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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 31.08.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050831026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905083102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905083102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-08
- Tag 1905-08-31
-
Monat
1905-08
-
Jahr
1905
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zugestrNt, wahrend e§ die Post-Abonnenten am Morgen in eme, Gesamtausgabe erhalte». Diese« Blatt wird den Lesern von Dresden 4» O » ^ ^ IH 4- ,nd Umgebung am Tage vorher bereit» als VstwITV ^ Vstw verugsgedW: ««teiiwrlt» »a» Drlde» b«l tLall-b i»«lmali,er üutraou«« durch unsere B«ten !«»«»»« und «-»!'»», au Sonn- und Mont»,«» nur einmal» a v». »0 vi > durch autwürtiae Som- wiigontr« , Mk du » Mk »o «. vet «iumaNaer Zuktellun, durch dt» iokne«esiell,eld!, im Au»- land mit »nlivrechendem guichlaae. Nochdri»«aller«lrlilel u. Oriainal- Willrtlunaen »ur mit deutlicher Ouelienanaade i.Drerd iiiachr") u-läiN». «achtrii,liche Sonorer, auivriiche dleiben uuberiiiklichiiat: »uver lenste Manultrivte werden nicht ausdewadtt, r»I««ramoi-»dresle: «achrlcht»» »»«»den. Anzeigen-csM. »nnadm« »«, »nkündt,«>»,«» bl« nachmitta,» s Ubr. Sonn- und 8 ei erlas« nur Marienttrabe » von II bl« V.Nlhr. Die l lvaltiäe Lrund- »ile (ca. s Silben! « P!,.. Au- kü»dwun,en aus der Pnvatleitr keile ss Via : die rlvaliiae keil« aus L«t- ietle so Ll» . a>« liinarlandt Seil« so Bla I» «»«»«»> nach «»»»- „nd sseter»n,rn > lvaltia» SnmdttU« so Pi,. aus Prlvatleit« « Vs« . Livalnge keil« aus Tertleit« und als ikinsclandi so Bia. «usivüttiae Aus. »rase nur ,«,«» LorauSdttablun«. BelkedUtUer werden «U U> vt» derechnet. Nernlvrechnnschlatz: Amt l Rr. U und 5tr. »ONS. llllblliie!' Vvrlllekvluuks von Otto Vüttnvr, ^ kott« Xerisnetr»»«« — olppoliliirralit»,,' !>>»tr. MMUkHMU Vurvkaa» mksulxv krviso. «r. 24l. Stiklikl: Der Friede von Portsmouth. sstcueste Diahtberichlc. Hofnachrichteii, Nlilitärvereine ». Taalinhaber, Sonuen- smsternis. Der Stapcllaiif iil Stettin. Aus neuen Briefen Friedrich Nietzsches. Pariser Zuckerkrach. Tmincrstliji, 31. August Der Friede von Portsmouth ist nun also doch zu staude gekommen, trotz aller Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, und trotz aller pessimistischen Stimmen, die besonders in den letzten Tagen mit verstärktem Nachdruck sich geltend gemacht haben. Allerdings — Grund zu der Befürchtung, die Friedensverhandlungen könnten sich trotz aller Liebesmühe > zerschlagen, war ohne Frage vorhanden, und besonders im diplomatischen Kampfe uni die beiden Haupt punkte — die Abtretung der Insel Sachalin und die Frage der Kriegsentschädigung betreffend — stand die Entscheidung bis zum letzten Augenblicke sehr unsicher, wie aus den widerspruchs vollen Meldungen darüber deutlich zu ersehen ist. Scho» vor Wochen haben wir, beim Zusammentritt der Friedenskonferenz Anfang August, darauf hingewiesen, dass die Friedenschancen sehr gut ständen, weil beide kriegführenden Parteien aus finanziellen und anderen gewichtigen Gründen ein dringendes Interesse an einem baldigen Zustandekommen des Friedens hätten. Diese Voraussage hat sich jetzt bestätigt: dank dem beiderseitigen starken Friedcnsbedürsiiisse, dank der ehrlichen Malerarbeit des Präsidenten Roosevelt und dank der Ein wirkung neutraler Mächte ans Rußland und Japan in einem den Abschluß des blutigen Krieges