Telegraphische Depeschen. Parts, 11. September. Gestern ist der Kaiser und die Kaiserin von Dieppe hier eingetroffen. — Das heutige „Paps" dringt einen scharfen Artikel gegen die Türkei. Wenn Rußland die Modifikationen verwerfe, so werde rin neuer Versuch bei der Pforte gemacht werden; bestehe die Türkei aber auf ihrer Forderung, so werde Europa die Ereignisse beobachten und abwarten. Die westlichen Mächte werden keine Eroberung durch Rußland dulden, Europa werde vielmehr im Interesse deS Friedens sein schiedsrichterliche- Amt zu wahren wissen. Der Zinsfuß für die Schatzscheine ist erhöht worden. London, II September. Die „Times" meldet: Oester reich beantrage, daß besondere Unterhandlungen in St. Peters burg über die streitigen Punkte in der orientalischen An gelegenheit zwischen dem Grafen Nesselrode und einem tür kischen Abgesandten geführt werden mögen, uno hofft, daß dieser Antrag angenommen würde. Dresden, 12. September. Heute Vormittag >^11 Uhr fand auf dem Exercierplatze am letzten Heller vor Sc. Ma jestät dem Könige bas jährliche Prüfungsschießen der Ar tillerie statt, welchem auch Se. k. k. Hoheit Erzherzog Wilhelm und Ihre Königlichen Hoheiten Prinz und Prin zessin Albert beiwohnten. Die Ankunft Sr. Majestät deS Königs wurde mit 21 Salutschüssen und durch ein freudiges Hurrah der Mannschaften ausgezeichnet. An dem Schießen selbst nahmen überhaupt 9 Batterien Theil, nämlich: 2 Batterien der Brigade reitender Artillerie, wovon die eine von Sr. Königlichen Hoheit dem Hauptmann Prinzen Georg commandirl wurde; ferner 2 Batterien halbberittener Artillerie, jede Batterie zu 4 SechSpfünderqeschützen; 2 Fuß batterien , jede aus 4 Sechspfünd-rn arnd 2 Haubitzen (7t/jz-Pfünder) bestehend, alsdann noch 1 Zwölfpfünderbat- teri, zu 6 Geschützen, 1 Haubitzenbalterie zu (7^-Pfünder) 6 Geschützen und 1 Mörserbatlerie (16- und 32-Pfünder). Nachdem das durch Präcision und Schnelligkeit sich aus zeichnende Schießen beendigt und die Besichtigung der Ziele seilen der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften erfolgt war, geruhten Se. Majestät, sämmlliche Batterien an Sich vorbeidefiliren zu lassen und nachher der 'Truppe Ihre Allerhöchste Zufriedenheit über deren Leistungen huldvollst auSzudrückcn. Von der Elve, 8. September. Nach einer Zeit wie die von 1848 dis 1851, wo namentlich das deutsche Ge schäft so sehr darniederlag, erweist sich jetzt der amerikanische Markt in seiner andauernden Lebhaftigkeit von einer über aus hohen Wichtigkeit für unfern Handel und unsere In dustrie. Sogar andere Erwcrbsgebiete werden davon wohl- thätig berührt. So ist das Steigen aller Rohproducte bei eben nicht heiterm politischen Himmel lediglich eine Folge der Festigkeit jenes Marktes. In Wahrheit, ein so enormer Waarenabsatz nach Amerika, dabei von einer so gleichmäßig anhaltenden Dauer und fortwährenden Steigerung beglei tet, ist noch niemals dagewesen; er spottet allen bisherigen, darüber gesammelten günstigen Erfahrungen. Unser lheures Sachsen ist bei diesen gegenwärtig so außerordentlich vor- lheilhaften Geschäftsverhältnisscn nicht unwesentlich inler- essirt. Der massenhafte Verbrauch von Strumpfwaaren grenzt ans Unglaubliche. Zwar wird derselbe seil einigen Jahren und sogar noch jetzt durch englische, mit neuerfun- denen Maschinen unterstützte Concucrenz sehr bedroht; nichtsdestoweniger hat dieser Gegenstand bei immer zuneh mendem Verlangen danach, sich unvermindert seinen Absatz bewahrt. Gleicherweise werden die sächsischen Spitzen, deren Begehr die Mode ungemein vermehrt, alles belgischen und englischen Rivalisirens zum Trotz, in fortwährend wachsen der Menge hinübergeführt. Mögen indeß diese glänzenden Conjuncturen auf die betreffenden Fabriken nicht erschlaffend wirken! Rastlose Anstrengungen sind erforderlich, um beim Eintritt der verringerten Abnahme jener Artikel stark und fest genug zu sein, auch dann noch die ausländische Con- currenz mit Nachhalt bestehen zu können. Alles ist dem Wechsel unterworfen! Auch den Etablissements in wollnen Waaren gilt dieser Zuruf, obgleich diese Artikel und nament lich die Tuche, sich unter allen Fabrikaten des größesten Absatzes zu erfreuen haben. Seit den letzten