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Dresdner Journal : 03.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189903035
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990303
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-03
-
Monat
1899-03
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 03.03.1899
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vez»«-»ret»! Ftk Dresden »terteljlhrlich: r Marl »0 Pf, »ei den Kaiser- Ich drunchkn Pvii-uistalte» vier:elidhl»ch»Mark; außer, halb de» Deutschen Reich«» Poft, and Slcmptlzulchlao tiizelne Rümmer»: 10 Pf Grfchetuen: Täglich mit «»«nähme der Gon», and Feiertage abend« ^rnf»r.«nschl»ß:Rr 1,1» DrrsÄner M Journal. AnkündigungSgedühren: Für den Raum einer arfpal- tenea Zeile kleiner Schrift 2V Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile SO Pf. vei Tabellen- und Ziffern^« «tfprechender Ausschlag. Her»»««rder. Königliche Expedition de« Dre-dner Journal» Drelden, Zwrngerstr 20 Seruspr..«nschluh:Rr IT»». ^51. Freitag, den 3. März abends. 1899. Amtlicher Teil. Grueunllugeu, versttz«ugeu re. tm öffeutlichm Dienste. J«Gef»Sst»»eretche »e-Miniftertum» »er Aiuanzen. Bc' brr Forstverwaltung sind ernannt worden: Jordan, »cUver präd. Forstassrssor, al« etatmäßiger Forftassessor aus Nassauer Revier, Hartwig, zeither präd. Forftassessor, als tMuwßiger Forstaßeffor aus Hundshübler Revier, Hennig, zenher präd. Forstaßeffor, al« etatmäßiger Forstassessor aus Raschauer Revier, Schieferdecker, Oeser, Brunst, zeither präd Forstassessoren. al« etatmäßige Forftaßessoren bei der Forsteimichtung-anstalt; Münnich, zeither Färb ercandidat, al« Färfter aus Zwenkauer Revier, Fietze, zeither FSrstercandidat, al« Förster auf Jöhstädtcr Revier; Helbig, zeither Wald- «ibriler, al- Waldwärter ausWendischkarödorferRevier, Fuhr mann, zeither Waldarbeiter, al« Waldwärter auf Grillcnburger Revier, Fischer, zeither Waldarbeiter, als Waldwärter aus Zwenkauer Renier, Unterdörfer, zeither Waldarbeiter, al- Waldwärter aus WildenthalerRevier, Friedrich, zeither Wald arbeiter, als Waldwärter aus Großbothener Revier, Kempe, zeither Waldarbeiter, als Waldwärter aus Reichenbacher Revier, Laug, zeither Waldarbeiter, als Waldwärür auf Crottendorfer Revier. — Versetzt wurden: Hildebrand, zeither Forst- aMor aus Nassauer Revier, als Forstassessor auf Rossauer Revier, Püschel, zeitber Forstassessor uns Raschauer Revier; als Forstassessor aufWeißigerRevier; Strinitz, zeither Förster auf Jöhstädter Revier, al« Förster aus Rossauer Revier, Bauer, zeither Waldwärter auf Nafchauer Revier, al« Wald wärter aus Breitenbrunner Revier, Beuthner, zeiiher Wald- Wärter auf Crottendorfer Revier, als Waldwärter auf Raschauer Revier. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums »eS Innern, «»gestellt: Assessor vr. Oster mayer in Dresden alSBrzirks- amfser bei der Amtshauptmannschast Borna. — Versetzt: Regiernngsaßeflor vr. Mehnert bei der Amtshauptmannschast Bcrna alS juristischer Hilssarbeitcr zur Krei-Hauptmannschaft Zwickau Im Geschäftsbereiche »es MtatfterinmS de» Kult«» nn» öffentlichen Unterricht». Zu besetzen: 1) die neuge- gründele sechste ständige Lehrerstelle zu Zöblitz Kollator: die obcrfte Schulbehörde Einkommen: lvbv M. Gehalt, welches vom 25. Lebensjahre ab von 1150 M in zehn dreijährigen Perioden bis aus 2150 M. steigt, bis zum Eintritt des neuen LehrergehaltSgesctze« 1SV M. persönliche Zulage und 2KV M. Wohnungsgeld an einen verheirateten, lüv M. an einen un verheirateten Lehrer; 2) die zweite ständige Lehrerstelle zu LipperSdors bei Reisland kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen 1000 M. Gehalt, bis zum Eintritt deS neuen