Volltext Seite (XML)
Nummer 164 — 27. Jahrgang «pAeini «mal wvchentl. mit den «llustr. <Srati»«»agen .Dl« veil' und .Alk untere Netnen Leute'. low!« den rertbetlage» .kt. Neimo-BIatt'. .Unterhaltung und Wissen'. .Dte Well der grau'. .Aerztl>«er Ratgeber'. .Da« giü« Buck,' .^Umrund» schau'. Monatlicher Bezug-pret« 8 Mt. einlchl. Bestellgeld, ktuzelnummer 1« 4. Sonnabend- u. Sonntagnummer »0 z. HauptschriMeUer- D». «>. D«»e,i,k. Dresden. SüchMhe Sonnabend, den 21. Juli 1924 Verlagsort i Dresden Anzeigenpreise! Dte tgetvaltene Petitzeile !»<» Uumtlsew anzelgen ».Stellengesuche 2VZ. Die Petitrellamezeile. M,mn breit. I Für Anzeigen aicherhalb des Lerbrelluug'gebiete« z die Petitretlnmezetle I Offerleugebüi» Z Im Fall« HSHerer Bewait erlischt jede Verpflichtung aus Lieierung lowti Erfüllung v. Anzeigen<Au!lrügen u. Leistung b. Schadenersatz! Geschüttlicher Teil Artur Lenz. SreSden. GeichäftSftell«, Druck «.Verlag! »ermanta.A^. 11k »erigg und Druckerei-FIlial« Dresden. Dre»den.«.I. PollerÜratzel?. FernrufSlOlS. Vostlcheitkonto Dresden »7t»« Bantfonto Stadtban' Dre«den Rr «Nt» Für christliche Politik und Kultur Redaktion de» Sächsischen VolkSzeitnng DreSden-AItstadt l Polierstratze II. Fernru» 2M1l nnd,IM2. Sari Herold Zum80. Geburtstag. Wir kennen alle den tiefen Sinn und die innerste Be deutung der katholischen Festtag«, welche neben den Sonntagen die Gläubigen zur Ehrung erner bestimmten Person oder eines besonderen Geschehnisses aufrnfen: über die eigentliche Veranlassung des jeweiligen Festes hinaus werden sie für den katholischen Christen Stunden, in denen er sich seiner Verbundenheit mit der Kirche vermehrt be- wuszt wird, sich zu dieser Gemeinschaft öffentlich bekennt, sich erneut und gestärkten Eifers an die ihm gestellten Aufgaben und Pflichten und der Mittel zu ihrer Erfüllung erinnert. Auch die staatliche Gemeinschaft hat oder wünscht zum wenigsten ihre Feiertage, nach Ländern und Nationen sind sie verschieden. Der staatliche Organismus, angetrieben vom politisch tätigen Volk, bedarf solcher Tage, uni abseits der täglichen Arbeit in Muße und gehobenen Herzens gemeinsamer Aufgaben, Ziele und Wege zu ge denken und dem Bewußtsein staatsbürgerlicher Verantwort lichkeit und Lebenswillens feierlichen Ausdruck zu ver leihe». Auch das soviel angefeindete und weitaus mehr verketzerte als gepriesene Getriebe der politischen P a r't eien hat seine Feiertage, Tage, welche die Freunde und Anhänger aus bestimmtem Anlaß zum wenigsten im Geiste vereinen, an denen man sich des Zusammen gehörigkeitsgefühls verdoppelt freut, an denen inan mit dem Festanlaß zugleich seine Partei ehrt, ihr Pro gramm erneut überdenkt und in sich aufnimmt, wo im ewigen Strom der Geschehnisse man einen Augenblick rastet und im immer gleichen Ablauf arbeits- und unruhvoller Zeiten für Augenblicke stillesteht, rückschauend gegangene Wegestücke betrachtet und vorwärtsgerichteten Blickes neue Llutzaben und Ziele prüft. * Unweit von Westfalens Hauptstadt, Münster, auf der eigenen Scholle des Gutes Loevelinkloe wurde Karl Herold am 20. Juli des stürmischen 48er Jahres geboren. Landwirt war der Bater, Landwirt wurde der Sohn, harter, bodenständiger westfälischer Landwirt, in dem sich ein ge höriger Schuß lebenswarmer Konservativismus mit freiem demokratischen Bauernsinn zu harmonischem Menschentum paart. Das noch aus dem ersten Jahrtausend stammende alle Gymnasium der „selloia pnulivo." in Münster gab ihm erste Ausbildung, die er später in praktischen Arbeitsjahren und durch eifriges Studium der Landwirtschaft in Halle vervollkommnete. 