fördernden Sinne ist es nun «Mich gelungen, eine Einigung über alle Verhandlungspunkte als Grundlage des Jriedensvertrages zu erzielen: vielleicht ist auch schon der bereits telegraphisch angekündigte Waffenstillstand vereinbart worden. Noch einer Meldung des Bureau Neuter ans Portsmouth erwartet man, daß der Fricdensvertrag Endedieser Woche abgeschlossen sein werde. Minister Witte er- klärte, daß dieser Vertrag in den Protokollsitzimgen tatsächlich bereit» aufgesetzt worden sei und daß nur erforderlich sei, den Wortlaut zu ändern. Eine neue Klausel wird bin-ugesügt. die einen Handelsvertragzwischen Japan und Nuß- land vorsieht, bei dem jede der beiden Nationen den Vorteil einer meistbegünstigten Macht genießt. Diese Klausel schließ! das Prinzip der osscnen Tür in sich. In gutnntcrrichtetcn Newyorker Bankkreijen ist man der Ansicht, daß dem Friedens- schluh bald die Aufnahme einer Anleihe durch Rußland und etwas später durch Japan erfolgen werde, deren Hohe in vollem Maße von den durch die beiden Länder gebotenen Sicherheiten abhängig sein werde. Es ist bekannt, daß Rußland alle Vor bereitungen trifft, um einen Teil der Anleihe in Amerika unter- -ubringen, und es ist auch wohlverständlich. wenn Japan die Aufnahme von mehr Geld beabsichtigt, da es seine einheimische» Schuldverschreibungen bezahlen muh, Ueber den Verlaus der Dienstag-Nach- mittags-Sitzung der Friedenskonferenz wurde von Sato, nachdem er ins Hotel zurückgekehrt war, folgender amtlicher Be richt veröffentlicht: In der Nachmittags-Sitzung der Konferenz wurden die Einzelheiten des Jriedensvertrages beraten. Es wurde beschlossen, Professor v. Martens und den juristischen Beirat des japanischen Ministeriums des Aenßcren mit der Ausarbeitungder einzelnen Artikel zu betrauen mit der Weisung, die Arbeit möglichst bald zu beenden. Ueber den Inhalt des Vertrages verlautet noch folgendes: Dos Abkommen bezüglich Sachalins verpflichtet Rußland wie Japan, die Insel nicht für strategische Zwecke zu befestigen und verpflichtet ferner Japan, die La Perouscr Straße zwischen Sachalin und Hokkaido nicht zu befestigen. Die Korrespondenten der japanischen Blätter erklären sich wenig befriedigt von der auf der Konferenz erzielten Einigung als Grundlage des Friedensvertrages. Die „Morningpost" meldet aus Portsmouth: Die Japaner gaben amtlich bekannt, daß die Teilung Sachalins beim 50. Grad vorgenommeu werden soll. Tie Abgrenzungen sollen in dem Friedensvertrag genauer festgesetzt werden. Japan gab gleichfalls amtlich bekannt, daß es kein Geld erhalten werde, außer an wirklichen Kosten für den Unterhalt Gefangener. In den ganzen Vereinigten Staaten billigt und bewundert man dagegen die Haltung des Präsidenten Roofe- Veit, der man die Verständigung hauptsächlich zufchreibt. Als die Jriedensnachricht bekannt wurde, wurden die Glocken ge läutet und viele andere Anzeichen allgemeiner Freude traten 'zutage. An Prcßstimmen über den „Frieden von Portsmouth" seien folgende hervorgehoben: Die „T ägl. Nundj ch." schreibt: „Die volle Bedeutung des Friedensschlusses läßt sich natürlich im Augenblick noch nicht würdigen: immerhin darf inan sagen, daß der Verzicht Japans aiif eine Kriegsentschädigung einen moralischen und materiellen Erfolg Rußlands bedeutet, den selbst die Freunde Rußlands kaum zu hoffen wagten und den Japan sicher nicht zugestanden hätte, wenn es nicht an der Möglichkeit verzweifelt hatte, Rußland den Frieden au.szu- zwingen. Rußland hat, wie gesagt, den