Lehrergehalisgcsctzes 200 M. persönliche Zulage, 72 M. für Turnunterricht, 120 M. für Heizung der Schulstube, freie Wohnung und Garteugenuß Gesuche mit allen erforderlichen Beilagen sind bis zum 9 März bei dem Königl. BezirkSfchul infpekior vr Bräutigam in Marienberg einzureichen; — die vierte Lehrerstelle an der Schule zu Mühlau Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1200 M. Gehalt und 150 M. BohnungSgcld. Gesuche sind unter Beifügung sämtlicher Zeug- luß: bis in Lie neueste Zeit bi« zum 2S. März bet dem Königl. Bezirksschulinspektor Schul'at vr. Böhme m Rochlitz ein- zureichen; — die unter Kollatur de« Königl. Ministerium- des Kultus und öffentlichen Unterricht- stehende zweite ständige Lehrerstelle an der Kirchfchule zu Cunewalde. Einkommen 1200 M und freie Wohnung. Bewerbungen sind unur Beifügung fämtlicher Zeugnisse bi- zum S. März bei dem Königl. BezirkSfchulinspeklvr Bach in Löbau i. S ein- zure.chen. Nichtamtlicher Teil. Die parlamentarische Lage. Bor einiger Zeit hat der Reichstogspräsident dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß vor dem Eintritt der Osterferien nicht nur der ReichshaushaltSetat erledigt, sondern daß auch die ersten Lesungen der noch vor liegenden Gesetzentwürfe abgeschlossen werden möchten. Dieser Wunsch hat, wie die letzten parlamentarischen Wochen gelehrt haben, nur geringe Aussichten auf Erfüllung. So langsam wie gegenwärtig die EtatS- beratungen forlschreiten, ist dies wohl selten der Fall gewesen. Dabei kann man nicht behaupten, daß neue Gegenstände zur Sprache gebracht, neue Gesichtspunkte entwickelt oder auch nur neue Reden gehalten würden. Es bewegt sich die parlamentarische Debatte in einer Einförmigkeit, daß anscheinend selbst da- Präsidium von der alles beherrschenden Langeweile angesteckt ist und auch den Versuch, das Hinüberschweisen der Redner aus dem Hundertsten in- Tausendste zu hemmen, für zwecklos hält. Ob unter solchen Verhältnissen der ReichShaus- haltSetat zur rechten Zeit ferliggestellt sein werde, wird sogar von denen bezweifelt, die angesichts der parlamentarischen Zeitvergeudung sonst immer noch hoffnungsfreudig in die Zukunft zu blicken pflegen. In praktischer Hinsicht ist es allerdings nicht von großer Bedeutung, ob der Etat bis zum l.Apiil fest- gestellt ist; allein je länger die bezüglichen Unterhaltungen dauern, destomehr wird das Zustandekommen anderer wichtiger gesetzgeberischen Aufgaben in Frage gestellt und daS so schon geringe Interesse der Bevölkerung an der Parlamentsarbeit immer weiter herabgemindel t. Wir haben in der gegenwärtigen parlamentarischen Lage den Beweis dafür, daß mit dem Anwachsen der sozialdemokratischen Fraktion auch die Bielrederei wächst. Jeder „Genosse", der in den Reichstag ge langt, ist eben ein „Redner", und ein echter Parlaments redner der Linken schätzt seine Leistungsfähigkeit vor zugsweise nach der Länge seiner Rede Es erscheint unthunlich, sich mit neuen und alten Vorschlägen zu beschäftigen, die fortwährend gemacht werden, um auf eine Abkürzung der überflüssigen Debatten hinzuwirken. Die den Reichstag beherrschen den Parteien fühlen sich bei dem gegenwärtigen Zu stande offenbar viel zu wohl, als daß man hoffen dürfte, sie würden zu einer Herstellung anderer Ver hältnisse die Hand bieten. Insbesondere ist im Zentrum die Stimmung fortgesetzt eine so „gehobene", man weiß sich dort so sehr als unumschränkt herrschende Gewalt, daß den nicht den Ausschlag gebenden Parteien nicht- weiter übrig bleibt, als die Dinge gehen zu lassen, wie sie gehen wollen. Man wird sich in anbrtracht der parlamentarischen Leistungsunfähigkeit nicht wundern dürfen, daß während der Zeit allerlei