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Fernsprecher Wilsdruff Ar. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. «erleqer und Drucker: Arthur Zschunke tn Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. 82 Aahruasg. Nr 36 Amtlicher Teil Dienstag / Mittwoch 27. / 28. März 1923. Vertilgung der WbaunisWIiM. Lk'7Lr' werden die Beiger von OoHsäumen aukgelordett, auf ihren Grundstücken die zur Ver- tilgung der O'stoanmschädlinge, insbesondere der Blutlaus, erforderlichen Vernichtungs- arbeiten unverzügl ch und längstens binnen 14 Togm vorzunehmen. Die Unterlassung ist strafbar. Merkblätter zur Bekämpfung der Schädlinge können bei der Amtshaupt Mannschaft Meißen zum Preise von 55 Ma>k das Smck bezogen werden. Die Ottsbehöiden haben sich nötigenfalls unter Zuhilfenahme geprüfter Baumwärter davon zu überzeugen, daß dieser Anordnung allmthaiben Folge gelüftet wird. «75 Meißen, am 23 März 1923. Nr. V.V 0. 13e. Die Amtshauptmaunschaft. MWWW»WW—WWWMMWWWWMUPM-WMMWMMWWWWMWDMWS^ Klei« Zeitung für eilige Leser * Der Reichstag vertagte sich auf Len 11. April, der preußische Landtag aus den 17. April. * Reichskanzler Dr. Cuno hielt in Stuttgart eine Rede über die Unmöglichkeit neuer deutscher Verhandlungsangebote. Dann reiste der Kanzler nach Berlin zurück. - * Die Leutschvölkische Partei hat gegen das Verbot durch den preußischen Minister Severing Protest eingelegt. * Die Rheinlandkommission hat eine neue Verordnung zum Schutz der abtrünnigen Deutschen erlassen. * In der französischen Kammer erklärte der Kriegsminister Maginot, daß die Regierung genötigt sei, Lie Truppenstärke im Ruhrgebiet demnächst um Ai OM Mann zu erhöhen. Ruhig und zuversichtlich. Aus Berliner politischen Kreisen wird uns geschrieben: Wenn eine politische Aktion längere Zeit im Gange ist, so pflegt es im modernen Staate zwischen Parlament und Regierung ähnlich herzugehen wie im Kriege zwischen Heeresleitung und politischer Leitung. Man Weitz, wie bitter sich Bismarck über die „Zugeknöpftheit" des Generalstabes, d. h. also des ihm sonst als Mensch so nahe stehenden alten Moltke, beschwert hat. Während des Weltkrieges haben wir dasselbe Schauspiel in allen am Kampfe teilnehmenden Staaten gesehen und — zu unserem Unheil — nickst zuletzt bei uns selbst. Diese Spuren sollten schrecken. Aber bekanntlich ist die menschliche Natur wenig geneigt, aus schlechten Erfahrungen zu lernen. So erhebt sich denn von Zeit zu Zeit immer wieder der Wunsch, nach den Worten zu verfahren: „Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen!" Uird wenn auch sonst noch di« Umstände daraus hinzuweisen scheinen, dann richtet je weils eine Partei an die Negierung die Forderung, Latz sie vor der zuständigen parlamentarischen Instanz „zur Lage sprechen möge", wie der technische Ausdruck lautet. Wir haben kürzlich an Frankreich gesehen, zu welch tragikomischen Folgen das dann manckpnal führt, als Poincars bei Gott nichts Erfreuliches aus dem Ruhr gebiet zu berichten wußte und doch absolut reden sollte. Wenn nun auch Ende voriger Woche die deutschen Sozialdemokraten den Zusammentritt des Auswärti gen Ausschusses gefordert haben, so lag anders als im Fall Poincarö weder bei Dr. Stresemann, dem Vorsitzenden des Ausschusses, noch bei der Regierung der geringste Grund vor, diesem Wunsche zu widersprechen. Nur war man sich in allen politischen Lagern (und ver mutlich nicht zuletzt auch gerade bei der Sozialdemokratie selbst) klar darüber, daß bei der Debatte wenig heraus springen kann, und zwar nicht, weil irgend etwas zu ver heimlichen ist, sondern' weil die Situation sich naturgemäß nickst binnen kurzer Zeit verändert haben kann, und weil Dr. Enno unmittelbar vor feiner Abreise nach München noch mit den Parteiführern, also auch mit deu Sozial demokraten, eingehend über die Lage gesprochen hatte. .Man darf deshalb auch vermuten, daß bei der V. S. P. D. mehr der Gedanke vorherrscht, daß eine Kommission der internationalen Sozialisten auf dem Wege nach Berlin oder dort schon eingetroffeu ist. Diese Kommission soll mit den deutschen Sozialdemokraten über die Aussichten einer eventuellen Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich ver handeln. Vielleicht will man deshalb vorher in dem für den Wochenanfang einberufenen Ausschuß noch hören, wie die Reichsregieruny sich die weitere Entwicklung denkt. Außerdem scheint es, als ob die Sozialdemokratie eine ge wisse Mißstimmung gegen den Außenminister Dr. von Rosenberg hegt, ohne Laß man zunächst näher wußte oder> sagen wir besser, genauer nachprüfen wollte, worauf sich diese Mißstimmung begründet. Indessen^ selbst wenn für die Sozialdemokratie solche Erwägungen maßgebend gewesen sind, so hat auch hier der Reichs kanzler bereits in seiner Stuttgarter Rede alles Nölige gesagt. Er hat dort von dem dritten Stadium ge sprochen, in das der Kampf an der Ruhr getreten sei, und daß es Verrat an den Brüdern im Ruhrgebiet wäre, wenn wir Lie Waffe des passiven Widerstandes eher aus der Hand geben, als bis der Gegner abgezogen ist und wirklich zu Verhandlungen bereit ist. So hat auch der Abg. Dr. S tresem ann die Situa tion soeben in einer bedeutsamen Rede gekennzeichnet, in der er die Nuhraktion „die größte politische Enttäuschung Frankreichs" nannte. Das ist sie in der Tat, und das ist auch der Eindruck in der ganzen Welt. Aber daß in Frank reich endlich aus dieser Enttäuschung auch die erforder lichen Konsequenzen gezogen werden, dazu tragen parla mentarische Besprechungen nicht das geringste bei, sondern allein die ruhige Zuversicht und der feste Wille des Volkes, dem die Arbeiterschaft an der Ruhr ein so schönes Vorbild ist. Dr. Stresemann hat mit Recht auch daraus verwiesen, daß der durch Frankreich herbeigeführte Wirrwarr in Eng land und Amerika seinen Einfluß auszuüben beginne. Die Aufgabe Deutschlands bleibt deshalb, diesen Eindruck zu verstärken, bis man überall einsieht, daß wir für eine ge rechte Sache fechten und dabei die Wohlfahrt Europas und der Welt gegen den französischen Imperialismus wahren. Deutschland hat schon jetzt erreicht, daß Frankreich unter dem Druck seiner „großen politischen Enttäuschung" er kennt, daß Deutschland kein willenloses Objekt seiner Aus- beuiungs- und Vernichtungsgier ist. Frankreich muß mehr und mehr Deutschland als einen ebenbürtigen und gleichberechtigten Verhandlungspartner einschätzen lernen, und das ist mehr, als selbst kühne Opti misten noch vor 10 Wochen jemals gehofft hatten. In dieser Erkenntnis aber können und müssen wir aus der bisherigen Linie ruhig und zuversichtlich weiterschreiten. Französische //Entschädigungen". Mit deutschem Gel de. Die Rheinlandkommission beschloß, die deutschen Staatsangehörigen, die sich den Besatzungsmächten zu