Erfolg, der ihm auf dem Schlachtseide und zur See vertagt war, wenigstens in den diplomatischen Verhandlungen durch Wittes Energie und Roosevclts freundliche Beihilfe errungen. Die Art des Friedens kann in Rußland nur beruhigend wirken »nd vielleicht die Un zufriedenheit dämpfen, iven» die Regierung auf dem Wege, den sie durch Schaffung der Volksvertretung betreten, sorlschreitet und insbesondere die Reform der Landwirtschaft endlich ernstlich in die Hand nimmt. Seine finanzielle Lage ist noch schlechter als die Japans, weil die Mittel zur Verbesserung im Argen liegen: aber der Fricdcnsschluß wird auch seinen Kredit stärken, wie die während der Friedensverhandlungen vorbereitete neue amerikanische Anleihe zeigt. Was der Zar am 2. Oktober 1901 feinem Volke verkündete: Es fei sein unbeugsamer Wille, den Feind zu besiege», und dieser Wille werde unbeugsam durch- gesetzt werden, ist nicht cinflelrofseu: aber die Lektion, die Ruß land erhalten, war zwar eindringlich und derb, aber doch nicht tödlich. Möchte sie zu Reformen und zu neuer Gesundung des Staates führen, an dessen Wohlergehen wir als Nachbarn und Freunde das größte Interesse haben, das dem Zarenreiche während der Zeit seiner tiefsten Not auch von keinem Staate so aufrichtig bezeigt wurde als vom Deutschen Reiche." In demselben Sinne äußert sich die „National- Zeitung: „Für uns ist, abgesehen von der Tatsache des Friedens, an der Einigung der Bevollmächtigten vor allen, erfreulich, daß der Frieden auch für das uns benachbarte und befreundete Rußland »ich! ungünstig und jedenfalls durchaus ehrenvoll ist. Rußland bleibt i» Wladiwostok der Ankerpnnki seines gewaltigen Schienenstranges erhalten. Nach wie vor reicht seine Herrschast vom Baltischen bis zum Stillen Ozean, und was es eingebüßt, hat es in Wahrheit nie besessen. Ter Verzicht ans Kwantnng und die Mandschurei, in der ihm ja die offene Tür für seine Waren bleibt, entledigt es der großen finanziellen Sorgen »in dies kostspielige „Glacis" und gestattet ihm, die ungeheuren Mittel, die aus der Bevölkerung im Zentrum des Ricscnreichcs hcrausgcplimpt werden mußten, am an der Peripherie verausgabt zn werden, für die notwendige Konsolidierung der innere» wirtschaftlichen Verhältnisse, für die Hebung des Bancriislandcs z» verwenden, der ein Grundpfeiler seiner Kraft und Größe bleiben muß." Die „Berliner P ö r s c n - Z t gnihrt ihrerseits ans: „Soweit es sich bis jetzt »berschen läßt, können übrigens beide Teile mit dem Ausgange der Konferenz zufrieden sein. Ruß land hat zwar seine weit vorgeschobene Stellung in Lstasic» ausgeben müssen, die, wie die Tinge sich entwickelt haben, dop, ans die Tauer nicht haltbar gewesen wäre, es hat aber, vielleicht mit Ausnahme eines Teiles der Insel Sachalin, ein Verlust, de» zu verschmerzen wäre, keine Einbuße an seinem Gebiet zu be klagen und ist einer finanziellen Mehrbelastung entgangen. Japan ist zwar nicht im -stände gewesen, seine etwas übenricRe- nen Forderungen in ihrer Gesamtheit durchzudrücken, cS Hai aber das Ziel erreicht, dos cs sich von Anfang an gesteckt hatte. Korea steht unter seinem Protektorat »nd in der Mandschurei ist co an die Stelle Rußlands getreten. Der Glanz des Reiches der ausgehenden Sonne überstrahlt heute ganz Ostasieu. Es wäre müssig, schon jetzt über die etwaige weitere Entwicklung orakeln zu wollen und weitgehende Folgerungen an das bedeutungs- ovlle Ereignis z» knüpfen, das sich in Portsmouth abgespielt hat. Das sind