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königlich Sächsischer Staatsairzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 169. » Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: i. B. Regierungsassessor vr Gerth in Dresden. < Sonnabend, 24. Juli 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mart vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: WerttagS nachmittags. — Fernsprecher: Expeditton Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der6mal gespalt.AnkündigungSseite 25 Pf., die Zelle größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Telle 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Dresden, 24. Juli. Se. Königl. Hoheit der Prinz Max, H. z. S., ist heute vormittag 8 Uhr 17 Min. hier eingetroffen und hat in der Königl. Villa zu Hosterwitz Quartier genommen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der in Sachsen staatsangehörige Hauptmann d. L. a. D. Heine in London den ihm von Sr. Majestät dem König von England verliehenen Barmherzigleitsorden (Onlor ok Lloro^) annehme und trage. Herr Bezirksarzt Medizinalrat vr. Rechholtz in Freiberg ist vom 25. Juli bis 16. August dieses Jahres beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Bezirksarzt vr. Brink in Frankenberg vertreten. Dresden, den 22. Juli 1909. 389 »VH Königliche Kreishauptmanuschaft. 5176 Nichtamtlicher Teil. Bom Königlich«« Hofe. Dresden, 24. Juli. Wie aus Seis mitgeteilt wird, ist Se. Majestät der König mit Ihren Königl. Hoheiten den Prinzen - Söhnen von der über den Schlern, Molignonpaß, die Vajolethütte, das Tschagerjoch und Weißlahnbad unternommenen Fußtour am vergangenen Donnerstag mittag wohlbehalten nach Seis zurückgekehrt. Bei dem in Seis herrschenden schönen Wetter sind für die nächsten Tage noch Ausflüge in die nähere Um gebung geplant. Wegen des bevorstehenden Aufenthaltes der Königl. Familie im Schlosse Moritzburg können vom 29. Juli bis 21. August mittags Führungen nicht stattfinden. Dresden, 24. Juli. Se. Königl. Hoheit Prinz Max ist heute vormittag 8 Uhr 17 Min. in Dresden eingetroffen und hat sich sodann zu einem Besuche bei Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Mathilde nach der Königl. Villa in Hosterwitz begeben. Se. Königl. Hoheit wird im Laufe des Tages zu mehrtägigem Be suche bei Ihren Königl. Hoheiten dem Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg nach Rehefeld Weiterreisen. Deutsches Reich. -- Die unterm 23. Juli zu Berlin ausgegebene Nr. 42 des Reichsgesetzblatts enthält: Bekanntmachung, betreffend den Beitritt Mexikos zu der internationalen Übereinkunft gegen Pest, Cholera und Gelbfieber vom 3. Dezember 1903. — Bekanntmachung, betreffend Er gänzung und Änderung der Anlage 6 zur Eisenbahn- Verkehrsordnung.— Bekanntmachung, betreffend die dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfracht verkehr beigefügte Liste. — Die Nr. 43 (gleichfalls aus- gegeben am 23. Juli) enthält die Bekanntmachung, be treffend die Fassung des Brausteuergesetzes. Ausland. England. (W.T. B.) London, 23. Juli. Der indische Student Thingra ist des Mordes an dem Obersten Curzon Wyllie, verübt am 1. Juli d. I., schuldig befunden und zum Tode ver- , urteilt worden. Nach der Urteilsverkündigung erklärte Dhingra: Ich bin glücklich, die Ehre zu haben, für mein Vaterland zu sterben. (Wiederholt.) Arthur Horsley, der Herausgeber des bis vor kurzem hier erschienenen „Indian Soziologist", ist wegen Ber- öffentlichung aufrührerischer Schmähschriften zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die fraglichen Artikel stammen aus der Feder eines in Paris lebenden indischen Agitators. (Wiederholt.) London, 23. Juli. In einer Versammlung von Kaufleuten der City hielt heute Premierminister ASquith eine Rede über das Budget, in der er u. a. sagte, er wisse nicht, wie die Freunde des Schutzzolls über ihre jetziaen Aussichten dächten. Er weise aber darauf hin, daß zwei größere Länder, Englands größte Rivalen auf dem Gebiete de- Handels, gegenwärtig einen Zolltarif auf Fabrikate erprobten. Ein vollentwickelter, auf wissenschaftlicher Grundlage bearbeiteter Tarif sei zwei Jahre lang in Deutschland in Wirksamkeit gewesen. Deutschlands Defizit sei viel größer als das englische