zehn Jabren hat sich die Tuchfabrication gewiß um mehr al« di, Hälfte vermehrt. Dessenungeachtet reicht diese Masse augenblick lich nicht hin, um allen Bedarf zu decken. Wahrscheinlich durch den mächtigen Vertrieb des HauseS der Gebrüder Großmann in Dresden und New-Bork gelten die schlesischen und lausitzer Luche in Amerika ebenfalls für sächsische Tuche und erhöhen sonach den industriellen Ruf unserü kleinern Landes gewissermaßen in unverdienter Weise, da jene Provinzen weit mehr Tuche als Sachsen fertigen. Vermöge der gestiegenen Weltpreise ist eine ziemliche Pr^ erhöhung der Tuche herbeigeführt worden; gleichwohl echM sich der ungeheure Begehr danach noch immer im Zuneh men. Leider wird nur die Mehrproduktion durch den Man gel an Webern sehr fühlbar gehemmt und dieser Mangel wird am Ende doch noch zur Einführung der mechanischen Weberei nöthigen. Eine anders versuchte Abhilfe mittelst Herbciziehung von Leinewebern, die in der Lausitz und Schlesien in Menge unbeschäftigt sind, hat, so natürlich sie auch ist, doch daselbst in vergangener Woche zu vielfäl tigen Arbeitseinstellungen der Tuchweber Veranlassung ge geben. Aehnliches geschah in einer Nachbarstadt bei einem Fabrikanten, als man mechanische Tuchwebstühle auspackte. Excesse wurden jedoch durch die erbetene Dazwischenkunft der Behörde vermieden. Ob diese Weber wieder zur Arbeit zurückgekehrt sind, darüber fehlen uns dis jetzt noch die Nachrichten. Sind auch dergleichen Vorkommnisse zu be klagen, so würde eö doch eine sehr beschränkte Anschauung verrathen, wollte man dieselben als die Schattenseiten der von uns gerühmten Gestaltung unserer gewerblichen Ver hältnisse hervorheben. Hebung des industriellen Verkehrs wirkt immer und überall auch gedeihlich auf die Lage der dabei beschäftigten Arbeiter zurück. Mögen diese nur bei Zeiten auf ihre geistige und sittliche Bildung Bedacht nehmen und aufhören, auS dem Zunftschutze eine bevor zugtere Stellung abzuleiten, welche stets, alles Sträubens ungeachtet, das Loos jeder Prätension theilen muß. Her vorragend tüchtige und dabei denkende Fabrikgehilfen fehlen uns noch gar sehr. Man weiß die mehrseitig dargebotenen Gelegenheiten zu einer gediegenen Bildung nicht gehörig und gewissenhaft genug zu benutzen. In England und Belgien ist dies bei Weitem weniger der Fall. Dort nehmen aber auch dergleichen Personen eine Stellung ein, um die sie mancher unserer sogenannten Hochgebildeten beneiden könnte. TLien, 10. September. Eine wichtige telegraphische Depesche ist heule von Semlin angekommen: Die so lange vermißten ungarischen Kroninsignien des heiligen Stephan, die Reichskrone, bas Scepler, der Reichsapfel, das Schwert, der Mantel, die Sandalen, auch die diplomatische Urkunde darüber sind endlich bei Orsowa aufgefunden worden. Sie waren in der Erde vergraben, und alle Umstände lassen dar auf schließen, daß dies von Kossuth selbst bei seinem lieber- tritte auf türkisches Gebiet geschehen ist. Die Krone ist in völlig unversehrtem Zustande, ebenso die übrigen Insig nien, bis auf den Mantel, die Sandalen und die Urkunde, welche durch die Nässe in der Erde etwas gelitten haben. So wäre denn auch dieses Räthsel des Dramas der unga rischen Revolution gelöst. Für die Ucbcrführung dieser Kroninsignien auf dem Kriegsdampfer „Albrecht" unter an gemessener Bedeckung ist durch den Militär- und Civilgou- verneur, welcher sich persönlich nach Orsowa begeben hatte, bereits Sorge getragen. — Die neuesten Nachrichten auS Acht Tage in Cincinnati. Von l)r. .Moritz Kusch. Die folgenden Mitiheilungen sind Bruchstücke eines kage- buche«, welche- während einer Reise durch die Vereinigten Staaten geführt wurde und die Grundlage zu einem demnächst erscheinenden ausführlichen Buche über die dort gesammelten Beobachtungen bildet. Sie können in doppelter Beziehung einige« Interesse beanspruchen, indem— wie anderwäri« nachzuweisen versucht wurde — Cincinnati die Hauptstadt de« MisfissippilhaleS und dadurch die Königin de« amerikanischen Westen« ist, und indem e« unter allen größer» Orten der Union die verhäliniß- mäßig stärkste deutsche Bevölkerung hat. Man wird manche« Wunderliche, aber ich meine auch einige« Wunderbare darunter finden. Möge