Volltext Seite (XML)
Sonnabend, den 11. Juli 1SS1 Nummer 1S8 — 3V. Jahrgang Sttttietttt «mal wöchtt. mtt wiistr. S>raII?bkU»lien.Hetmnl und veil" und der Ninderbettaa« ,gttr »»Ire ttettien veule". tt»ule de» r.ltbktlnnc» .St. Benno-Blatt". .Nntclballnng nnd Willen". .Die Nratttiche Satt«>rn»". .eierpttckier Batfteber". .Da» ante Buch". Monatlicher VezuaSVreis .* elnichl. BelieNqeld. Ginzelnnmlncr 10 Z, Sonnabend- n. Sonntnannnnncr itt) Z. HaupttchrlsNeiler Dr. W. DeSczyk, Dresden. «a»et,enpre>l,; Die Igelpaltene pettl-elle »0 4, gamlllett- anzelaen u.Stellennrlnche 2<» z. Die pelilretlamezeile. «4 MN, Lakic.. «W »Ws MD DD DD IM DD WW WM DM drett l «c. Zür n»,eigen anyechnlb de« VeidrettungSgedlele» ^DA^WD WD IM DD DD 41» z.diepettiiettamezette >.u»^<. «tt-Iged »ttZ. Jmgatt« ^D ^D höherer Bewal, erlilcht ,ede «eipsltchlnng au> Lielernng lowi« ^D DD iilsMlnng d. »lnjeigeli-ilnlirügen u. veylun, v. Schaden,rlalt« SelchLltilcher Deil: gran, Bangor», LttSdtN. olkssettuns -? Ve»rdn1tSsrelle. Drim n.'Verlag. Germania fürVerlaa nndDruckerei,Filiale Dresden.Dresden»?!. 1. Pollerstratre 17. ^emrii'21012. Vostlchecklonto Dresden »7 DreSde" ^171' Für christliche Politik und Kultur .»Die rinnende Sanduhr" England und die Annahme des Hoover-Plans (Von unserem Vertrete r.), Kr. London, 8. Juli« Die Annahme des Hoover-Plans ist von England mit einen» Aufatmen der Erleichterung begrüßt worden. Nachdem die bri» tische Negierung sich als erste aus den Boden des amerikanischen Projektes gestellt hatte, war die Verwirklichung des Repara- tionsseierjahres als sicher unterstellt worden, und die City hat an dieser Erwartnng im Gründe unerschütterlich sestgehalten. Lediglich am Montag tauchte die Möglichkeit in der Erörterung wieder auf, daß durch die Pariser Verhandlungen die psychische Widerstandskraft Deutschlands vorzeitig verbraucht werde, und die Reichsbank der wachsenden Beanspruchung nicht mehr gewach sen sei. Man bcgriss, daß der Sand einer Uhr ablaufe, deren Frist nur noch Stunden zähle, und in der Nacht vom Mon tag zum Dienstag sind von London aus wohl nicht weniger Transatlantik-Eespräche nach Washington geführt worden, als von Paris aus. Bis man am Dienstag dann seststejlen konnte, Vak eine aroke. große Eekabr vorüberaeaangen lei. - Heber die Messerschärfe der Krise bestehen auf englischer Seite keine Illusionen. An ihrer Beurteilung ist besonders be merkenswert, daß sie als „Totalkrise" anerkannt wird, deren Wirkungen vor keiner Nation und vor keiner gesellschaftlichen Schicht halt gemacht hätte, und zu deren Ertragung ein organi siertes System der Weltwirtschaft — ohne die Gefahr eine völligen Auseinanderbruches — nicht mehr fähig ist. Die „T i m e s" lutsthreibt den Zustand der vergangenen Wochen als „so gefährlich, daß die Geldzentren der Welt in offene Alarmie rung gerieten, und so weitreichend in seinen möglichen Folgen, daß die Wohlfahrt jedes einzelnen aus jeder Klaff« ebenso auf dem Spiele stand wie die gesellschaftliche Stabilität der Nationen als solcher. Die Krise vom Juli 1931 ist nicht allein eine Krise der Banken, es ist eine Icdermanns-Krise ge wesen." Dieses Bewußtsein hat sich gegen alle politischen Wider stände durchzusetzen gewußt, und mit ihm hat sich zum erstenmal das Kapital als das organisierende Prinzip der Weltpolitik qezeiut. Die kavitaliitische Gesellschaft kennt ein Eelamtrisikol Die kleverzeugung ist hier altgemetn, daß die einjährige Suspendierung der Schuldenzahlungen erst der Anfang einer völligen Umgestaltung der Schuldenverhältnisse ist, aber als solchen nennt man ihn mit Recht n .splendid deginning. Der Pariser Korrespondent des „Manchester Guardian" sieht voraus, daß es sich „als notwendig erweisen wird, die Zahlun gen für weitere Jahre ruhen zu lassen, eine Entwickelung, dis notwendig mit einer Revision des gezainlen Systems der inter nationalen Schuld- und Reparationsvcrpslichtungen enden muß." Darüber hinaus ist mit dem Reparationsfeierjahr die Frage der weltwirtschaftlichen Beziehungen angeschnitten, und wenn jemals eine Gelegenheit zur Erreichung internationaler Verständigun gen über den Kredit- und Handelsverkehr gegeben war, dann während dieses Jahres. Wie Owen Pöring bereits vor einem Jahre für die Vereinigten Staaten seststellte: „Entweder muß das internationale Kreditsystem zu einem sehr viel höheren Grade entwickelt werden als bisher, oder mir müssen, um unsere landwirtschaftlichen und industriellen lleberfchüsse absctzen zu können, unsere Zölle fahren lassen." Es ist also die Hoffnung nicht ganz unberechtigt, daß einer Schuldenrevision di« Organisation des Wirtschaftsverkehrs parallel gehen wird. Nach der politischen Seite wird die Auseinandersetzung um die Schuldenrevision noch manä>e Reibungen mit sich bringen. Die liberale englische Presse beobachtet bereits mit großer Auf merksamkeit, wie Frankreich nach seiner traditionellen Präzis den Grund für die internationalen Konferenzen des nächsten Jahres vorbereitet. Wie die französischen Neparationsansprüche bereits der kommenden Diskussion vorweg entzogen werden, und wie die Abrüstungsverpslichtung, nachdem sie Hoover nun einmal mit der Schuldensrage verbunden hat. plötzlich ihre Richtung — gegen Deutschland nimmt: Es wird eines Unmaßes von politischem Takt bedürfen, um Deutschland den bisherigen Kontakt mit den Großmächten auch für diese Verhandlungen zu sichern und es wäre ein unendlicher nationaler Gewinn, wenn man auch den 'Nationalsozialismus für ein Jahr in die Ferien schicken könnte. Aber vermutlich wird aus dieser Seite nunmehr ein brennender Ehrgeiz bestehen, mit einigen Bemerkungen Uber Wehrgeist" und „Ausrüstung" das zuwcgezubringen, was mit allen Resolutionen über die „Bank- und Börscnsürsten" nicht zu erzielen war: die Isolierung von den angelsächsischen Mächten. Und leider ist das englische Publikum weniger geneigt, die Hitlermiliz von ihrer komischen Seite zu nehmen, als es vorher die Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten genommen hat. Dr. Luthers Reise Anleihe Verhandlungen in Parts und London Langsrislige Are-tte? Berlin, 10. Juli. Reichsbanlipräsident Dr. Luther ist bereits Mittwochabend nach London gereist, um die Verhandlungen Uber den neuen Kredit für die Reichsbank auszunehmen. Dr. Luther will diese Verhandlungen in London, Paris und voraussichtlich auch in Basel führen. — Der Aufenthalt in Londo n war nur ganz kurz. Dr Luther traf 13 Uhr 15 in London mit dem Flugzeug ein, stattete dein deutschen Botschafter in London einen Besuch ab und nahm zusammen mit dem Präsidenten der Bank von England Montague Nor in a n 15 Uhr den Zug nach Paris. Der Unterhaltung zwiscl»m den beide» Bankpräsidenten, die im Zug geführt wurde, wird von der englisclzen und französischen Presse große Bedeutung beigemessen. Doch ist über den Inhalt der Unterredung nichts bekannt. — Montagne Norma» ist mit Dr. Luther zusammen nur bis Calais gefahren, von wo er seine Reise nach Basel direkt fortgesetzt hat. Dr. Luther ist in der Nacht in Paris eingetrofsen. Er wurde auf dem Bahnhof von dem Leiter der Wirtschaslsabtei- lnng der deutschen Botschaft, Gesandtschaftsrat Döhle, und dem Leiter der Wirtschastsabteilung der Bank von Frankreich, La- cour-Gayet, empfangen. Dr. Luther ist in der deutschen Bot- ,chaft