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,— Nr. 8 18. Januar 1881 Dienstag »W Dieses Blatt erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstags, Donnerstags nnd Sonnabends. - Zu beziehen durch alle Post- Anstalten und die Agenturen. - Preis vierteljährlich 1 Mark 23 Pfg. — Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. für die Spalten-Zei-e, oder deren Raum, berechnet. 5- MA-N — Zum 18. Januar 1881. eute vor 10 Jahren, am 17. Januar 1871, erließ der König von Preußen, Wilhelm I., an das deutsche Volk folgende Proklamation: . « An das deutsche Volk! Wir Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen, nachdem die Deutschen Fürsten und freien Städte den einmüthigen Ruf an uns gerichtet haben, mit Herstellung des Deutschen Reiches die seit mehr denn 60 Jahren ruhende Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung des Deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vor gesehen sind, bekunden hiermit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das gemeinsame Vaterland betrachtet haben, diesem Rufe der verbündeten Deutschen Fürsten und Städte Folge zu leisten und die Deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Demgemäß werden Wir und Unsere Nach folger an der Krone Preußen fortan den Kaiserlichen Titel in allen Unseren Beziehungen und Angelegenheiten des Deutschen Reiches führen und hoffen zu Gott, daß es der Deutschen Nation gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunft entgegenzuführen. Wir übernehmen die Kaiserliche Würde in dem Bewußtsein der Pflicht, in Deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft seines Volkes, zu vertheidigen. Wir nehmen sie in der Hoffnung, daß dem Deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner heißen und opfermüthigen Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu genießen, welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherung gegen erneute Angriffe Frankreichs gewähren. Uns aber und Unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott ver leihen, allzeit Mehrer des Deutschen Reichs zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. Gegeben Hauptquartier Versailles, den 17. Januar 1871. Wilhelm. Am Tage darauf, am 18. Januar, 170 Jahre nachdem sich der Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg in Königsberg selbst die preußische Königskrone auf das Haupt setzte, fand im Spiegelsaale des Schlosses zu Versailles die feierliche Proklamation des deutschen Kaiserreiches statt. — Im Spiegelsaale selbst hatten sich die vor Paris an wesenden deutschen Fürsten und Prinzen, fast sämmtliche Höchstkommandireuden, Deputationen der einzelnen Armeekorps, sowie Offiziere aller Waffengattungen eingefunden; 57 Fahnen der Armee hatten um einen Altar Aufstellung genommen, vor dem alsbald der König Wilhelm Platz nahm, worauf ein Militärgottesdienst stattfand. Darauf hielt der Monarch folgende Ansprache: „Durchlauchtigste Fürsten uud Bundesgenossen! In Gemeinschaft mit der Gesammtheit der Deutschen Fürsten und freien Städte haben Sie Sich der, von des Königs von Bayern Majestät an mich gerichteten Aufforderung angeschlossen, mit Wiederherstellung des Deutschen Reiches die Deutsche Kaiserwürde für Mich und Meine Nachfolger an der Krone Preußen zu übernehmen. Ich habe Ihnen, Durchlauchtigste Fürsten und Meinen anderen hohen Bundesgenossen bereits schriftlich Meinen Dank für das Mir kundgegebene Vertrauen und Meinen Entschluß ausgesprochen, Ihrer Aufforderung Folge zu leisten. Diesen Entschluß habe ich gefaßt in der Hoffnung, daß es Mir unter Gottes Beistände gelingen werde, die mit der Kaiserlichen Würde verbundenen Pflichten zum Segen Deutschlands zu erfüllen. Dem Deutschen Volke gebe Ich Meinen Entschluß durch eine heute von Mir erlassene Proklamation kund, zu deren Verlesung Ich Meinen Kanzler ausfordere." Bundeskanzler Graf Bismarck verlas nun die oben mitgetheilte Proklaination, worauf der Großherzog von Baden mit lauter Stimme rief: „Se. Majestät der Kaiser Wilhelm lebe hoch!" in welchen Ruf unter den Klängen der Volks hymne die Versammlung dreimal begeistert einstimmte. Zehn Jahre sind seit diesem Augenblicke verflossen, und das deutsche Kaiserreich steht geeint und geachtet nach Außen da. Mehr wie einmal hat das früher verachtete und verhöhnte Deutschland im europäischen Concert den Ausschlag gegeben. Seine Schiffe haben in allen Meeren der Erde die schwarz-weiß-rothe Flagge wehen lassen und seine Armee steht gerüstet gegen jeden nahenden Feind bereit. — Ein einziges Münz-, Maaß- und Gewichtssystem, im größten Theile eine geeinte Post- und Telegraphen-Verwaltung, ein einziges Recht herrscht von der Ostsee bis zu den Alpen, von der Weichsel bis zur Mosel, der vielen andern wichtigen Gesetze nicht zu gedenken. — Nicht verschweigen wollen wir aber, daß die jetzigen Partei- und andern Verhältnisse in Deutschland nicht die gesündesten sind, und daß es des Zusammen wirkens aller Patrioten bedürfen wird, um das Vaterland über die sich entgegenstellenden Hindernisse zu geleiten. Aber getrosten Muthes und voll freudiger Hoffnung wollen wir von der Zukunft zu Deutschlands Ehre und Ruhm das Beste zu erstreben suchen! MPerih-Zettung. Amts-Matt für die Königliche Amtshauptmannlchast Dippoldiswalde, sowie fiir di- Königliche» Amtsgerichte «nd die Stadträthe z» Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde.