Volltext Seite (XML)
r». Aahryans. Rr. rn Donnerstag, Z«. Oktober l»zo Drahtanschrift: Nachrichten Dresden gerniprccher-Tammelnuminer: »Lis» Nur sitr NachtgesprSche Nr. 2vvtt SchrisUeitung ». HauptgeschSslsstell«: Dresden-«, t, Martenftrate »»/«» «r^ugsgebOhr bet täglich »weimatiger Zustellung monaUich ».so wt. (einschließlich »0 Psg. ftk DNigerlohn», durch Paslbezug ».so Mt. einschließlich »6 Psg. Postgebühr (ohne Post»usielluno«gebühr> det »mal wöchentlichem Versand, «ins-inummer »0 Psg., außerhalb Dresden« tb Psg. «ln,eigen- prdise: Die einspaltige »0 mm breite Zelle »L Psg., für auswärts so Psg. gamiiiena»,eigen und «teliengesuche ohne «-halt t» Pf,., außerhalb »» Pta., die »« mm breite Reklame,eile roo Psg., außechalb »so «lg. Offertengebühr »o Psg. «uswärNge «ufträge gegen Vorausbezahlung Druck u. Verlag: Liepsch ck Reichardt, Dresden. Postfche^-tkio. 106» Dresden Nachdruck nur mii deull.Quellenangabe (Dreidn, Nachr.I zulässig. Unverlangt« Schriftstücke werden »ich auibewahrt Der AlißenMKuß für NAtungsausgleich Ri» ketti Peolkst gkgkst die Tribute! Oradtii»«lck»»8 »»»«rar varUnar 8<rkrUU«lk»»g Berlin» 29. Oktober. Im Auswärtigen Ausschuß wurde bet der Abstimmung folgender Antrag des Abg. Dauch fDBP.) mit eine»! Zusatzantrag des Abg. Gras Westarp tBvlkökvns.) mit den Stimmen der Antragsteller, der National sozialisten, der Christlichsvzialen, des Zentrums, der Bayri schen Bvlkspartet, der Wirtschastspartct und des Landvolkes gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und K o m m u n t st e n bei Stimmenthaltung der De u t s ch n a t i o n a l e n angenommen: „Der Auswärtige Ausschuß hat aus Grund des Berichts des Retchsaußenministers von dem gegenwärtigen Stande der Frage der allgemeinen Abrüstung insbesondere von dem Er gebnis der Berhandlnngen der diesjährigen Bundesversamm lung des Völkerbundes über diese Frage, mit größter Enttäuschung Kenntnis genommen. Er muß danach seststellen, daß die Bemühungen um die allgemeine Abrüstung bisher keinerlei praktische Er» folge erzielt haben. Die Staaten, die mit der Erfüllung ihrer rechtlichen und moralischen Verpflichtung zur Abrüstung seit Jahren im Rückstand sind, haben bet den letzten Genfer Beratungen nicht einmal zu einem Beschluß veranlaßt werden können, der die schnelle Einberufung der ersten allgemeinen Abrüstungs konferenz sichergestellt haben würde. Deutschland steht somit vor der Tatsache, daß es die ihm auserlcgte Verpflichtung zur restlosen Entwaffnung bis zum letzten Punkt hat durchführen müssen, daß ihm aber die vertraglich zugcsichcrte längst fällige Gegenleistung immer noch in ihrem ganzen Umfange rechtswidrig vor- enthaltcn wird. Darüber hinaus erfolgt in manchen Ländern noch eine Verstärkung der Rüstungen. Der Auswärtige Ausschuß ist der Ansicht, daß dieser Zu stand in krassem Widerspruch zu dem Grundsatz der Gleich berechtigung steht, daß er eine ernste Bedrohung der Sicherheit Deutschlands und damit des Weltfriedens be deutet, und daß er auö diesem Grund völlig unhaltbar ist. Der Auswärtige Ausschuß erwartet von der Reichöregic- rung, daß sic mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln aus die schleunige Acndcrnng der gefahrvollen Lage hinmirke, und daß sie mit äußerstem Nachdruck daraus besteht, eine Abrüstung der anderen Staaten