1870 übernahm Herold das väterliche Gut, den prächtigen Herrensitz, inmitten von Büschen und Waldungen, unweit der Heerstraße nach Wesel gelegen. Neben der Arbeit, die ihm die Pflege der eigenen Scholle auferlegte, lagen Herold von Anfang an die Sorgen des ganzen Bauernstandes am Herzen. So übertrugen ihn seine Bauernfreunde früh schon verschiedene Ehren ämter, bald wurde er Mitglied von Kreistag und Kreisaus- schnß, Beigeordneter seiner Heimatgemeinde,' in den land wirtschaftlichen Bereinen spielte er eine führende Rolle,' in späteren Jahren stand er an den leitenden Stellen aller großen Standesorganisationen seiner Heimatprovinz und zum Teil des Deutschen Reiches. Herold ging in der Sorge für seine Standesgenoffen und die heimatlichen Angelegenheiten auf, ohne eigentlich daran zu denken, sich der großen Politik zu widmen. Sein Fleiß und seine Verdienste aber zogen die Aufmerksamkeit der politischen Organisationen auf ihn: als im Jahre 1889 der Bauernkönig Freiherr von Schorlemer-Alst das Land lagsmandat für Ähaus-Steinfurt niederlegte, empfahl er Herold als seinen Nachfolger. So betrat Herold die par lamentarische Tribüne, die sich 1898 durch seine im Wahlkreis Fulda erfolate Wabl in den Reicbstaa er weiterte. Beiden Häusern gehört Herold seit damals un unterbrochen an. Bauer war Herold nach Herkunft und Beruf,' Vauern- wähler hatten ihn in die Parlamente entsandt. Bauer blieb Herold auch durch sein ganzes, fortan politisch gestaltetes Leben hindurch. Die deutsche Landwirtschaft hat in ihm den rührigsten und beredtesten Vertreter im Parla ment gehabt; an den vielen agrarpolitrschen Gesetzesvor lagen hat Herold hervorragenden Anteil. Im Reichstag wie im Preußischen Landtag war Herold lange Jahre hindurch in den landwirtschaft lichen Fragen Führer und Berater, in den beiden Fraktio nen des Zentrums seit Jahrzehnten anerkannter Agrar führer. „Daß die deutsche Landwirtschaft", so urteilt der preußische Landtagsabgeordnete Roeing über Herold, „gegenüber der wesentlich billiger erzeugenden Landwirt schaft des Auslandes nicht konkurrenzfähig ist ohne einen ausreichenden Schutzzoll, hat auch Herold früh erkannt, nar allem zur Zeit der Freibandelsaera von Caprioi." Die heutige Nummer enthalt das St. Benno-Blatt, das Sonntagoblatt sür die Diözese Reitzen. Mil 38 gegen ZV Stimmen Berlin, 20. Juli. Der Reichsrat hat gestern abend seine letzte Bollsitzung uor den Ferien abgehalten und das Gesetz über die Lenkung der Lohn st euer verabschiedet. Bayern, Sachsen und Württemberg hatten gegen das Gesetz Einspruch erhoben. Dieser Einspruch wurde mit 38 gegen 30 Stimmen abgelehnt. Die Ent- scl>eidung brachten Hessen Wid Baden, die gegen den Einspruch und damit sür das Gesetz stimmten. Das Gesetz kann nunmehr in Kraft treten, so bald es rechtmäßig verkündet ist. Außeröem beteiligte» sich an dem Einspruch Oldenburg und Thüringen. Von de» preußischen Promiizialvertretern stimmten Ostpreu ßen, Brandenburg, Nlederschlesieu, Pommern und Westfalen für den Einspruch und gegen das Gesetz. Namens der Ausschüsse des Reichsrals gab Ministerial direktor Tr. Brecht zu dem Gesetz eine Erklärung ab, in der er hernorhob: Es sei anzunehmen, daß auch bei den neuen Steuersätzen jeöensalls sür 1028 die 1300 Millionen Atari, ge sichert bleiben, die als Aufkommen aus der Lohnsteuer erwartet werden. Das Vorgehen des Reichstags weicht aber darin von dem Grundgedanken des Gesetzes vom 22. Dezember 1027 ab, Sa ßnach diesem Gesetz im Interesse einer gewissen Stetigkeit der Steuersätze die Lohnsteuersenkung erst nach Ablaus des Ka lenderjahres 1028 vorgenommeu werden sollte. Nachdem also der Neichsiag unter Zustimmung der Reichsregierung die Vor- wegnahme beschlossen hat. haben die Ausschüsse des Reichsrats nach eingehender Erörterung die Anträge auf Einspruch ab gelehnt. in der Erwägung, daß es sich in der Sache nach den abgegebenen Erklärungen lediglich um die sonst Anfang 1029 unter Ausdehnung einiger Vorteile auf das letzte Vierteljahr von 1028 handelt. Tie Ausschüsse machten aber auf einen Bereits im Jahre 1889 sehen wir ihn unter