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Dresdner Journal : 02.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189010024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Die 2. Beilage fehlt.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-10
- Tag 1890-10-02
-
Monat
1890-10
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 02.10.1890
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^229. Donnerstag, den 2. Oktober, abends. 1890. tör vrssäe» visrtsljLürliod 2 A KV ?k., de> Uo» ü»i»erl. lteutscüvo viirtsl- LUrtiek » U; »u»»eiti»Id äs» ävutsckea lUtiedv» kost- ooä 8!«wp«trll»ct>Is« üinru Lindin« ltuiowerv: 10 kf. LvIcttuSIxunxsxsdtltlrs»« kür äeo lt»uw «i»er ss«»p»Itsoso ^sile ^leiser Lc^ritt 20 kf. 6vter „kiL^««u>ät" äi« ^vils SO kk. ksi f»k«IIeo- uoä /i§«r»8«.cr entspr. Xuf»ckl»8 Lvsekvi»e»r IL^Iicd wit ^u»ll»t»we äsr 800» - u. keisrt»^«- »deoä». ksrvsprsek-Xn»Li»Ius»r tir. I29L. dreMerÄmtrnlll. Für di« Lksamtlettung v«ra«t»or!lich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. LnUtt»Stss»»sss» >»,MLrt«» I.«lpr1z: Fr Lranärkett«', KomrniiiiovLr äs« Vresäver äouriucl»; LsmdiuU IsrU» Vts» L«Iprlx L»»«I >r»»I»u knucklvr« ». N.: //aar^iÄ^n <2 kog/sr, LsrU» V!«» L»»dinU- ^r»U I^tp,iA -kr»okt»il ». N. Hü»cd»v: A/o««,- 2»rti I^>ll<ioll L«rU» rclllldkvrl ». ». 5«»tl«»rr: /)»«-« <2 t?o , LsrN»; /«ra/iäsnäant, ^«>7 Fa/at?»,' L»»»or«r: C üczü«/«»', A»N« s. I : Larct «2 Co. N<-r»a»»sderr Kövi^l. Lrxsäitlo» äs, Vrssäver 1oun»»I». vresäeo, 2vivxe»tr. 20. korusprsci»-Kvscdlassi Ar. I2VL. Amtlicher Teil. Dresden, 30. September. Mit Allerhöchster Ge nehmigung Sr. Majestät des Königs ist dem Hand- lungSkommiS Richard Oskar Herrmann Günther in Leipzig für die von ihm am 19. Mai dieses Jahres unter eigener Lebensgefahr bewirkte Rettung eines Knaben vom Tode des Ertrinkens in der Pleiße die silberne Lebensrettungsmedaille nebst der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Nachrichten. Mürzsteg, 1. Oktober. (W. T. B.) Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm, Kaiser Kranz Joseph und der König von Sachsen find mit den hohen Jagdaästen heute abend hier eingetroffen. Um 8 Uhr fand rin Diner statt. Um 2 Uhr nachts beheben sich die Majestäten zur Hirsch, pirscht, die übrigen Jagdgäste zur GemSjagd auf die Schneealpe. Nachmittags erfelgt der Abstieg zur Kram, von wo die Rückfahrt angetreten wer- den soll. DaS Wetter ist prachtvoll. Buda-Pest, 1. Oktober. M T. B.) Auf der noch nicht eröffneten Bahn Kaschau-Torna fand infolge einer verbrecherischen Steinrammung eine Entgleisung eines ArbeiterzugcS statt, bei welcher 3 Personen getötet, 3 schwer und 2 leicht verletzt wurden. London, 1. Oktober. (W. T. BI Nach einer Depesche aus GlaSgow ist wenig Hoffnung vor handen für eine Regelung der MeinungSversekieden. heiten zwischen den Besitzern der Eisenwerke Schott lands und din Arbeitern der Hochöfen. Gutem Vernehmen nach sollen fast alle Hochöfen in Schott land bis zum Sonnabend auSgelöscht werden. Sydney, 2. Oktober. (Tel. d. Dresdu. Journ.) Gestern brach hier auf der Pittstraße, dem Haupt wege der Stadt, Keuer auS, das einen großen Umfang annahm, die Citybank und sechs Waren- Häuser bedeutender Firmen einäscherte und zahl reiche andere Gebäude beschädigte. Der Gesamt- schaden