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Schönburger Tageblatt '' xp-rbition Mialen: in Bltstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig HZ Herrn Kaufmann Max Härtig, Leipzigerur 163; in Rochsburg bei Herrn Paul in Wollenburg bei Herrn Ernst M,che; in Ziegelheim bei Herrn Edn-rv Kirsteu ^^cheiut i«g!tch mit Ausnahme der Tage nach Sonn-- und Festtagen TsnüHme von Inseraten für die nüchster- Heinends Nummer bis mittags 12 Uhr. '« Abonnementspreis beträgt vierteljähr ig t Mk. 25 Pf. Einzelne Mn. ü Pf. sAjerate pro Zeile 10 Pf., Eingef. 20 Pf. W-rdition: Waldenburg, Obergasfe Eik. und Wal-enburger Anzeiger Amtsblatt für den StadtraLh zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten PsAtg, Lm»zS«rrU, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, BrLunSdsrf, Callenberg, Zt. Egrdien, Hyrsnyam, ^roynssors, Falken, Grumbach, Kaufungen, Laagenchursdorf, Langen- ieaöüMederhain, Langenleuba-Odsryain, Eeder»siera, Oberwiera, Obsrivlakel, Oelsnitz i. Z., Reichenbach, -Kemse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheinr. .M 140. Mittwoch, den ist. Zuni 1895. Witterungsbericht, ausgenommen am 18. Juni, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 759 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -4- 23" 0. (Morgens 8 Uhr -s- 21".) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 34"/». Thanpnnkt 8 Grad. Windrichtung: Südwest. Daher Witterungsausfichten für den 19. Juni: Halbheiter bis bewölkt mit Neigung zu Niederschlägen. *Wa!denbnrg, 18. Juni 1895. In den Augen der Franzosen hat sich ein welter schütterndes Ereigniß zugetragen, ein Ereigniß, welches nach ihrer Auffassung die Eröffnung des Nordostseekanals bei Weitem übertrifft. Worin dies Ereigniß besteht? In der Verleihung des russischen Andreasordens an den Präsidenten der französischen Republik, Herrn Felix Faure. Ein Sterblicher, der nicht Angehöriger der „großen Nation" ist, wird bei Vernehmung dieser Geschichte ein fach „Hm!" machen, den Kopf ein Bischen über die französische Wichtigthuerei schütteln, aber im Uebrigen sich nicht in seinem Gleichmuth stören lassen. Anders der Franzose! Den „freien Republikanern" sollten eigent lich Orden gewaltig gleichgiltige Dinge sein, aber man weiß ja, daß in Frankreich Alles „an Orden hängt, nach Orden drängt", und aus der Affaire des Wilson'schen Ordensschachers haben wir ja früher erfahren, daß der Schwiegersohn eines französischen Staatsoberhauptes einen regelrechten, wenn auch hohen Preiscourant für Orden aller Art gehabt hat. Um wie viel mehr sorgen sich nicht unsere Nachbarn im Westen um russischen Orden? In Allem, was Rußland oder Deutschland betrifft, können die Franzosen überhaupt nicht sachlich und unparteiisch bleiben; den Moskowiter bedenken sie mit der ganzen heißen Zuneigung, über die sie verfügen können, weder Juchten noch Knuten beeinträchtigen diese Empfindungen, den Deutschen beehren sie mit unversöhnlicher Abneigung und einem Haß, der in der heute lebenden Generation ganz gewiß nicht, in der nächstfolgenden schwerlich er löschen wird. So betrachten die Franzosen die russische Ordensverleihung an ihren Präsidenten Felix Faure denn mit ganz anderen Augen, wie die übrige Welt, und sehen darin mindestens eine Demonstration des Czaren gegen Deutschland, das in diesen Tagen die Eröffnung des Nordostseekanals feiert. Und der Pariser sagt: „Was, mein Herr und Beschützer, der Czar, demonstrirt gegen Deutschland? Gut, so werde ich dasselbe thun." Und der decorirte Präsident wird so der Ausgang von neuen Kundgebungen biederer französischer Patrioten wer den, die damit gegen Deutschland auftreten und uns beweisen wollen, daß große Menschen doch auch große Kinder sein können. Die Franzosen nehmen in der That an, Czar Nikolaus II. wolle dem deutschen Kaiser zeigen, die französische Republik bringe ein schweres Opfer, wenn sie ihre Schiffe nach Kiel entsende. Man denkt in Paris sofort an den allerdings