Dienstleistungen zur Verfügung stellen, zu schützen. Sie will denjenigen Personen Entschädigungen gewähren, die infolge von Unruhen oder Gewalttätigkeit Schaden er leiden. Diese Entschädigungen sollen vorläufig von den Gemeinden bezahlt werden. Die Gemeinden sollen sich deswegen um Rückzahlung an die Länder und das Reich wenden. Den amtlichen Stellen der deutschen Regierung ist eine derartige Verordnung der Rheinlandkommission noch nicht zugegangen. Würde sich diese Meldung bestätigen, so würde dies wohl den Gipfel dessen bedeuten, was die Rheinlandkommission sich schon an Rechts- und Vertrags brüchen geleistet hat. Es ist festgestellt worden, daß fast alle Witwen und Waisen der von Marokkanern und anderen Farbigen, aber auch von Weißen Franzosen er mordeten Deutschen auf Entschädigung aus der franzö sischen Staatskasse vergeblich warten. Jetzt will Frank reich großmütig Entschädigung leisten, aber nicht aus eigener Tasche. Protest der Neutschvölkischen. Die Untersuchung im Fall Roßbach. Die Führer der aufgelösten Deutschvölkischen Frei- hcitspartei haben im Reichstage zu dem Verbot des Mi nisters Severing Stellung genommen. Sie erklären, daß ein Verbot des preußischen Ministers des Innern des halb der Nechtswirksamkeit entbehre, weil die Deutschvölkische Freiheitspartei nicht eine nur in Preußen verbreitete Organisation, sondern eine sich über das ganze Reich erstreckende politische Partei sei. In einem Telegramm au den Staatsgerichtshof haben die Ab geordneten Wulle, v. Graefe-Goldebee und Henning gegen das Verbot des Ministers Severing protestiert und eine Entscheidung des Staatsgerichtshofes über diese Frage beantragt. Die Nwersucbung gegen die Deutschvölkischen und gegen Roßbach soll Aufklärung über gewisse Schriftstücke bringen, in denen sich die Bezeichnung V. K. K. findet. Die Polizei nimmt an, daß diese Bezeichnung die Abkürzung für „Völkische Kampf-Korps" ist. Die Ermittlungen in der Hochverrotssache Roßbach und Genossen nähern sich ihrem Abschluß. * Hitlers Kuriere. Tin Weida in Thüringen sind mehrere Kuriere der Have rs i Hitlergarden verhaäet worden, die von Hof ans die Tbunnger Mitglieder der 34. Hundertschaft alarmieren sollten. Der Befehl lautete: „Heute, Sonnabend mittag 2 Uhr, Sammelpunkt Hof. Abmarsch nach unbekanntem Ziel." Die preußische Regierung hat unter diesen Umständen die Ober- Präsidenten der Provinzen angewiesen, Lie Polizei ihrer Bezirke in eine erhöhte Alarmbereitschaft zu setzen. Der Dollar 24. März: 20862,71—20967,29 Mk. „ „ 26.März:20862,71-20967,29 Mt. Wie wird -as Ende sein? Die Kanzlerrede in Stuttgart. Bei seinem Besuch in Stuttgart wurde der Reichs kanzler vom Staatspräsidenten Hieber und vom Ober bürgermeister von Stuttgart in längeren Ansprachen be grüßt, auf die er mit einer bemerkenswerten politi schen Rede antwortete. Darin ging er auf die Vor- geschichte des Nuhrkonflikts ein, in Ler die Franzosen allen deutschen Zahlungs- und Leistungsangeboteu ein schroffes „Nein" entgegenstellten. Weiterhin sagte der Kanzler: Nun fragen Sie: Wie wird das Ende sein, und wann wird es kommen? Ist Aussicht vorhanden, daß es bald kommi und daß es glücklich ist? Die Antwort darauf ist sehr einfach. Wir Wissen, Laß es in dem Augenblick, in Lem wir uns unterwerfen, um Deutschland, das deutsche Volk und seine Freiheit geschoben ist. Haben wir nicht genug Angebote nach Frankreich