Kombinationen und Gerüchte in Umlauf gesetzt werden und schließlich im Publikum größere Aufmerksamkeit erwecken, als die aktuelle parlamentarische Politik. Die Behauptung, daß inner halb der Regierung Zwiespalt herrsche, ist dabei eine derjenigen Tendenzunwahrheiten, die dadurch nicht richtiger werden, daß man sie beharrlich wiederholt. Auch nachdem der „Reichsanzeiger" dieses wieder auf getauchte Gerücht zurückgewiesen hat, ist es unver drossen weiterverbreitet worden, wir glauben aber nicht, daß ernsthafte Leute sich dadurch täuschen lassen. Auch die Krisen gerächte, die sich in der letzten Zeit wieder in die Oeffentlichkeit wagen und die bezeich nenderweise auf solche Minister bezug nehmen, die bei der Linken Anerkennung zu finden nicht das Glück hatten, entbehren jedes thatsächlichen Hintergrundes. Merkwürdig ist, daß man sich in der Oppositions presse garmcht daran gewöhnen kann, daß „Minister- stürzerei" durch Zeitungslärm bei unS eine völlig aussichtslose Sache ist. Wenn vielfach darauf hingewiesen wird, in wie bedeutendem Maße heute Regierung und positive Parteien genötigt sind, mit der „ausschlaggebenden" Stellung der Zentrumspartei zu rechnen, so ist ein solcher Hinweis berechtigt. Das Zentrum hat es eben, nicht zum wenigsten dank der verkehrten Wahl politik der Liberalen, verstanden, seine parlamentarische Machtstellung nicht nur zu erhalten, sondern auch noch zu stärken, und wenn jetzt praktische Politik im Reichs tage überhaupt gemacht werden soll, so sind die übrigen Faktoren auf das Zentrum angewiesen Indessen steht nicht zu befürchten, man werde an maßgebender Stelle zulassen, daß die Zentrumsbäume in den Himmel wachsen. Aus diesem Grunde möchte man davor warnen, die mancherlei Nachrichten über angeblich an das Zen trum beabsichtigte Zugeständnisse für bare Münze zu nehmen. Es ist seltsam, daß gerade diejenigen poli tischen Richtungen, die durch ihre parlamentarische Haltung die Stellung der Zentrumspartri nur stärken, sich über solche angebliche Zugeständnisse aufhalten und jedes den Katholiken gewählte Entgegenkommen mißbilligen. Zum Zustandekommen der Militärvorlage ist beispielsweise die Mitwirkung des Zentrums oder doch eines Teiles desselben unbedingt, und zwar des halb erforderlich, weil die demokratischen grundsätz lichen Gegner deS „Militarismus" die Vorlage unbe sehen zum Fall bringen möchten. In der ersten Kommissionslesung deS Militärgesetzes ist allerdings das Schlußergebnis nicht ein solches gewesen, wie man nach dem glatten Verlaufe der ersten Sitzung erwartet hatte; man darf aber mit Fug annehmen, daß schließ lich doch ein Einvernehmen erzielt werden wird, wo nach das Zentrum den wesentlichsten Forderungen noch zustimmt. Das würde unserer Opposition recht unangenehm sein, aber die deutsche Bevölkerung hat doch wahrlich keinen Anlaß, über die neue Stärkung der nationalen Wehrkraft darum nicht Genuqthuung zu empfinden, weil das Zentrum dabei mitgewirkt hat. Was von den größeren Aufgaben, die sonst dem Reichstage vorliegen, Aussicht auf Erledigung hat, entzieht sich gemäß der derzeitigen parlamentarischen Lage jeder Beurteilung. Die Parleien der Rechten thun gewiß alles, um jedes Verschleppen der De batten zu verhindern; die Konservativen haben aus dem Grunde sogar von der Einbringung ihrer Inter pellation über den Stand der Börsenfrage abgesehen und dadurch ein Beispiel von Enthaltsamkeit ge geben, das Nachahmung verdiente. Sofern es sich aber zeigen sollte, daß diese Enthaltsamkeit nur den Erfolg hätte, daß die vielrednerische Linke sich in ihrer Zeitverschwedung nur noch unbehinderter fühlt, dann würde allerdings auch auf der Rechten jede weitere Rücksichtnahme