etwas merkwürdigen Vorgang von Nancy, wo im Sommer 1892 Präsident Carnot verweilte, um einem großen Fest der Turnvereine von Französisch- Lothringen beizuwohnen. Zu gleicher Zeit stattete Kaiser Alexander 111. von Rußland dem deutschen Kaiser den schon lange schuldigen Besuch in Kiel ab, und sofort erschien ein russischer Großfürst in Nancy, wo er sonst gar nichts zu suchen hatte, um den Präsidenten Carnot zu begrüßen. Das war ein sehr deutlicher Fingerzeig, der absolut nicht verkannt werden konnte. Diesmal ist nun dem französischen Flottenbesuche in Kiel eine Rede des französischen Ministerpräsidenten voran gegangen, in welcher Letzterer klar und deutlich von einer russisch-französischen Allianz gesprochen hat. Man brauchte diese Aeußerung nicht zu überschätzen, durfte sie aber auch nicht unterschätzen, wie versucht wurde. Es ward behauptet, der Ausdruck „Allianz" sei ohne russische Zu stimmung angeivendet worden, man sei deshalb an der Rewa nicht wenig erstaunt und aufgebracht über das Verhalten des französischen Ministers. Die Unwahr scheinlichkeit dieser Meldung lag auf der Hand. Denn ganz abgesehen davon, daß jeder Minister in Paris mit größter Sorgfalt Alles vermeidet, was in Rußland ver stimmen könnte, hat jetzt auch Rußland allen Anlaß, Rücksicht auf Frankreich zu nehmen. Die Franzosen sollen die 400 Millionen der russisch-chinesischen Kriegs anleihe aufbringen, und angesichts eines solchen Geschäftes streitet man sich gerade nicht um Kleinigkeiten. Vor Allem zeigt aber der Czar durch die Decoration Faure's gerade in diesem Moment, daß Europa, Deutschland an der Spitze, mit dem Einvernehmen zwischen Rußland und Frankreich rechnen muß, mag es nun Allianz oder sonstwie heißen. Darin haben die Franzosen nun aller dings heute Recht, wenn sie sagen, der russische Curs gehe nicht nach Deutschland hinüber. OMLMe Arms -Hau. Deutsches Reich. Der Kaiser ist am Montag Morgen von Potsdam aus in München eingetroffen. Zu seinem Empfang war der Gesandte Graf Mons anwesend, ebenso beide Bürger meister der Stadt. Se. Majestät, der die bayerische Ulanenuniform trug, fuhr im offenen Wagen nach dem Residenzschloß zur Begrüßung des Prinzregenten Luitpold. Später besichtigte der Monarch die reich mit Flaggen geschmückte Schackgallerie unter Führung des Gallerie- directors v. Leyd und des Architekten Seidl, welcher den Umbau der Gallerie geleitet hatte. Mittags fand beim Prinzregenten zu Ehren des Kaisers Galatafel statt, an welcher die Prinzen Ludwig, Leopold und Arnulf, sowie verschiedene hohe Persönlichkeiten theilnahmen. Nach einer Spazierfahrt durch die reich beflaggte Stadt, wobei der Kaiser von der großen Menschenmenge jubelnd begrüßt wurde, erfolgte gegen 7 Uhr abends die Rückreise nach Potsdam. Die „Hamb. Nachr." veröffentlichen als Antwort auf die Kundgebung des Reichsanzeigers zu Gunsten des Herrn v. Bötticher jetzt einen Artikel, der wohl aus Friedrichsruh stammt. Die Thatsache, daß Herr v. Bötticher bereits im Februar 1890 den Wunsch, seiner Aemter enthoben zu werden, dem Fürsten Bismarck aus gedrückt habe und von ihm im Dienste zurückgehalten wurde, sei ein Novum. „Wir würden es mit Interesse begrüßt haben, ivenn der Beweis für die Richtigkeit der Angabe durch ein ähnliches unanfechtbares Actenstück wie die Kabinetsordre vom 29. Mai 1892 geführt worden wäre. Die „Köln. Ztg." tritt als Schwurzeuge auf, indem sie sagt, Herr v. Bötticher hätte schon vor dem Rücktritt des Fürsten Bismarck „diesem sein Portefeuille zur Verfügung gestellt." Tie „K. Z." übersieht dabei, daß Fürst Bismarck niemals, am wenigsten im Februar 1890, die Verfügung über Ministerportefeuilles hatte, sondern daß diese lediglich an allerhöchster Stelle lag. Dort war Herr v. Bötticher aber unserer Erinnerung nach persona Aratissima, wie u. A. durch die Ver leihung des Schwarzen Adlerordens bekundet und dadurch bethätigt wurde, daß v. Bötticher sich in der Lage fühlte, die von den allerhöchsten