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Es will von Deutschland nicht in offener Aussprache den Nach weis erbracht wissen, daß Frankreichs These falsch und diedeuIsche Auffassung ricbtig ist. Es will sich von Deutschland nicht sagen lassen, daß die Versailler Vertragsbestimmungen in der Abrüstungsfrage von Deutschland re st los erfüllt, von Frankreich aber r e st I o s unberücksichtigt gelassen worden sind. Es will sich von Deutschland nicht sagen lassen, daß von einer Bedrohung der französischen Sicherheit von Deutschlands Seite auch nach französisä-em Urteil nicht gesprochen werden kann, wohl aber davon, daß Deutschland der Willkür seiner Grenznachbarn schütz- und wehrlos preisgegeben ist. Das alles will Frankreich sich von Deutschland nicht sagen lassen, weil cs darauf keine Erklärung und keine Entschuldi gung vorzubringen wüßte. Im übrigen versucht die französische Antwort zu be weisen. daß Frankreich sich die erdenklichste Mühe gegeben habe, seine Rüstung abzubauen und den Erfolg der Abrü stungskonferenz zu gewährleisten. Man hört sörmlich das Lachen überall in der Runde über solche naive Behauptun gen. wo ja schließlich heute jeder Schuljunge, gleichgültig in welchem Lande, den gewaltigen Ausbau der französischen Kriegsrüstung kennt. Aber so etwas klingt guc, und man kann sich zu gegebener Zeit auf eine solche Erklärung be rufen. Wer wagt denn auch heute, dem stark gerüsteten Frankreich ins Gesicht zu schleudern, daß es d i e Welt be lügt und die Völker bedroht. In Frankreich wird man sich nicht der Auffassung hingeben, daß mit dieser Er klärung van den französischen „Abrüstungsanstrengungen" Deutschland und die Welt sich beruhigen werden. Die Frage der französischen Ucberrüstung wird so lange die Erörte rung in der großen Oeffentlichkeit beherrschen, solange eben diese Ungleichheit und Unwahrhaftigkeit in der Rüstungs frage besteht Frankreich versucht, den Artikel 8 der Völkerbunds- satzung, der von der Herabsetzung der nationalen Rüstungen im Rahmen der nationalen Sicherheit spricht, gewisser maßen dahin auszulcgen, daß es Aufgabe dcr Regierungen sein müsse, den Grad der nationalen Sicherheit selbst zu bestimmen. Deutschland allerdings braucht sich über seine Sicherheit keine Sorge zu machen, die haben ihm die Alliierten in Versailles abgcnommen, als sie die Entwaff nung Deutschlands, bis zum letzten Gamaschenknopf be rechnet, festlegten und Deutschland auch zwangen. Wenn Deutschland sich aber einfallen lassen sollte, wegen der Nicht erfüllung der Abrüstungsverpflichtungen durch die anderen und seiner von allen Seiten bedrohten Sicherheit, feine Ver teidigungsmittel zweckentsprechend zu gestalten, dann aller dings würde nach französischer Auffassung ein Vertrags bruch vorliegen, der an eine allgemeine Abrüstung über haupt nicht denken lassen könnte. Im übrigen versucht Her riot. der deutschen Negierung klarzumachen, daß der Bruch eines Vcrtrnaes durcb den einen Vertraasvartner dem vn- Für elttge Leser. * Die durch die Neichstagsanslösung geschaffene Lage hat den Nundsnnklomissar des Reichsministers des Jnnezn Mini sterialrat Scholz veranlaßt, nm jeden Anschein parteipoli tischer Rücksichten in seiner Amtsführung zu vermcidcu, im Einvernehmen mit der Parteileitung der NSDAP, als seren Mitglied auszuschclden. * Der Reichspräsident empfing gestern den Ober bürgermeister der Stadt Nürnberg Dr. Luppe und nahm aus dessen Händen den Ehrcnbürgcrbrics der Stadt Nürnberg entgegen. * Gestern wurde die Asche -cs verstorbenen Admirals Zenker, seinem testamentarischen Wunsche entsprechend, durch den Kreuzer „Köln" ans dem Schlachtfeld der Skagcr- rakschlacht in der Nordsee versenkt. Der Sohu des Admirals, Leutnant znr See Zenker, nahm an der Feierlichkeit teil. * Der frühere Reichstagsprästdcnt Löbe ist in die Re daktion des „Vorwärts" eingetreten. Bis 1020 war Löbe bekanntlich Chefredakteur der „Breslauer Volksmacht". * General Sanjurjo ist in das Strasgesangcnenlager Puerto de Santa Maria übergesührt worden. Von dort wird er nach Afrika deportiert werden. * Wie Havas aus Asuncion meldet, erklärte der Kriegs- ministcr dem Havasvcrtreter, daß entgegen anderslautenden Nachrichten keine NfeUeren Reserven mobil gemacht würden, da He gegenwärtig unter den Fahnen stehenden Streitkräfte