den zielbewuß ten. aber immer maßvollen Vertretern einer Schutzzoll politik. Geradezu von entscheidender Bedeutung war seine Einstellung in den Zöllner ha ndlun gen des Jah res 1902, wo er am 20. November in einer Reichs- tagsrede ausführte: „Wenn wir für erhöhte Zölle auf die notlvendigsten Lebensmittel eintreten. so tun mir das, um einen bedeutenden, der Zahl nach bedeutendsten Beruf im Vaterlands den nötigen Schutz angedeihen zu lassen." Be kannt sind Herolds Ausführungen vom 8. Dezember 1902, die er als Berichterstatter im Reichstag über den Zolltarif machte. Bemerkenswert ist, mit welcher Sachkenntnis er alle wirtschaftlichen Materien behandelte. Bei den heißen Zollkämpfen des Jahres 1927, trat Herold sehr aktiv in die Erscheinung und versuchte die Einführung von Mindestzöllen: als das aber nicht zu erreichen war, trat er für ausreichende Autonomzölle ein. indem er betonte, daß man für die bevorstehenden Handelsverträge ein wirksames Regulativ in Form von Autonomzöllen haben müsse, die als Kompensation jeweils gesenkt werden könnten. Hiermit setzte sich Herold im Reichstage durch. Selbstredend verfolgte er vor allem in den Jahren von 1925 an die Gestaltung unserer Handelsvertrags politik im Sinne de'r Stärkung der deutschen Produktion Daß die Besteuerung »ach dem Ertragsmert bei den Steuernotverordnungen nach der Revolution sowohl als auch beim Neichsbewertungsgesetz erreicht worden ist, wird allgemein als Verdienst Herolds anerkannt. Auch ist es ihm zu verdanken, daß man bei der Umgestaltung der vor kriegszeitlichen preußischen Ergänzungssteuer. sür die Schützungsmerkmale, wie Kauspreissammlung usw., maß gebend waren, für die Bewertungsgrundlage, im Jahre 1924 den Begriff des Ertragswertes hineinbrachte, wie das aus den Bestimmungen des neuen Grundvermögenssteuer gesetzes deutlich hervorgeht. Eine Reihe von Anträgen bringt seine Bemühungen um die Ertragswertgestaltung deutlich zur Kenntnis. Ferner ist wichtig festzustellen, daß Herold bei der W e i m a r c r V e r fa s s u n g geholfen hat, die Notwendigkeit des Schutzes des Eigentums un verrückbar anzuerkennen. Auch möge noch erwähnt werden, daß er stets für die Ausgestaltung der Selbstverwal- tung eingetreten ist. Herold war stets ein Freund der i n n e r e n K o Ioni sation. Gegen die falsche Borkriegspolenpolitik hat er sich allerdings stets mit Entschiedenheit gewandt. Die jetzige Siodlungspolitik der Reichs- und Staatsregiernng, die zum Ziele hat, den nicht aufgeschlossenen oder unrationell be wirtschafteten Großgrundbesitz des O st e n s als Stellen tür unsere Bauernsöhne aufzuschließen, hat stets seine wärmste Unterstützung gefunden, da er der Ansicht ist. daß Deutsch land wiederum «in Bauernland mit möglichst vielen gesun den bäuerlichen Existenzen werden muk. All« diel« Lin- schweren Fehler des gegenwärtigen Sysieuis oer Finaiizwlrt- schast zwischen Reich und Ländern ausmerksam. Die Erträgnisse der Einkommensteuer stehen zu dreivierlel den Ländern und Gemeinden zu. Eine Herabsetzung schmälert also weuiger die Einnahmen des Reiches, als die der Länder und Gemeinden. Die Ausschüsse Hallen es grundsätzlich sür eine» Fehler in der deutschen Finanzwirtschast, daß der Neichsiag. der nach der Reichsversassung nicht sür die Finauzivirtschast der Länder ver- antmorilich ist, Steuer», deren Ertrag den Ländern zustcht, ohne Zustimmung der Länder senken, ja mie in diesem Fall darüber beschließen kann, bevor die Angelegenheit dem Reichs, rat zur Stellungnahme Vorgelegen Hai. Nach dieser Erklärung des Berichterstatters der Reichs ratsausschüsse erhob B « y e r » formell Einspruch, dem sich die Vertreter Sachsens und Württembergs auschiusseu Der sächsische Ge s audte D r. G radnaucr erklärte, seine Negierung habe schon im Dezember 1027 vor der Entschließung gestanden, ob sie beantrage» solle, daß