Fragen, deren Lösung wir der Zukunft über lassen können. Es mag uns vorläufig genügen, daß dem Wust vergießen ein Ende gemacht, daß der Frieden heraesicllt ist und damit dem friedlichen Wettbewerb in Ostasicn sich wieder freie Bahnen eröffnen " Die ., B crl. Nencsten Na ch r." freuen sich des »e» ge woiincnen Friedens und loben den Präsidenten Roosevelt, indem sic schreiben: „Die ganze Welt atmet sicherlich nun ans wie von einem Alp befreit, daß der Schlachtcnlärm im fernen Osten c»d sich verstummt und, nachdem des Krieges ticse Wunden vernarbt sein werden, dem friedliche» Wettbewerb zweier mächtiger Völker Tür imd Tor geöffnet ist! Wie Rußland vorerst freilich einer laugen Frist zur Gesundung im Innern bedarf, so wird auch mauche Kirschblüte vorübergehen. bis man im Jnselreiche des Tenno alles Leid vergessen haben wird, das dieser unselige Krieg brachte. Ein besonderes Verdienst an dem weltgeschichtlichen Ab schlüsse der Verhandlungen in Portsmouth gebührt natürlich auch dem Präsidenten Roo > cvelt, dessen rasche Initiative und zähe Tatkraft an dem Zustandekommen des Friedens hohen Anteil hat. Es ist kein geringer Ruhm, seinen Namen für alle Zeiten im Bw.be der Weltgeichichtc mit einem solchen friedlichen Ereignisse verknüpft zn sehen!" Die „ Vossische Zeitung" wird angesichts deS Friedens schlusses gegen Rußland recht unfreundlich: „Rußland scheidet vom Kampfplätze mit der Versicherung, daß es nicht überwunden sei und die Japaner russischen Boden nickt erobert haben. Der Verzicht der Javaner ans die Kriegsentschädigung unterstützt an scheinend diese stolze Behauptung, mit der dre russischen Bevoll- mächtiglen sich auf der Konferenz gegen die härtesten Bedingungen der Javaner zur Wehr gesetzt haben. Aber die empfindlichen Niederlage», die Rußland zu Wasser und zu Lande erlitten hat, und die dabei zn Tage getretenen Mißstände in seinem Vertei- dignngswescn und seiner Verwaltung werden den heutigen Macht habern nicht vergessen werden, und sie werden sich in dem Kampfe gegen die Autokratie, der auch nach Verleihung der Scheinvcr- saffung nicht ruhen wird, als ein gewichtiges Argument gegen ein System erweisen, das im Innern nicht die Wohlfahrt des Volkes zu fordern und nach außen nicht das Ansehen des Landes zu wahren verstand." Ter „Vorwärts" hofft für die sozialistische Zukunft Ruß lands und sicht trotz des Friedensschlusses schon wieder den bluti gen Brand einer inneren Revolution anflodern: „Mit Rußlands ustasiatischcr, vielleicht sogar astatischer Suprematie ist es für immer vorbei. Es ist ausgeschlossen, daß diese Katastrophe nicht mächtig aus die innere Lage Rußlands znrückwirken würde. Welche Stimmung muß auch die politisch rückständige Bevölkerung Rußlands ergreifen, wenn die Hunderttausende der oft geschlagenen rnssstchen Hauptaunce in die Heimat znrückkehrcn uird dort ihre wahren Erlebnisse erzählen! Die Hungersnot und der finanzielle Ruin des Landes wird trotz des Friedensschlusses der Revolution neue Feuerbräude liefern. So wird der blutige Dung der mand- schnrijchen Schlachtfelder vielleicht doch noch die junge Freiheits- saat in Rußland in die Halme schießen lassen!" Die neuesten Meldungen lauten: Portsmouth. Witte hat dem Präsidenten Roosevelt in einem Telegramm zum Ausdruck gebracht, daß die Geschichte ihm den Ruhm des Friedens von Portsmouth zuschrciben werde, stomura hat den Präsidenten Roosevelt von dem Ausgang Kunst und Wissenschaft. ff* Mitteilung aus dem Bureau der Königlichen