zu fordern, die nach Umsang und Art der Abrüstung Deutschlands und dem Grundsatz der pari tätischen Sicherheit entspricht, und daß sie Klarbeit darüber herbeiführt, ob die auswärtigen Mächte gewillt sind, diese Forderungen entsPrechend den im Versailler Vertrag scst- gelcgte» Verpflichtungen zu erfüllen." Alle Anträge zur Reparationsfrage wurden mit wechselnden Mehrheiten a b g c l e h n t. In einer Korrespondenzmcldung über diese Abstimmun gen heißt cs: Da sowohl von der äußersten Rechten wie von den Kommunisten Anträge aus Einstellung der Zahlungen aus dem Nouugplan Vorlagen, bestand die Möglichkeit, daß, der Auswärtige Ausschuß durch Mehrheitsbeschluß einen vollständigen Kurswechsel in der Außenpolitik ver langen konnte. AIS cs nach eingehender Aussprache zu den Abstimmungen kam, fand sich für die Anträge gegen den Aoungplan keine Mehrheit, weil die Rechte gegen die kommunistischen Anträge stimmte und die Kommunisten die Anträge der Rechtoopposition ablehnten. Der Antrag der Wtrtschaftspartet aus Vorlegung einer Denkschrift über die bisher von Deutschland aufgebrachten Reparationsleistungen wurde mit Stimmengleichheit abgelchnt. * Das Ergebnis der stundenlangen Beratungen beS Auswärtigen Ausschusses ist also reichlich dürftig. Die Negierung wird lediglich ausgefordert, in der Abrüstungs- srage nun endlich die Schritte zu unternehmen, die eigentlich schon vor Jahr und Tag hätten unternommen werden müssen, nachdem sich herausgestcllt hatte, daß die Mächte, die außer Deutschland den Versailler Vertrag unterzeichnet haben, gar nicht daran denken, die in diesem Vertrag ent haltenen Bestimmungen zur allgemeinen Abrüstung zu er füllen. Der Regierung Brüning ist es im Auswärtigen Ausschuß sogar gelungen, „Stege" zu erringen. Die drückenden Reparationslasten bleiben» wie das der Wunsch der Reichsregierung ist, zunächst unangetastet, und die Anträge, die die Negierung aufsvrdcrn sollten, ans diesem Gebiete etwas zu unternehmen, sind, wie der amtliche Bericht über die Ausschußsitzung sagt, mit „wechselnden Mehrheiten" abgelehnt worden. Wie diese wechseln den Mehrheiten aussehcn, wird nicht gesagt, und man ist, da die Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses im Zeichen der Vertraulichkeit stehen, darüber lediglich aus Vermutungen angewiesen. Fest steht aber, daß es der Regierung nur mit Hilfe der Sozialdemokraten gelungen ist, ihren Willen, die Neparationsfrage nicht an tasten zu lassen, durchzudrucken. Die starke, um nicht zu sagen, gänzliche Abhängigkeit des Kabinetts Brüning von der Sozialdemokratie hat sich damit wieder einmal erwiesen. Darüber hinaus ist das Spiel, das heute im Auswärtigen Ausschuß mit den „wechselnden Mehrheiten" getrieben wurde, von kaum noch zu überbtetcnder Torheit. Die Negierung hätte viel besser daran getan, wenn sie sich der Annahme von Anträgen, eine Aenderung der deutschen Reparationsver- pslichtungen herbetzusühren, nicht widersetzt hätte. Stach dem, was heute im Auswärtigen Ausschuß geschehen ist, kann man im gesamten Ausland natürlich nur den Eindruck gewinnen, daß einer Mehrheit des deutschen Volkes gar nichts daran liege, die jetzigen, so schwer auf Deutschlands Wirtschaft drückenden Reparationslasten vermindert zu sehen. Daß man im Auslände diesen total falschen Eindruck