abgestiegen. Reichsbankpräsident Dr. Luther und der Gouverneur der Bank von Frankreich haben heule vormittag um lO Uhr zu konferieren begonnen. Ob weitere Unterredungen folgen werden, steht bis jetzt noch nicht fest. Eine Reise nach Brüssel, von der eine englische Meldung wissen wollte, scheint nach den bisherigen Dispositionen nicht in das Pro gramm des Reichsbankpräsidenten ausgenommen zu sein, der vielleicht schon heule abend nach Berlin zurnckreisen wird, während eine aus englischer Quelle stammende Nachricht be sagte, daß er sich von Paris znr Sitzung des Berwaltungsrales der Internationalen Zahlungsbank nach Basel begeben würde Vermutungen in London und Paris London. lO. Juli. Der Z w e ck d e s B « s u ck s D r. Luthers wird in der Presse eingehend erörtert. Tie Presse stützt sich dabei aber lediglich auf Vermutungen. Diese gehen einmal dahin, daß Dr. Luther de» Plan einer langfristigen Anleihe in Höhe von 1 Mil liarde Mark zur Sprache gebracht habe. Diese Ausfassung gilt jedoch in cingeweihten Kreisen als die unwahrscheinlichere. Diese rechnen vielmehr damit, daß er die Eröffnung eines Kredites erörtert hat, worüber schon in diesen Tagen private Besprechun gen mit einer Aankengruppe sowohl in London als auch in Neuyork stattgefnnden haben sollen. Die Angaben über die Höhe des Kredites schivanken zwischen 1,5 und 2 Milliarden Mark. Cilykreise dringen darauf, daß dieser baldmöglichst ge geben wird, um vom Markte endlich die Unsicherheit zu ent ¬ fernen, die infolge der Lage der Neichsbank und der noch völlig dunklen Aussichten, die die Londoner Sachverstnndigenkonfcrenz bietet, aus der Börse lastet. Es wird darauf hingcwiesen, daß die Eröffnung eines hinreichend hohen Kredites schon genügen werde, nm das Vertrauen wieder zu festigen, wobei es gar nicht notwendig sei, daß Deutschland von dem Kredit sofort in voller Höhe Gebrauch mache. Die Londoner City verfolgt mit gestmnnter Aufmerksam keit die Schritte des Reiche-bankpräsidenten, die indessen vorläu fig noch mit undurchdringlichem Schleier umgeben sind. Ge rüchtweise verlautet, daß die englischen Privatbanken ihre Bereitwilligkeit zum Ausdruck gebracht haben, an der Gewäh rung eines Rediskonts weitgehend teilzunehmen unter der Be dingung. daß die Bank von England die Führung in dem zu diesem Behufe zu gründenden Konsortium übernimmt. . Paris, 10. Juli. Wie Havas aus Neuyork berichtet, begegnet die Reise Dr. Luthers nach London und Paris in den Kreisen der Wallstreet lcbhostcsiem Interesse. Man glaube, daß die Fedcral-Reservc- Bank geneigt sei, an den Krediten, die evtl, der Reichsbank bewilligt werden könnten, sich zu beteiligen. Journal geht in seiner Berichterstattung über die Reise Dr Luthers noch weiter Wie cs in einer Meldung glaubt mit teilen zu Können, soll Dr Lnther zugunsten der Reichsbank um eine Anleihe non 50 Millionen Psnnd Sterling s?j ersuch! haben, Sie zu dem Betrage einer entsprechenden, von de» Ncu- yorner Banken bereits bewilligten, Anleihe hinzukommen solle. Gchahanweisungskredite nicht mehr nötig Berlin, 10. Juli. Das Rcichssinanzministerium hatte kürzlich durch die Neichsbank nut einer inländischen Bankengruppc einen Schatz- aniveisnngskrcdit abgeschlossen, der bis zu 250 'Millionen be tragen sollte, aber nur nm 181 Millionen Mark in Ansprnch ge nommen worden ist. Die Fälligkeit dieses Betrages war für den >0. Juli vorgesehen mit einem Prolougationsrccht zugunsten des Reiches. Aus Grund der durch den Hooverpla,, eintretenden Ersparnisse und entsprechend der von der Ncichsregiernng ab gegebenen Erklärung, diese Ersparnisse zur Verminderung der schwebenden Schulden zu benutzen, hat das