Hof theater. Im Opern Hause wird Sonnabend, den 2. Sep tember. nach längerer Pause die Oper „Tose a", Musikdrama in 9 Akten von Puccinl, aufaesührt. Die Besetzung istZsie fol gende: Tosco: Fr. Abendrot», Mario: Hr. Burrian, scarpia: Hr. Scheidemantel, Meßner: Hr. Erwin, Sciarone: Hr. Plaschke, Hirt: Irl. Schäfer. — Das Schauspielhaus wird Sonn tag, den 3. September, mit Lelsings dramatischem Gedicht „Nathan der Weise" eröffnet. Die Vorstellung findet außer Abonnement statt. Als 1. Abonnement-Vorstellung geht Montag, den 4. September, das fünfaktige Lustspiel „Der Re visor" ,n Szene. Die Besetzung der Hauptrollen ist die fol gende: Stadtkommandant: Hr. Fischer, seine Frau: Fr. Bleib- treu, KreiSrichter: Hr. Wien«, Schulrcklor: Hr. RcnS, Semlia- nika: Hr. Müller, Postdirektor: 'Hr. Hufs, Bobtschinski: Hr. Bauer, Dobtschinski: Hr. Gunz, Klcstakow: Hr. Gebühr, Osstp: Hr. P. Reumann. ff* Im Aufträge der sächsischen Staatsregiernng begibt sich daS Mitglied der Königlichen Akademie der bildenden Künste zu Dresden, Geh. Hofrat Professor Gotthard Kuehl demnächst nach Venedig, um an dem dort stattfindenden Internationalen, Kunstkongreß ieilzunehmen. Aus neuen Briefen Friedrich Nietzsches. Die Geschichte von Nietzsches Freundschaften erhellt am deutlichsten die Tragödie seines Lebens. Er, der sich selbst zum treuesten Freunde geboren wähnte und den niit einer Reibe der größten Menschen ein inniges Band herzlichster Nei gung verknüpfte, war von seinem dunklen Schicksal dazu bestimmt, von allen verlassen zu werden und den letzten Ausstieg in die «tnsten Höhen ganz allein tun zu müssen. Vielleicht ist rS das Los >edes Genies, wie uns Ibsens „Volksfeind" glauben machen wüchte. allein j» stehen. Doch bei keinem der modernen AeisteS- belden tritt »nS die völlige Vereinsamung, die strengste Isolierung, so deutlich vor «uaen nne bei Nietzsche' bei all seinen Freund- erhältnissen ist eS stets dasselbe iKtld. wie wir eS mm i« den einzelnen Briefwechseln nacheinander sich entrollen sehen: zuerst ein inniges Ansschließen der innersten Hcrzensknmmern, eine schwärmerische, fast enthusiastische Hingabe, ei» unbedingtes Ver trauen zu dem Freund. Sie alle sollen an seinem Streben, an seinen kühnen Plänen teilnehmen, und seine höchste Freude ist es, wenn er ihnen Freude macht mit seinen Werken und ihr aufrich tiges Urteil darüber vernimmt. Doch wie groß ist dann die Ent täuschung, wenn die Freunde ans dem Wege, den nnaufhaltsam aufwärts zu steigen sie innere Stimme ihn ruft, innehalten, zögern, ihm ein warnendes Halt znrufen und sich von dem zu Wolkenhöhen Einvorgehobencn abwende». Ueber den Verlaus dieser Freundschaften im einzelnen und über die Verstimmungen und Entfremdungen, die bei Beginn seines „zweiten Daseins" eintraten, »nterrichten die „Gesammelten Briefe", die des Philosophen Schwester Frau Förster-Nietzsche herausgibt und von denen soeben ein neuer Band erschienen ist. Er enthält als wichtigsten Bestandteil den Briefwechsel Nietzsches mit Malwida v o n M e y s e n b u g, daneben die wenigen Briete, die der Dichter des „Zarathustra" mit Hans von Bülow und einem anderen Musiker und Wagncwerchrer Hugo von Senger getauscht hat. Das Verhältnis zu Malwida, der Verfasserin der „Memoiren einer Jdealistin", ist viel besprochen worden. Sie selbst hat sich noch in dem Schlußband ihrer Memoiren, dem „Lebensabend einer Jdealistin", dann in den erste» Aufsätzen der „Individual! täten" über diese bedeutungsvollste