auf die schlechte Geschäftslage aufhören müssen. Deutscher Hau-elstag. Die gestrige Plenarversammlung des Deutschen Handelstages wurde durch den Vorsitzenden, Hrn. geh. Kommerzienrat Frentzel mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser eröffnet. Hr. Frentzel ge dacht« sodann in warnt empfundenen Worten des da hingeschiedenen ersten Reichskanzler-, Fürsten v. Bis marck, sowie seines in diesen Tagen gleichfalls ver blichenen Nachfolgers, deS Grafen v. Caprivi, dem das Einlenken in die Bahnen der Handelsverträge zu verdanken sei, und begrüßte die anwesenden Vertreter der Behörden. Der anwesende Staatssekretär des Innern Graf v. Posadowsky dankte dem Vorsitzenden für die freundlichen Willkommensworte uud hielt folgende Ansprache: In den letzten Jahren hat unsere deutsche Gütererzeugung eine Thätigkeit entwickelt und einen Umsang angenommen wie nie zuvor. Trotzdem zeigt unsere Handelsbilanz im letzten Jahre eine zunehmende Psjüvitäl. Dieser Gegensatz dürste zunächst die erfreuliche Thnfache bestätigen, baß Deutschland verbrauchssähiger uud kaufkräftiger geworden ist, daß wir mehr Rohprodukte verarbeiten konnten und mehr Halb- und Ganz- sabrikate bei uns selbst Ausnahme sanden. E- kommt aber darin auch unzweiselhast die Erscheinung zur Geltung, aus die ich mir erlaubte bereits hinzuweisen, al- ich da- letzte Mal die Ehre hatte, unter Ihnen zu sein, nämlich da- Bestreben derjenigen Staaten, welche wichtige Rohprodukte erzeugen, diese Rovvrodukte immer mehr auch bei sich selbst in Ganz- und Halbfabrikate zu verwandeln und im Zusammenhänge hiermit ihrem Erwerbsleben einen erhöhten eigenen Schutz zu sichern und gleichzeitig ihre Finanzen zu stärken Auch in England ist im letzten Jahre die Handelsbilanz nicht unweseutlich passiver geworden. Ich will dahingestellt sein lassen, ob auf die Ent wickelung der englifchrn Industrie hierbei die dortigen Arbeiter- Verhältnisse einen nachteiligen Einfluß geübt haben Man dars aber ferner nicht vergessen, daß ein nicht unerheblicher Teil der englischen Einsuhr an Rohprodukten und Fabrikaten dat Erzeugnis englischer, in den Kolonien und im AuSlande an gelegter Arbeitskraft und Kapitalien darstellt, während in Deutschland dieser Faktor der Einsuhr noch ein verhältni-mäßig unbedeutender ist. Die Passivität der englischen Handelsbilanz kann deshalb mit derjenigen Deutschland- nicht ohne weitere- gleichgestellt werden Trotzdem werden wir die natürliche Ent wickelung anderer Länder, welche von der Erzeugung von Rohprodukten zur Herstellung von Fabrikaten übergehen, mit sachlicher Ruhe ohne Mißgunst und Verstimmuiig betrachten müssen Industrie und Handel werden aber in diesen Verhältnissen einen verstärkten Ansporn erblicken, durch Güte und Prei-wcrtigkeit ihrer Waren und selbst durch Herstellung neuer Warenartikel sich den bisherigen Markt zu erhalten und neue Absatz gebiete zu erwerben. Wir werden aber seiner in die ernstliche Prüfung einzutreten haben, ob und in wie weit die gesetziichen Grundlagen für unseren internationalen Warenausiausch zu berichtigen oder, wie sich Ihr Herr Vorsitzender au-drückte, zu ergänzen sein werden. Diese Arbeit liegt dem Wirtschaftlichen Ausschüße ob. in dem sich Vertreter aller handelspolitischen Richtungen befinden. Die PrvduktionSstatistik, welche dort be arbeitet wird, stellt eine Art Inventur unseres Erwerbslebens dar: sie soll uns zeigen, was in unserem Lande hergestellt wird, was wir selbst verbrauchen und waS wir gezwungen sind, auSzusühren. Es gereicht mir zur Befriedigung, von dieser Stelle aus der deutschen Industrie und dem deut schen Handel zu danken, mit welcher Bereitwilligkeit, Umsicht und Gründlichkeit