ausreichend seien. deren die Handlungsfreiheit nicht wicdergibt — eine Logik, mit der Herriot bestenfalls in Genf wird bestehen können. Wenn aber Herriot dann im Hinblick auf Erklärungen des Außenministers und des Neichswehrminlslcrs erklärt, daß, „wenn Deutschland auf seinen Absichten, nämlich einen Umbau seiner Reichswehr vorzunehmcn, bestehen würde, eine allgemeine Aktion durchgcführt werden müßte", dann wird Frankreich der Welt die Berechtigung einer wichen Auffassung erst noch zu beweisen haben. Man sieyt Herriot richtig zittern, als er die Note verfaßte und darin fcst- legcn mußte, Deutschland beanspruche auf dem Gebiet des Heeres Luftstreitkräfte, Kampfwagen, schwere 'Artillerie und Luftabwehrgeschütze, ferner auf dem Gebiet der Marine Un terseeboote, Flugzeugmutterschiffe und Panzerschiffe, weil diese nach deutscher Auffassung ja in der Genfer Entschlie ßung als Verteidigungswaffen charakterisiert wurden! Eine Berteidiauna ist nach Herriots Auffassung nicht immer eine Verteidigung, nämlich dann nicht, wenn sie von Deutschland ausgeht. Wenn sie von Frankreich ausgeübt wird, ist sie auch dann gegeben, wenn sie in Wirklichkeit ein Angriff ist. Nicht auf die Aktion und auf die Waffen allein kommt es an, sondern darauf, wer sie ausführt, wer sie bedient. Das ist die Logik von der doppelten Sicherheit, die Herriot in seiner Note vertritt. Wir werden sie nicht anerkennen und Frankreich wird sich auch damit abfinden müssen. Eines darf vielleicht an der Nole als beachtlich hervor gehoben werden: Sie vertritt den französischen Standpunkt von der in erster Linie zu gewährleistenden französischen Si cherheit und der Anerkennung französischer Rechtstitel, dies mal in einem verbindlicheren Tone. Man wird sich also weiter unterhalten, und wir sind überzeugt, baß trotz allem das deutsche Sicherheits- und Gleichderechtigungsverlangen eines Tages ihre Erfüllung finden werden, weil sonst de-r Friede in Europa nie einkehren kann Neuer BerfasfungSkonflikt Lleberwachungöauöschutz zitiert Kanzler ohne Erfolg — Göring erkennt Auflösung an Berlin, 1-1. September. Der Reichstagsausschub zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung trat am Dienstagvormittag unter dem Vor sitz des Abg. Löbe zusammen. Die Beteiligung der Parteien war außerordentlich stark. Auch Reichstagspräsident Gö ring nahm an der Sitzung teil. Ebenso wären die Länder durch zahlreiche Gesandten vertreten. Von der Neichsregie- rung war zunächst nur Ministerialdirektor Gott Heine, vom Neichsinnenministerium erschienen. Dieser gab zu Be- ginn der Sitzung eine Erllöning der Regierung ab, in der es heißt: Die Reichsregierung hält daran fest, daß das Vorgehen des Neichstagspräsidenten in der Montagsitzung des Reichs tags mst der Neichsvcrfassung und mit der Geschäftsordnung des Reichstags nicht vereinbar ist. Es steht fest, daß nach der Wortmeldung des Reichskanzlers ein Antrag aus na mentliche Abstimmung aus dem Hause gestellt wurde. Es steht weiter fest, daß der Präsident diesen Antrag zuge lassen hat und daß er das Haus noch darüber befragt Hut ob die Abstimmung über die Aufhebung der Notverordnung mit der Abstimmung über den Mißtrauensantrag verbun den werden solle. Eine Abstimmung kann erst beginnen, nachdem festgestcllt ist, worüber und in welcher Form abge- stünmt werden soll. Dementsprechend bestimmt der H 105 der Geschäftsordnung, daß eine namentliche Abstimmung „bis zur Eröffnung der Abstimmung beschlossen" werden kann. Sie kann somit nicht mehr nach Eröffnung der Ab stimmung beschlossen werden. Wenn der Reichstagspräsident nach der Wortmeldung des Reichskanzlers noch einen Beschluß aus namenlliche Abstimmung hcrbeiführtc, so ergibt sich daraus mil völ liger Klarheit, daß die Abstimmung bei der Wortmel dung des Reichskanzlers noch nicht begonnen Halle und daß der Präsiden! selber die Abstimmung noch nicht als begonnen ansah. Damit steht fest, daß dem Reichskanz ler geschüstsordnungs- und verfassungswidrig das Wort versagt worden ist. Mit der Uebergabc der Urkunde an den Neichstagspräsidem ten trat die Auflösung in Wirksamkeit. Jede weitere Tätig keit der noch versammelten Abgeordneten entbehrte damit der verfassungsrechtlichen Grundlage. Beschlüsse des Reichs tags über die Aufhebung der Notverordnung vom 4. Sep tember d. I. und über die Entziehung des Vertrauens liegen daher nicht vor. Ungeachtet der klaren Rechtslage hat der Präsident des Reichstags an den Reichskanzler in den Abendstunden des Montag'folgendes Schreiben gerichtet: Der Reichstag hat in seiner Sitzung vom 12. September 1932 auf Grund der Anträge Torgler und Genossen mit 512 bei 559 abgegebenen Stimmen beschlossen: 1. Die Verordnung des Reichspräsidenten zur Belebung der Wirtschaft vom 4. September 1932 ist mit sofortiger Wirkung aufzuheben. 