man zugleich sehen, daß Diese« wie Jene« mit dem Bestreben geschildert wurde, unparteiisch zu sein sowohl im Rühmen wie im Rügen. I. Den 16. September. Cincinnati hat zwei Merkwürdigkeiten, auf welche r« sich etwa« rinbildtn darf: seine Weinberge und seine Kathedrale, die größte katholische Kirche innerhalb der Vereinigten Staaten. DaS Gewächs der erster» hab» ich heute gekostet, nachdem ich mich die Tag» seither lediglich an vaterländischen Rebensaft gehalten, welcher bei Pfau in der Mainstreet in bester Auswahl zu haben ist. 3n der Thal, ich hätte nicht gemeint, im Innern Amerika« «inen so respectabeln Deidesheimer zu schmecken, wie man ihn hier um eine Kleinigkeit theurer al« daheim zu trinken bekommt. Aber Feuilleton. auch da« Blut der Katawbatraube ist nicht schlechthin zu ver achten, und obwohl die Renommisterei, die den Ohio den amerika nischen Rhein nennen will, vor der Hand eben Renommisterei ist, so verdient der alte Longworth doch volle Anerkennung für seine Bemühungen, der hiesigen Rebe ihr Recht zu verschaffen. Sie sei ihm und seinen deutschen Winzern hiermit gezollt, und dem biedern Schweizer, der vor fünfzig Jahren im transatlantischen Vevay zum Noah de« UankeelandeS wurde, gleichermaßen. Der Anbau dc« Weinstocks zum Zwecke der Weinbereilung ist in verschiedenen Lheilen der Union versucht worden. Bei Philadelphia, bei New-Bork, in Berk« County (Pennsylvanien), in Georgia, in Süd- und Nord - Carolina hat man sich auf die Traubencultur gelegt. Aber keinem dieser Landstriche wollte der Sohn der schönäugigen Semele seinen Segen in so reichem Maße spenden wie dem Westen, der sonach auch in dieser Hinsicht den Vorzug behauptet. Der Norden erwies sich zu kalt und in die Rebgärten de« Süden« geräih die Traubenfäule zu häufig, als daß sich hier ein ernstliche« Gedeihen hoffen ließe. DaS Mississippi thal dagegen erfüllt alle Bedingungen zu einem lohnenden Betriebe de« Winzerberufs. Kentucky zählt bei MaySville, Leringlon und LouiSville Weinberge in beträchtlicher Menge, die sich in blühendem Zustande befinden sollen. Im Staate Indiana bedecken die Reben pflanzungen von Vevay etwa vierzig und die von CharleStown über zweihundert Acre-. Illinois hat in der Nachbarschaft von Belleville «inen lobenSwerthen Anfang gemacht, die deutsche Niederlassung Hermann in Missouri überraschende Erfolge er. rungen. Allen voran aber ist Ohio. ES hat von den sonnigen Hügeln seiner Südgrenze nicht weniger als tausend Acres mit Weinstöcken bepflanzt, und von jener Zahl kommen hinwiederum neun Zehniheile auf die Umgebung von Cincinnati. Die Halste davon sind soweit vorgeschritten, daß sie tragen, die Ausbeute von 1850 wurde auf hunderlundzwanzigtausenv Gallonen veranschlagt und der Weinhänvler, dem ich diese Notizen danke, glaubte behaupten zu können, daß die Ernte sich innerhalb der nächsten drei Jahre verdoppeln und bei der soriwährenden Umwandlung geeigneten Landes in Rebenpflanzungen vor Ablauf dieses DecenniumS vervierfachen müsse. Damit ist immerhin noch nichts hergestellt, waö mit der AuSvehnung deS deutfchen Weinbaues einen Vergleich auöhielie. Auf alle Fälle aber haben die bis herigen Erfolge dargethan, daß die Sache einen schönen Gewinn abwirft, und daß sich auS der einheimischen Katawbairaube ein Getränk kellern läßt, welche- mit der Zeit und wenn seine Er zeuger mehr Erfahrungen über seine Natur gesammelt haben werden, allenihalben Ruf und Ansehen erlangen wird. Gegen wärtig gehört noch Patriotismus dazu, um «S für besser zu erklären, als etwa die Weinsorten von der Elke und der Saale. Die Kathedrale, der ich heute Nachmittag einen Besuch ab- stattete, ist jedenfalls ein thrureS, aber nichiS weniger als ein schöne- Werk. Von Harmonie der einzelnen Lheile, von einem Verständniß der einfachsten Grundsätze der höhern Architektur keine Ahnung. Der wunderliche Kauz, der diese Chimäre der Baumeisterei an die Ecke der Pflaumenstraße (Llum'trcet) stellte, war sicherlich darüber hinaus, eiwaS Originelle- zu schaffen, aber besser, er hätte wie alle seine Zunftgenossen, die hier etwas Er trägliche- leisteten, sich damit begnügt, einen europäischen Dom ea mmisture zu copiren, als daß er sich darauf legte, solch' eine