die an die einzelnen Erwerbszweige ge richteten Fragen beantwortet sind. Die Interessenten haben trotz der mannigfachen Anfechtungen, die wir zuerst zu er dulden hatten, selbst erkannt, welche Bedeutung es für ihre Forderungen und Wünsche hat, daß der Umfang und die Be dingungen ihrer Arbeit sowie ihre Absatzgebiete als wichtiger Faktor unseres wirtschaftlichen Lebens objektiv sestgestelll werden In ein zweites schwierigere- Stadium wird die Reichsleitung und der Wirtschaftliche Ausschuß eintreten, wenn eS sich darum handelt, aus Grund jener sachlichen Feststellungen Schlüffe zu zrehen und Beschlüsse zu saßen. Dann wird erst der Kamps der Interessen entbrennen. Alle Interessenten werden sich aber darüber klar sein müffen, daß sie ihre Forder ungen nach den Interessen der anderen beschränken müssen, daß es sich auch aus wirtschaftlichem Gebiete um ein Parallelo gramm der Kräfte handelt, welches zur Erreichung posiiiver Erfolge gefunden werden muß. Indem ich den Deutschen Handelstag hiermit Namens ter Reichsleitung begrüße, hoffe ich, daß er durch seine Sachkenntnis und Erfahrung dazu helfen wird, die schwierigen Ausgaben des Wirtschaftlichen Ausschußes auch seinerseits nach Kräften zu sördern und da- durch zur wirtschaftlichen Stärkung unferes Vaterlandes auch seinerseits beizutragen. (Lebhafter Beifall ) Die Versammlung trat nunmehr in die Tages ordnung ein. Zunächst erfolgte durch Zuruf die Neu wahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter. Ge wählt wurden aufs neue zum Vorsitzenden geh. Kommerzienrat Frentzel, zu Stellvertretern Adolph Woer- mann (Hamburgs und geh. Kommerzienrat Michel (Mainz.) Zu Schriftführern wurden die Syndici vr. Gensel (Leipzig), Nebelthau (Bremen) und vr. Hätschel (Frankfurt a. M.) berufen. Weiter wurde der gedruckt vorliegende Geschäftsbericht durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt. Demnächst referierte vr. Ritter (Hamburgs über den Gesetzentwurf betreffend die privaten Versicherungsunternehmungen. Er empfahl folgende, vom Ausschüsse vorgeschlagene Resolution zur Annahme: Der Entwurf eines Gesetzes über die privaten Ver sicherung-unternehmungen bezweckt die Sssentlichrechlliche Regel ung des Versicherungswesens und will den Betrieb von Ler- sicherungsgtschLstea von staatlicher Erlaubnis abhängig machen und staatlicher Beaussichligung unterwerfe« Ist eine derartige Sonderbehandlung der Versicherung, abgesehen vielleicht von der Lebensversicherung, weder durch die Natur deS Geschäfts noch durch üble Erfahrungen gerechtfertigt, so soll doch jene Grundlage des Gesetzentwurf- nicht angesochlen werden, da sie sür den größten Teil deS Deutschen Reichs dem geltenden Rechte sich anschließt und die erstrebte Einheitlichkeit erhebliche Mißstände beseitigen würde. Im Interesse dieser Einheitlich keit sollte auch die Reichsaussicht aus diejenigen Versicherungs anstalten erstreckt werden, deren inländischer Geschäftsbetrieb aus da« Gebiet eines Bundesstaats beschränkt ist Jndessrn gehen die für den Staat vorgesehenen Befugnisse über das Maß des Zulässigen hinaus Die Versicherungs- Unternehmungen dürsen nicht durch dehnbare Bestimmungen dem freien Ermessen der Behörden prriSgegeben werden, und eS ist Sorge dafür zu tragen, daß nicht die Beaufsichtigung, in die innerste Geschäftsführung eindringend und Auskunft Annss und Wissenschaft. Nefidenztheater. — Am 2. d. Mt«: „Mathias Göttinger". Schwank in vier Aufzügen von Oskar Blumenthal und Max Bernstein (Zum ersten Male.) In der neuen Poffe, die gestern zum ersten Male hier in DrtSden in Szene ging, hat sich der erfolgreiche Berliner Echwankfabrikant Blumenthal nicht mit seinem bisherigen