natürlich weidlich ausnuycn wird, steht doch außer aller Frage, und besonders der Reichskanzler Brüning Hütte klug daran getan, sich eine solche Wirkung seines Verhaltens vor Augen zu führen. Die Bemühungen des früheren Reichsbankpräsidenten Schacht, der unter den größten Anstrengungen versucht, die Weltöffentlichkeit über die Gesahrcn der Rcparationo- lastcii und die schwerbcdrückte Lage des deutschen Volkes aufzuklären, müssen ohne jeden Erfolg bleiben, wenn das Ncichskabinett mit Hilfe von parlamentarischen Praktiken den Willen des Volkes, die untragbaren Verpflichtungen abzuschlltteln, in sein Gegenteil verkehrt. Dieses Verhalten des Kabinetts muß die a l l e r s ch ä r s st e Ablehnung erfahren, denn gerade die heutige Sitzung des Auswärtigen Ausschusses, der man nicht nur im Jnlandc, sondern namentlich auch im Auslände mit der grüßten Svannung cntgcgcnsah, weil man allgemein angenommen hatte, daß die Sitzung mit einem flammenden Protest gegen die unmenschliche Bedrückung Deutschlands enden würde, hätte dazu dienen können, die Interessen Deutsch lands um ein gutes Stück vorwärtszubringen. Der Zcn- trumskanzler Dr. Brüning hat das aber zu verhindern gewußt. . . . Wiedereröffnung der brasilianischen Häsen. Wie HaivaS aus Rio de Janeiro berichtet, hat die Negierung die Wiedereröffnung sämtlicher brasilianischen Häfen verfügt. Die.reißende Ratzbacb bei Liegnitz Neue Meldungen über die Hoch- wasserkatastrophe auf Leite 3 Reich, Preußen und die Reichseeform Von Ministerialdirektor a. D. Geh. Rat Dr. I ust Die Zurücksetzung der nichtpreußischen Industrien bei der Verteilung der Reichsausiräge läßt die schlimmsten Be fürchtungen wett hinter sich.*) Das Mißverhältnis ist so kraß, daß man versucht ist zu glauben, es liege System darin. Besonders benachteiligt ist das Land Sachsen. Während Sachsen 12,4 Prozent der industriellen Bevölkerung Deutsch lands zählt, erhält es nur 4,7 Prozent der Netchöauftrüge! Das kann nicht nur an der Art der sächsischen Industrie liegen — sie ist außerordentlich vielseitig und fast auf allen Gebieten sehr leistungssähtg —, sondern muß tiefere Gründe haben. In dieser Hinsicht gibt es zu bedenken, daß bei der Verteilung der Reichsausiräge Berlin und Brandenburg am besten abschneiden. Man erkennt in dieser Tatsache die Wahrheit des alten deutschen Sprichworts: „Das Hemd ist einem näher als der Rock." Je mehr sich die Auftragsertei lung in der Hauptstadt des Reiches zentralisiert, die zugleich die Hauptstadt des größten deutschen Gliedstaates ist, desto mehr wird Berlin und das umgebende preußische Stammland Brandenburg bevorzugt werden. Es ergeben sich hieraus Perspektiven, die in den nichtpreußischcn Ländern nicht nur wirtschasts- sondern auch verfassungspolitisch die größte Aufmerksamkeit verdienen. Wir Sachsen aber haben ganz besondere Veranlassung, aus der Hut zu sein. Es ist bekannt, daß die staatliche Existenz Sachsens bei den Friedensschlüssen von 1815 und 1866 an einem Zwirns faden hing. 1815 verlor es rund zwei Drittel seines Ge bietes an Preußen, und 1866 wäre auch der Nest preußisch geworden, wenn nicht Bismarcks staatsmünnischer Weitblick und die tapfere Haltung der vom Kronprinzen Albert ge führten sächsischen Truppen auf den böhmischen Schlachtfel dern den preußischen Einverleibungsgelüsten