Auffassungen abweichende Politik seines Vorgesetzten, des Reichskanzlers, bezüglich der Ar beiterfragen offen und amtlich zu bekämpfen ... Es ist uns nicht wahrscheinlich, daß Fürst Bismarck durch seine Aeußerung an die Vertreter der Landwirthschaft den Rück tritt irgend eines der jetzigen aktiven Staatsminister habe fördern wollen. Wir sind sogar gewiß, daß er dieses Mittel dazu nicht für das richtige gehalten haben würde." Zur Kanalfeier wird aus Kiel berichtet: Der Kron prinz und die Kronprinzessin von Griechenland, sowie die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen sind im hiesigen Schloß eingetroffen. Beim Prinzen Heinrich von Preußen fand am Montag zu Ehren der bereits eingetroffmen fremdländischen Admirale, Commandanten und Offizier corps ein Gartenfest statt. Die Kaiseryacht „Hohen- zollern" hat am Montag Vormittag die Fahrt durch oen Kanal nach der Elbe angetreten. Die französischen Schiffe „Hoche" und „Dupuy de Lome" ankern unterhalb Langeland. Bei der Einfahrt wurde an Bord der „Hoche" die deutsche Nationalhymne gespielt, auf den deutschen Schiffen dagegen die Marseillaise. Der niederländische Kreuzer „Atjeh", das englische Geschwader, die portugie sische Panzercorvette „Vasco da Gama" und das däni sche Geschwader liefen am Montag in den Kieler Hafen ein und wechselten mit der Strandbatterie in Friedrichs- ort Salutschüsse. Auf den Schulschiffen begrüßten die Schiffsjungen die Dänen mit lautem Hurrah, die mit der deutschen Nationalhymne antworteten. Die englische Flotte kam mit klingendem Spiel, von lauten Hurrahs empfangen — sie spielte abwechselnd „Heil Dir im Siegerkranz" und „Die Wacht am Rhein" — voran fuhr der Kreuzer „Bellona", es folgten Torpedo-Kanonen boot „Speedy", Panzerschiffe „Royal Sovereign", „Em- preß of India", „Resolution" und „Repulse" und der Kreuzer „Blendheim". Der Kreuzer „Endymion", der im Belt festgefahren war, aber bald wieder loskam, folgte abends. Reichskanzler Fürst Hohenlohe wird sich am heutigen Dienstag, begleitet vom Chef der Reichskanzlei, Wirkl. Geh. Ober-Reg.-Rath v. Wilmowski, und dem Rittmeister Grafen Schönborn-Wiesentheid, nach Hamburg begeben. Zugleich mit ihm werden der Erbprinz und Prinz Alexander von Hohenlohe, von denen Ersterer Mit glied des Hauptcomitees für die Eröffnungsfeier ist und der Letztere als Reichstagsmitglied an den Festlichkeiten theilnimmt, nach Hamburg fahren. In Kiel hat sich der commandirende Admiral Knorr auf dem Artillerie-Schul schiff „Mars" eingeschifft; die im Hafen liegenden Flagg schiffe salutirten seine Flagge. Die große Woche hat an ihrem ersten Tage den zahlreichen Unternehmern, den Inhabern von Wirthschaften und Festzelten eine arge Enttäuschung gebracht. Es herrscht ein unbehagliches Aprilwetter, ab und zu regnet es in Strömen. Das Wetter muß besser werden, sonst werden viele Leute in ihren Hoffnungen arg betrogen werden. Jedenfalls wird auch an den Hauptfesttagen Niemand zu befürchten haben, in Kiel kein Unterkommen zu finden. Der städtischen Woh nungsausschuß hat noch 6000 Betten zur Verfügung. In Hamburg sind die Vorbereitungen zu den Festlichkeiten fast beendet. Ueberall ist frisch angestrichen, neuen von den Fürstlichkeiten benützten Straßendurchbrüchen in der Nähe des Hafens ein leidliches Aeußere verliehen, Triumphbögen und Fahnenstangen werden auf den bei der Festfahrt benutzten Straßenzügen errichtet. Die Alsterinsel ist seit Sonntag, wo die zweite Beleuchtungs probe stattfand, fertig. Der norddeutsche Lloyd hat den Reichstagsmit- glicdern und Vertretern der Presse Einladungen zur Fahrt mit den Schnelldampfern „Kaiser Wilhelm kl." und „Trave" von Kiel um Kap Skagen nach Bremer haven zugehen lassen, an welche sich am 24. abends auf Einladung des Bremer Senats eine Zusammenkunft im Rathskeller anschließt. Die Rückfahrt erfolgt nachts mittels Sonderzuges. Der Kaiser hat zum Bau einer evangelischen Kirche zu Holtenau ein Gnadengeschenk im Betrage von 48,000