Gesellschafter Kadelburg zu gemeinsamer Arbeit verbunden, sondern mit dem Münchener Rechtsanwalt Max Bernstein, dessen dreiaktige« Spiel „Märchentraum" von der vorjährigen Ausführung hierorts noch in guter Erinnerung ist. Die Verbindung mit Bernstein ging Blumenthal wohl au« dem Grunde, ein, um ein charakteristisches lokales Milieu für da« neue Werk zu erhalten. DaS ist ihm geglückt, denn was an der neuen Poffe da« am besten Gelungene ist, da« ist in der That die Charakteristik derHaupifiaur, diewirwohl dem Münchener Theaterdichter verdanken, während die billigen Spähe und da« Quentchen Komik, denen wir auf dem drei stündigen Wege der mühsam aufgebauten Handlung begegnen, von Blumenthal, dem unverwüstlichen Geschäft«- poeten, herstammen. Der Stoff der Posse ist zweifellos ein recht brauchbarer Mathias Gollinger, rin Münchner Bierbrauer von altem Schrot und Korn, ehrlich und derb, eine gerade, wenn auch ungehobelte Natur, hat seine Tochter Resi, gleich ihm ein frische«, kernige«, naturwüchsige« Bajuvarenkind, an einen Berliner Baumeister verheiratet, der, ein echter Vertreter de« Ber liner Erlongiberltum«, sich al« „Künstler" fühlt und die Ursprünglichkeit und naive Frische seiner jungen Frau, vor allem aber die ungezwungene Derbheit und ehrliche Rücksichtslosigkeit de« Schwiegervater«, der al« Gast in seinem Hause weilt, al» Hemmschuh für sein Borwärt«- kommrn, für die Verwirklichung seiner ehrgeizigen Pläne empfindet. Vergeben« ist sein Bemühen, den ungevetenen Gast wieder in die Heimat abzuschieben; der alte Bier brauer versteht die Winke, die er von seinem Schwieger söhne und dessen Vater erhält, nicht, er bleibt — bi« die Tochter ihm endlich selbst naheleaen muß, daß er in Berlin überflüssig, ja lästig sei und heimgehöre zu seinen Bierfässern. Da geht er wie ein wildgewordener Löwe und nicht ohne seine Tochter, die den harten Kamps zwischen Eltern- und Gattenliebe mit dem allerdings nur acht Tage andauernden Siege der ersteren be steht. Der Rest ist eine allgemeine Versöhnung, eine Verbrüderung von Nord und Süd, eine Verschmelzung der Gegensätze zwischen derber Bayern- und geschniegelter Berlinerart Dieser Stoff, der gebieterisch eine einheit liche Behandlung, entweder im durchaus ernsten oder im durchaus heiteren Sinne, verlangt, ist von den Herren Blumenthal und Bernstein zu einem seltsamen Gemisch von sentimentaler Rührsamkeit und außgelaffener Heiter keit verarbeitet worden. Überall begegnen wir in dem Stücke dem bekannten Blumenthalschen Prinzip«, die Wirkung durch Theatereffekte zu erzielen, durch starke« Aufträgen, sei e« nach der ernsten oder nach der komischen Seite hin, die Stimmung zu erhöhen, in Wahrheit sie zu zerstören. Die Hauptfigur ist, wie bereit« eingang« betont wurde, charakteristisch angelegt, sie besitzt «ine ganze Anzahl individueller Züge und ist zwerfello« ein« Gestalt, in der warme« Leben pulsiert. Man muß ««bedauern, daß ihre harmonische Durchbildung geschädigt wird durch da« Einflechten zahlreicher, nicht zu ihr paffender Züge, daß sie nicht konsequent durchgeführt wird in der sympathischen Art ihrer natürlichen Anlage Die rührseligen Anwandlungen, denen sie in diesem Schwank nach jedem zehnten kräftigen Worte unterliegt, geben ihr ein greisenhafte« Gepräge. An Senilität aber krankt Mathia« Gollinger, dieser stolze, selbstbewußte Bierbrauer patrizier, gewiß nicht In der Hand eine« weniger routinierten, nicht so au« dem »ollen Eigenen herau« schöpfcnven Künstler«, wie e« der neue Gast des Residenz» theater-, Felix Schweighofer, ist, muß der Schwank beinah« allen Reiz verlieren. Die Figuren außer Mathia« Gollinger, mit Ausnahme vielleicht derjenigen des Assessors