wird auf iH Millionen Pfd. Sterl ge- schätzt. Dresden, 2. Oktober. Aus Ungarn. Der gestern erfolgte Zusammentritt des ungarischen Parlaments beschäftigt schon seit langem die politischen Kreise Ungarns sehr lebhaft und zwar sowohl wegen der Umbildung der politischen Parteien, die im Ver lauft der Session erwartet wird, als auch wegen der in Aussicht stehenden gesetzgeberischen Vorlagen. In welcher Art sich die Umgestaltung der Parteigruppie rungen vollziehen wird, kann sich natürlich erst im Laufe der Parlamentstagung zeigen, — augenblicklich steht die Sache noch in einem Werdeprozesse, aus den» sich erst nach und nach klare Verhältnisse entwickeln können; was dagegen die in Aussicht stehenden gesetzgeberischen Vorlagen betrifft, so steht es bezüglich dieser fest, daß den Abgeordneten die Erledigung einer reichen Fülle gesetzgeberischen Materials obliegen wird. Das neue Kabinett Szapary hat die sommerliche Ferienpause dazu benutzt, um eine Reihe wichtiger Ge setzesvorlagen auszuarbeiten, die eine durchgreifende Umgestaltung des ganzen bisherigen Regicrungssystems bedeuten, und wird damit schon in der nächsten Zeit vor das Parlament treten. Den „Münchener Neuesten Nachrichten" wird hierüber unterm 29. September aus der ungarischen Hauptstadt geschrieben: Feuilleton. Dit Viktl von Hausperg. Line Erzählung von I. C. Maurer. 8 (Fortsetzung.) „Dn schweigst", fuhr jener fort, „frage Dein Ge wissen aufrichtig und cs wird Dir'S sagen. Hast Tu allem Groll und Haß in Deinem Herzen abgeschworen, den Dn jemals gegen einen Menschen, insbesondere gegen Deinen Bruder, gehegt hast? Ist kein unrech tes Gut in Deinem Besitz, das von Rechts wegen ihm oder seinen Kindern gehört? Hättest Du mit reinen unblutigen Händen vor den Richterstuhl Gottes hin treten können?" Diese letzten Worte hatte der Vikar mit eigentüm lichem Nachdruck gesprochen und der Kranke zuckte bei ihnen unwillkürlich zusammen. Nach einer langen Pause aber kehrte er das bleiche Antlitz gegen den Sprechenden und sah diesen lange und unverwandt mit stieren Augen an. „Geistlicher Herr," sprach er mit heiserer Stimme, ,Hhr wißt mehr, als Ihr sagen wollt." „Magst Recht haben, Hausperger," versetzte der Priester. „Hör' mir zu, ich will Dir eine Geschichte erzählen." „ES ist schon lang' her, wie Du weißt, wohl an die 50 Jahre, seit unser Land Tirol bayerisch gewesen ist. Ich war damals ein nrugrweihter Priester und hab', obwohl ein Tiroler, in einem bayerischen Jäger Der unmittelbar bevorstehende Wiederbeginn der parlamentarischen Thätigkeit bezeichnet den ersten schärfer abgegrenzten Abschnitt in dem Wirken des KablnettS Szapary. Als das neue Ministerium ins Amt trat, wurde laut und insgeheim von vielen unserer Politiker die Erwartung ausgesprochen, daß sich die Erbschaft TiszaS für dessen Nachfolger verhängnisvoll gestalten dürfte. Man rechnete mit der ungeschwächten Fort dauer jener zerstörenden oppositionellen Einflüsse, welche TiSza von dem lange innegehabten Posten verdrängten und man warf die Frage auf, wie Szapary diesen Einflüssen trotzen solle, während er doch nicht über daS persönliche Prestige seines Vorgängers bei der eigenen Partei verfügte Man hat eben auch diesmal, wie so oft, bei uns gewisse unwägbare und ungreifbare Faktoren überschätzt