gegen die damalige Lohnsteuersenkuug Einspruch erhoben wird. Sie habe davon abgesehen, diesen Anlrag zu stellen im tltertraueu aus die im Gesetz enthaltene Gewährleistung, daß Sie Senkung erst nach Ablauf des Kaleudersahres 1028 erfolgen solle. In diesem Ver trauen sehe sich setzt die sächsische Regierung getäuscht Die An nahme der Vorlage verletze die Interessen der Länder und Ge meinden in einer Weise, die ihre Lebensfähigkeit nicht nur schtver zu beeinträchtige», svudern nach und nach zu uiuergra- bcu geeignet sei. Namens des Neichsfinanziinnisteriums ergriff Slaaissekre- tär Ponitz das Wort. Er erklärte nach der ansniiulichen Aussprache in den Ausschüsse» des Reichsrats zu der Vorlage selbst nicht mehr Stellung nehmen zu wollen und stellte fest, daß die Neichsregierung besonders im kommende» Herbst ihre finanziellen Vorlagen nur über den Neichsrat dem Reichstag zuleiien werde, so daß der Reichsrat keine Verkümmerung sei ner liechte befürchten müsse. - Es solche dann d'e Abstim mung. die die Annahme der Vorlage brach! ' weise legen beredtes Zeugnis dafür ab, daß Herold stets eil* energischer Wirtschastspolitiker war und noch heule ist: ins besondere war seine Mitwirkung in der Agrargesetzgebung nicht zu ersetzen. Seiner zielbewußten, gesckncklen Tatiik hat d i e d e u t s ch e L a n d w i r 1 s ch a f t s e h r v i e l z u ver danken. Spätere Jahre werden dies noch deutlicher in die Erscheinung treten lassen, und die Anerkennung wird dann nicht ausbleiben " Denn Herold hat über der Tatsache, dag der Bauern stand einen Großteil des deutschen Volles onsinacht, über dem belannten Spruch „Hat der Bauer Geld, bat's die ganze Welt", niemals die nicht der Landwirtschaft an gehörenden Schichten vergessen oder vernachläsiigt Nie war er einseitiger 2 t a n d e s p o l i t i l e r und Interessen Vertreter, immer waren alle seine Handlungen von der Rücksicht ans das A llge in c i ri - wohl diktiert. Praktisch hat er den alten Grundsatz der Zcntrurnspartei verwirklicht, einen Ausgleich zwischen den von Natur aus verschieden gelagerten Interessen zu finden. Das mehr als dreißig Jahre umschließende Wirken Herolds erweist zur Genüge, mit welcher Treu« er allzeit diesem Grundsatz gefolgt ist. Sein Bestreben ging immer dahin, die Wünsche und Forderungen der einzelnen Stände auf einer mittleren L i n i e zu vereini gen. Herold ist ein sehr gewandter Taktiler, dessen Klug- heit es oft gelungen ist, widerstreitende Interessen aus- zngleichen und die Einigkeit nKlü - ns-a2. EckH.ch herzustellen. Die Einheit der Partei ging ihm über alles, und ihr zuliebe hat er, wenn es sein mußte, große Opser gebracht. Er hielt sich dabei streng an das Wesen der W i n d t h o r st s ch e n Grundsätze, die sich ebenso dem Extremen nach links wie nach rechts sernhalten. Seine ruhige, jeder lauten Agitation abholden Arbeit hat ihm auch bei anderen Parteien Achtung und Anerkennung eingetragen. Wenn auch den Vauerniührrr naturgemäß die land wirtschaftlichen Fragen nn besonderen interessierten, so war er doch ans den verschiedensten politischen Gebieten hervor ragend tätig. Ein besonders enges Verhältnis hat er zur K u l t u r p o li tik, Schule und Elternhaus, Kirchenpolitik und Christentum, stets wies er daraus hin, daß liier die Schicksale der Zentrumspartei ruhen. Bereits 1009 prägte e- in Br-:-:lau das vrearai'mal'srbe VT 'I' „Der Kampf um die Schule ist auch der Kamps um das C h r i st e n t n m!" Herold stand immer in der ersten Linie der Verteidiger nnd Förderer der höchsten Menschheitsgüter: und sür die Erfolge des Zen trums, für die Wahrung der Religion, des Glaubens und der Sitte muß man ein gut Teil der Dankesschuld dem Ab geordneten Herold abstatten. Das katholische deutsche Volk und die Zentrumspartei, i» der der Jubilar ein§ Reibe wichtiger Bosten einnimmt.