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§ Adorker Wochenblatt. Mittheil ringen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Siebenter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post St Neugroschcn, bei Beziehung des Blattes durch Botcngelcgenheit 15 Neugroschen. 25. Erscheint jede Mittwoche. 22. Juni 1842. Kammerverhandlungen. In Karlsruhe hat der Kampf in der Ständever- sammlung begonnen. Herr von Jtzstein, das ehrwür dige Haupt der Oppositionspartei in Deutschland, commandirt auf der einen, Staatsminister Frhr. v. Rüdt und der geheime Referendär Eichrodt auf der andern Seite. Der Vorstand des Ministern, Hr. v. Blittersdorf, welchem böse Zungen nachsagen, er sei am ganzen Trödel schuld, ist zur Zeit noch nicht auf dem Platz erschienen. Jtzstein hat einen Antrag über das, von der Regierung eingehaltcne Verfahren bei den Wahlen angekündigt. Das soll die Hauptschlacht werden. Vor der Hand sind die Parteien bei den Prüfungen der einzelnen Wahlen im Tirailleurfeuer hart aneinander gcrathcn. Wei der Wahl in Pforzheim warfen Jtzstein und Rindeschwcnder der Regierung vor, sie hatte die Wahlmänner vor den Thoren durch Gendarmerie in Empfang nehmen und an bestimmte Orte weisen las sen, wo sie bearbeitet worden seien. Rindcschwender sagte: Ich bin dem NegierungScommiffär Eichrodt schuldig zu glauben, daß er in gutem Glauben den Beamten in Durlach in Schutz nehme, denn gerade bei der Wahl, bisher im Landamt Pforzheim (2te Wahl) leitete, ist, es bezüglich der Einmischung und des Mißbrauchs de^ Gendarmerie weit lebhafter zu gegangen. Ich big Augenzeuge dieser Komödie ge- tvesen, und spreche, darum nicht von Hörensagen- Wbhl bei keinem Brande, bei keinem bedenklichen Volksspectakel, selbst nicht in Gegenden, wo Räuber banden Hausen, habe ich eine größere Masse solcher Gendarmen erblickt, als bei diesem vollständig ruhi gen, gesetzlich gehaltenen Wahlacte in Pforzheim, wo dock die ganze kräftige Bürgerschaft eine vollkommene Bürgschaft für einen in aller Hinsicht ungestörten Wahlfortgang bot. Gendarmen wogten Straß auf, Straß ab — und ich bin sicher, daß in der nächsten Nachbarschaft ein halbes Dorf hätte niedcrbrcnnen und aller Unfug von Dieberei, Raub rc. hätte verübt werden können, ohne daß sich solche Wächter der Pforzheimer Deputirtenwahl entfernt hätten und dort sichtbar geworden wären. Wo sich ein Wahlmann blicken ließ, wurde er, wie ein schwaches Rohr^ von diesen Freiheitswächtern umringt und gegen seine be freundeten Mitbürger — in Schutz genommen! Die se Gendarmeriemannschaft — ihrem eigentlichen und nächsten Dienste entzogen — besetzte ächt militärisch das Rathhaus von unten bis oben; entfernte selbst Pforzheimer Bürger, die darin zu Geschäften gerufen waren und sperrte — als vollständiger Grund- und Schlußstein der badischen Wahlfreiheit — Aus- und Eingang; nachdem sic vorher vom Gemeinen bis zum Brigadier auf den Ortschaften umhergestreift waren, dem Regierungscandidaten aus Auftrag ihrer Obern Zuneigung und Haltung zu verschaffen, sich brüstend mit dem Vertrauen der Oberbeamten, drohend mit de ren Amtsernst, lockend mit deren Zusagen. Ich frage — ist das unsere Wahlfreihcit? Und als hierauf der geh. Referendär Eichrodt sich vorbehielt, daS Bezüg liche hierüber seiner Zeit zu sagen, einstweilen aber nur so viel bemerkte, daß das Heer Gendarmen des Abgeordneten Rindeschwender aus sieben Mann be standen .hab«, die zur Aufrechthaltung der Ordnung nothweydig gewesen wären, indem man den Wahl- commissär durch Pfeifen insultirt und einen Wahl mann gar mit Koth geworfen habe, während sich der Abgeordnete Rindeschwender unter der Volksmasse be funden, um Händedrücke auszulhcilen und guten Rath