und habe schon den Sturz eines der mächtigsten Staatsmänner Europas verursacht. Die Deutschen sähen mit einem ste- wissen Ärger nach einem Mittel aus, um die riesige trotz des wissenschaftlichen Tarifs bestehende Lücke aus zufüllen. Asquith sprach dann über die Revision des amerikanischen Zolltarifs, den amerikanische Männer selbst als einen Triumph der Sonderinteressen über die Interessen der Allgemeinheit ansehen, und sagte, er wolle nicht geringschätzig noch selbstgefällig über die Schwierigkeiten der Nachbarländer sprechen. Aber da der Generaltarif als Heilmittel für die fiskalischen Schwierig keiten Englands empfohlen worden sei, so glaube er be rechtigt zu sein, auf die Erfahrungen hinzuweisen, die Englands Nachbarn mit ihrem Zolltarif gemacht hätten. Dafür, daß England im Begriffe sei, fick zur Annahme des Zolltarifs zu bekennen, sehe er kein Anzeichen. Nach einem Telegramm aus New Castle werden die Aufträge für die vier Eventual-Dreadnoughts ver besserten Typs in allernächster Zeit vergeben werden. Amtlich wird bekanntgegeben, daß der Besuch des Königs von Spanien hinausgeschoben sei. Portsmouth, 23. Juli. Das Torpedoboot Nr. 1b wurde heute früh hier eingeschleppt. Es hatte während der Nachtmanöver in Solent schwere Beschädigungen er litten. Bon der Mannschaft ist niemand verletzt worden. Nutzlanv. (Boss-Ztg.) St. Petersburg, 23. Juli. Für den Staathaushalt des nächsten Jahre- wird ein Fehl betrag von mindestens 50 Mill. Rubel erwartet. Zur Deckung ist die Einführung einer Einkommensteuer und einer 6prozentigen Gewerbe- und Handelssteuer in Aus- sicht genommen. Frankreich. (W. T. B). Paris, 23. Juli. Briand teilte heute abend dem Präsidenten Falliöres mit, daß er die Bildung des neuen Kabinetts übernehme, das sich wie folgt zu sammensetzen werde: Präsidium, Inneres und Kultus: Briand; Justiz: Barthou; Außeres: Pichon; Finanzen: Cochery; Unterricht: Doumergue; Öffentliche Arbeiten, Post und Telegraphen: Millerand; Handel: Hupuy; Ackerbau: Ruau; Kolonien: Trouillot; Arbeit und soziale Fürsorge: Viviani. Das Portefeuille des Kriegs soll dem General Brun und das der Marine dem Admiral Boue de Lapeyrere angeboten werden. Unterstaatssekretär der Finanzen wird Renoult, des Kriegs Chöron, der Marine Sarraut und der schönen Künste Dujardin-Beaumets. Das neue Ministerium wird morgen seine erste Sitzung abhalten und sich am Montag oder Dienstag der Kammer vorstellen. Paris, 24. Juli. Das neue Kabinett soll in seiner Erklärung vor der Kammer, wie die „Agence Havas" meldet, den besten Willen bekunden, das von dem Kabinett Clömenceau begonnene Werk mit allen Kräften fortzusetzen und in erster Linie die von der Regierung auf dem Gebiete der Altersfürsorge für die Arbeiter ge planten Reformen vorzunehmen. Ebenso würde es sich die Reform der Kriegsgerichte angelegen sein lassen und sich bemühen, im großen Maßstabe in gemeinsamer Arbeit mit dem Parlament die sittliche und materielle Hebung des Arbeiterstands zu fördern. Die Erklärung der Minister soll ferner den Willen der Regierung zum Aus druck bringen, unverzüalich Abhilse zu schaffen gegen die durch die parlamentarische Enquete in der Organisation der Marine ausgedeckten Schäden, um das Land mit einer Seemacht auszurüsten, die allen Gefahren zu trotzen vermöge. Am Schlüsse der Erklärung würden die Minister den aufrichtigen Wunsch aussprechen, auch ferner mitzu arbeiten an der Befestigung des Frieden- und an den Bündnissen und Freundschaftsverhältnissen treu festzu- halten. Uber die Angelegenheit der aus Anlaß des Streikes entlassenen Postbeamten werde die Erklärung kein Wort enthalten. Paris, 24. Juli. Gerüchtweise wird noch gemeldet, daß für das Kriegsministerium General Brun oder der Kommandeur der oranischen Truppen General Lyautey, für das Marineministerium Admiral Philibert oder Bos de Lapayröre in Aussicht genommen sei. Der Deputierte Charle- Bänoit hat bereit- an- aekündigt, daß er den Ministeichräsidenten Briand über seine Absichten betreffend die Finanzreform interpellieren werde. Spanien. Ferrol, 23. Juli. Der Admiral und die Offiziere der hier vor Anker liegenden deutschen Kriegsschiffe folgten heute einer Einladung de- Generalkapitäns zu einem Frühstück, bei dem Trinksprüche