halt geboten hätten. Trotzdem ist Sachsen im Norddeutschen Bunde wie im Deutschen Reiche Preußen gegenüber stets von einer nicht zu ü verbietenden Loyalität gewesen. Im deutsch-sranzösischen Kriege von 1876/71 und im Weltkriege haben die Sachsen in einer als ganz selbstverständlich empfun denen Bundestreue Schulter an Schulter mit der preußischen HeereSinacht gekämpft und geblutet. In der inneren Politik haben sich die sächsischen Bundesratsstimmen nur selten von den preußischen getrennt. Und doch ist man in Sachsen nie die Empfindung los geworden, daß Sachsen von Preußen nicht voll genommen wird. Schon im alten Reiche hatte sich Sachsen mit Recht über die preu ßische Etscnbahnpolitik zu beklagen, die mit Vor liebe Sachsen vom großen Zugverkehr ausschaltete. Gegen die Absicht Preußens, unter Aenderung der Neichsvcrsassung S ch i f f a h r t s a b g a b e n auf den deutschen Strömen ein zuführen. mußte Sachsen in Gemeinschaft mit Baden und Hessen einen harten Kampf ausfechten, bei dem sich heraus» stellte, daß die preußische Regierung für die wirtschaftlichen Interessen des kleinen Sachsen nur sehr wenig bundeSsreund- liches Verständnis aufbringen konnte. Es fehlte in Preußen damals wie noch heute der eidgenössische Sinn, der nach den Worten des großen Staatsrechtslchrers Otto Mayer die Wcscnsgrunblage jedes gedeihlichen Bundesstaatsverhält- nisscs bilden muß. Die Weimarer Verfassung hat formell die preußische Hegemonie in Deutschland beseitigt: die Personalunion der NeichSspitzen mit den preußischen hat ausgehört. Tatsächlich aber hat die innere Macht und ll e b e r l eg e n h e i t Preußens über die anderen Länder im neuen Deutschen Reiche erheblich zu genommen. Denn die Erweite rung der Reichszuständigkeiten in der Verfassung von Weimar hat Preußens Einfluß in ganz Deutschland ungemein verstärkt, weil in der Retchsregiernng der Geist der preu ßischen Regierung in personeller wie in sachlicher Beziehung dominiert, ganz gleichgültig, ob sich die Rcichsregicrung von der preußischen parteipolitisch unterscheidet oder nicht. DaS wäre zu ertragen, wenn in Preußen noch der Steinscbe Ge danke der Dezentralisation und Selbstverwaltung lebendig wäre. Aber leider ist davon nichts mehr zu spüren. Schon im Jahre der Errichtung des Norddeutschen Bundes beklagte Clemens Theodor Perthes, damals Professor der Rechte und der Staatswissenschaften in Bonn, in einem Briefe an den ihm eng befreundeten preußischen Kricgsminister von Roon vom 8. März 1867 die zentralistischen Maxime» Preußens. „Durch alle Preußen hindurch zieht sich ein Na- turtrieb", so schreibt, „gerichtet auf Annektion und Zentruli. sativn der Annektierten: nur die. denen ein kirchliches oder politisches Stichwort höher steht als ihr Land, die also eigent lich keine Preußen sind, kennen diesen Trieb nicht" Wie richtig PertbeS mit diesen knappen Strichen da» Antlitz der preußischen Regierung und Verwaltung getroffen hat. zeigt ein Blick auf die Organiiation der inneren Verwaltung des Landes. Preußen ist trotz seiner Gliederung in Provinze» ein straff zentralisierter Staat. Die an der Loitze der Provinzen stehenden Oberpräsi-enten sind staatliche Pra- *> Kte-e »er, Leitartikel „chtne schnüre Ui,-ere«tiak»it »eae» Sachten" I» Kr. ö«4 »er Dresdner Nachrichten" »a» Ott. »«X