und alles unter dem Gesichts punkte der Klubpolitik nn^ der persönlichen In timität beurteilt. Hätte daS neue Ministenum den Weg Tiszas weiter verfolgt, so hätten sich jene Annahmen thatsächlich bestätigen müssen. Graf Sza pary wäre gewiß nicht im stände gewesen, mit seinen! weniger gefeierten, weniger klangvollen Namen dauern den Fortbestand der zahlreichen Gebrechen zu decken, an welchen der ungarische Staatsorganismus so empfindlich krankte Er hat aber in: Vereine mit seinen Kollegen die Aufgaben der Regierung ganz an ders fixiert als fein Vorgänger, und er versucht es nicht, unhaltbare Verhältnisse durch die Macht der Individualität und Popularität aufrecht zu halten. In diesem Sinne entwickelt sich die gesamte Thä tigkeit des neuen Kabinetts zu einer indirekten, aber weitgehenden Kritik der Tiszaschen Regierungsmethode. Dort, wo die Anhänger Tiszas in blinder Ergeben heit nichts zu tadeln, nichts zu verbessern fanden, wird vom Grunde auf reformiert und in den Minister hotels hat man so viele sachliche mühevolle Arbeit zu bewältigen, daß mau zu dem Politisieren und Pak tieren der früheren Methode kaum Zeit findet. Die Bevölkerung wird nicht vor die Wahl zwischen willen loser Hingebung oder wüsten Angriffen gegen einen gefeierten Staatsmann gestellt, sondern vor die Frage, ob Ungarn ein Land mit modernen Einrichtungen werden soll oder nicht. In der Verwaltung Ungarns war mit der Lostrennung der Rechtspflege wohl einer der größten Schäden beseitigt, doch blieben noch im mer überaus empfindliche Mängel zurück, die ein ge sundes Funktionieren der Maschine hindert eu Körper schaften zweiten und dritten Ranges waren in der Lage, die Verfügungen der Regierung durch Gegen schritte ganz zu durchkreuzen oder mindestens für längere Zeit wirkungslos zu machen, somit daS Einzel interesse vor jenes der Gesamtheit zu stellen. Hier konnte nur durch die uun einzuführenden Reformen geholfen lverden, welche die Verwaltung gänzlich in die Hände der vom Staate abhängigen Funktionäre bringen. Daß dabei unter anderem 16 Obergespane der Tiszaschen Zeit vom Schauplatze verschwinden, ist wohl für die Betreffenden selbst am bedauerlichsten. Im Ressort des Handels und Verkehrswesens wird nach jeder Richtung die Entwickelung der Verhält nisse kräftig, ja, wie manche Gegner meinen, allzu eifrig gefördert. Man erhebt jenseits der Leitha gegen unseren Handelsminister den Vorwurf, daß er bei seinem egoistischen Vorgehen keine Rücksicht ans die Interessen der anderen Reichshälfte nehme; sei dem wie immer: wir haben keine Ursache, über die Lei tung unseres Handelsamtes zn klagen, denn sie hat unserem Handelsstande vielfache Anregungen und Erleichterungen, den Massen der Bevölkerung aber allgemeine Vorteile geboten. Bezüglich des Justiz wesens erleben wir nach zahllosen unglücklichen, durch Halbheit und Fehlgriffe gekennzeichneten Experimenten der Vergangenheit die Genugthnung, daß die bisher bei uns wohlkonservierten mittelalterlichen Zustände Tagesgeschichte. * Dresden, 2. Oktober Die seit einiger Zeit herrschende Witterung ist nicht nur für die Landwirt schaft erwünscht, sondern hat auch den Vorteil, daß dmrch sic die An Strock uuug der zahlreichen bei der letzten Elb hoch flut unter Wasser gestandenen Woh nungen nicht