auf Kaiser Wilhelm und König AlfonS, sowie auf Deutschland und Spanien ausgebracht wurden. Paris, 23. Juli. Der „Agence Havas" wird aus Madrid über San Sebastian gemeldet, daß die Kund gebungen, die sich aus Anlaß der Absendung der Reservetruppen nach Melilla ereigneten, einen sehr heftigen Charakter trugen. Am 21. und 22. Juli habe König Alfons mehrere Kasernen besucht. Er sei dort der Gegenstand wenig freundlicher Kundgebungen gewesen. Drei Kompanien Jäger hätten versucht, zu meutern, und die Vorgesetzten bedroht. Am 21. Juli abends kam es bei der Abfahrt eines Reservistenzuges zu sehr heftigen Auftritten. Die Menge drang in den Bahnhof ein und warf Schwellen auf die Schienen. Die Polizei erwies sich als machtlos. Die Bürgergarden machten erst die Schienenwege mit Kolbenschlägen frei. Es wird sehr strenge Zensur geübt. Man läßt nur wenige Telegramme durch. Auch der Telephonverkehr ist unterdrückt. So zialistische Versammlungen sind untersagt. Die Zeitungen werden streng überwacht. Portugal. (W. T. B.) Lissabon, 23.Juli. Inder Pairskammer erklärte die Regierung, daß sie eine Politik der Beruhigung des Landes verfolge. Das Kabinett werde von liberalem Geiste erfüllt sein. Der Minister des Auswärtigen werde sich angelegen sein lassen, den Handelsvertrag mit Deutsch land und das Übereinkommen bezüglich des Sanatoriums auf Madeira zur Annahme zu bringen. Zur Kretafrage. (W.T.B.) Konstantinopel, 23. Juli. In der Antwort auf die Kreta-Note, die gestern abend den Bot- schaftern der Schutzmächte übergeben wurde, erklärte die Pforte, daß sie die Versicherung der Mächte über die Wahrung der Hoheitsrechte des Sultans, sowie der Rechte der Mohammedaner zur Kenntnis nehme, und spricht die Überzeugung aus, daß damit auch die Bürgerrechte der Mohammedaner gemeint seien. Die Pforte erblickt die einzige Lösung der gegenwärtigen Schwierigkeiten in der Fixierung einer Form der Autonomie für die Insel, erklärt aber den heutigen ststuo guo für eine Verletzung der Souveränitätsrechte des Sultans und des Völker rechts. Die Einmischung eines dritten Staates in die Verwaltung der Insel könne nicht mehr geduldet werden. Nur wenn die Einmischung aufhöre, könne die Pforte in Verhandlungen über ein autonomes Re giment auf der Insel auf Grund ihrer Souveränitäts rechte eintreten. Türkei. (W. T. B.) Konstantinopel, 23. Juli. Aus Anlaß des heutigen Jahrestags der Einführung der Verfassung ist die Stadt festlich geschmückt. Der Festparade, die auf den Freiheitshügeln von Schischli stattfand, wo die Grab stätten der bei dem letzten Aufstand gefallenen Soldaten sich befinden, wohnten außer dem Sultan der Thron folger und alle anderen Prinzen des Kaiserhauses, der Khedive und Freihert v. der Goltz bei, dieser in deutscher Uniform. Für das diplomatische Korps und andere Ge ladene waren Zelte aufgeschlagen. Die Teilnahme von seiten der Bevölkerung war außerordentlich groß. Von der Parade begab sich der Sultan zum Selamlik. Abends gab er ein Diner im Palais Dolmabagtsche. Das jungtürkische Komitee veranstaltet ein Diner im Mdiz Kiosk, wozu mehrere hundert Einladungen er gangen sind; ferner findet eine große Anzahl öffentlicher Festlichkeiten statt. Trotz geringer polizeilicher Vor kehrungen ist die Ordnung bisher nirgends gestört worden. Mit Anbruch der Dunkelheit wurden alle Stadtteile reich illuminiert. Die Ordnung wurde nirgends gestört. An dem von dem jungtürkischen Komitee veranstalteten Diner nahmen der Großwesir, das gesamte Ministerium, Schewket Pascha, die Spitzen der Geistlichkeit, Offiziere, Abgeordnete und Journalisten teil. In den Reden wurde die Einführung der Verfassung gefeiert und die Be völkerung zur Einigkeit ermahnt. Der Sultan hat eine Amnestie erlassen, wonach alle bisher nicht vollstreckten Todesurteile deS Kriegsgerichts aufgehoben werden und keine weitere Verfolgung von Reaktionären eingeleitet werden darf. Zur Lage tu Marokko. (Ä TR) Madrid, 23. Juli. Nach einer amtlichen Meldung aus Melilla fand gestern abend ein Gesckützkampf statt, bei dem ein Soldat verwundet wurde. Vier Verwundete sind heute im Hospital gestorben. Eine in zwei Ab teilungen vorrückende Harka versuchte nachts wiederum die spanischen Stellungen anzugreifen. — Wie aus