Winterwitz und der Hedwig Krüger sind ohne Interesse, obwohl einigen davon umfangreiche Aufgaben zufallen. Die Handlung hat nur bi« zum zweiten Akte leb haften Fortgang; sie erlahmt im dritten Akte in bedenk licher Weise, muß sich hier durch erkünstelte Situationen, wie die gänzlich verfrühte, gleichsam in die Handlung hineinpolternde Liebeserklärung de« Assessor« Winterwitz und einige Rührscenen mühselig weiterhelfen, um im vierten Akte einfach in sich zusammenenzubrechen Felix Schweighofer allein ist e«, der den stockenden Pulsschlag der Handlung belebt Er stellt den schlichten Bier brauer, der stolz auf dem Erbe der Väter fitzt al« der unverfälschte Sproß eine« biederen, ehrlichen, treu herzigen und urwüchsigen Menschenschläge« in meister hafter, seine ursprüngliche darstellerische Kraft bezeugender Weise dar. Jede« Wort au« seinem Munde charakterisiert in unnachahmlicher Art da« Denken und Empfinden Mathia« Gollinger», jede seiner Gesten und mimischen Beweg ungen wird zum beredten Vermittler, zum scharfmnriffenen Au«drucke der Eigenschaften, die in dieser Kraftnatur stecken Hr. Schi eighofer hat di« Blumenspend«n, die man ihm am Schluff« d«« dritten Akte« darbot, ehrlich verdient; er ist der nicht zahlreichen Künstler einer, die al« höchste« Ziel die Darbietung einer Individualität er streben Diese« Ziel hat er erreicht Al« jugendliche Liebhaberin debütierte in der Poff« Frl H«rma Setty vom Stadttheater in Teplitz Die Roll« der Therese ist keine solch«, um «in abschließend«« Urtril über die Fähigkeiten der Dame fällen zu können Sie scheint Spielgewandtheit in genügendem Maße zu be sitzen, um unseren Ansprüchen gerecht zu werden; leider wird die Schauspielerin nur mäßig von ihrem Organe unterstützt; di« Stimm« d«r Künstlerin ist ziemlich dunkel gefärbt, ohne reichere Modulation, ja ost von sprödem Klang. Der mangelnde Schmelz der Jugend weist sie überdie« mehr aus das Gebiet der Salondamen, als auf dasjenige jugendlicher Liebhaberinnen hin ES muß daher abgewartet werden, wie Frl. Selly sich in anderen Rollen der letzteren Art ausnehmen wird, ehe man sich darüber schlüssig werden kann, ob ihr En gagement einen Gewinn für da« Residenztheater bedeuten wird Von unseren einheimischen Künstlern boten sehr an ziehende Leistungen Frl. Lucia Matthias (Hedwig Kruger), deren liebenswürdige» Talent sich in erfreulichster Weise entwickelt, und Hr Karl Witt, der die kleine, aber sehr wirksame Rolle de« Assessor« Winterwitz geschickt und humorvoll durchführte W Doenge« * Zur Zeit der letzten Choleraepidemie in Hamburg wurde vielfach eine Schilderung wiedergegeben, welche Vorsichtsmaßregeln Prof Koch anwendet, um sogar da« angeficht» dieser Krankheit so strenge verbotene Obst gefahrlos essen zu können Dabei spielte natürlich die Desinfektion der Hände eine besondere Rolle Eine vollkommene Reinigung der Händ« ist aber durchaus nicht einfach, davon wissen besonders die Chirurgen zu erzählen, für die die vollkommene Keimfreiheit der Hande vor jeder Operation von solcher Bedeutung ist, daß d«r Erfolg geradezu davon abhängen kann Ein russischer Arzt, vr Cirikow, veröffentlicht in d«r St Petersburger medizinischen Zeitschrift „Wratsch" seine Erfahrungen mit den verschiedenen Verfahren zur Reinigung der Hände, die von den Chirurgen angewandt werden Er nennt dabei folgende: 1) die Reinigung der Hände auf mechanischem Wege: die Nägel werden ganz kurz ge schnitten, der Raum unter den Nägeln auf dem gewöhn lichen Wege gereinigt, die Händ« mrt ein«r harten Bürste, grüner Seife und warmem Wasser 10 Minuten lang gerieben — da« nützt alle« nicht« E« können sich noch
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