gesandt? Sollen wir ein Angebot geben, mit dem wir die Souve ränität des Reiches, die Unantastbarkeit der Länder an Rhein und Ruhr, die Unabhängigkeit und Freiheit des deutschen Volkes zum Opfer bringen würden? Das wäre nichts anderes als Unterwerfung. Ein solches Angebot wird dieses Kabinett nicht machen. Ich denke, Wir können die Waffe Les passiven Widerstandes nicht niederlegen und aus der Hand geben, wenn das nicht auch der Gegner tut. Aber was bisher uns von Ler Gegenseite ent- gogenklang, lautete nicht so, als ob wir bald daraus rechnen könnten, zu einem Ende zu kommen. Der Wegwird nicht leichter werden. Wir wollen arbeiten und dem Volke klar machen, daß es sich auf ernste und ernstere Zeiten einstellcn muß, und sollte der Weg zu einer Verständigung führen, so wird auch sie für das deutsche Volk niemals leicht tragbar sein, denn wir, in unserem Programm, haben die Reparationen bis an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit mit einander zu verabreden. Nur werden wir dann, wenn wir das erst erreicht haben, wissen, daß wir nicht nm sonst arbeiten, sondern für Las eine große Ziel der Freiheit unseres Volkes und Vaterlandes. Dafür wird jeder, glaube ich bereit sein, den letzten Groschen aus seiner Tasche zu geben. Nach dieser Rede, die stürmischen Beifall erweckte, reiste der Kanzler mit seiner Begleitung am Freitag abend wieder nach Berlin zurück, wo er am Sonnabend wieder an den politischen Veratnnaen im Neichstaae teilnabm. polliische Rundschau. Deutsches Reich. Herabsetzung der Kohlensteuer am 1. April. Halbamtlich wird nun auch gemeldet, daß die Kohlen steuer ab 1. April d. I. wahrscheinlich um ein Viertel herabgesetzt werden wird, und daß außerdem Aussicht be steht, bei den Kohlenshndikaten des unbesetzten Deutsch land auch den eigentlichen Kohlenpreis etwas zu senken. Der Reichskohlenverband hat seine Mitglieder zur Be schlußfassung hierüber auf Dienstag, 27. d. M.. eingeladen. Das Arbcitszeitgesetz im Neichswirtschaftsrat. Die zur Beratung des Gesetzentwurfes eingesetzte Kommission hat einen Kompromißantrag ausgearbeitet. Beide Berichterstatter, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, be zeichnen das Kompromiß als annehmbar. Das Washing toner Abkommen sei nicht ratifiziert worden. Daher könnten bis zu zwei Stunden über den Achtstundentag hinaus festgesetzt werden, wenn die Verrechnung zugunsten der Arbeitnehmer in angemessener kurzer Zeit erfolgte. In der weiteren Aussprache wurden von Arbeitnehmern starke Bedenken gegen das Kompromiß geäußert. Es wurde eine klare Stellungnahme des Reichswirtschaftsrats zum Acht stundentag gefordert. Nach längerer Debatte wurde in der Abstimmung Ler Antrag aus Annahme des ganzen Ent wurfes angenommen. Der Smeets-Attentäter verhaften Karl Deutzmann, der den Anschlag auf dm Sonder bündler Smeets ausgeführt hat, ist von der Kölner Polizei in Köln festgervommen worden. Er leugnet vorläufig noch, die bei der Tat anwesenden Zeugen haben ihn aber be stimmt als Täter wiedererkannt, so daß er als überführt gelten kann. Deutzmann ist 1895 in Ohligs geboren, er wurde wegen verschiedener anderer Straftaten gesucht. Zwei weitere Personen sind wegen dringenden Verdachrs der Mitväterschaft bzw. wegen Begünstigung des Ver brechens verhaftet worden Kommunistischer Terror im Ruhrgebiet. In der Stadt Rotthausen sind schon seit einer Woche