unwesentlich gefördert wird. Zum Teil werden die letzteren nun wohl auch jetzt wieder sich in bewohnbarem Zustande befinden; da dies aber jeden falls nicht von allen angenommen werden kann, so ist seitrn des Köuigl. Ministeriums des Innern augeord net wordcn„ daß die Bezirksärzte, soweit es nicht be reits geschehen ist, diesen Verhältnissen ihre Aufmerk samkeit zuweuden, sich von dem Zustande der betreffen den Wohnungen Kenntnis verschaffen und über den Befund Mitteilungen an die Polizeibehörden gelangen lassen, von den letzteren aber die nach den Umständen erforderlichen Anordnungen getroffen werden sollen. * Berlin, 1. Oktober. Se. Majestät der Kaiser ist heute vormittag in allerbestem Wohlsein in Wien eingetroffen. — Anknüpfend an den gestrigen Gedenktag der verstorbenen Kaiserin Augusta, berichtet die „Nordd. Allg. Ztg." heute die erfreuliche Thatsache, daß sich iu diesen Tagen ein Komitee gebildet hat, welches das Andenken der hohen Frau durch eiu in Berlin zu errichtendes Denkmal ehren will Ein namhafter Bildhauer ist mit dem Auftrag betraut, eiueu Ent- wurs für dasselbe zu schaffen. — Über den Empfang Sr. Majestät des Kaisers in Wien entnehmen wir Wiener Blättern solgeude Schilderung: Dicht lagerte noch der Herbstnebel über den Dhürmen und Häufern WtenS, der im Niedersinken die Straßen befruchtete, al« es schon auf allen Straßen, die zum Mittelpunkt der Stadt führen, lebendig wurde und Menschenpröme sich zur Ringstraße und hinab in die Praterfiraße ergoßen. Überall klang Helle- Lache» und fröhlichste Heiterkeit au« der Menge. Trommel- schlag und Musik! Die Beteranen in Paradrnniform, di« Musik banden voran, ziehen au« der Borstadt herbei; mit ihnen mar schiert die liebe Jugend und hundert von Mc^chrn schließen sich, um rascher zu ihrem Hirt zu gelangen, dem Marschtempo an, welche« der Paukenschläger mit mächtigem Schwünge dr« Schlegel« markiert Den Beteranen, deren Wien in den vielen Beieinen ein paar tausend Mann zählt, sällt die-mal mit der Sicherheit-wache die Ausgabe zu, die Fahrbahn der Ringstraße tinzuhallen: eine leicht gelöste Aufgabe, denn bei der Liebens würdigkeit der Wiener BolkSmassen vollzog sich alle« in größter Ruhe Bour Burglhore ab, wo dir österreichisch« und die deutsche ReichSpandarte aufgezogen waren, begann sich schon nm 7 Uhr morgens die Menge in dichten Reihen zu beiden Seiten der Ringstraße bi- weiter zum Rordbahnhof anszustrllen. Eine lange Fahnenrrihe hiug in der ruhigen Lust schlaff herab. An Fen stern und Ballonen wurden noch die letzten Au-fchmückunaen angebracht, Teppiche und kostbare Decken hc^aaSgebängt All mählich füllten sich die riesigen Tribünen, da- weibliche KnÄ ' i bildete hier die überwiegende Mehrheit Rur auf der Gsmetndr- ratStribÜne, vor den, mit Fahnen und kostbaren Teppiche» reich geschmückten PalaiS de- Erzherzog-Ludwig Biktor, übenvog der ichwarze Frack. Rach und nach füllten sich auch die Balkone und Fenster der Ringstraßen - PalatS' mit elegantem Publikum. Dir Fronten der Gebäude waren prachtvoll mit Pflanzenschmuck, Baldachinen, unter welchen man dir Büsten der beiden Monar chen zwischen Palmblättern ausgestellt hatte, und mit reichem Flaggenschmuck dekoriert. Grgen Hü Uhr waren die Reit- und Gehwege der Ring» straß« dicht von Menschen gestillt,überall