2. Die Verordnung der Reichs regierung zur Vermehrung und Erhaltung der Arbeits gelegenheit vom 5. September 1932 ist mit sofortiger Wirkung aufzuheben. 3. Der Reichstag entzieht der Reichsregierung von Papen das Vertrauen. Aus diesem Schreiben in Verbindung mit den Erklärungen, die er an, Montag abgegeben hat, ergibt sich, daß der Reichstagspräsident die Auflösung des Reichstags nicht an erkennt. Mit dieser Stellungnahme des Neichstagsprasideu- ten steht die Einberufung des Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung in Widerspruch. Die Rcichsregierung ist jederzeit bereit, mil dem nach Artikel 35 der Reichsvcrsafsung gestellten Ausschuß zur Wah rung der Rechte der Volksvertretung zu verhandeln. Sie muß es jedoch ablchnen, in solche Verhandlungen einzutre ten, ehe nicht der Rcichstagspräsident sein Schreiben vom 12. September 1932 zurückgezogen hak. Nach Abgabe dieser Erklärung verlieh Ministerialdi rektor Gottheiiier die Sitzung. Reichslagspräsidenl Göring erklärte, er müße anerkennen, daß die Reichskagsauflösung rechtsgültig sei, du auch ein gestürzter Reichskanzler ein Auf- lösungsdckrel gcgenzcichnen könne, solange er das Ver trauen des Reichspräsidenten habe. Dagegen müsse er auf seinem Standpunkt beharren, daß die Abstimmungen rechts gültig seien, da sie bereits begonnen halten, als der Reichs kanzler sich zum Wort-- gemeldet halte. Allerdings habe er auch sormaljuristisch lebhafte Bedenken, ob die Begrün dung, die für die Auflöiung gegeben worden sei, mit dem Geist und dem Sinn der Verfassung übereinstimml. Abg. Berndt (Dn.) erklärte, daß er sich voll auf den Boden der Ausführungen des Regierungsvertreters stelle. Oie Reichsregierung sei zu ihrem Verhalten vollständig be rechtigt; denn sie muffe wissen, wie der Reichstag und der Ausschuß sich selbst beurteile, ob der Reichstag, wie sein Prä sident am Montag verfassungs- und geschäftsordnungs widrig erklärt habe, gültige Beschlüsse gefaßt habe trotz ord nungsmäßig geschehener Auflösung, und ob er sich noch weiter als existent betrachte oder ob dies nicht der Fall fei. Für letzteren Fall trete der Ausschuß in Kraft. ' In der weiteren Aussprache erklärte Abg. Löbe (Soz.) als Vorsitzender, daß nach Artikel 35 der Verfassung der Ausschuß bestellt sei für die Zeit außerhalb der Tagung und nach Beendigung einer Wahlperiode oder der Auflösung des Reichstags bis zum Zusammentritt des neuen Reichstags. Abg. Weg m a n n (Ztr.) bezeichnete die Haltung der Regierung als eine Politik der doppelten Moral, weil die Regierung auf der einen Seite sage, sie habe rechtmäßig aufgelöst, auf der anderen Seite aber Bedingungen für ihr Erscheinen im Ausschuß stelle. Abg. Schmidt-Hanover (Dnat.) bestritt nachdrück lich die Beweisführung des Reichstagspräsidenten und er klärte insbesondere, daß die Abstimmung selbst noch gar nicht im Gange, sondern nur angekündigt war. Das deutsche Volk werde kein Verständnis dafür haben, daß auf Grund einer bestrittenen Geschäftsordnungskniffelei dem Reichskanzler in einer außen- und innenpolitisch krisenreichen Zeit das Wort versagt wurde. Während der Ausführungen des dcutschnationalcn Red ners kam es zu erregten Auseinandersetzungen zwischen den Deutschnationalen und den Nationalsozialisten. Kanzler und Innenminister sollen erscheinen Gegen die beiden deutschnationalcn Stimmen wurde darauf ein sozialdemokratischer Antrag angenommen, wo nach der Ausschuß die Anwesenheit des Reichskanzlers und des Neichsinnennünisters verlangt. Der Ausschuß befaßte sich dann noch kurz mit der poli zeilichen , ,.. . Durchsuchung des NcichslagsgcbaudsL in der Nacht zum Dienstag. Abg. Torgler (Komm.) erklärte, es seien im Frak tionszimmer die Schränke von den Ncichstagsbeamten ge öffnet und von den Voli.zeibeamtcn durchsucht worden, eben-