Verbindung ihres Lebens ge äußert. Die edle, von reiner Humanität und tiefer Liebe beseelte Frau formt den Nietzsche ihre« Erinnern- ein wenig zn sehr nach dem eigenen Bilde: sie hat den weichen, gütigen und vornehmen Menschen vor Augen, den sic kennen lernte, mw vermag die letzte entscheidende Phase seiner Philosophie nur als eine Verirrung zu betrachten, die zu überwinden ein grausames Schicksal ihm ver sagte. Es erschien bis jetzt rätselhaft, wie der Philosoph der „Götterdämmerung" und der „Umwertung aller Werte", der Ver ächter des Weibes, zu dieser „franlichsteu Frau", deren ganzes Leben Hingebung und Entsagung, Demut und Dulden gewesen, in so herzliche Beziehungen trat. Sic ist die einzige Frau, die ihm außer seiner Schwester, mit der ihn noch stärkere Bande des Blutes verknüpften, wirklich nahegetrete» ist: sie ist ihm die Muttergleiche Freundin" gewesen, bei der er Anteil und Trost fand. Der Briefwechsel läßt uns nun die einzelnen Stadien ihres Velkehrs verfolgen und zeigt auch deutlicher, als man bisher ahnte, die innerliche Verwandtschaft der beiden Naturen. Nietzsche selbst findet, daß ihre Charaktere viel Achnlichkciten haben, und erklärt ihre Memoiren merkwürdigerweife für das männlichste Buch, dem jeder Mann nachzueifern sich bestreben müsse. Die beiden fanden sich in Wagner und Schovenbauer: das sind die beiden Pole, um die sich Malwidas Anschauungen drehen. Mit Vorliebe trägt sie ihre optimistische Jdealitätsphilosophie in den metaphysischen Bildern der indischen Weisheit vor »nd verbindet sie mit den Gedanken der Erlösung und Läuterung in Wagners Mnsitdrame». Tiefste persönliche Hinneigung zieht sie zu Wagner und sic sieht in Bayreuth die Vollendung der deutschen Kunst. Elemente der Schopenhauerschen Philosoph«:, wie, daß der Wille sich am reinsten in der Musik ausdrücke, daß Mitleid die edelste Empfindung des Menjchenlierzens sei, erscheinen ihr als selbstver- slnnbliche Tatsachen, auf die sic sich stützt. Doch anch Nietzsche lebte ja damals noch in einer West, in der „Wagner und «Schopenhauer als Sonnen leuchteten, über der sich der blaue Himmel der Antike weitete". Im Laufe seiner Entwicklung »»» trat die Einwirkung des griechischen Geistes, wie er ihn schon i» der „Geburt der Tragödie geschildert, immer stärker helvor. Ueber die musikalisch-christlichen Instinkte, die ihn zu Wagner geführt, siegte der griechisch-heidnische Geist, der ihn der gewaltigen Natur und dem dionysischen Rausche vermählte. Wir fühlen in dem Briefwechsel mit Malwida, daß Irl. V.Meysen- bua wenigstens zu Anfang diese seine neue Auffassung der Antike aufnahm und in ihm befestigte. Die gemeinsame Lektüie der Kolleghefte von Jakob BnrckliardtS „Griechischer Kulturgeschichte' erschloß sic einander. Während uns bei Nietzsche eine merkwürdige Abneigung gegen Jiafficn und gegen die bildende Kunst den Grad seiner Wagnelvcrchrmig erkenne» läßt, erzählt ihm Malwida von den Schönheiten Noms und der antiken Statuen. Sie ist durch aus nicht der Ansicht der Frau Cosima, daß die Lektüre de» Thiikydides die Einpsindiing erwecke, man habe es mit wilde» Tieren zu tim, sondern preist die heroische Naturkrast und amora lische Schönheit griechischen ScinS. Das war aus Nietzsches Geist gesprochen, der das Land der Griechen mit der Seele suchte. Er tmy sich sogar, wie er an Herrn v. Senger schrieb, mit der Ab sicht. ei« stell« «ach Hellas zu mache». Doch lehnte « die Et»»
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