herrschte«», bunte«, leben dige- Treiben. Um 4(9 Uhr schlugen die Trommeln der Be teranenvereine den Grneralmarsch, die Trompeten bliesen, die Musikbanden intonierten dir BolkShymnr, und stürmische Hoch- ruse der Tausende verkündeten da- Nahen de- Kais«-« Franz Joseph, Allerhöchpwelchcr in der Uniform seine- preußischen Regiment« zum Bahnhos fuhr. Der Empfang aus dem Rordbahnhof sand in der herkömm lichen Weise statt, unterschied sich aber von dem Empsang beim ersten Wiener Besuch de« deutschen Kaiser« vor zwei Jahren dadurch, daß der Bürgermeister Or. Prix den laise,liehen Gast im Ramen der Stadt Wien, welche den festlichen Empsang vor bereitet, begrüßte. In der Bahnhofshalle, dir für das Publikum adgrsperrt worden war, hatten sich vor der Ankunft de« Kaiser- die Erzherzöge Albrecht, Wilhelm und Rainer, der LorpSkom- mandant Baron Schönfeld, die dem deutschen Kaiser zuarteilten Ehrenkavaliere, ferner Statthalter Gras Kirlman-egg, Polizei präsident Varon Krauß und Bürgermeister Dr. Prix eingesun- den; die deutsche Botschaft war durch den Botjebafttrat Grafen Monts vertreten, mit welchem Legationssekretär v Below, mehrere andere Mitglieder der Botschaft, der deutsche Generalkonsul Baron Liebig und Konsul v. Bivrnot erschienen waren. Die ErHtrzögr Albrrcht und Wilhelm trugen die Lberstenuoijorm ihrer preußischen Regimenter , ersterer und Erzherzog Rainer hatten das gelbe Band de- GroßkreuzeS de« Schwarzen Adler ordens angelegt. Nach HS Uhr wurden von der Straße her lebhafte Hochrufe vernehmbar, welche die Ankunft deS Naycrs ankündigten, Allerhöchstwelcher bald daraus, begleitet von dem Generaladjutanten Grafen Paar und einem Flügcladjutanten, den Perron betrat. Ter Kaiser trug preußische General-uniform mit dem Bande des Schwarzen AdlerordenS und der Eollane des Hohenzollern- Ordens. Der Kaiser sah sehr wobl aus. Genau zur festgesetzten Zeit suhr der Hofzug des deutschen Kaiser in die Halle, während die Kapelle das „Heil dir im Sirgeskranz' anstimmte An einem Fenster des eisten Salon waggons stand salutierend Kaiser Wilhelm in der Oberstenuniform seines österreichischen Husarcnregimrnts mit dem Bande de« StephanSordenS und verliest al« der Zug hielt, rasch den Waggon, während Kaiser Franz Joseph rntgegenkam Die beiden Kaiser reichten einander die Hände und küßten einander wiederholt, woraus sie Worte herzlicher Begrüßung wechselten. Hieraus wendete sich Kaiser Wilhelm den Erzherzögen zu, küßte den Erz herzog Albrecht und reichte den Erzherzögen Wilhelm und Rainer die Hand. Dem Kaiser Franz Joseph stellte Allerhöchstderselbe die Herren seiner Suite vor. Nach dem Abschreitrn der Ehren compagnie stellte Kaiser Franz Joseph seinem Gaste die Generäle, die Ehrenkavaliere und die übrigen anwesenden Würdenträger vor. In überaus freundlicher Weise sprach Kaiser Wilhelm mit dem Bürgermeister Dr. Prix; er reichte ihm die Hand und sagte: „Nehmen Sie meinen herzlichen Dank für den freundlichen Empsang, der mir vorbereitet worden ist, und wollen Sie auch der Bevölkerung der Stadl Wien meinen Dank aussprechen; ich habe schon von den Vorbereitungen, die zu meinem Empsang getroffen worden sind, und von der Ausschmückung der Stadt gehört." Längere Zeit unterhielt sich der Kaiser mit dem Obei sten Benkeö, bei dem