Reichssinanz- ministerlnm sich entschlossen, von dem Prolongatlonsrech, keinen Gebrauch zu machen. De«,nach wird der Betraa von 181 Mil lionen am 1l>. Juli dem Geldmarkt wieder zugeleitet. * Diese Maßnahme oes Reiches darf als ein Zeichen dafür gedeutet werden, daß die letzten Tage eine wesentliche Besse rung der finanziellen Lage des Reiches gebracht haben. Das Reich wird aus Grund des Hoover-Jahres über genügende eigene Nüttel verfügen, um aus eine Verlängerung des Ende Juni bereilgcstellte,, lleberbrückungskredits verzichten zn können Zudem ist dieser Kredit, der aus 250 Millionen bemessen war, nur mit 181 Millionen in Anspruch genommen worden. Die Rückleitung dieser 181 Millionen wird wesentlich zur Entspan nung des Geldmarktes beitragen. Die unverbesserliche Opposition Sie erhöht durch iimeepottttsche Kampfansage »i« deutsch« Rot Kugenberg und Killer Berlin, 10. Juli. Vertreter der rechtsgerichteten Opposition sind heute in Berlin zu einer Sonderbesprechung zusammengetroffen, an der auch Dr. Hugenberg und Adolf Hitler teilnahmen. Die deutschnationale Pressestelle verbreitet über diese Zusammen kunft ein kurzes Kommunique, das den Charakter einer neuen Kampfansage an die Regierung trägt, ohne im übrigen Nähe res über die Beschlüsse der Tagung auszusagen. Es lautet: „Heute fand In Berlin unter Anwesenheit von Dr. Hugenbcrg und Adolf Hitler eine Tagung der Vertreter der nationalen Opposition statt. Der Versuch der derzeitigen Machthaber, trotz des sichtbaren Zusammenbruchs von Volk und Wirtschaft die Lrfüllungspolitik unter verschleierten neuen Formen auch wei terhin aufrechtzuerhalten, führte zu einl)«illichem ernsten Ent schluß. Die nationale Opposition wird den Entscheidungskampf zur NiederrIngung des heutigen Systems einleiten und durchführen." Diese reichlich großsprecherische Mitteilung wird von der Mehrzahl der Berliner Blätter nur kurz registriert. Die Ger mania veröffentlicht eine längere Auslassung, in der diese Verlautbarung als ein neues Musterbeispiel für die Unbelehr barkeit und Unbekehrbarkeit der Rechtsoppsition bezeichnet wird. Es sei beschämend siir dl« Opposition, daß sie in einer Stunde höchster Gefahr für Staat und Wirtsck)ast nicht darauf habe verzichten können, die Not der Nation durch innerpoliti sche Kampfansagen zu erhöhen. Während das Berliner Tageblatt die Ankündi gung der Opposition nicht allzu ernst zu nehmen scheint und die einzelnen Sätze des Kommuniques ironisiert, greift der Vorwärts das Vorgek,en der Opposition mit außerordent lich scharfen Worten an. Er nennt die Erklärung «ine außer ordentliche Frivolität. Das Blatt spricht die Erwartung aus, daß die Reichsregierung gegenüber diesen Drohungen die ganze Autorität des Staates zur Geltung bringt. Auszugs- und Llniformvetbot in Bayern München, 10. Juli. Das Staatsministcrium des Innern hat mit Zustimmung des Ministerrats für das ganze Staats, gebiet ein allgemeines A u f z u g sve r b o t nnd ein U n i f o r in ve rb o t erlassen. Nach dem Anfzugsverbot, das sich auf Artikel 123 Msatz 2 der Neichsversassung stützt, sind alle politischen Versammlungen unter freiem Himmel einschließlich der Aufzüge und Proziagandasahrten verboten. Das Uniform- verbot stützt sich auf 8 8 dec Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. März 1931 zur Bekämpfung politiscl)cr Ausschreitungen und verbietet für alle politischen Vereinigungen das Tragen einheitlicher Kleidung und Abzeichen, mit Ausnahme der sogen. Bundeonadcl. Die beiden Verbote treten losort in Krast und gelten bis zum 30. September 1931. Die heutig« Nummer enthält das St.-Benno-Blatt, das Sonntagsblatt für die Diözese Meißen.