er sich nach seinem Regiment erkundigte. Kaiser Wilhelm sah ungemein wohl und gesund aus Ain beseitigt werden. Wir erhalten ein neues Strafvcr- ahren und wir gelangen auf Grund der Dezentrali- ierung der königlichen Tafel endlich dahin, daß unsere Justiz auf der Grundlage der Mündlichkeit und Un mittelbarkeit der Verfahrens ruht. Diese Errungen schaft soll Hand in Hand mit der Unterdrückung der ProtekkionSwirtschaft in der Besetzung der Richterstellen gehen und dadurch zu voller Bedeutung gelangen — Auf dem finanziellen Gebiete ist ein Budget ohne De fizit und Nachtragskredite zu gewärtigen und somit ist der Ausblick in die Zukunft »ach jeder Richtung ein befriedigender. Wenn wir dies mit unverhohlener Gcnugthuung aussprechen, so denken wir dabei vor allem an die Zukunft Ungarns, nicht an jene des Kabinetts Szapary Die Anerkennung der Verdienste dieses Ministeriums blenden uns nicht derart, daß wir die beiden Begriffe identifizieren. Die neue Regierung tritt unter günsti gen Vorzeichen vor daS Parlament. Sie bietet greif bare Leistungen, die von jedem nüchternen Kritiker gewürdigt werden müssen — Leistungen, welche der gemäßigten Opposition die Möglichkeit benehmen, be rechtigte Klagen wieder vorzubrmgen, wie sie von den bedingungslosen Anhängern TiSzaS so ungern ver nommen wurden. Trotzdem kann eS geschehen, daß die Stellung SzaparyS und seiner Kollegen durch heute noch nicht vorher zu sehende Zwischenfälle erschwert wird oder daß sich in der reformatorischen Thätigkeit der Regierung selbst Mängel ergeben, welche Wider spruch Hervorrufen können Dies kann aber nicht hindern, daß die moderne Neugestaltung, die inan nun angebahnt hat, gefestigt und fortgesetzt wird. Es ist nahezu gleichgiltig, ob solches unter einem Kabinett Szapary oder einer anderen Regierung geschieht. Der ausschlaggebende Wert des mächtigen Umschwunges liegt eben darin, daß heute bei unS nicht mehr die Personen, sondern die materiellen Aufgaben im Vorder gründe stehen und daß ein Rückschlag in der kräftig eingeleiteten Reformbewrgung kaum noch möglich er scheint bataillon als Feldpater dienen müssen, daS anno 9 unter Wrede nach Tirol cingerückt ist. Im Mai des selben Jahlks, ein paar Wochen nach der Wörgler Schlacht, wurde ich zu dem traurigen Geschäft kom mandiert. einem Landsmann, der von den Bayern als Spion ergriffen worden war und deshalb nach Kriegs- rrcht erschossen werden sollte, znm Tode vorzubereiten." Diese Wendung schien die Aufmerksamkeit des Bauern zu erregen und gespannt horchte er zu, während der Geistliche also fortfuhr: „Beim Militär giebt's keinen Widerspruch, auch nicht für den Feldpater, und so stieg ich denn in die Kasematten der Knfsteiner Festung hinunter, wo der Ver urteilte gefangen saß, um diesem den letzten geistlichen Trost zu bringen Es war schon spät in der Nacht, und am Morgen darauf sollte die Exekution stattfinden Wie nun der arme Sünder niir seine ganze Vergangenheit aufdcckte, legte er das Bekenntnis ab, daß er und ein anderer Tiroler Schütz', den er mit Namen nannte, im April 1809 einen bayerischen Postboten im Achenthaler Paß ermordet und auSgeraudt hätten. Sie seien dort auf Vorposten gestanden, als ihnen der Unglückliche auf seinem Dienstgang niit dem Felleisen in die Hände gefallen sei. Die Briefe, die er bei sich gehabt, hätten sie vertilgt, das geraubte Geld aber unter sich verteilt und die Leiche in die Ache geworfen." Dem Kranken war bei dieser Erzählung der Schweiß auf die Stirne getreten und er stieß einen tiefen Seufzer auS. Der Vikar schien jedoch nicht hierauf zu achten, sondern fuhr fort: „Am anderen Tage, bald nach Sonnenaufgang, wurde mein Delinquent auf einer Bastei zn Kufstein erschaffen Als reuiger Sünder trat er mit mir den letzten Gang an und sühnte sein Verbrechen. Gott wird ihm gnädig gewesen sein!" Mit diesen Worten schloß er die Erzählung und schwieg. Tieft Stille herrschte einige Minuten lang. „Das war der Brunner", sagte endlich der Haus- perger mit stockender Stimm?. „Ja, Du hast's erraten", erwiderte der Priester, „jener andere aber " „Bin ich" — ergänzte der Bauer mit der Miene einer Verzweifelnden. Wieder folgte lautloses Schweigen. „Weißt Du nun, welch' ein Verbrechen auf Deiner Seele lastet?" fragte der Vikar nach einer Weile. „Es war im Krieg, geistlicher Herr," stammelte der Kranke entschuldigend. „Ja, es war im Krieg," entgegnete der Seelsorger, „aber ein Postbote ist kein Soldat, der Dir als Feind gegenüberstand, und ein Tiroler LandeSschütz, der für Gott, Kaiser und Vaterland zu den Waffen greift, ist kein Bandit!" Der greise Sünder drückte das Haupt in die Kissen zurück und konnte nichts mehr erwidern; der Priester aber richtete sich neben dem Bette auf und sprach in ernstem Tone weiter: „Dein letztes Stündlein ist nicht mehr fern, HanS- perger, denn der Arzt sagt, daß Du dieses Kranken lager nicht mehr verlassen wirst Dem irdischen Rich ter bist Du entgangen, nun sieh' zu, wie Du mit Gott fertig wirst!" Mit diesen Worten nahm er von dem Kranken Abschied und ließ ihn mit seinen Gedanken allein. V. Es war Nacht geworden. Droben auf der Holz- alm stand Viktl unter der Hüttenthür und sah hinaus in die stille Landschaft des Hochgebirges, über welche eben die ersten Sterne glänzten, während hinter der hohen Salve, die über die Wildschönau hereinschaute, ein matter Lichtschimmer das Aufgchen des Vollmonds verkündete. „Ein armer Wandersmann bittet uni Essen und Nachtherberge", schlug plötzlich eine rauhe Stimme mit einem fremdartigen Accent an ihr Ohr. Das Mäd chen erschrak, denn vor ihr stand ein großer, starker Mann mit struppigem Haar und Bart, in zerlumptem Gewand und mit einem Sack auf dem Rücken. Ten langen Stecken, den er in der Hand führte, stemmte er quer vor die Thür, so daß es Viktl unmöglich war, aus der Hütte zu kommen. ,Ha, etwas zum Essen kannst schon haben", gab sie, nachdem sie den ersten Schrecken überwunden hatte, zur Antwirt, „abcr dann mußt halt schauen, wo Du eine Herberge findest. Hier wird niemand über Nacht behalten; kannst auch noch ganz leicht nach Thierbach oder ins Zimmermoos hinabgehen." „Also nicht behalten willst mich," erwiderte trotzig der Bettler, „da werd' ich mich halt, ohne viel zu fragen, bei Dir einquartieren, und zu essen wirst mir wohl geben, sonst kann ich mir'- ja selbst nehmen " Während er daS sagte, drückte er daS Mädchen bei seite und drang in die Sennhütte ein. Viktl trat entschlossen auf ihn zu. „Zurück, hast nicht- zu suchen da!" Der Fremde lachte wild auf.
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